Kurzinhalt:
1939: Noch bevor Indiana Jones mit Sophia Hapgood aufbricht, um nach dem sagenumwobenen versunkenen Kontinent von Atlantis zu suchen, wird er eines Tages von Archie Tan angerufen und um Hilfe gebeten. Er reist daraufhin nach San Francisco, um sich in Chinatown mit seinem alten Freund zu treffen. Stattdessen trifft er auf Einbrecher, die in Tans Laden nach etwas suchen, sowie auf Archies Enkeltochter Suzie. Gemeinsam machen sie sich daran, Archie – der von den Tongs entführt wurde – zu retten. Nachdem dies gelungen ist, erfahren sie von ihm endlich, worum es eigentlich geht: Archie glaubt, eine Spur zum Archäologen Charles Kingston gefunden zu haben, der vor ein paar Jahren auf der Suche nach dem Stab von Moses verschwunden ist. Auf eben dieses religiöse Artefakt haben es die Nazis abgesehen, die von Magnus Völler – den Indy noch aus seiner Studienzeit kennt – geleitet werden. Und so heißt es für Indiana Jones, ein weiteres Mal zu verhindern, dass eine mächtige Reliquie in die Hände des Dritten Reichs fällt…
Review:
Nachdem er die Romanadaption von "Indiana Jones und der letzte Kreuzzug" vorlegte, war Rob MacGregor nach Wolfgang Hohlbein der zweite Autor, dem erlaubt wurde, Anfang der neunziger neue Geschichten rund um den Archäologen zu verfassen. Seine sechs Abenteuer spielten in den 1920ern, und füllten damit ein bisschen die Lücke zwischen "Young Indiana Jones" und dem chronologisch gesehen ersten Film "Tempel des Todes". Als dann Mitte der 0er-Jahre endlich der vierte Film spruchreif wurde, hoffte MacGregor, auch zu diesem die Romanfassung schreiben zu dürfen; doch Lucasfilm entschied sich für James Rollins (bzw. was jüngere Leser betrifft für James Luceno). Möglicherweise als Entschädigung dafür bot man ihm dann jedoch an, eine Adaption des Ende der 0er-Jahre entwickelten Videospiels "Indiana Jones und der Stab der Könige" zu schreiben. MacGregor nahm die Herausforderung (und das Honorar) gerne an – nur um mitzuerleben, wie es der Verlag DelRey nicht schaffte, den Roman zeitnah zum Release des Spiels auf den Markt zu bringen, und daraufhin beschloss, ihn gleich gar nicht zu veröffentlichen. Nachdem er jahrelang dafür gekämpft hatte, ihn den Fans zumindest gratis zur Verfügung stellen zu dürfen, gab man ihm dann vor ein paar Jahren die Gelegenheit, sein Manuskript in Form von Vorlesungen in einem Podcast zu veröffentlichen. Eben diese waren dann wiederum die Basis für jenes eBook, welches nun in den Weiten des Internets (natürlich gratis) erhältlich ist.
Zu dem Zeitpunkt, als "Stab der Könige" veröffentlicht wurde, war meine aktive Gaming-Zeit schon lang vorüber. Insofern kann ich keinen Vergleich zwischen Spiel und Romanfassung ziehen, und letzteren nur für sich selbst bewerten. Hierzu ist natürlich festzuhalten, dass das Grundgerüst der Story nicht auf den Mist von MacGregor gewachsen ist, sondern von den Spieleentwicklern bei LucasArts, die am Projekt arbeiteten. Dazu gesellt sich dann auch noch, dass die Anforderungen was Action, Locations und auch die Story betrifft bei einem Videospiel und bei einem Roman natürlich nicht zwangsläufig die gleichen sind. MacGregor hat selbst festgehalten, dass es ihm deutlich schwerer fiel, das Videospiel zu adaptieren, denn Ende der 80er das Drehbuch zu "Der letzte Kreuzzug". Dass es zudem zwischen den Veröffentlichungen auf den verschiedenen Plattformen Unterschiede gab, was einzelne Levels betrifft, machte es ihm bestimmt auch nicht leichter. So oder so: Ich fand die Story solide, würde sie aber sicher nicht zum Besten zählen, was "Indiana Jones" zu bieten hat. Gerade auch nach "Königreich des Kristallschädels" mit seinem Science Fiction-McGuffin war es zwar sicherlich nett, wieder zu einem christlich-religiösen Artefakt zurückzukehren, und auch bei den Nazis als Indys Gegner werden Erinnerungen an die klassische Trilogie (zugegebenermaßen abgesehen von "Tempel des Todes"; von diesem übernimmt man aber wiederum die chinesischen Einflüsse, wie z.B. rund um Archie Tan) wach. Mit Magnus Völler, den Indiana noch aus seiner Studienzeit kennt, hat man zudem einen coolen Bösewicht geschaffen, der ein bisschen an Belloq erinnert (nur dass dieser kein überzeugter Nazi war, sondern diese nur für seine Zwecke benutzte).
