Die Entstehung von Babylon 5 - Teil 5: Die verhinderte Zukunft
Der abgebrochene Kreuzzug
"Crusade" war nicht der erste "Babylon 5"-Ableger, den JMS in Erwähnung zog. Wie in Teil 4 dieser Artikelreihe zu lesen, war ein solcher vielmehr bereits fixer Bestandteil des ursprünglichen Konzepts – sollte "Babylon 5" damals doch eigentlich in "Babylon Prime" überleiten, und war die Story somit eigentlich nicht "nur" auf fünf, sondern vielmehr zehn Jahre/Staffeln ausgelegt. Mit dem Ausstieg von Michael O'Hare hat JMS dann das Konzept nochmal völlig überarbeitet, und dabei teilweise auch komprimiert. Dennoch begann er sich im Verlauf der Serie immer wieder mal über eine mögliche Fortsetzung Gedanken zu machen. 1996 – und damit in etwa zur Zeit der Produktion der dritten Staffel – übermittelte er Warner ein erstes "Treatment" zu einem Spin-off mit dem Titel "Rangers". Deren Story hätte 2262 beginnen und somit entweder direkt an die fünfte Staffel anknüpfen oder gar teilweise parallel zu dieser verlaufen sollen. Im Mittelpunkt wären quasi die "Aufräumarbeiten" in der Galaxis nach dem Ende der großen Krisen – insbesondere natürlich dem Schattenkrieg, aber auch dem Bürgerkrieg auf der Erde, sowie dem Krieg zwischen den Narn und den Centauri – gestanden. Eine Welt im Chaos, in dem es genug üble Leute und Organisationen gibt, die ihre große Chance wittern, um eben dieses für ihr eigenes Weiterkommen und ihren Profit auszunutzen. Unter dem Kommando von Delenn und Sheridan hätten sich die Ranger nun eben diesen bösen Mächten entgegengestellt, um in der Galaxis für Recht und Ordnung zu sorgen, die Schwachen zu beschützen, und neue Allianzen zu gründen, sowie alte wieder aufleben zu lassen. Spannend ist dieses erste (bzw. zweite) Spin-off-Konzept natürlich in erster Linie im Hinblick auf "The Legend of the Rangers", JMS nächsten Versuch (nach dem Scheitern von "Crusade"), die Geschichte von "Babylon 5" weiterzuführen. Aber auch gewisse Parallelen zu "Crusade" zeigen sich, insbesondere im Konzept, welches stärker auf unabhängige Geschichten – wenn auch natürlich nach wie vor mit einem roten Faden – statt auf eine groß angelegte, über fünf Jahre erzählte Story setzt, sowie dem stärkeren Action- und Abenteuer-Charakter der Serie. Mit am Spannendsten an der Grundidee ist aber die Besetzung, die JMS dafür zu diesem Zeitpunkt im Auge hatte, und die neben den bereits erwähnten Sheridan und Delenn u.a. auch noch G'Kar, Franklin, Mathras (ein identischer Zwillingsbruder von Zathras; die Idee mit den Zathri hatte JMS damals wohl noch nicht) sowie vor allem auch Marcus beinhaltet hätte. Dies ist vor allem im Hinblick auf sein Schicksal in der Serie höchst interessant.
Aber kommen wir zu "Crusade", jenem Ableger, der dann tatsächlich in Angriff genommen wurde. Dieser basierte zumindest teilweise auf dem "Rangers"-Konzept (das erste Treatment liest sich von der Idee her recht ähnlich, nur dass die meisten B5-Veteranen zu diesem Zeitpunkt – da Warner/TNT die Verbindungen zur ursprünglichen Serie so gering wie möglich halten wollten, um den Ableger für allfällige Neueinsteiger so niederschwellig wie möglich zu machen – mit neuen Figuren ersetzt wurden; einzig Mathras und auch Marcus Cole finden sich auch im ersten "Crusade"-Konzept wieder), fügte aber mit der Suche nach einem Heilmittel für die Drakh-Seuche genau jenen Köder ein, auf den Warner/TNT bestanden, um neben den "Babylon 5"-Fans auch neue Zuschauer sofort am Haken zu haben. "Waffenbrüder" war dabei quasi als Übergang von der alten zur neuen Serie geplant, die ursprünglich in der Woche darauf mit der Episode "Der Friedhof der Schiffe" hätte starten sollen (deshalb auch die anfängliche Traum/Flashback-Szene mit Gideon, die uns zeigt, wie ihm das Kommando über die Excalibur übertragen wird). So wie die fünfte Staffel und die vier TV-Filme sollte auch "Crusade" auf TNT ausgestrahlt werden, die auch hauptverantwortlich für die Produktion der Serie waren. Doch kurz nachdem man mit den Dreharbeiten begonnen hatte, erhielten die Senderverantwortlichen eine ernüchternde Analyse: Es war ihnen nicht wirklich gelungen, mit "Babylon 5" ihre Zuschauerbasis nachhaltig zu erweitern. Vielmehr schalteten die üblichen TNT-Zuschauer wenn "Babylon 5" zu sehen war auf einen anderen Sender um, und die B5-Fans ein, nur um sobald die Episode vorbei war wieder wegzuschalten. Allerdings hatte man sich bereits verpflichtet, eine komplette Staffel zu produzieren. Um sich vor eben dieser Verpflichtung zu drücken, bombardierte man JMS förmlich mit sinnlosen bis richtiggehend abstoßenden (so sollte Dureena eine "Sexforscherin" werden, die mit jeder neuen Spezies die man besucht schläft, um sie so näher kennenlernen; zudem sollte Mr. Jones in "Der Quell der Ewigkeit" so ausgeschaltet werden, in dem Gideon die Vergewaltigung eines Crewmitglieds durch diesen arrangiert), sowie teilweise auch widersprüchlichen Notizen (mal forderten sie mehr erklärende Dialogszenen, nur um sich dann über den sich zu langsam bewegenden Plot zu beschweren). Nach dreizehn abgedrehten Episoden wurde schließlich ein Krisenstab einberufen, bei dem JMS alle zuletzt übermittelten Anmerkungen kurzerhand ablehnte. Damit war das Ende von "Crusade" besiegelt – und TNT hatten genau das bekommen, was sie wollten, und konnten das Geld für die restlichen, nicht mehr gedrehten neun Episoden anderweitig verwenden.
Episode 14: "To the Ends of the Earth"
Dank vier fertiger Drehbücher, sowie Synopsen zu einigen weiteren Folgen lässt sich aber immerhin ein Eindruck gewinnen, wie zumindest mal die restliche erste Staffel verlaufen wäre. Diese lassen aus meiner Sicht fast noch mehr als die ersten dreizehn Episoden – die teilweise schon stark unter der Einmischung von TNT gelitten haben – das Potential der Serie erkennen. So hätte gleich die nächste Folge, "To the Ends of the Earth", einen wesentlichen Wendungspunkt dargestellt, der wohl in etwa mit "Zeichen und Wunder" der ersten "Babylon 5"-Staffel vergleichbar gewesen wäre. Gleich zu Beginn wäre JMS die grauen Uniformen losgeworden, in dem er Gideon Matheson anwies, einen Unfall in der Wäscherei zu kommunizieren, durch den eben diese zerstört wurden, weshalb man nun vorerst – "bis zur Ersatzlieferung" (Gideon macht keinen Hehl daraus, dass er hofft, dass die Anfrage untergehen und nie Nachschub kommen wird) – wieder zu den alten, schwarzen Uniformen zurückkehren würde. Unmittelbar darauf meldet sich die Apokalypse-Box bei Gideon mit der Nachricht, dass jenes Schiff, nachdem er gesucht hat – eben jenes, welches die Cerberus zerstörte (siehe "Der Pfad der Sorgen") – wieder aufgetaucht sei. Gideon beordert daraufhin alle Crewmitglieder, welche die Ruinen eines Planeten erforschten, wieder zur Excalibur zurück. Er erzählt Galen, Dureena, Eilerson und Dr. Chambers von den damaligen Ereignissen, und dass das Schiff wieder aufgetaucht ist. Er möchte ihm mit der Excalibur hinterherjagen, allerdings würden sie damit ihre Befehle verletzten, weshalb die Entscheidung dazu einstimmig sein muss. Die vier besprechen sich, und als Gideon wieder zurückkommt sagt man ihm, dass es drei Ja- und eine Nein-Stimme gibt; letztere von Sarah Chambers, da für sie die Bedürfnisse der Lebenden – die auf sie zählen, ein Heilmittel für die Drakh-Seuche zu finden – schwerer wiegen, als Gerechtigkeit für die Toten. Gerade zu diesem Zeitpunkt erreicht die Excalibur den Standort des letzten Schiffes, dass vom unbekannten Angreifer zerstört wurde. Das angerichtete Leid zu sehen, ändert ihre Meinung, und sie gibt ihre Zustimmung. Da man das Schiff mit dem konventionellen Antrieb nicht einholen könnte, lässt Gideon Microsprünge durchführen, immer genau bis zum Rand der Sensorgrenze – um zu verhindern, dass man den Gegner quasi überholt. So holt man das Schiff schließlich ein, welches daraufhin Kampfjäger absetzt. Zwar gelingt es, diese abzuwehren, doch die Excalibur wird dabei beschädigt, und einige Crewmitglieder verletzt. Vor allem aber konnte sich der Gegner so wieder einen kleinen Vorsprung verschaffen.
