Kurzinhalt:
Samidha, von ihren Freunden nur Sam genannt, wächst als Tochter indischer Einwanderer in den USA auf. Sie entfernt sich dabei zunehmend von ihren indischen Wurzeln, was auch zur Entfremdung von ihrer einst besten Freundin Tamira geführt hat. Diese wirkt zuletzt in der Schule zunehmend verstört, und hat sich fast vollständig von allen anderen Schüler:innen um sie herum isoliert. Zudem läuft sie in letzter Zeit immer mit einem Gefäß herum – weshalb sich die anderen über sie lustig machen. Von ihrer Lehrerin Joyce wird Sam darum gebeten, mit ihrer ehemaligen Freundin das Gespräch zu suchen. Kurz darauf bittet Tamira sie um Hilfe: Sie behauptet, dass sich im Gefäß ein indischer Dämon befinden würde, den sie ständig füttern muss – etwas, dass langsam aber sicher seinen Tribut von ihr fordert. Allein wird sie es nicht mehr lange schaffen, die dunkle Präsenz im Zaum zu halten; sie hofft, dass Sam ihr helfen kann. Diese will jedoch nichts damit zu tun, und mit dem indischen Aberglauben von Tamira in Ruhe gelassen werden. Als deren Flehen immer drängender wird, verliert Sam die Geduld – und wirft das Gefäß auf den Boden. Verzweifelt flieht Tamira aus der Schule; kurz darauf fehlt von ihr jede Spur. Sam hat indes zunehmend das Gefühl, von einer dunklen Präsenz heimgesucht zu werden. Hatte ihre Freundin aus Kindheitstagen etwa doch recht?
Review (kann Spoiler enthalten):
"It Lives Inside" ist das Langfilmdebüt des US-Regisseurs Bishal Dutta; so wie seine Hauptfigur Sam sind seine Eltern aus Indien aus den USA eingereist, und steht er somit ein bisschen zwischen den Kulturen; etwas, dass sich in seiner Protagonistin Sam widerspiegelt. Der Film profitiert für mich dabei in erster Linie von der im Mittelpunkt stehenden indischen Mythologie, die innerhalb des Genres im Vergleich zu anderen Glaubensrichtungen doch eine ziemliche Ausnahmeerscheinung darstellt. Eben dies gibt "It Lives Inside" das Besondere etwas, und lässt ihn aus dem Horror-Einheitsbrei hervorstechen. Mit Sam bzw. Samidha hat er zudem eine Protagonistin geschaffen, mit der ich mich – obwohl ich ihre innere Zerrissenheit im Hinblick auf die eigene Herkunft nicht teile – rasch identifizieren konnte. Die Darsteller:innen können durch die Bank überzeugen, und die Inszenierung durch Dutta ist ebenfalls solide. Letztere sticht – mit Hilfe seines Kameramanns Matthew Lynn – vor allem mit einzelnen optisch netten Szenen hervor. Aber auch der eine oder andere atmosphärisch dichte Moment ist dabei. Und nicht zuletzt dreht "It Lives Inside" nach einem gemächlichen Beginn zum Ende hin dann nochmal nett auf.
Leider aber ist "It Lives Inside" abseits der schon erwähnten, der indischen Mythologie entnommenen Elemente extrem generisch. Und das gilt eben, trotz einiger atmosphärisch dichten Momente, durchaus auch inszenatorisch. In der Einleitung wurde erwähnt, dass Regisseur und Drehbuchautor Bishal Dutta ein großer Fan – und noch wichtiger: Kenner – des Genres ist; was man dem Film insofern an allen Ecken und Enden anmerkt, als er – ob bewusst oder unbewusst, vage ich nicht zu beurteilen – in erster Linie andere Filme zitiert, statt seine eigene Identität zu finden. Das macht ihn zwar keineswegs zu einem schlechten, aber halt schon sehr konventionellem Debut; es bleibt zu hoffen, dass Dutta in weiterer Folge doch noch seine eigene Stimme finden wird (wie dies beispielsweise bei Danny und Michael Philippou der Fall war, die für mich mit "Talk to Me" den nach wie vor besten Horrorfilm des Jahres vorgelegt haben). Mir war "It Lives Inside" – insbesondere in der Inszenierung – jedenfalls doch etwas zu 08/15. Und auch echte Gruselstimmung kam leider nur sporadisch auf. Und dann ist da noch die Aussage des Films im Hinblick auf Sams kulturelle Wurzeln, die zumindest bei mir recht widersprüchlich ankam. Grundsätzlich schien mir Dutta hier ihre Abkapselung von der Herkunft ihrer Eltern als etwas Schlechtes darzustellen – immerhin ist es ja auch genau diese, welche die Misere erst auslöst, und andererseits wiederum ihre Auseinandersetzung mit der indischen Kultur der entscheidende Aspekt, um das Böse zu bekämpfen. Allerdings: Auf mich wirkte all dies nicht etwa Positiv, sondern vielmehr tragisch. Das Monster steht für mich somit sinnbildlich bei allen Kräften, die uns an die Vergangenheit binden, oder vielleicht sogar noch treffender: Uns davon abhalten, unseren eigenen Weg zu gehen. Seien es Eltern, die darauf bestehen, dass ihre Kinder in ihre Fußstapfen treten, oder eine uns umgebende, konservative und vergangenheitsgerichtete Gesellschaft, die uns ihre Werte und Vorstellungen aufzwingen will. So kam "It Lives Inside" bei mir an, weshalb ich auch das Ende alles andere als glücklich, sondern vielmehr tragisch, fand. Allerdings habe ich – trotz der einzelnen Träne am Ende – so meinen Zweifel, dass dies auch wirklich das ist, was Bishal Dutta mit seinem Film aussagen wollte.
Fazit:
"It Lives Inside" profitiert in erster Linie von der im Mittelpunkt stehenden indischen Mythologie, die ihn innerhalb des Genres insofern hervorstechen lässt, als dass eine solche Thematik alles andere als alltäglich gibt. Insofern gibt ihm dies den gewissen, besonderen Touch – den er auch insofern dringend braucht, als er absolut dessen völlig generisch ist. Das macht ihn zwar keineswegs zu einem schlechten, aber halt schon sehr konventionellem Genre-Vertreter. Als Kenner ist es jedenfalls etwas gar zu leicht, die einzelnen Gruselszenen und/oder Schockmomente vorherzusehen, was bei mir doch ziemlich auf die Spannung drückte. Zudem bin ich sehr unsicher, ob der Film von seiner Aussage her von Bishal Dutta so gedacht war, wie er bei mir angekommen ist. Trotz dieser Kritikpunkte ist er insgesamt aber ein durchaus solider Genre-Vertreter, der sich aufgrund der Hindi-Elemente angenehm vom Einheitsbrei abhebt, und vor allem auch mit einigen charmanten Figuren aufwartet, mit denen man mitfiebert.