Trotz dieser durchaus netten, bekannten Elemente, die "Staff of Kings" den Anstrich eines klassischen "Indiana Jones"-Abenteuers geben, fand ich die Story aber weder übermäßig interessant, noch sonderlich mitreißend. Gut gefielen mir in erster Linie einzelne Elemente und Ideen, wie z.B. dann der Showdown am Himalaya, wo es dann auch wieder zu jenem mystischen Ereignis kommt, dass für "Indiana Jones" mitunter so typisch ist. Aber auch der Abschlussgag rund um die Verwandlung des Stabes hatte es mir angetan. Die Figuren blieben bis zuletzt aber doch eher blass, was wohl auch daran lag, dass sich McGregor ihnen doch eher nur recht oberflächlich widmet. Darunter leidet insbesondere auch Suzie, die echt wie "Indys Begleiterin der Woche" rüberkommt, als eben diese aber keine Akzente setzt, und somit auch nicht aus dem Reigen an (potentiellen oder tatsächlichen) Liebhaberinnen hervorsticht. Und generell gibt er die Story zwar durchaus flott, aber mit wenig Tiefe wieder. Es ist schon ziemlich lange her, dass ich seine Indy-Romane – abseits von seiner Filmadaption "Der letzte Kreuzzug" (die ich ebenfalls recht oberflächlich erzählt fand), gelesen habe (etwas, dass sich in Kürze ändern wird), aber ich denke, das ist halt einfach sein Schreibstil: Er ist niemand, der sich groß und lang mit den Figuren und ihrem Innenleben aufhält, und lieber eine flotte Abenteuergeschichte erzählt. Eben dies ist ihm auch durchaus hier wieder gelungen; gerade auch nach einer so tiefgehenden Adaption wie jener von Dave Dassel zu "Fate of Atlantis" war diese recht oberflächliche Wiedergabe des Videospiels (zumindest soweit ich es ohne Kenntnis von eben diesem beurteilen kann) aber doch ein bisschen enttäuschend.
Der letzte Kritikpunkt ist dann das teilweise furchtbare, unfreiwillig komische Deutsch, dass sich hier teilweise eingeschlichen hat. Der gerade erwähnte Dave Dassel, der seine Adaption gänzlich unentgeltlich geschrieben hat, machte sich die Mühe, sich Hilfe von deutschen Indy-Fans zu holen. Dass ein professioneller (und für seine Arbeit bezahlter) Autor wie Rob MacGregor nicht für notwendig erachtete, ähnliches zu tun, sagt leider viel aus. Umso mehr, als es Ende der 0er-Jahre deutlich einfacher gewesen wäre, sich diesbezüglich helfen zu lassen, als auch Anfang der 90er, als MacGregor seine eigenen "Indiana Jones"-Romane geschrieben hat. Insofern bin ich glaube ich ganz dankbar, von denen nur die deutsche Übersetzung zu kennen, in deren Zuge allfällige ähnliche Fehler natürlich gleich mit ausgebessert wurden.
Fazit:
Wie heißt es so schön: Einem geschenkten Gaul schaut man nicht ins Maul. Rob MacGregors Romanadaption des Videospiels "Indiana Jones and the Staff of Kings" wurde gratis als eBook veröffentlicht, und ist damit als Geschenk für alle Indy-Fans im Allgemeinen und Fans von Rob MacGregors Arbeit für das Franchise im Besonderen zu betrachten. Trotzdem komme ich nicht umhin, teilweise Kritik zu üben, sei es an den platten Figuren, der oberflächlich erzählten Handlung, als auch dem furchtbaren Deutsch. Dass sich die Story etwas zerstückelt anführt, dürfte indes auf ihren Videospiel-Ursprung zurückzuführen sein, und sei MacGregor somit nicht vorgeworfen. Vor allem aber ist es ihm, nicht zuletzt aufgrund des hohen Erzähltempos, gelungen, dass ich mich vom Roman größtenteils gut unterhalten fühlte. Zumindest aus meiner Erinnerung heraus (und wie gesagt, in Kürze werde ich diese These überprüfen) haben mir aber seine beiden Romane, wo er "nur" die Geschichte von anderen adaptiert hat, besser gefallen als seine eigenen "Indy"-Werke.
Bewertung: 3/5 Punkten
Christian Siegel
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