Während die Excalibur die Verfolgung wieder aufnimmt, unterhalten sich Galen und Gideon über dessen Rachefeldzug. Galen meint dabei "Jemand muss für die Toten sprechen", woraufhin Galen erwidert "Zu schade, dass niemand die Toten fragt, was sie zu sagen haben. Vielleicht wäre es ja 'Ehre uns, in dem du am Leben bleibst, so dass sich zumindest eine lebende Person an uns erinnert.'". Abschließend sagt er Gideon, dass er weiß, dass er seine Informationen aus einer mysteriösen Quelle bezieht – und befürchtet, dass diese ihn manipulieren und für ihre eigenen Zwecke nutzen könnte. In einem Asteroidenfeld wäre es dann schließlich zum Showdown mit dem fremden Schiff gekommen. Als dieses einem großen Asteroiden ausweicht und damit seine Position verraten muss, hätte es alles für den Sprung in den Hyperraum vorbereitet, woraufhin Gideon die Hauptwaffe zünden lässt, um einen riesigen Asteroiden genau zwischen den beiden Schiffen zu zerstören. Die Trümmer des Asteroiden beschädigen das fremde Schiff schwer, welches daraufhin das Sprungtriebwerk aktiviert, um sich selbst zu zerstören. Matheson hätte Gideon schließlich auf die Ähnlichkeiten zwischen dem Schiff und jenen der Schatten hingewiesen. Eine im All schwebende Halbdollarmünze mit Präsident Kennedy hätte dann dem Zuschauer – nicht jedoch der Crew – verraten, dass das Schatten-Hybridschiff von Menschen gesteuert wurde.
Fiona Avery und die Rückkehr von Alfred Bester
Wohl eines der berühmtesten fertiggestellten, jedoch nicht mehr produzierten Drehbücher für "Crusade" ist zweifellos "Value Judgments" von Fiona Avery: Ein IPX-Team unter der Führung von Max Eilerson untersucht in einer Höhle auf einem fremden Planeten ein großes Tor außerirdischen Ursprungs, als sie von einer Schockwelle getroffen werden. Zwei der Techniker erleiden dabei einen Schlaganfall – woraus Dr. Chambers schließt, dass die Welle telepathischen Ursprungs war. Als man Matheson hinzuzieht, vermutet dieser aufgrund des Fehlens eines psychischen Abdrucks, dass nicht etwa ein Individuum dafür verantwortlich war, sondern es sich um eine Art automatisch-mechanischen Abwehrmechanismus handelt. Währenddessen erfährt Gideon während eines Pokerspiels mit dem Gouverneur der Kolonie, dass sich unter ihnen ein Telepath namens Al befindet, der jedoch weitestgehend zurückgezogen lebt – was den anderen Bewohnern auch lieber ist. Kurz darauf versucht Matheson, das telepathische Schloss zu knacken, erkennt dabei allerdings, dass es dafür mindestens einen Telepathen der Stufe 10 (er selbst ist Stufe 6) benötigen würde. Daraufhin bringt Gideon den mysteriösen Al ins Spiel – der sich als niemand geringerer als Alfred Bester herausstellt, der nach dem Telepathenkonflikt untergetaucht ist, und dem während seiner Verhandlung, wo er für seine zahlreichen (auch Kriegs-)Verbrechen angeklagt wurde, die Flucht gelang. Nun verlang er als Gegenleistung für seine Hilfe, dass man ihn mit der Excalibur vom Planeten fortschafft und zu seinem nächsten Versteck bringt. Vor allem Matheson tut sich mit dem Gedanken schwer, auf sein Angebot einzugehen. Er wäre dafür, Bester in Gewahrsam zu nehmen, und die paar Tage zu warten, bis man ihnen von der Erde einen P10 oder höher schicken kann. Doch Dureena und Eilerson drängen darauf, dass es im Kampf gegen die Seuche – und die Erforschung der Mysterien, die hinter der Türe lauern – keine Zeit zu verlieren gibt. Nicht zuletzt auch deshalb, weil Bester noch nicht verurteilt wurde – und seine Unschuld beteuert, behauptet er doch, dass er als Sündenbock für alle Verbrechen des Psi-Corps herhalten müsse. Gideon hält jedoch seinem ersten Offizier die Stange. Man will Bester gerade die schlechte Nachricht überbringen, als sich die Tür öffnet, und dieser ihnen schließlich gar keine andere Wahl lässt: Droht er doch, falls man ihn den Behörden übergibt, Matheson als einen seiner Handlanger zu nennen – und ihm damit zum Mittäter aller Verbrechen zu machen, die Bester angelastet werden. Derart in die Ecke gedrängt, hat man schließlich keine andere Wahl, als sich auf den Pakt mit dem Teufel einzulassen.
Bester schafft es, das Tor zu öffnen. Dahinter entdeckt man einen Wasserfall – von dem Dr. Chambers eine Probe nimmt – und eine Schriftrolle. Auf dem Weg zurück zum Shuttle werden sie von Gangstern angegriffen; im darauffolgenden Kampf rettet Bester schließlich Matheson das Leben. Zurück auf dem Schiff darauf angesprochen, meint Bester, dass er sein Leben dem Schutz aller Telepathen verschrieben hat – auch jenen, die seinen Schutz nicht wollen. Angesprochen auf seine Verbrechen meint er: "Ich tat, was notwendig war. Es kam auf beiden Seiten des Krieges zu Verlusten. Der Unterschied ist: Wenn du den Krieg gewinnst, bist du ein Held. Wenn du verlierst, bist du ein Kriegsverbrecher." Die Analyse des Wassers ergibt, dass es sich um ein starkes Schmerzmittel handelt, welches im Idealfall, durch die Behandlung der Symptome der Seuche, auch das Leben der Betroffenen um bis zu sechs Monate verlängern könnte. Gideon hält gegenüber Bester – auch wenn ihm dieser letztendlich keine andere Wahl gelassen hat – sein Wort, und bringt diesen zum genannten Treffpunkt, von dem dieser zu seinem nächsten Versteck aufbrechen wird. In der letzten Szene schickt jemand eine Nachricht, dass man Bester zwar aufgespürt hat, diesem aber die Flucht gelang, ehe sie ihn in Gewahrsam nehmen konnten. Der Empfänger: Michael Garibaldi.
Fiona Avery hätte noch ein zweites Drehbuch zur ersten "Crusade"-Staffel beigesteuert. In "Tried and True" hätte Dureena Nafeel ihren früheren Mentor von der Diebesgilde, Mafeek, der sie einst gerettet hat und daraufhin unter seine Fittiche nahm, in seinem Büro in einer heruntergekommenen Raumstation besucht. Zumindest in diesem ersten Entwurf hätte sich die gesamte Episode auch nur in diesem einen Set zugetragen, was an "Das Verhör" erinnert – leider aber nie die gleiche Intensität erreicht. Letztendlich geht es darum, dass Mafeek von der Diebesgilde beauftragt wurde, Dureenas Loyalität zu testen – was sie schließlich auch besteht. In der extrem dialoglastigen Folge, die immerhin ein paar kleine Details zu Dureenas Vergangenheit offenbart hätte, und wo das Gespräch zwischen den beiden immer wieder durch Anrufe von Mafeeks Geschäftspartnern unterbrochen worden wäre, stach für mich letztendlich nur folgendes Statement von Dureena hervor: "Ich bin die Letzte, die von meinem Volk übrig ist. Wenn ich spreche, mache ich das mit der Stimme von einer Milliarde ermordeter Seelen. Und wenn ich gegen die Drakh vorgehe, wird dies mit der Macht von einer Milliarde wütender Geister geschehen. Verstehst du? Es bin nicht ich, die sich nach Rache sehnt. Es sind sie." Davon abgesehen fand ich "Tried and True" allerdings wenig beachtlich.
