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Ring (Original) Drucken E-Mail
Review zum Begründer des J-Horror-Kults Kategorie: Filme - Autor: Christian Siegel - Datum: Mittwoch, 04 Oktober 2023
 
Halloween-SPECiAL

 
Ring
Originaltitel: Ringu
Produktionsland/jahr: Japan 1998
Bewertung:
Studio/Verleih: Toho Company/Anolis Entertainment
Regie: Hideo Nakata
Produzenten: U.a. Takashige Ichise, Shin'ya Kawai & Takenori Sentô
Drehbuch: Hiroshi Takahashi, nach dem Roman von Kôji Suzuki
Filmmusik: Kenji Kawai
Kamera: Jun'ichirô Hayashi
Schnitt: Nobuyuki Takahashi
Genre: Horror
Heimkino-Premiere Deutschland: 15. Mai 2023
Kinostart Japan: 31. Januar 1998
Laufzeit: 96 Minuten
Altersfreigabe: FSK ab 16
Trailer: YouTube
Kaufen: Blu-Ray, DVD
Mit: Nanako Matsushima, Hiroyuki Sanada, Miki Nakatani, Yûko Takeuchi, Hitomi Satô, Yôichi Numata, Yutaka Matsushige, Katsumi Muramatsu, Rikiya Ôtaka, Rie Ino'o u.a.


Kurzinhalt: Die Reporterin Reiko Asawaka ist erschüttert, als sie vom Tod ihrer jungen Nichte Tomoko erfährt. Umso mehr, als ihr Sohn Yoichi – den sie nach der Trennung von ihrem Mann Ryuji alleine großzieht – mit ihr eng befreundet war. Als sie Tomokos Mitschülerinnen befragt, stößt sie auf Gerüchte rund um ein mysteriöses Video. Die moderne Legende besagt, dass unmittelbar nachdem man es sich angesehen hat, das Telefon läutet, und einem eine furchterregende Stimme sagt, dass man nur noch sieben Tage zu leben hat. Reiko will dies eigentlich als Humbug abtun – wäre da nicht die Tatsache, dass Tomoko vor etwas mehr als einer Woche das Wochenende zusammen mit ein paar Freunden in einer abgelegenen Hütte verbracht hat, und all diese Freunde genau zur gleichen Zeit gestorben sind, wie Tomoko. Kann es sein, dass an diesem Mythos tatsächlich etwas dran ist? Reiko beschließt, der Sache nachzugehen, und der besagten Waldhütte selbst einen Besuch abzustatten. Dort angekommen findet sie ein unbeschriftetes Video – und beschließt, es sich anzusehen. Nachdem das rund einminütige Video voller mysteriöser und teilweise verstörender Bilder zu Ende ist, klingelt das Telefon…

Review (kann Spoiler enthalten): Szenenbild. Ich weiß, ich habe das "Ring"-Original bereits besprochen – nämlich tatsächlich als Teil des allerersten Halloween-SPECiALs (welches anno 2007 – ich glaube, so viele Jahre später darf man das ruhig zugeben – doch ein bisschen ein Schnellschuss war). Allerdings war ich mit meiner damaligen Besprechung (die sogar noch älter war, als es den Anschein hat, da ich sie damals einem noch älteren Webauftritt meinerseits entnahm) in der Rückschau nicht wirklich glücklich (was übrigens für die Reviews zu den Remakes noch mehr gilt; diese kommen dann nächstes Jahr dran). Zumal sich in den dazwischenliegenden Jahren meine filmische Expertise gerade auch im Horrorbereich enorm erweitert hat. Aber auch dem asiatischen Kino bin ich mittlerweile deutlich mehr zugetan (und in diesem auch um einiges erfahrener) als damals. Der fünfundzwanzigste Geburtstag des Films schien mir der geeignete Anlass zu sein, um nochmal über ihn zu reflektieren, und ihm ein nigelnagelneues Review zu spendieren. Verdient hat es sich der Film nicht zuletzt auch deshalb allemal, als er zu den größten Horror-Klassikern der 90er zu zählen ist. Ursprünglich (natürlich) in erster Linie für den japanischen Markt gedreht, sollte "Ring" schon bald einen weltweiten Siegeszug antreten – und die auch international erfolgreiche Marke des "J-Horrors" etablieren.

