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Der Geist eines Barons sucht ein Schloss heim Kategorie: Filme - Autor: Christian Siegel - Datum: Dienstag, 22 Oktober 2024
 
Halloween-SPECiAL

 
Baron Blood Marcus Johnson
Originaltitel: Gli orrori del castello di Norimberga
Produktionsland/jahr: Italie, 1972
Bewertung:
Studio/Verleih: Euro America Produzioni Cinematografiche/Dieter Geissler Filmproduktion/Cinevision Films
Regie: Mario Bava
Produzenten: U.a. Alfredo Leone & Dieter Geissler
Drehbuch: Willibald Eser & Mario Bava
Filmmusik: Stelvio Cipriani
Kamera: Antonio Rinaldi
Schnitt: Carlo Reali
Genre: Horror/Thriller
TV-Premiere Deutschland: 17. Februar 1995
Kinostart Italien: 27. Mai 1972
Laufzeit: 90 Minuten
Altersfreigabe: FSK ab 16
Trailer: YouTube (Englisch)
Kaufen: Blu-Ray (Mario Bava-Collection), DVD (Mario Bava-Collection)
Mit: Joseph Cotten, Elke Sommer, Antonio Cantafora, Massimo Girotti, Rada Rassimov, Umberto Raho, Luciano Pigozzi, Dieter Tressler, Nicoletta Elmi u.a.


Kurzinhalt: Peter Kleist studiert in Amerika, kehrt jedoch nun, Anfang der Siebziger, für einen längeren Urlaub nach Österreich zurück, um mehr über die Vergangenheit seiner in die USA ausgewanderten Familie zu erfahren. Am Flughafen wird er von seinem Onkel Karl Hummel begrüßt, der ihn schließlich zum Schloss bringt, welches einst Peters Urgroßvater, dem Baron Otto von Kleist, gehörte. Dieser ist insofern berühmt-berüchtigt, als er ein Sadist war, der über hundert Dorfbewohner auf brutale Art und Weise ermordet hat – weshalb man ihm den Titel Baron Blood verlieh. Fasziniert von diesem düsteren Kapitel seiner Familiengeschichte, und zugleich nichts auf die Legenden gebend, wonach es mit einer Beschwörungsformel möglich sein soll, seine sterblichen Überreste wieder zum Leben zu erwecken, spricht Peter Kleist aus Neugier eines Nachts eben diese Worte aus. Kurz darauf beginnen sich rund um das Schloss mysteriöse Todesfälle zu ereignen. Zusammen mit der Studentin Eva, welche die Renovierungsarbeiten im Hotel überwachen soll, versucht er daraufhin die Wahrheit rund um den Fluch der auf Baron Blood lasten soll zu ergründen…

Review (kann Spoiler enthalten): Szenenbild. Ich kenne mittlerweile doch einige Arbeiten von Mario Bava, und habe die meisten durchaus geschätzt; "Baron Blood" würde ich aber definitiv nicht zu seinen besten Werken zählen. Positiv kann ich in erster Linie erwähnen, dass es einige durchaus atmosphärische Szenen gibt, in denen "Baron Blood" einen Hauch von Grusel versprüht. Die Morde sind zudem abwechslungsreich und teilweise auch herrlich böse umgesetzt, wobei der Film was die Brutalität betrifft sicherlich an die räudigeren Filme von z.B. einem Lucio Fulci nicht heranreicht (nicht zuletzt ist der Film ungeschnitten ab 16 freigegeben). Auch optisch ist Bavas Inszenierung durchaus wieder nett; auf das für ihn in den 60ern so typische, intensive Farbenspiel muss man hier zwar verzichten, ein paar durchaus nette Einstellungen – insbesondere rund um die nebeligen Nächte – sind aber durchaus wieder darunter. Besetzungstechnisch sticht natürlich in erster Linie Elke Sommer (die damals dank ihrem Auftritt in "Der rosarote Panther" bereits ein Weltstar war) hervor. Und auch das Konzept sticht insofern hervor, als sich "Baron Blood" als Vorreiter der späteren Slasher mit übernatürlichem Killer (egal ob nun Michael Myers, Jason Vorhees oder Robert Englund) erweisen sollte. Insofern könnte man sagen, dass Mario Bava hier seiner Zeit wieder einmal voraus war.

