Kurzinhalt:
Wir schreiben das Jahr 2122. Der kommerzielle Schlepper Nostromo befindet sich mit seiner siebenköpfigen Crew auf dem Weg zurück zur Erde, als die künstliche Intelligenz des Schiffs, Mutter, ein Signal vermeintlich außerirdischen Ursprungs von einem nahegelegenen Planeten empfängt. Mutter weckt daraufhin die Besatzung auf, damit diese dem Signal auf den Grund gehen kann. Mit einem abkoppelbaren Schiff landet man auf LV-426, wo man tatsächlich auf ein außerirdisches Wrack stößt. Dieses ist voller Wunder – aber auch Gefahren. Denn als sich Kane über ein eiförmiges Gebilde beugt, öffnet sich dieses plötzlich, und ein lebendiges Wesen springt hervor, und klammert sich um sein Gesicht. Dem Wissenschaftsoffizier Ash gelingt es nicht, den außerirdischen Organismus von Kanes Kopf zu entfernen. Kurz darauf fällt dieser jedoch von alleine ab, und Kane scheint es wieder gut zu gehen. Bis er plötzlich in der Messe über dem Tisch zusammenbricht, und ein außerirdisches Wesen aus seinem Brustkorb hervorbricht. Das Alien wächst daraufhin rasch heran, und wird so zu einer echten Bedrohung für die Besatzung der Nostromo. Und so beginnt für Dallas, Ripley, Lambert, Parker, Brett und Ash ein Kampf ums Überleben…
Review:
Ridley Scotts wegweisender Science Fiction/Horror-Hybrid feiert heuer seinen fünfundvierzigsten Geburtstag. Zu diesem Anlass wird nicht nur ein neuer Film des langsam aber sicher doch ziemlich auswuchernden Franchises erwartet (ob dies jedoch auch wirklich ein Grund zum Feiern ist, wird sich natürlich erst erweisen), ich werde mich zudem über die zahlreichen Romane stürzen, mit denen das "Alien"-Universum in den letzten Jahrzehnten erweitert wurde. Davor sind aber erstmal die Romanfassungen der Filme dran, und hier macht natürlich Alan Dean Fosters Adaption zu "Alien" den Anfang. Foster zählt zu jenen Autoren, die sich auf Lizenzromane und Adaptionen förmlich zu spezialisieren scheinen. So schrieb er nicht nur die Romanversionen fast aller "Alien"-Filme (nur "Resurrection" wurde von A.C. Crispin übernommen; während von "Prometheus" kurioserweise nur eine von Eisuka Suzuki geschriebene japanische Adaption existiert) sowie zu den ersten beiden "Star Trek"-Rebootfilmen von J.J. Abrams, noch bevor er sich über "Alien" stürzte schrieb er als Ghostwriter die Adaption zum ersten "Star Wars"-Film, und setzte mit dessen Fortsetzung "Skywalkers Rückkehr" anno 1978 den Startschuss für die "Star Wars"-Lizenzromane, und damit dem sogenannten "Expanded Universe" (heute: "Legends"). Weitere Genre-Filme, zu denen er die Romanadaptionen lieferte, sind u.a. "Dark Star", "Das schwarze Loch", "Outland - Planet der Verdammten", "The Thing", "The Last Starfighter", "Starman", "Transformers", "Terminator: Salvation", "Alien Nation" – und eben "Alien".