Die geplante Trilogie
Zum Ende der Staffel hätte es dann auch noch einen Dreiteiler geben sollen, der sich ebenfalls um Dureena gedreht hätte (ursprünglich hätte Trace Miller im Mittelpunkt stehen sollen, allerdings ließ TNT die Option, ihn nach seinem Zwei-Episoden-Vertrag auch für die restlichen Folgen der ersten Staffel zu buchen, ungenutzt verstreichen). Im ersten Teil ("War Story") wäre die Excalibur mit einer zu einem fremden Planeten geschickt worden, auf dem ein Element (Ditillium) gefunden wurde, welches für medizinische Produkte verwendet wird. Doch die Verbindung zu den beiden Zerstörern, die von den Erdstreitkräften hingeschickt wurden, um die Lage zu sondieren, ist abgebrochen – man befürchtet das Schlimmste. Die Excalibur sollte, mit einer Gruppe Marines an Bord, den Planeten sichern, und herausfinden, was mit den beiden Zerstörern passiert ist. Auf dem Weg dorthin hätte sich Dureena in Gesprächen mit Chambers und Gideon wieder von ihrer rachsüchtig-blutrünstigen Seite gezeigt. Kurz nach der Ankunft beim Planeten wären die Drakh ins System gesprungen. Während der nachfolgenden Schlacht wäre plötzlich ein riesiges weißes Schiff erschienen, welches Dureena in ein helles Licht getaucht und entführt hätte. Larry DiTillios Fortsetzung "The Walls of Hell" hätte dann aus vertrag- und terminlichen Gründen nur auf Gary Cole und Daniel Dae Kim zurückgreifen können, und aus budgetären Gründen nur auf dem Schiff gespielt. Er war gerade dabei, die Episode auszuarbeiten, als "Crusade" eingestellt wurde, weshalb nur eine Zusammenfassung von rund der halben Folge existiert. Gideon und Matheson hätten darüber gesprochen, wie man Dureena finden will, was schließlich dazu geführt hätte, dass der Captain seinen ersten Offizier in das Geheimnis der Apokalypse-Box eingeweiht hätte. Diese hätte zuerst gemeint, dass Dureena unwichtig sei, und dann darauf bestanden, mit Matheson allein zu reden.
Von draußen hört Gideon, wie ein Schrei ertönt, woraufhin er wieder in sein Quartier zurückkehrt. Matheson meint, er wüsste nun, was zu tun sei, und eilt wie besessen zur Brücke, wo er sich telepathisch mit dem Computer des Schiffes verbindet, und de facto selbst zur Excalibur wird. Als Gideon ob der Verbindung zunehmend besorgt ist, versucht er diese gewaltsam zu lösen, doch Matheson hat die Macht über das Schiff übernommen, und sich allein in der Brücke eingeschlossen. Die Excalibur springt, jedoch nicht in den Hyperraum, sondern den sogenannten Dunklen Raum. Dessen seltsame Eigenschaften sorgen dafür, dass Matheson die Verbindung zur Excalibur verliert, woraufhin Gideon und ein Sicherheitsteam auf die Brücke gelangen. Matheson hätte Gideon daraufhin in seinen eigenen Erinnerungen gefangen, während das Sicherheitsteam mit den Wänden verschmolzen wäre. In jenem Moment, wo Matheson plötzlich seine Eltern sieht, die ihn ob der eingeschlossenen Sicherheitsleute fragen, was er getan hat, bricht die Synopsis ab. In einem Interview meinte DiTillio, dass der Rest der Episode die Vergangenheit von Gideon und Matheson ergründet, und sich jeweils mit einem Ereignis auseinandergesetzt hätte, von dem sie nach wie vor Schuldgefühle mit sich herumtragen – und das in Mathesons Fall zum Bruch mit seinen Eltern führte. Über den Abschluss der Trilogie, der von J. Michael Straczynski selbst geschrieben worden wäre, ist lediglich bekannt, dass Dureena mit einem geheimnisvollen Schwert (Excalibur lässt grüßen) zurückgekehrt wäre (welches dann im Staffelfinale, bevor Gideon und Galen aufbrechen, plötzlich aufgeleuchtet hätte). Zudem haben sie die unbekannten Aliens mit Implantaten versehen, die in weiterer Folge zu unerklärlichen, übernatürlichen Kräften geführt hätten.
"End of the Line": Das Staffelfinale – und darüber hinaus
Demgegenüber liegt zum geplanten Staffelfinale "End of the Line", welches die Geschichte rund um das Schattenhybridschiff aus "To the Ends of the Earth" wieder aufgegriffen hätte, ein fertiges Drehbuch vor. Dieses beginnt damit, dass die Excalibur das Signal des Hybridschiffes entdeckt. Mit Galens Hilfe ist es ihnen möglich, dieses zu einem unbekannten System zu verfolgen. Dort gerät die Excalibur jedoch fast in ein Minenfeld. Wie sich herausstellt, gibt es einen Verräter an Bord; als man diesen stellt, meint er nur, dass Gideon keine Ahnung hätte, wie groß die Sache ist, der er hinterherjagt. Daraufhin verbiegt er sich die Hand (dies erinnert an den Minbari-Attentäter aus dem Pilotfilm "Die Zusammenkunft") und löst so eine in der prothetischen Hand eingebaute Bombe aus. Kurz darauf gelingt es, die Minen zu einem Planeten im System zurückzuverfolgen. Als man auf diesen zufliegt, steigen plötzlich Thunderbolts und Starfuries vom Planeten auf. Major Lee, der Kommandant der geheimen Basis, nimmt mit Captain Gideon Kontakt auf, und verlangt, dass sich die Excalibur sofort aus dem System zurückzieht. Als Gideon sich weigert, und vielmehr droht, Verstärkung zu rufen, und damit noch mehr Schiffe ins System zu holen, stimmt Lee widerwillig einem Treffen zu, wobei er darauf besteht, dass Gideon – von einem Piloten der das Shuttle steuert abgesehen – alleine kommt.
Lee offenbart ihm, dass es sich um eine streng geheime Forschungs- und Entwicklungseinrichtung der Erdstreitkräfte handelt, die an neuartigen Waffen arbeitet. Als Gideon weiterbohrt, macht der Major ihm bewusst, dass dieser über mächtige Verbündete verfügt, die dafür sorgen könnten, dass Gideon das Kommando über die Excalibur verliert. Daraufhin kehrt der Captain zum Shuttle zurück – denkt jedoch gar nicht daran, einfach so aufzugeben. Vielmehr bittet er Galen darum, ihn mit seinem vor Sensoren verborgenen Schiff zurück zum Planeten zu bringen. Dieser warnt ihn – nicht nur vor der Gefahr, in die er sich begibt, sondern auch davor, dass er Dinge in Erfahrung bringen könnte, die er nicht wissen will, und Dinge sehen könnte, die er nicht sehen soll. "Du hast den Großteil deiner Unschuld bereits verloren. Bist du dir sicher, dass du auch noch den letzten Rest opfern willst?" Gideon antwortet: "Auf meinem Gewissen lasten die Leben von dreihundertneunundsechzig Offizieren, Galen. Als sie starben, ging meine Unschuld mit ihnen. Ich habe nichts mehr zu verlieren." "Da irrst du dich. Aber das wirst du wohl von selbst herausfinden müssen. Ich hoffe nur, dass es dann nicht zu spät sein wird." Die beiden fliegen los, und Gideon schleicht sich über einen Zugangstunnel in die Basis ein. Dort entdeckt er schließlich eine riesige Höhle, die das Herz des Forschungszentrums darstellt. Und er erkennt, dass dort an Schattentechnologie gearbeitet wird. Mehr noch: Er stößt auf Lebewesen, bei denen es sich offensichtlich um Hybriden zwischen Menschen und Schatten handelt. Als ihn diese zu umzingeln beginnen, tritt Gideon die Flucht an – fällt dabei jedoch einem Sicherheitsteam in die Hände. Kurz darauf besucht ihn Major Lee in seiner Zelle. Er sagt Gideon, dass die Arbeit in der Station vor zehn Jahren begonnen hat, nachdem ihnen während des Schattenkriegs Technologie von eben diesen in die Hände fiel. Er meint darüber hinaus, dass ihre Forschung aufgrund des Angriffs der Drakh auf die Erde an Bedeutung gewonnen hat – und er es für wahrscheinlicher hält, dass sie bei ihrer Forschung auf ein Heilmittel für die Seuche stoßen, als dass die Excalibur auf ihrer Reise durch die Galaxis zufällig ein ebensolches entdeckt. Auf die Zerstörung der Cerberus angesprochen, macht ihm Lee klar, dass es sich um einen tragischen Unfall handelte: manchmal geht die Verschmelzung von Menschen mit den Schattenhybridschiffen schief, und sowohl Pilot als auch Schiff verlieren den Verstand. Genau das war damals vor neun Jahren passiert.