Die letzte wesentliche Stärke des Films liegt dann, zumindest in meinem Fall, beim Setting in Österreich. Von dem bekommt man zwar zugegebenermaßen nur da und dort etwas mit, dennoch wertete ihn das allein für mich definitiv auch – und war auch hauptverantwortlich dafür, dass er doch noch knapp über eine durchschnittliche Wertung kam. Denn insgesamt hat mich "Baron Blood" leider nicht so recht begeistert. So plätschert die Handlung hier größtenteils unaufgeregt und ohne große Spannung vor sich hin. In Teilbereichen fand ich den Plot zudem schmerzlich vorhersehbar. Etwas schräg fand ich auch die Verbindung zwischen dem wiedergeborenen Baron Blood und dem Fluch der Hexe. Wie man generell über die Story hier besser nicht zu viel nachdenkt. Die Musik ist zwar für sich genommen durchaus cool, allerdings teilweise für einen solchen Gruselfilm etwas zu beschwingt und funky. Zudem war ich, trotz einzelner optisch netter Einstellungen und/oder atmosphärischer Szenen, auch inszenatorisch von "Baron Blood" eher enttäuscht. Zumal es leider auch einzelne Momente – wie z.B. vier Mal in Folge den gleichen dramatischen Zoom auf den Baron – gab, die ich doch eher unfreiwillig komisch fand. Vor allem aber gelang es "Baron Blood" leider nie so recht, mich eine Verbindung zu Peter und/oder Eva aufbauen zu lassen, wobei natürlich vor allem ersterer mit der leichtfertigen Art, wie er ohne Not den Geist seines Urgroßvaters heraufbeschwört, früh meine Sympathien verspielte. Und die Liebesgeschichte zwischen den beiden hat für mich leider auch nicht so recht funktioniert; aus meiner Sicht gibt es zwischen den beiden einfach Null Chemie. Einzelne Momente waren zwar schon ganz nett, und dank des Settings in Österreich schlägt die Waage dann eben doch noch denkbar knapp in Richtung der positiven Aspekte aus. Zu meinen Lieblings-Bava- und/oder Italohorror-Filmen wird (der im Zuge dieses SPECiALs zum ersten Mal von mir gesichtete) "Baron Blood" aber eher nicht avancieren.

Fazit: Szenenbild. Selbst Anfang der 70er muss "Baron Blood" doch schon etwas aus der Zeit gefallen gewirkt haben; hatte sich die Horrorwelt doch zu diesem Zeitpunkt bereits weiterbewegt. So gesehen hat Mario Bavas altmodischer Gothic-Grusler zwar durchaus einen gewissen Charme. Zumal einzelne Einstellungen optisch wieder mal hervorstechen, es ein paar atmosphärisch nette Szenen gibt, die Morde ganz nett (und abwechslungsreich) umgesetzt waren, und mir als Österreicher natürlich vor allem das Setting in meinem Heimatland (wenn man davon auch zugegebenermaßen nur sehr sporadisch etwas mitbekommt) einiges gibt. Einzelnes wirkte auf mich aber doch auch ein bisschen unfreiwillig komisch, die Story ist ziemlich an den Haaren herbeigezogen (wobei ich vor allem den Teil rund um die Hexe seltsam fand), in Teilbereichen ist der Film fast schon schmerzlich vorhersehbar, und abseits von Elke Sommer (und vielleicht noch Luciano Pigozzi, der als Hauswart Fritz durchaus Eindruck hinterlässt) reißt einen auch die Besetzung nicht zu Begeisterungsstürmen hin. Das Ende – wo die Opfer am Baron Rache nehmen – stimmt dann zwar durchaus wieder versöhnlich. Zu den besten Bavas ist "Baron Blood" aber dann doch eher nicht zu zählen.

Wertung: 6 von 10 Punkten
Christian Siegel


Harrys Horror-Hintergründe:
Titel:
Warum "Baron Blood" in Italien unter dem bizarren Titel "Gli orrori del castello di Norimberga", also "Die Schrecken des Schlosses von Nürnberg(!)" veröffentlicht wurde ist ein beinah unlösbares Rätsel, allein schon weil der Film auch in der italienischen Originalsprache eindeutig in Österreich spielt. Der offizielle Mario-Bava-Biograph Tim Lucas vermutet, dass die Distributoren eine gewisse Nähe zu Antonio Margheriti's Gothic-Heuler "Das Schloss des Grauens" (1963) herstellen wollten. Im Original heißt das Teil ja "La vergine di Norimberga" = "Die Jungfrau von Nürnberg". Eine Theorie, die hinkt. Zwar kommen in beiden Filmen mittelalterliche Folterwerkzeuge, eiserne Jungfrauen und ein Schloss vor, das war's dann aber auch schon mit den Überschneidungen. Ähnliche Filme mit Mittelalter-Foltereien à la "Scarletto - Schloss des Blutes (1965)" oder "Hexen bis aufs Blut gequält" waren große Gassenhauer in Italien, aber "Baron Blood" wurde 1971 gedreht und kam 1972 in die Kinos - und zu dieser Zeit waren die Italiener ganz im Bann des Giallo-Genres, sowie im gerade aufkommenden Boom des Comedy-Westerns. Schloss-Horror und Gothic-Streifen waren nicht mehr angesagt.

