Kurzinhalt:
Auf Vulkan wurde ein Antrag eingebracht, aus der Föderation auszutreten. In Kürze soll diesbezüglich ein Referendum abgehalten werden. Vor der Abstimmung sind Redner dazu eingeladen, für und wider den Austritt zu argumentieren – darunter u.a. auch Captain James T. Kirk, Doktor Leonard McCoy, sowie Spock. Auch dessen Vater Sarek spricht beim Referendum; als offizieller Vertreter der Regierung Vulkans, die den Antrag eingebracht hat, sieht er sich jedoch dazu gezwungen, für den Antrag – und damit gegen seine eigene Überzeugung – zu argumentieren. Doch die drei Gäste von der Enterprise geben sich nicht nur damit zufrieden, eine Rede zu halten, sie stellen auch Nachforschungen darüber an, wie der Antrag denn überhaupt zustande gekommen ist. Schließlich finden sie heraus, dass eine Person aus Spocks Vergangenheit beim Bestreben, dass Vulkan die Föderation verlassen soll, eine entscheidende Rolle spielt…
Review:
"Spocks Welt" ist eine lose Fortsetzung zu Diane Duanes erstem TOS-Roman "Der verwundete Himmel"; lose deshalb, weil sie zwar mit "K't'lk" (bzw. nun "K's't'lk") eine Figur von dort übernimmt, und auch vereinzelt auf die dortigen Ereignisse Bezug nimmt (in einem Nebenkommentar meinte ich zudem, eine direkte Referenz zu Margaret Wander Bonannos "Fremde vom Himmel" zu erkennen), hier jedoch eine gänzlich neue und vom vorangegangenen Roman unabhängige Geschichte erzählt. Die angeführte Inhaltsangabe spiegelt dabei nur in etwa die Hälfte des Buchs wieder; in der anderen rollt Duane die Geschichte des Planeten Vulkans auf. Eben darin liegt für mich auch die größte Stärke von "Spocks Welt". Hierzu muss natürlich festgehalten werden, dass die weiteren Filme und Serien den hier präsentierten Informationen widersprachen, und sie somit nicht dem Kanon entsprechen. Dies gilt insbesondere für den Teil rund um Surak, der sich hier sehr anders darstellt, als uns das Jahre später bei "Enterprise" gezeigt wurde, sowie das Kapitel mit Sareks Vorgeschichte, in der jedwede Erwähnung seiner früheren Frau und Spocks Halbbruder Sybok fehlt (der eben erst im fünften "Star Trek"-Film "Am Rande des Universums", der ein Jahr nach "Spocks Welt" in die Kinos kam, vorgestellt wurde). Allerdings ist ihr im Hinblick auf diese Widersprüche kein Vorwurf zu machen. Natürlich gingen die "Star Trek"-Autor:innen damals wie heute, wenn sie nicht einfach nur ein weiteres, unabhängiges Abenteuer erzählten, sondern versuchten, die Geschichte dieser Welt mit neuen Informationen anzureichern, immer das Risiko ein, dass spätere Produktionen ihrem Werk widersprechen. Trotzdem weiß ich den Ansatz, uns auf diese Weise – in ihrer Interpretation – noch tiefer in die Welt von "Star Trek" eintauchen zu lassen, durchaus zu schätzen.
Umso mehr in einem Fall wie hier, wo die Entwicklung des Planeten Vulkan sehr interessant und stimmig beschrieben wird. Am besten gefielen mir dabei die Kapitel rund um den Wanderer gleich zu Beginn, sowie die Geschichte von Surak (dessen Lehren wirklich super geschrieben waren). Aber u.a. auch die Hinweise auf bewusste genetische Zucht um die telepathischen Kräfte zu verstärken hatten es mir angetan. Und auch die Erklärung für den Widerspruch, dass Spock in einer TOS-Folge meinte "Vulkan hat keinen Mond", und dann bei "Star Trek: Der Film" im Himmel Vulkans ein ebensolcher vermeintlich gezeigt wurde, gefiel mir. Die Story in der "Gegenwart" kann hier allerdings leider nicht ganz mithalten. Diese leidet einerseits mal darunter, dass der Ausgang des Referendums von vornherein feststand. Ich fand zudem die einzelnen Reden teilweise doch etwas zu lang. Zwar grundsätzlich gut geschrieben und argumentiert, wobei es mir insbesondere der Vortrag von Leonard McCoy angetan hatte, und natürlich ist es auch nur natürlich und realistisch, dass solche Reden nicht nach wenigen Worten vorbei wären. Aber wenn sich das Blabla dann mal auf mehrere Seiten verteilt, beginnt es sich halt schon ein wenig zu ziehen. Für Action-Freaks ist "Spocks Welt" jedenfalls definitiv nichts. Noch deutlich kritischer als dies sehe ich aber die Offenbarung, dass T'Pring hinter dem Bestreben steckt, dass Vulkan die Föderation verlassen soll. Mir war das für eine angeblich rational denkende und gefühllose Vulkanierin viel zu emotional und irrational; zumal es für mich auch das Klischee der rachsüchtig-"gehörnten" Frau bediente. Last but not least: In Anbetracht dessen, dass McCoy drohte, durch Spocks übertragenes Katra den Verstand zu verlieren, weil das menschliche Gehirn eben nicht darauf ausgelegt ist, das Bewusstsein eines Vulkaniers in sich aufzunehmen, macht das Ende, wo T'Pau vor ihrem Tod ihr Katra in Amanda überträgt, nicht wirklich Sinn. Andere, sich nach ihrem Roman ergebende Kanon-Widersprüche sind ihr nicht vorzuwerfen; dies hingegen schon.
Fazit:
An "Spocks Welt" gefielen mir am besten die Einblicke in die Geschichte Vulkans; auch wenn die späteren Kanon-Produktionen den Informationen hier dann teilweise widersprechen sollten, fand ich die Vorgeschichte, die sich Diane Duane hier ausgedacht hat, sehr stimmig, und stellenweise richtiggehend – ihr ahnt es schon – faszinierend. Leider konnte die Handlung rund um den vermeintlichen Austritts Vulkan aus der Föderation nicht ganz mithalten; diese Storyline konnte mich vielmehr nur vereinzelt überzeugen, wobei sich eben diese Momente mit jenen Entwicklungen, die mir nicht wirklich zusagten, ziemlich die Waage hielten. Aber auch bei den – grundsätzlich gut formulierten – Reden schoss Diane Duane in meinen Augen teilweise ein bisschen übers Ziel hinaus. Und natürlich war dieser Handlungsstrang aufgrund des von vornherein feststehenden Ausgangs nie spannend. dafür war der Roman wieder sehr gut geschrieben (als Beispiel sei diese Beschreibung der Enterprise erwähnt: "Eine Königin der Nacht, bereit dazu, die Helligkeit aufzugeben und ins tiefe kalte Schwarz zurückzukehren, ihre wahre Heimat."), und überzeugte mich vor allem in den Kapiteln rund um den Wanderer, Surak, sowie (vom fehlenden Sybok abgesehen) Sarek.