Als Gideon seine Abscheu darüber deutlich macht, Schattentechnologie zu verwenden, erwidert Lee trocken: "Ich verstehe nicht, warum sie unser Vorgehen dermaßen verurteilen, Captain. Immerhin verwendet jemand der ihnen nahe steht bereits für sehr lange Zeit Schattentechnologie". An dieser Stelle hätte der Zuschauer das erfahren, was später in Jeanne Cavelos' Technomagier-Trilogie offenbart wurde, nämlich die Verbindung zwischen den Technomagiern und den Schatten – welche auch der wahre Grund ist, warum sie als der Krieg ausbrach unsere Galaxis verlassen haben. Lee macht Gideon daraufhin das Angebot, sich ihnen entweder anzuschließen, oder zu sterben. Falls er sich zu ersterem entschließt, will er die Aufrichtigkeit des Captains durch einen Telepathen überprüfen lassen. Zudem soll er ihnen, quasi als Zeichen seines guten Willens, Galen aushändigen. Doch gerade in diesem Moment kehrt der Technomagier zurück. Es gelingt ihm, Gideon zu befreien; bei ihrer Flucht sieht Galen die Mensch-Schatten-Hybriden, und vernichtet sie, um sie von ihrem Leid zu erlösen.
Zurück an Bord von Galens Schiff stellt Gideon ihn im Hinblick auf die Offenbarung von Major Lee zur Rede. Galen gibt zu, dass sich auch die Technomagier Schattentechnologie bedienen, und dies der Hauptgrund war, warum sie der Galaxis zum Ausbruch des Krieges den Rücken kehrten. Nach dem Ende des Krieges war es Galens Aufgabe, die zurückgebliebene Schattentechnologie im Auge zu behalten, und sicherzustellen, dass sie von niemandem benutzt/missbraucht wird – da dies das Einzige wäre, was eine Bedrohung für sie darstellt. Gideon fragt ihn daraufhin, ob das der Grund war, warum er ihn vor rund zehn Jahren gerettet, und sich nun auch der Mission der Excalibur angeschlossen hat. "Hast du mich die ganze Zeit nur benutzt?" Ein traurig-verletzter Galen antwortet daraufhin: "Was sagt dein Herz dir?" "Nie wieder auch nur irgendjemandem zu vertrauen, egal aus welchem Grund". Gideon lässt sich von Galen daraufhin zum Mars bringen, wo ihn die Excalibur treffen soll. Er will sich mit der dortigen Regierung treffen, um sie in das was er über die Experimente an Schattentechnologie erfahren hat einzuweihen. Max Eilerson soll seine Kontakte nutzen, um ein ebensolches, streng geheimes Treffen zu vereinbaren – ist Gideon doch klar, dass, würde er dafür offizielle Kanäle nutzen, die Verschwörer alles daran setzen würden, um eben dieses zu verhindern. Auf dem Weg dorthin wird er von Matheson und Chambers begleitet, während sich Galen im Hintergrund hält. Der Technomagier ist es dann auch, der einen Scharfschützen erkennt, der offensichtlich Gideon ins Visier nimmt. Er versucht noch, seinen Freund zu warnen, da fällt ein Schuss, und Gideon fällt, vermeintlich tödlich getroffen, zu Boden. "Fortsetzung folgt…"
Darüber, wie diese Fortsetzung ausgesehen hätte, ist vergleichsweise wenig bekannt. Es ist stark anzunehmen, dass Gideon das Attentat überlebt hätte; möglicherweise hätte man sich auch der geheimnisvollen Apokalypse-Box bedient, um ihn wieder ins Leben zurückzuholen. In etwa zur Mitte der zweiten Staffel hätte man ein Heilmittel gegen die Drakh-Seuche gefunden; diese hätte sich somit, ähnlich wie Sinclairs fehlende 24 Stunden, lediglich als Köder erwiesen, um die Zuschauer an den Haken zu bekommen. Danach wäre die Story rund um die Schattentechnologie in den Mittelpunkt gerückt. Diese hätte die Excalibur-Crew dann schließlich gezwungen, abtrünnig zu werden; ein Konzept, welches nicht nur an Babylon 5's Unabhängigkeitserklärung aus "Die Strafaktion" erinnert, sondern auch an JMS' ursprünglichen Plan im Hinblick auf "Babylon Prime". Was JMS jedoch genau – und darüber hinaus – geplant hat, ging zusammen mit der Absetzung von "Crusade" im Schatten verloren. Apropos Schatten…
Der Schatten einer Erinnerung an Schatten
"Star Trek" hat es vorgemacht, die zeitgleich mit "Babylon 5" entstandene Kultserie "Akte X" ging den ungewöhnlichen Weg, einen Film zwischen zwei Staffeln zu platzieren, und aktuell ist gerade "The Mandalorian" dabei, den Sprung vom Fernsehschirm auf die Kinoleinwand zu vollziehen. Wenig überraschend hat auch JMS relativ früh während seiner Arbeit an "Babylon 5" über einen Kinofilm nachgedacht; nicht zuletzt auch deshalb, da er schon immer fand, dass die Schauspieler:innen und die Crew bei der Serie längst nicht die Gagen bekamen, die sie in seinen Augen eigentlich verdient hätten. Ein Kinofilm wäre in seinen Augen ein Weg gewesen, um sie für ihre Arbeit und ihre Treue zu belohnen. Eines seiner ersten Ideen für einen "Babylon 5"-Kinofilm drehte sich um den Telepathenkrieg; nicht zuletzt auch deshalb, als diese Geschichte mit vergleichsweise wenig Vorwissen erzählt werden und somit auch für Zuschauer, die mit B5 noch nicht vertraut sind (was essentiell gewesen wäre, damit der Film erfolgreich sein kann), verständlich gewesen wäre.
Seine ersten Überlegungen dazu stammen ca. aus der Zeit der Produktion der vierten Staffel. Zu diesem Zeitpunkt wusste er selbst noch nicht genau, ob der Krieg zwischen Telepathen und Normalen, oder um einen Konflikt zwischen dem Corps und den Abtrünnigen handeln würde. Er erwog eine größere Rolle für Ivanova, und dass ev. ihre latente Telepathie ans Tageslicht kommt, sowie dass sie und Sheridan in diesem Konflikt auf unterschiedlichen Seiten stehen könnten. Weiter ausgearbeitet hat JMS diese Idee dann im Jahr 2000, nach dem Scheitern von "Crusade". Wir erinnern uns: Ursprünglich hätte dort in Mathesons Flashback zum Telepathenkrieg in "Der Pfad der Sorgen" ja Lyta Alexander die gefangene Telepathin sein, und uns die Episode den Tod von ihr sowie Lennier zeigen sollen (ein Fakt, dass im dritten Band von Gregory Keyes Psi-Corps-Trilogie "The Fate of Bester" zwar erwähnt wurde, jedoch ohne näher auf die Umstände ihres Ablebens einzugehen). Ein terminlicher Konflikt auf Seiten von Patricia Tallman, der ihren Auftritt verhinderte, schob diesem Plan jedoch einen Riegel vor. Mit "Babylon 5: The Telepath War" wollte er diese Lücke im Kanon nun mit einem groß angelegten Kinofilm endlich schließen. Die Story hätte zwei Jahre nach "Der letzte Blick zurück" – und zugleich zwei Jahre, nachdem ein Bombenanschlag auf das Hauptquartier des Psi-Corps auf der Erde durch die abtrünnigen Telepathen den Konflikt erst so richtig angeheizt hat – angesiedelt gewesen, und die komplette Stammbesetzung aus der fünften Staffel – sowie natürlich Walter Koenig als Alfred Bester – zurückgebracht. Auf Bitten der Erdregierung hätte Präsident Sheridan versucht, zwischen beiden Seiten zu vermitteln (insofern hatte sich JMS offensichtlich zwischenzeitlich darauf festgelegt, dass der Konflikt zwischen dem Psi-Corps und den abtrünnigen Telepathen stattfinden würde, mit den "Normalen", die zwischen die Fronten geraten). Verhandlungen, die natürlich auf Babylon 5 (als neutraler Ort) stattgefunden hätten, letztendlich aber gescheitert wären, und schließlich im eben erwähnten (heldenhaft-aufopfernden) Tod von Lyta und Lennier geführt hätten.
