Kurzinhalt:
Gerade erst ist Captain Picard von seiner geheimen Mission auf Celtris Drei zurückgekehrt – wo er in die Gefangenschaft von Gul Madred geriet, und von diesem gefoltert wurde – da wird er in seiner Tätigkeit für die Sternenflotte gleich wieder mit Cardassianern konfrontiert. Denn: Diese haben soeben beschlossen, ihre jahrzehntelange Besetzung Bajors zu beenden. Die Enterprise wird, als Flaggschiff der Föderation, zur Station Terok Nor beordert, wo die Verhandlungen zwischen den Cardassianern und den Bajoranern für einen geordneten Abzug und Übergang zu einer provisorischen Regierung abgehalten werden. Auch die Übergabe der Station selbst ist dabei zu regeln. Als Ro Laren den Notruf eines alten Bekannten erhält, der andeutet, dass die Cardassianer eine geheime Station betreiben, in der illegale Forschungen durchgeführt werden, fliegt die Enterprise unter dem Kommando von Commander Riker los, um der Sache auf den Grund zu gehen, während die Delegation rund um Captain Picard auf Terok Nor verbleibt. Im Zuge der Verhandlungen wird Jean-Luc schließlich direkt mit seinem Peiniger Gul Madred konfrontiert…
Review:
Nachdem zwanzig Jahre an Romanen, welche die Geschichte aus den Serien und Filmen weitererzählte, mit "Coda" beendet wurde, steckt man nun wieder in jenem Muster fest, welches die frühen "Star Trek"-Bücher der 80er und 90er dominierte: Man kann entweder eine losgelöste Story erzählen, die sich wie ein weiteres, bislang unbekanntes Abenteuer der jeweiligen Crew liest, oder aber man füllt die Lücken zwischen verschiedenen Episoden und/oder Filmen. Im Falle von "Pliable Truths" hat sich Dayton Ward (genauer gesagt, der Verlag, der ihn darum gebeten hat, eben diese Idee umzusetzen) für Zweiteres entschieden – und liefert hier einen Roman ab, der als Übergang von "The Next Generation" zu "Deep Space Nine" dienen soll, und quasi die Lücke zwischen den Zweiteilern "Geheime Mission auf Celtris Drei" und "Der Abgesandte" schließt. Das Endergebnis ist ok. Wobei ich auch gleich zugebe, dass größere Fans von DS9 als ich es bin mit diesem Prequel zur Serie möglicherweise mehr anfangen können. Tatsächlich ist der Crossover-Gedanke eh noch einer der interessanteren Aspekte, und freute ich mich über die Auftritte von Quark, Odo und insbesondere Garak (der definitiv mit das beste am zweiten "Star Trek"-Ableger war); letzterer bekommt einige wirklich starke Momente; zudem gelingt es Ward, uns ein bisschen mehr über ihn erfahren zu lassen, ohne die Mysterien die im Laufe der Serie um ihn aufgelöst wurden vorwegzunehmen. Einen weiteren wesentlichen Reiz zieht "Pliable Truths" daraus, wie er Captain Picard dazu zwingt, sich seinem in "Geheime Mission auf Celtris Drei" zu stellen. Ähnliche Höhen wie die TNG-Folge "Familienbegegnung" erreicht der Roman dabei zwar leider nie, dennoch würde ich dies definitiv zu den Stärken des Buchs zählen (und macht Dayton Ward diesbezüglich in meinen Augen einen besseren Job, als Diane Carey bei "Ship of the Line").
Leider aber merkte man "Pliable Truths" in meinen Augen da und dort doch an, dass sich Ward ein bisschen schwer tat, eine Story zu finden, die er an dieser Stelle der "Star Trek"-Chronologie erzählen kann. Es mag damit zu tun haben, dass die Geschichte eben nicht seine Idee war, sondern ihm das Setting vorgegeben wurde. Und, natürlich: Ganz egal was er sich letztendlich hätte einfallen lassen, am großen Problem solcher Prequels (oder Interquels), dass wir aus der Fortsetzung schon wissen, dass nichts weltbewegendes passieren kann, wäre er ohnehin nie vorbeigekommen. Aus meiner Sicht ist es jedenfalls eine ganz besondere Herausforderung, sich innerhalb der "Star Trek"-Kontinuität zu bewegen und einen Weg zu finden, auf Elementen daraus aufzubauen und diese weiterzuentwickeln (im Gegensatz dazu, sich einfach eine völlig neue und von der Serie/den Filmen weitestgehend losgelöste Geschichte einfallen zu lassen) – die manche Autor:innen besser beherrschen als andere. Und auch wenn sich Dayton Ward hier redlich bemüht und einzelne Aspekte durchaus gefallen können, wäre sein Name eben leider nicht der erste, der mir diesbezüglich einfallen würde. Es hilft auch nicht, dass er sich aufgrund der Informationen aus "Der Weg des Kriegers" (wo wir erfahren, dass Worf bislang noch nie einen Fuß auf Deep Space Nine gesetzt hatte) einen Sidequest für die Enterprise unter dem Kommando von Commander Riker einfallen lassen musste. Der lenkte von der durchaus gefälligen Handlung auf Terok Nor rund um die Verhandlungen nämlich eher ab, und vermochte es leider nie, mich zu interessieren, geschweige denn mitzureißen. Aber auch von dieser Nebenstory abgesehen plätscherte "Pliable Truths" halt doch eher vor sich hin. Es fehlt halt einfach ein Mysterium, oder generell irgendetwas spannendes, in das ich mich verbeißen konnte. All das macht den Roman nicht zwingend schlecht; er erfüllt den auferlegten Zweck durchaus solide. Mir persönlich ist dann aber eine völlig neue (unabhängige) Geschichte, wo mich zumindest theoretisch in dieser Überraschungen erwarten können, und die es versteht, mich zu faszinieren, lieber, als solch ein (im wahrsten Sinne des Wortes) Lückenfüller.
Fazit:
"Pliable Truths" ist gleichermaßen Sequel zu "Geheime Mission auf Celtris Drei" und Prequel zu "Der Abgesandte". Das betreffende Setting ist für mich Fluch und Segen zugleich. Segen, weil der Roman von diesem Crossover zwischen TNG und DS9 durchaus profitiert. Vor allem der Auftritt von Garak, der hier mit die besten Momente bekommt, wertet die Geschichte zweifellos auf. Und generell waren es insbesondere die Aspekte rund um Picards Trauma nach der Folter durch Gul Madred, sowie der Prequel-Charakter im Hinblick auf die zweite Ablegerserie "Deep Space Nine", die zu den interessanteren Aspekten des Romans gehörten. Zugleich ist das Konzept aber insofern ein Fluch, als man von vornherein weiß, dass sich hier nichts Weltbewegendes zutragen kann. Dies geht auf Kosten der Spannung. Generell verstand es die Story leider nur äußerst sporadisch, mich so richtig mitzureißen. Und vor allem die Nebenhandlung rund um die Mission der Enterprise unter dem Kommando von Commander Riker fiel für mich doch ziemlich ab. Trotz dieser Mankos ist "Pliable Truths" aber ein solider Roman, der insbesondere für Fans von TNG und/oder DS9 durchaus lesenswert ist.