Ich habe ja durchaus ein Faible für eben solche "novelizations", und dementsprechend doch schon einige gelesen. Dabei zeigt sich, dass einige Autoren ein Talent dafür haben, auf eine Drehbuch-Vorlage aufzubauen und mehr daraus zu machen, während es sich andere doch ziemlich leicht machen, und im Prinzip nur eben dieses Drehbuch, um ein paar Szenenbeschreibungen angereichert, wiedergeben. Foster zählt erfreulicherweise definitiv zu ersterer Kategorie (was eben auch erklären dürfte, warum er im Verlauf seiner Autoren-Karriere immer wieder für eben solche Romanfassungen angefragt wurde). Das zeigt sich gleich mal beim überaus stimmungsvollen Einstieg, wo es ihm auf sehr gelungene Art und Weise gelingt, den Auftakt des Films – mit der Kamerafahrt durch das leere Schiff – wiederzugeben. Nachdem die Besatzung aufgewacht ist, geht er dann deutlich ausführlicher als dies im Film möglich war auf die einzelnen Figuren ein, und stellt uns diese näher vor. Aber auch über das Schiff und ihre Mission erfahren wir hier mehr. Einigen mag dieser Einstieg fast schon zu gemächlich sein, ich fand aber, dass er mit diesem ausführlichen Setup letztendlich dem weiteren, dramatischen Verlauf die nötige Grundlage gibt; ganz ähnlich, wie das Ridley Scott im Film ja auch getan hat, wenn auch dort weniger mit Inhalt, als mit dem Aufbau einer dichten, mysteriös-unheimlichen Atmosphäre. In erster Linie sind es aber eben die Figuren, die davon profitiert, dass sich Foster praktisch mit allein von ihnen näher auseinandersetzt. Dementsprechend war auch meine Bindung zu ihnen hier fast noch stärker, als das im Film der Fall war.
Was seine Romanfassung von "Alien" dabei für mich unter anderem so auszeichnet, ist, dass wir nicht einfach nur mehr Interaktionen zwischen der Crew erhalten und sie so besser kennenlernen, sondern er auch was die Erzählperspektive betrifft zwischen ihnen hin- und herwechselt. Denn mehr noch als durch irgendwelche Informationen zu ihrer Vergangenheit erfahren wir letztendlich aufgrund der Art und Weise, wie die Crew hier auf verschiedene Ereignisse reagiert, mehr über sie. Das stach für mich definitiv hervor. Und generell geht er insbesondere in der ersten Hälfte was die im Film gezeigten Ereignisse betrifft deutlich mehr ins Detail, und erweitert sie. Sei es nun die Erforschung des außerirdischen Schiffes, oder auch dann nach der Rückkehr zur Nostromo, mit dem befallenen Kane im Schlepptau. Andere zusätzliche Szenen dürften wiederum auf das Drehbuch zurückzuführen sein, wie z.B. ein Abschnitt, in dem es ihnen fast gelungen wäre, das Alien in eine Luftschleuse zu locken und so zu entsorgen. Wie bei all diesen "novelizations" sind es nicht zuletzt auch diese Einblicke in geschnittene Szenen und/oder verworfene Handlungsstränge, die ich an eben solchen immer faszinierend finde. Last but not least profitiert er in diesem Fall natürlich auch von der coolen Story, die Dan O'Bannon und Ronald Shusett für "Alien" ausgearbeitet haben. Weil das ist letztendlich eben auch ein wesentlicher Aspekt solcher Romane: Unabhängig davon, wie gut einem die Adaption gelingt, und wie sehr man sich dabei Mühe gibt (oder eben, so wie andere Autor:innen, nicht), was die Geschichte an sich betrifft gilt: Mitgefangen, mitgehangen. Insofern tut es mir ganz besonders leid, dass es von "Prometheus" keine Adaption von ihm gibt; ich hätte gerne gesehen, ob es ihm irgendwie gelungen wäre, die dortigen Schwächen, gerade auch im Hinblick auf das teils dämliche Verhalten der Besatzung, zumindest ansatzweise auszumerzen.