Noch vor dieser überarbeiteten Fassung von "The Telepath War" – genauer gesagt zum Ende der Produktion der fünften Staffel – stellte JMS Warner aber bereits eine andere Idee für einen Kinofilm vor. Mit dem provisorischen Titel "Babylon 5: The Motion Picture" versehen, und parallel zum Ende der fünften Staffel angesiedelt, hätte es Sheridan, Delenn, Lennier, Garibaldi, Lochley, G'Kar (der es sich zur Aufgabe gemacht hat, Sheridan als eine Art Chronist zu begleiten) und Vir beim Versuch, das Schicksal des vermissten Forschungsschiffs Vesper zu ergründen, zu einem abgelegenen Planeten verschlagen. Dieser hätte sich als verlassene Kolonie der Vorlonen herausgestellt, in der sie auf ihrem Weg zu unsterblichen Energiewesen – als solche wurden sie nämlich nicht geboren – Experimente an Freiwilligen unter sich selbst durchgeführt hätten. Eines davon ging schrecklich schief, woraufhin sie die Kolonie verlassen, und den verrückt gewordenen Vorlonen dort zurückließen. Seither sucht er verzweifelt nach einem Weg, um vom Planeten – der ihm auch nun, nachdem die anderen Vorlonen die Galaxis verlassen haben, nach wie vor als Gefängnis dient – zu entkommen. Die Prämisse offenbart Ähnlichkeiten sowohl zu "Alarm im Weltall", "Star Trek V: Am Rande des Universums" sowie Lochleys Segment aus "The Lost Tales", und hätte mit diesem weiteren Fehler der Vorlonen an Lytas ominösen "Einer von Vielen"-Sager aus "Thirdspace" angeknüpft. Allerdings zeigte Warner am Konzept kein unmittelbares Interesse, und mit der Bestellung von "Crusade" durch TNT rückte dieser erste – leider auch nicht von Erfolg gekrönte – Ableger von "Babylon 5" in JMS' Fokus.
Das (bislang) am weitesten fortgeschrittene Konzept für einen "Babylon 5"-Kinofilm war aber "The Memory of Shadows". Ende 2003 trat eine Produktionsfirma an JMS (der die Filmrechte an "Babylon 5" hält) heran, und zeigte Interesse, einen eben solchen umzusetzen. Sie gaben ein Drehbuch in Auftrag, von dem JMS im Jänner 2004 einen ersten und schließlich im Herbst seinen zweiten – und zugleich letzten – Entwurf abgab. Man begann mit ersten Vorbereitungen für die Produktion, reservierte sich Stages in den Elstree-Studios, und schickte Rollenbeschreibungen an Castingbüros aus. Für Unruhe sorgten Ende 2004 dann Gerüchte, dass Warner – die am Filmprojekt ebenfalls beteiligt waren – überlegten, zumindest einige der etablierte Figuren durch bekanntere Darsteller:innen zu ersetzen. Ein Casting Sheet, welches die Rolle von Galen ausweist, scheint dies zu bestätigen. Darüber hinaus gab es Gerüchte, dass Tom Sizemore als Ersatz für Bruce Boxleitner im Gespräch war (wobei es genauso gut möglich ist, dass dieser in Wahrheit nur für eine neu geschaffene Rolle – sei es Colonel Morgan, oder der Geheimdienst-Agent Richard – in Erwägung gezogen wurde). Ein kryptischer Kommentar von JMS, dass er Warners Wunsch nach möglichen Neubesetzungen zu diesem Zeitpunkt weder bestätigen noch dementieren konnte, trug ebenfalls nicht dazu bei, die Wogen zu glätten – und resultierte in einer Fan-Kampagne, in der Fans u.a. fingierte Dollarscheine mit den Gesichtern der Schauspieler:innen in die Warner-Zentrale schickten, nach dem Motto: Wir geben euch unser Geld, wenn ihr uns die altbekannten Gesichter gebt. Wenige Wochen später sollte sich die Angelegenheit dann insofern von selbst erledigen, als die Produktionsfirma (deren Namen nach wie vor nicht bekannt ist) – obwohl "The Memory of Shadows" zu dem Zeitpunkt bereits offiziell angekündigt war, man in einem Büro in London mit den ersten Vorbereitungen zu den Dreharbeiten begonnen hatte, und bereits Steven Beck als Regisseur genannt wurde – die nötigen finanziellen Mittel doch nicht aufbringen konnte, und das Projekt daraufhin in sich zusammenfiel.
Mir liegt (nur) der zweite Drehbuchentwurf von 15. September 2004 vor. In diesem hätte es Diane Baker, eine Geheimdienstoffizierin der Erdstreitkräfte, ca. 2264 (und damit rund ein Jahr vor den Ereignissen aus "Legende der Ranger") nach Babylon 5 verschlagen, um die Hintergründe des Todes von ihrem Bruder aufzuklären. William Baker war Captain der Hermes, und kurz davor, Elizabeth Lochley einen Heiratsantrag zu machen – weshalb auch diese aus persönlichen Gründen an dem Fall interessiert ist. Offiziell macht man ein defektes Sprungtriebwerk für die Zerstörung der Hermes verantwortlich, doch Diane hat unmittelbar vor seinem Tod mit William gesprochen, und gehört, wie plötzlich ein Alarm an Bord ausgelöst wurde. Von einem Kontaktmann auf dem Mars erfährt sie, dass unmittelbar vor der Zerstörung der Hermes ein unbekanntes Signal in Richtung Babylon 5 geschickt wurde. Mit Hilfe von Elizabeth gelingt es ihr schließlich, den Mann der es empfangen hat aufzuspüren. Dieser ist offenkundig sehr verstört, und hat – in einer Szene, die an Lyta in "Thirdspace" erinnert – unbekannte Hieroglyphen an die Wand der von ihm gemieteten Wohnung gekritzelt. Er gibt ihr schließlich die Aufzeichnung des Signals, und nimmt sich vor ihren Augen das Leben. Unmittelbar darauf wird sie von Galen gefunden. Auch ihn hat das Signal nach Babylon 5 geführt. Als er dieses zusammen mit Diane untersucht, stellt sich heraus, dass es von einem Technomagier stammt. Doch wie? Vor dem Ausbruch des Schattenkrieges haben alle bis auf Galen die Galaxis verlassen. Er blieb als Einziger zurück, um als Hüter ihrer Geheimnisse darauf zu achten, dass niemand Schattentechnologie erforscht – da dies die einzige Achillesferse der Technomagier darstellt.
Wie sich herausstellt, hat sich just der Erzfeind aus seinen Kindheitstagen, Tyrell, in unsere Galaxis zurückgeschlichen – und damit begonnen, Schattentechnologie zu verkaufen. Ein uns bislang unbekanntes Volk, die Desaud, dienen ihm dabei als willige Strohmänner. Die Hermes kam gerade bei Verhandlung über den Verkauf eines Einmaljägers der Schatten dazwischen – und wurde deshalb von Tyrell vernichtet. Dieser befindet sich mittlerweile ebenfalls auf Babylon 5 – wo just zu diesem Zeitpunkt eine Friedensverhandlung zwischen den Desaud und ihren Nachbarvölkern stattfindet, mit denen sie sich seit Jahrhunderten im Krieg befinden. Captain Sheridan, Delenn, G'Kar und Londo – da das Reich der Centauri dem umstrittenen Raumbereich am nächsten sind – nehmen ebenfalls an der Konferenz teil. Tyrell ermordet schließlich einen der Botschafter der drei Völker, die sich mit den Desaud im Krieg befindet, und hinterlässt Beweise, welche dazu führen, dass Diane von einem anderen Agenten des Erd-Geheimdienstes, Richard, verhaftet wird. Wie sich herausstellt, arbeitet dieser mit Tyrell zusammen – ist jedoch verärgert, als er durch Diane erfährt, dass dieser die Schattentechnologie nicht wie vereinbart exklusiv an die Erde verkauft. Was auch der Grund ist, dass man zähneknirschend die Zerstörung der Hermes akzeptiert – und die Hintergründe vertuscht – hat. Als deutlich wird, dass Diane über mächtige Freunde verfügt – da Lochley, Sheridan, Delenn, G'Kar und Londo auf Elizabeths Bitten gemeinsam bei der Präsidentin der Erdregierung intervenieren – ermordet Tyrell Richard, um seine Spuren zu verwischen. Dann lässt er eine gefährliche Technomagier-Waffe los: Jäger-Killer, die nach jedweder Form von biochemischer oder elektrischer Energie suchen, und diese angreifen. Damit droht jeder, der sich auf Babylon 5 aufhält, zu sterben, und auch die Station selbst vernichtet zu werden.