Der italienische Filmkritiker Stefano Della Casa vermutet, dass man mit dem Titel eine Nähe zu den Edgar Wallace Filmen herstellen wollte, weil Nürnberg ja in Deutschland liegt und diese Filme allesamt deutsche Produktionen waren. Schön und gut, aber die Theorie hinkt noch viel mehr, da diese Streifen allesamt in Großbritannien spielten und sich, im Gegensatz zu internationalen Auswertungen, die italienischen Titeln weit stärker auf London bezogen. Beispiele:
- "Der Bucklige von Soho (1966) hieß "Il gobbo di Londra" = Der Bucklige von London.
- "Der Mönch mit der Peitsche (1967)" hieß "Il fantasma di Londra" - Das Phantom von London.
- "Im Banne des Unhemlichen (1968)" hieß "Il treschio di Londra" = Der Schädel von London etc.

Ich persönlich vermute, dass man Nürnberg wählte, weil die Italiener die Stadt damals noch hauptsächlich mit den 'Nürnberger Prozessen' in Verbindung brachten. Das klingt nach Nazis, das ist reißerisch, das ist gut fürs Geschäft. Außerdem waren Anfang der 70er dank des boomenden Giallo-Genres lange Titel sowieso voll im Trend. 1972 erschienen u.a. Filme wie "Your Vice is a Locked Room and Only I Have The Key", "The Red Queen Kills Seven Times" oder "Love and Death in the Garden of Gods". Aber auch im Western-Bereich wurde 1972 alles immer länger, was Filme wie "A Reason to Live, A Reason to Die", "Death is Sweet from the Soldier of God" oder "You're Jinxed, Friend, You've Met Sacramento" gut veranschaulichen. Da fällt sowas Simples wie "Baron Blood" nicht wirklich auf.

Fassungen:
Szenenbild. Von "Baron Blood" existieren zwei Versionen, das italienische Original und die Amerikanische Version. Letztere stammt von der Filmfirma AIP, welche die meisten Bava-Filme bearbeitet um sie dem Geschmack des US-Publikums anzupassen. In diesem Fall wurde der Film um acht Minuten gestrafft, was gar nicht so ein Fehler war. Einige unnötig lange Szenen wie z.B. die Schloss-Auktion kommen hier schneller auf den Punkt, aber auch das etwas ungelenke Techtelmechtel zwischen Elke Sommer und Antonio Cantafora wird hier größtenteils unter den Tisch gekehrt, was den Übergang zwischen zweier Baron-jagt-Elke Szenen mehr als gut tut. Leider wurde auch (ein klassischer AIP-Move) der gesamte Score ersetzt. Stelvio Cipriani's Soundtrack mag oft ein wenig holprig sein und das einleitende Thema bei den Opening Credits klingt eher nach einer Sex-Klamotte, aber ansonsten kann man sich nicht aufregen. Die US-Musik von Les Baxter ist um einiges reißerischer und stärker auf Grusel getrimmt. Anfangs klingt das noch ganz nett, wird aber auf Dauer ermüdend und nützt sich schnell ab. In einer zentralen Szene (die Elke, der Baron und der Nebel) wird im Italo-Original voll auf Stille gesetzt, während in der Ami-Fassung diese Ruhe rummsbumms mit Grusel-Bombast gefüllt wird. Dem einen oder anderen mag das taugen (Bava-Biograph Tim Lucas findet's stellenweise sogar besser als die originale Musik), mir nicht so recht. Aber man kann schon mal in diese Version reinschauen, zumal sie ein wenig flotter läuft.

Meinung:
Die Handlung ist natürlich ausgemachter Mumpitz, aber dank der sowohl super-stylischen als auch ein wenig augenzwinkernden Inszenierung, kommt das Ganze äußerst launig rüber und funktioniert für mich bestens. Ich gebe aber zu, dass er beim ersten Mal Anschauen nicht recht zündet, sondern erst nach mehreren Sichtungen reinknallt - dann aber richtig!

Harry
(Bilder © 1972 Euro America Produzioni Cinematografiche)


Weiterführende Links:
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