Seine Romanadaption von "Alien" – die ich bereits vor rund zwanzig Jahren einmal gelesen hatte – hat mich jedenfalls auch diesmal wieder sehr gut unterhalten. Trotzdem, an den Film kommt er natürlich nicht ganz heran. Dies liegt nicht zuletzt daran, als "Alien" nun einmal ganz besonders von der Stimmung lebt. Foster gelingt es zwar teilweise wirklich gut, ebenfalls eine dichte Atmosphäre zu erschaffen, aber mit der Spannung des Films – dank Inszenierung, Kameraarbeit, Musik, schauspielerische Leistungen usw. – ist das aber natürlich nicht zu vergleichen. Das ist zwar nichts, was man Foster vorwerfen kann, dennoch leidet seine Romanversion ein bisschen darunter. Bei allem Lob gibt es aber zumindest auch einen Punkt, den ich an seiner Adaption kritisieren muss. Denn das, was er sich am Anfang Zeit genommen hat, um erzählerisch in die Tiefe zu sehen, gleicht er dann zum Ende hin quasi wieder aus, in dem er förmlich durch die Story hetzt. Tatsächlich gab es bei mir den Punkt, wo mir aufgefallen ist, dass ich fast schon am Ende war, und zu dem Zeitpunkt war ich gerade erst beim Angriff von Ash auf Ripley. Alles, was danach kommt, wird dann eben in gerade mal zwanzig Seiten (von insgesamt 218 – in meiner Ausgabe) abgehandelt. Auf mich wirkte es fast so, als hätte Foster anfangs einfach mal drauf losgeschrieben, allerdings eine feste Seitenzahl gehabt, die er nicht überschreiten durfte. Und zum Ende hin hat er dann mal durchgezählt und plötzlich festgestellt, dass er diese fast schon ausgeschöpft hat. Insofern ist es schon ein bisschen schade, dass gerade bei den dramatischen Höhepunkten des Films dann genau jene erzählerische Tiefe fehlt, die seine Adaption zuvor so ausgezeichnet hatte.
Fazit:
Alan Dean Foster hat definitiv ein Talent für Romanadaptionen von Filmen/Drehbüchern. Das hat er Zeit seiner Autorenkarriere immer wieder unter Beweis gestellt – unter anderem auch hier. Die Herausforderung, einen Film, der derart von seiner Atmosphäre lebt, in einen Roman umzuwandeln, war bestimmt keine kleine, und auch wenn er fast schon zwangsläufig spannungstechnisch nicht an Ridley Scotts Meisterwerk herankommt, so ist ihm diese Adaption nichtsdestotrotz ausgesprochen gut gelungen. Besonders angetan war ich dabei davon, wie er sich eben nicht damit begnügt, einfach nur das Drehbuch nachzuerzählen und die Regieanweisungen in Szenenbeschreibungen umzuwandeln, sondern er was die Figuren und die Geschichte betrifft wirklich in die Tiefe geht. Besonders gut gefiel mir dabei, dass er nicht bei einer zentralen Erzählperspektive bleibt, sondern wir die Ereignisse aus Sicht der verschiedensten Figuren erleben. Schade nur, dass ihm zum Ende hin irgendwie die Seiten auszugehen schien, und er die letzte halbe Stunde des Films (ohne Abspann) auf gerade mal 20 von 220 Seiten (meiner Ausgabe) zusammenquetscht; fast so, als wäre ihm das Papier ausgegangen. Von diesem Punkt abgesehen hat er bei "Alien" aber ganze Arbeit geleistet.
"Skywalkers Rückkehr" war anno 1945?! Dann müsste Alan Dean Foster aber einerseits eine unfassbare Kenntnis der realen Zukunft gehabt haben und andererseits schon als Embryo beachtliche Writing Skills.
Ansonsten wieder eine sehr schöne und treffende Rezension einer der meiner Meinung nach besten Romanadaptionen eines Kinofilms - mit der witzigerweise seinerzeit exakt gleichen Interpretation des möglichen Zustandekommens des überhasteten Schlusszehntels.
Zudem interessant, dass bei gleichem Baujahr ich tatsächlich diesen Roman noch etwa 10 Jahre früher das erste Mal gelesen habe - ja, und damit früher als ich nach FSK-Einstufung des Films eigentlich hätte sollen...
Öhm, ja, das kommt davon, wenn man im Ziffernblock eine Zeile zu weit unten ist . Ist nun korrigiert. Danke für den Hinweis, und die Rückmeldung generell!