Galen befreit Diane aus der Zelle. Diese weiht daraufhin Lochley in die Gefahr durch die "Hunter-Killer" – kurz HKs genannt – ein. Man plant daraufhin, die Energie in der Station – und damit zugleich die Rotation, und damit die künstliche Schwerkraft – abzuschalten, um sie in den zentralen Garten zu locken, wo schließlich – angeführt von Colonel Morgan und seinen Marines (die zum Schutz der Ehrengäste nach Babylon 5 geschickt wurden) – das letzte Gefecht gegen die Angreifer stattfinden soll. Ein Gefecht, dem sich auch Sheridan, Delenn, Londo und G'Kar sowie ihre jeweiligen Sicherheitsleute anschließen. Parallel dazu öffnet Galen in seinem Schiff ein Portal zum Planeten der Desaud, wo an der Schattentechnologie gearbeitet wird, um das Problem an seiner Wurzel zu bekämpfen. Dort kommt es dann auch zur Konfrontation zwischen Galen und Tyrell, wo ersterer schließlich auch die Wahrheit über die Herkunft der Technomagier erfährt; dass sie früher willige Helfer der Schatten waren, und dafür mit jener fortschrittlichen Technologie belohnt wurden, mit der sie ihre Wunder vollbringen. Zudem offenbart sich, dass Tyrell nicht allein ist: Theo, Galens alter Mentor, ist ebenfalls zurückgekehrt. Galens Aufgabe, zu verhindern, dass anderen Völkern Schattentechnologie in die Hände fällt diente nicht nur dazu, eben diese Völker zu beschützen, sondern sollte auch dafür sorgen, dass die Technomagier ihren Vorsprung nicht verlieren. Nun jedoch haben sie einen noch besseren Plan: Denn wenn sie die Schattentechnologie, die sie an alle möglichen Völker verkaufen kontrollieren, kontrollieren sie damit zugleich letztendlich auch eben diese Völker. So wollen sie sich zu den Herrschern der Galaxis aufschwingen – und dieser endlich Frieden bringen. "Frieden, oder Sklaverei?" wendet Galen kritisch ein, woraufhin Tyrell antwortet: "Wir alle dienen jemandem, Galen. Wer wäre besser dazu geeignet als wir, die Galaxis in die Zukunft zu führen?" Dann entbrennt ein Kampf zwischen Galen und Tyrell – der jedoch eigentlich nur eine Ablenkung ist, denn parallel dazu dringt Diane ins Herz der Konstruktion ein, und vernichtet sie mit Hilfe von Galens Stab. Diane Baker findet sich vor einem Militärgericht wieder, wo sie zwar für ihre Taten verurteilt wird, man jedoch zugleich die mildernden Umstände anerkennt. Auf Intervention von Präsident Sheridan erhält sie schließlich das Kommando über die Excalibur, mit dem sie die Galaxis nach weiterer übriggebliebener Schattentechnologie suchen soll, um diese zu vernichten. Die Credits wären dann mit einem Nachruf eingeleitet worden: "Dieser Film ist mit Liebe und Respekt dem Andenken von Richard Biggs gewidmet, dessen Schiff unerwartet und viel zu früh abgeflogen ist. Wir beneiden die Sterne um seine wundervolle Gesellschaft."
"The Memory of Shadows" hätte also zurückgelassene Schattentechnologie und die damit einhergehenden Gefahren in den Mittelpunkt gestellt, und damit genau jene Thematik aufgegriffen, die JMS eigentlich schon in "Crusade" behandeln wollte. Unklar ist, wann in der Chronologie von "Babylon 5" die Ereignisse hier genau angesiedelt gewesen wären. An einer Stelle nimmt JMS Referenz auf das Dahinziehen der Technomagier, und meint, dies wäre in etwa vor fünf Jahren geschehen, was die Geschichte hier im Jahr 2264 – und damit noch vor "Die Legender der Ranger" – angesiedelt hätte. Aufgrund der Referenz auf die Excalibur am Ende, sowie die Tatsache, dass Sheridan Galen offensichtlich kennt, ist hier jedoch von einem Irrtum seitens JMS auszugehen (wie hieß es einst so schön: "Mathematik war noch nie Zathras' Stärke."), und anzunehmen, dass die Story wohl eher 1-2 Jahre nach der halben Staffel "Crusade" gespielt hätte. Dem Drehbuch ist jedenfalls anzumerken, dass JMS den schwierigen Spagat versuchte, einerseits neue Zuschauer:innen anzusprechen – die in der von ihm neu geschaffenen Hauptfigur Diane Baker quasi eine Stellvertreterin gefunden hätte, an derer Hand sie in die Story hätten eintauchen können – als auch alteingesessene Fans zufriedenzustellen. Wie gut ihm das gelungen wäre, lässt sich schwer einschätzen, ich muss allerdings gestehen, ein bisschen skeptisch zu sein. Die Geschichte an sich ist zwar recht unterhaltsam, erscheint aber jetzt nicht unbedingt spektakulär und/oder originell genug, um im heißumkämpften Genremarkt Mitte der 0er-Jahre (die u.a. noch von den "Star Wars"-Prequels geprägt waren) bestehen zu können. Und mit der Art und Weise, wie er hier die altbekannten Helden – mit Ausnahme von Galen und Lochley – doch eher aufs Abstellgleis stellt, da sie doch eher nur am Rande ins Geschehen eingreifen, hätte er alteingesessene Fans aber wohl ebenso vor den Kopf gestoßen, wie mit den Widersprüchen zu Jeanne Cavelos "The Passing of the Techno-Mages"-Trilogie.
Und doch wäre es zweifellos schön gewesen, nochmal ins "Babylon 5" Universum einzutauchen – noch dazu auf der großen Leinwand! – und ein neues Abenteuer zu erleben. Das größte Plus wäre sicherlich darin gelegen, Sheridan, Delenn, Londo und G'Kar wiederzusehen. Es hätte auch einige nette Gags rund um diese gegeben, (wie z.B. wenn Sheridan gegenüber Colonel Morgan – dem die Idee, dass Delenn am abschließenden Kampf teilnimmt, überhaupt nicht gefällt – erwähnt: "Verhandeln Sie nie mit Minbari, Colonel. Ich habe es versucht. Es geht nie gut aus."). Aber auch zwischen Londo und G'Kar hätte es wieder einige nette Neckereien gegeben, ehe sie dann beim Showdown Rücken an Rücken gegen die Hunter-Killer gekämpft hätten. Vor allem aber hätte "The Memory of Shadows" Andreas Katsulas noch ein letztes Mal Gelegenheit gegeben, mit seiner unvergleichlichen Stimme eine von G'Kars legendären Reden zu halten, als er gegenüber den zerstrittenen Parteien, zu deren Verhandlung sie ja eigentlich auf die Station gekommen sind, ausrichtet: "Wut hat etwas Beruhigendes an sich. Es gibt deinem Leben einen Sinn, und deinen Taten einen Zweck. Aber es kommt der Punkt an dem die Vernunft wieder die Oberhand gewinnen muss. Wir wissen, gegen was ihr kämpft. Die Frage ist: Wofür kämpft ihr? Ist es, um die Toten zu rächen? Weil dann kann der Krieg nie enden, da die Zahl der Toten so weit in die Geschichte zurückreicht wie das Leben selbst – und mit jedem Tag zunimmt. Ist es, um sie so leiden zu lassen, wie ihr leidet? Dann wird das Leiden niemals aufhören. Und so frage ich erneut: Wofür kämpft ihr? Es gibt nur eines, dass euer Blut und euer Leben wert ist: Die Zukunft eurer Kinder, die Leben eurer Nachkommen. Wenn der Krieg niemals aufhört, dann verdammt ihr eure Kinder, und deren Kinder, zu hunderten Generationen Schmerz und Trauer und Leid. Wird die Wut aufhören? Nein. Werden die Wunden verschwinden und die Toten wieder auferstehen? Nein. Aber wir können damit aufhören, selbstsüchtig zu sein, und diese Dinge zum Wohle jener ertragen, die uns nachfolgen. Wenn ihr hier, heute, jetzt, Frieden mit nur einem Wort erschaffen könntet… ist es dann nicht wert, es zu versuchen?"
Verlorene vergessene Legenden
Nach der Absetzung von "Crusade", noch bevor eine einzige Episode ausgestrahlt wurde, dem Scheitern des Pilotfilms zu "Die Legende der Ranger" (der in SyFys enden wollender Weisheit parallel zu einem NFL-Playoff-Spiel platziert wurde), und dem geplatzten Kinofilm "The Memory of Shadows" gab "Babylon 5" 2007 dann doch noch ein weiteres – und bis vor kurzem auch letztes – Lebenszeichen von sich: "Vergessene Legenden" hätte eigentlich den Auftakt für eine neue Reihe solcher direkt für den Heimkinomarkt produzierten Filme bedeuten sollen. Von JMS als Anthologie-Serie im "Babylon 5"-Universum konzipiert, wären die kreativen Möglichkeiten fast unbegrenzt gewesen – wenn Warner nicht beim Budget so knausrig gewesen wären. Im Bonusmaterial der DVD findet sich ja ein Produktionstagebuch von JMS; in einer der Ausgaben scherzt er darüber, dass er den Film mit Sockenpuppen drehen wird. Besagter Witz hat aber insofern einen ernsten Hintergrund, als JMS den Verantwortlichen als sie ihm das erste Mal das Budget genannt haben allen Ernstes gesagt hat "Um das Geld kann ich euch den Film maximal mit Sockenpuppen machen." Letztendlich hat er es dann zwar doch irgendwie mit echten Darstellern – insbesondere Bruce Boxleitner, Tracy Scoggins und Peter Woodward, die hier ein letztes Mal leibhaftig in ihre Rollen zurückkehrten – geschafft, das mangelnde Budget war "Vergessene Legenden" aber an allen Ecken und Enden anzumerken, angefangen bei den Kulissen, über die begrenzte Besetzung, bis hin zum Mangel an Statisten. Babylon 5, einst ein belebter Platz, auf dem ein regelrechtes Gewusel geherrscht hat, schien förmlich ausgestorben zu sein.
Ein weiterer Aspekt des (zu) geringen Budgets war indes auf dem ersten Blick (zumindest ohne Kenntnis der Produktionshistorie) nicht ersichtlich: Denn ursprünglich hätte es noch eine dritte Geschichte rund um Garibaldi geben sollen, die zwischen dem Lochley- und dem Sheridan-Segment angesiedelt gewesen wäre. Das einzige, was diesen ursprünglichen Plan im Endprodukt noch andeutet, ist Elizabeths beiläufiger Kommentar, dass Garibaldi aufgrund von Problemen auf dem Mars nicht am Empfang teilnehmen wird. Dank der Veröffentlichung der Script Books konnten "Babylon 5"-Fans Jahre später doch noch in Erfahrung bringen, wie diese verlorene vergessene Legende genau ausgesehen hätte. Das verlorene Garibaldi-Segment hätte mit einem Voice Over-Kommentar von ihm begonnen: "Mars. Ich kann nicht glauben dass ich immer noch hier bin. Zehn Jahre. Wo zur Hölle ist nur die Zeit geblieben? Dein Leben wird kürzer, und dein Hintern wird größer. Wer zur Hölle hat das bitte schön für eine gute Idee gehalten?". Michael hat Lochleys Einladung nach Babylon 5 ausgeschlagen, um einen seiner Mitarbeiter, Russ Malone, zu einer Ausgrabungsstelle zu begleiten, wo dieser glaubt, Beweise für eine alte ausgestorbene Zivilisation auf dem Mars gefunden zu haben. Nachdem der an der Ausgrabungsstelle zurückgelassene Sicherheitsmann auf sie schießt, stürzt ihr Metallkäfig in eine bislang verschlossene unterirdische Höhle.
Nachdem Garibaldi aufwacht, fehlt von Malone jede Spur, Michael spricht jedoch ständig in seinen Kommlink, für den Fall, dass er ihn hören kann (was ihm zugleich erlaubt, seine Gedanken und Beobachtungen auch uns Zuschauern zu vermitteln). Er findet tatsächlich Töpfe mit unbekannten Schriftzeichen, und erinnert sich daraufhin an die alte Legenden, nachdem es auf dem Mars einst eine uralte Zivilisation gegeben hat, die zugleich die Wiege der Menschheit darstellt, da sie ihre DNS mit unserer kreuzten, und so vor einer Million Jahre dem Leben auf der Erde auf die Sprünge half (was sehr an "Mission to Mars" erinnert). Kurz darauf meldet sich Russ bei ihm, der jedoch nicht sagen kann, wo er ist, und sich nicht bewegen kann. Garibaldi fragt ihn, wenn die Geschichten wahr sein sollten, warum uns die Marsianer wohl zurückgelassen haben? "Vielleicht weil das Kind nicht zum Mann werden kann, bevor der Vater loslässt und fortgeht." Kurz darauf entdeckt Garibaldi dann eine riesige verlassene unterirdische Stadt außerirdischen Ursprungs. Mit ungläubigem Staunen berichtet er Russ von seinem Fund. "Was fühlen Sie?" lautet daraufhin seine – etwas seltsame – Frage. "Das ist es ja, Russ. Ich sehe all dies, und auf einmal ist es mir egal, wie viel Geld ich mit dieser Entdeckung machen kann. Das Einzige, was mir noch wichtig ist, ist lange genug zu leben, um anderen Leuten hiervon erzähle zu können, und sie wissen zu lassen, dass die Legenden wahr sind. Wie ich mich fühle? Ich fühle mich wieder jung, und so als ob alles möglich ist." Unmittelbar darauf nimmt ein Arbeiter, Bill Sanchez, mit Garibaldi Kontakt auf. Seine Assistentin hätte sich nachdem sie nichts mehr von ihm gehört hat gemeldet, und ihnen gesagt, wo er hingeflogen ist. Bill offenbart Michael, dass sie Russ tot aufgefunden haben; er hat den Sturz des Käfigs nicht überlebt. "Wenn er tot ist, mit wem habe ich dann geredet?!" Daraufhin erscheint vor ihm eine über zwei Meter große, schlanke humanoide Gestalt mit goldener Haut, langen kegelförmigen Fingern, einem kleinen Schlitz als Mund, und kupferfarbenen Augen die zwei bis dreimal größer sind als jene von Menschen – und hält den anderen Kommlink in der Hand. Garibaldi erkennt, dass die Stadt und der Außerirdische nicht wirklich echt sind, sondern es dem Wesen irgendwie gelungen ist, über Jahrtausende hinweg mit ihm in Verbindung zu treten. Als die Stadt um ihn herum langsam zerfällt, als in wenigen Augenblicken Jahrtausende vergehen, fragt er: "Wieso?" Woraufhin der Marsianer antwortet: "Das Kind kann nicht zum Mann werden, wenn die Eltern nicht loslassen – und fortgehen. Aber wir beobachten euch. Wir sind bei euch, über all die Zeitalter hinweg, bis zum Ende der Zeit. Wir sind bei dir, mein Sohn."
Die Reaktionen auf "Vergessene Legenden" waren zwar eher gemischt, Warner aber grundsätzlich mit den Verkaufszahlen sehr zufrieden, weshalb von ihrer Seite nichts gegen eine Fortsetzung gesprochen hätte. JMS wollte jedoch bei "Babylon 5" nicht länger Kompromisse eingehen. Obwohl man ihm für den zweiten DTV-Film ein deutlich höheres Budget in Aussicht stellte (ich meine sogar, mal etwas von einer Verdoppelung aufgeschnappt zu haben), lehnte er ab. Vielmehr setzte er alles auf eine Karte, und meinte, wenn sie wirklich Interesse an "Babylon 5" haben, sollten sie nun endlich das nötige Geld für einen Kinofilm in die Hand nehmen. Für eine weitere solche günstige Produktion stünde er aber nicht mehr zur Verfügung. Ich persönlich glaube, dass seine damalige Einstellung zumindest teilweise dem Erfolg von "Der fremde Sohn" geschuldet war, für den er ja das Drehbuch geschrieben hat, und kurz Hollywood-Luft schnupperte. Doch wie auch immer: JMS setzte alles auf eine Karte – und Warner bissen nicht an. Jene, die von "Vergessene Legenden" nicht viel halten, werden ob dieser Entwicklung erleichtert aufgeatmet haben, ich hingegen war damals ziemlich verbittert, und ließ meinem Frust in einem Nachruf (der mir rückblickend doch ein bisschen peinlich ist; bei aller Liebe zu "Babylon 5", aber man kann es auch übertreiben) freien Lauf. Doch auch wenn ich es mittlerweile nicht mehr ganz so dramatisch ausdrücken würde, sind die "Vergessen Legenden" neben "Crusade" jenes abgebrochene und/oder gescheiterte B5-Projekt, dem ich nach wie vor am meisten nachtrauere. Einfach wegen des immensen Potentials, dass in der Idee einer solchen Anthologieserie gesteckt hätte. So wäre für die zweite DVD, neben dem Garibaldi-Segment (auch wenn ich dieses für deutlich schwächer halte als jene, die wir im Endprodukt bekommen haben) auch noch eine Geschichte rund um Londo auf Centauri Prime geplant gewesen, die möglicherweise in Richtung der von JMS geschriebenen Kurzgeschichte "Shadow of His Thoughts" gegangen wäre. Am spannendsten fand ich aber, dass JMS vor hatte, im Zuge dieser direct to DVD-Veröffentlichungen nun endlich den Telepathenkrieg in Angriff zu nehmen. Die Idee, den Konflikt aus mehreren verschiedenen Perspektiven zu erzählen – wofür sich mit insbesondere Lyta, Bester und Sheridan angeboten hätten (mit Lennier als prominentem Gaststar) – fand ich überaus interessant und reizvoll. Doch leider hat es nicht sollen sein.
Der letzte Blick zurück – und nach vorn
"Babylon 5" ist ein Ort von Anfängen und Enden. Ich frage mich, was das wohl sein wird." So sprach Präsident Sheridan am Ende von "Vergessene Legenden" (bewusst direkt aus dem englischen Original übersetzt, da die deutsche Synchro denn Sinn leider wieder mal nur bedingt einfing) – und lange Zeit sah es so aus, als hätte es sich um das definitive, endgültige Ende von "Babylon 5" gehandelt. In den nachfolgenden Jahren gab es zwar immer wieder mal Gerüchte, doch fast zwanzig Jahre lang sollte sich daraus nichts Konkretes ergeben. Im Falle eines immer wieder mal ins Spiel gebrachten Reboots bin ich persönlich sehr froh darüber. Es mag als jemand, der "Babylon 5" als seine absolute Lieblingsserie aller Zeiten bezeichnet, widersinnig klingen, aber ich hoffe wirklich, dass wir so einen nie erleben werden – und das aus mehreren Gründen. Zuerst einmal ist das B5-Fandom aktuell geeint. In unserer Liebe für die ursprüngliche Serie, unserer Enttäuschung ob der Versuche von JMS, daran anzuknüpfen (sei es nun wegen ihrer Qualität, oder ihres Scheiterns), und unserem Hass auf Byron (;-)). Wenn ich als Fan von "Star Trek", "Star Wars" & Co. in den letzten Jahren/Jahrzehnten eines gelernt habe, dann dass jede Form eines Reboots bzw. allgemein eines (größeren) Neuanfangs immer bis zu einem gewissen Grad zu einer Spaltung führt. Dass würde ich uns "Fivern" gerne ersparen. Dann bin ich persönlich – angesichts des mangelnden Erfolgs nach der Urserie (und selbst die stand am Ende der vierten Staffel auf der Kippe) sehr skeptisch, dass es JMS gelingen würde, auch eine zweite Serie zu einem vernünftigen und von ihm geplanten Ende zu führen. Viel wahrscheinlicher ist es, dass nach dem Pilotfilm, spätestens aber 1-2 Staffeln, Schluss wäre, und wir mit einem zweiten "Crusade" dastünden. In qualitativer Hinsicht wiederum halte ich einen Reboot für eine lose-lose-Situation. Entweder er ist mies, und schadet dem Ansehen (und dem Erbe) des Originals. Oder er ist großartig, und droht die von uns geliebte Urserie in den Schatten zu stellen, ähnlich wie dies "Battlestar Galactica" im Hinblick auf "Kampfstern Galactica" getan hat. Last but not least: Ich wünsche JMS ein langes, gesundes Leben, aber er wird heuer siebzig Jahre alt. Es wäre mir bedeutend lieber, wenn er seine letzten kreativ-produktiven Jahre darauf verwenden würde, neue Geschichten zu erzählen, statt alte aufzuwärmen.
Noch ist das letzte Wort im Hinblick auf einen Reboot allerdings nicht gesprochen. Einen solchen forcierte JMS das erste Mal vor etwa zehn Jahren, als er einen solchen als Kinofilm konzipierte. Vor etwas mehr als zwei Jahren bekundete dann CW an einem eben solchen – in Serienform – Interesse, und gab sogar das Drehbuch für einen Pilotfilm in Auftrag, welches von JMS geschrieben wurde. Zuerst die Änderungen in der Führungsebene und Ausrichtung von CW, später dann die Streiks der Gewerkschaften der Drehbuchautoren und Schauspieler, und aktuell die Überlegungen von Warner und Paramount bezüglich einer Fusion, sollte aber dafür sorgen, dass JMS' entsprechende Bemühungen – bislang – keine Früchte trugen. Dafür gab es im letzten Jahr, pünktlich zum 30. Geburtstag der Serie, für die Fans aber ein anderes Geschenk. Denn woran wohl niemand mehr so wirklich geglaubt hatte, ist doch noch eingetreten: Das "alte" Babylon 5 kehrte in Form eines Animationsfilms doch noch einmal zurück. Wie schon bei "Vergessene Legenden" gehen auch hier die Meinungen auseinander. Ich selbst war von ihm zwar auch nicht uneingeschränkt begeistert. Insgesamt habe ich mich aber über diese Rückkehr – und das Wiedersehen (und -hören) mit den bekannten und liebgewonnenen Figuren, sehr gefreut. Wie beim Reboot gibt es zwar auch hier – wohl aus ähnlichen Gründen – bislang keine Information darüber, ob "The Road Home" eine einmalige Angelegenheit bleiben, oder eine Fortsetzung bekommen wird. Doch unabhängig davon heißt es nach diesem Animationsfilm in jedem Fall, vom alten "Babylon 5"-Universum Abschied zu nehmen; was auch meine – neuerliche und nun endgültig letzte – Hoffnung, wir könnten vielleicht in einem nächsten Film nun endlich den Telepathenkrieg in dieser Form erzählt bekommen (momentan wäre dafür ja selbst noch Walter Koenig verfügbar), endgültig begrub. Denn: Wenn Sheridan am Ende von "The Road Home" von Delenn gerettet und wieder in sein Universum zurückgeholt wird, bleiben wir in einer alternativen Zeitlinie, wo die Schatten (bislang?) nicht aufgeweckt wurden, und sich Sheridan neben Sinclair und Lochley tummelt. JMS hat klargestellt, dass allfällige Fortsetzungen des Animationsfilm an eben dieses Ende anknüpfen, und somit in dieser alternative Zeitlinie spielen würden. Heißt somit, dass aus Sicht von JMS mit den ersten rund sechzig Minuten von "The Road Home" im Hinblick auf das "alte" Babylon 5-Universum nun endgültig das letzte Wort gesprochen ist. Und so ist "The Road Home", selbst wenn er tatsächlich mehr Erfolg als die bisherigen Wiederbelebungsversuche haben, und einer Reihe von weiteren entsprechenden Filmen den Weg ebnen sollte, in jedem Fall auch ein Ende, und setzt den Schlusspunkt unter dreißig Jahre (altes) "Babylon 5".
Dreißig Jahre. Dreißig Jahre, in denen die Welt sich verändert hat. Dreißig Jahre, in denen ich mich verändert habe. Doch eines ist in all der Zeit gleich geblieben: Meine Liebe für dieses Universum, die Figuren welche es bevölkern, und vor allem auch die trotz aller Schwächen großartigen Originalserie, die uns über fünf Staffeln hinweg auf eine ungemein intensive, mitreißende und berührende Reise genommen hat. Und damit bin ich auch nicht allein. Doch es sind nicht nur die alteingesessenen Fans, die "Babylon 5" am Leben erhalten; es gelingt ihr auch nach wie vor, neue Fans zu finden und für sich zu begeistern (an dieser Stelle empfehle ich euch eindringlich – falls ihr sie nicht schon kennt – euch die wunderbaren Reaction Videos von Medusa Cascade anzusehen). Aus meiner Sicht war es auch sehr wichtig, "Babylon 5" auf HD aufzulegen, und sie so "zukunftssicher" zu machen. Denn trotz der mittlerweile veralteten Effekte, ist "Babylon 5" in den Themen, den Figuren, der (sonstigen) Qualität der Produktion und der epischen Story zeitlos. Niemand von uns weiß, was die Zukunft bringen wird. Doch in einem bin ich mir sicher: "Babylon 5" wird fortbestehen.
Ach, wie habe ich mich vorhin gefreut, als ich gesehen habe, dass nun auch der fünfte und letzte Teil zu "30 Jahre Babylon 5" veröffentlicht wurde. Seit dem Erscheinen des ersten Teils hab ich fast jeden Tag hier vorbeigeschaut, um die weiteren Teile dieses wunderbaren Artikels zu lesen.
Die hier vorhandenen enorm umfangreichen Informationen zu der meiner Meinung nach besten Science-Fiction-Serie, die bisher gedreht wurde, sind mit ein Grund, warum ich diese Seite nun schon seit vielen vielen Jahren immer wieder gerne besuche.
Inzwischen habe ich die ganzen Babylon 5-Artikel und Episodenbeschreibungen nicht nur einmal gelesen, und ich hoffe, dass uns diese Seite mit all den akribisch und liebevoll zusammengetragenen Informationen zur Serie noch lange erhalten bleiben wird.
Danke für diesen schönen Ein- und Rückblick auf Babylon 5!
Und meine Augen sind grad im Gedenken an die Serie und die tolle Zeit mit dieser auch ein wenig feucht geworden...