Eine der größten Stärken von "Ring" ist dabei sicherlich das Setup. Zugegeben, der Film ist natürlich stark in der damals dominierenden Technologie (die DVD steckte zu der Zeit noch in den Kinderschuhen, und sollte ihren Siegeszug erst 2-3 Jahre später antreten) verankert; einem modernen (TikTok-)Publikum mag es daher ein bisschen schwerfallen, hineinzufinden. Anno 1998 lag das Konzept eines verfluchten Videos aber genau am Puls der Zeit; umso mehr, als damals durchaus auch das eine oder andere "Underground"-Video (ich erinnere nur an das berühmt-berüchtigte Sextape von Pamela Anderson – und bestreite zugleich vehement, jemals eine Kopie davon besessen zu haben!) herumgereicht wurde. Insofern wird aus meiner Sicht jedweder Reiz, den "Ring" dadurch eingebüßt haben mag, dass das Konzept nicht mehr zeitgemäß ist, durch den dafür sich aus heutiger Sicht hinzukommenden Retro-Charme mehr als nur wieder wettgemacht. In jedem Fall kann mich die Grundidee (die natürlich auf Kôji Suzukis Roman zurückgeht, der hier lose adaptiert wurde) auch heute noch begeistern. Sie ist so einfach wie effektiv: Es gibt ein Video, und wenn du es dir ansiehst, bist du sieben Tage später tot. Außer, du kopierst es und zeigst es jemand anderem. Damit erweist sich "Ringu" als clevere Variante des guten alten Kettenbriefs, der im digitalen Zeitalter dann ja durchaus auch wieder zunehmend Verbreitung fand. Zumal das Video echt verdammt gruselig umgesetzt ist. Diese scheinbar willkürliche Zusammenstellung von geheimnisvollen bis beunruhigenden Bildern, die dann schließlich am Brunnen mündet, dem in der Legende von Sadako entscheidende Bedeutung zukommt. Aus meiner Sicht ist das Video jedenfalls einer jener Aspekte, wo das Original dem US-Remake überlegen ist. Neben dem Video an sich gilt dies nicht zuletzt auch für die Art und Weise, wie uns Hideo Nakata dieses präsentiert: Denn nachdem sich Reiko vor den Fernseher setzt und es einschaltet, zeigt er solange das Video läuft auch wirklich nur den TV-Schirm, ohne davon wegzublenden.

Szenenbild. Damit sorgt er dafür, dass wir als Zuschauer quasi in ihrer Haut stecken, und so wie sie das Video eben auch vollständig und ohne Unterbrechung sehen – was dem Gedanken Tür und Tor öffnet, dass der Fluch nun auch uns treffen könnte. Klar wissen wir auf rationaler Ebene, dass niemand der den Film gesehen hat (daran) gestorben sein kann, aber insbesondere bei der Erstsichtung bezieht "Ring" daraus doch einen gewissen Reiz; ein bisschen so, wie wenn man nachdem man sich "Candyman" angesehen hat fünfmal hintereinander das Wort in den Spiegel spricht. Davon abgesehen fiebert man aber natürlich in erster Linie mit Reiko, und kurz darauf nicht zuletzt auch mit ihrem kleinen Jungen Yiochi mit. Die Szene, wo sie ihn vor dem Fernseher erblickt, und noch die letzten Einzelbilder des Videos erhascht, zählt zweifellos zu den eindringlichsten Momenten des Films. Vor allem aber ergibt sich durch das Video und die im wahrsten Sinne des Wortes "Deadline" rund um die sieben Tage eine spannende Ausgangssituation für den Rest des Films. Denn die dadurch quasi ständig im Hintergrund tickende Uhr (bzw. die Datumeinblendungen, die quasi wie ein Countdown herunterzählten) sorgen dafür, dass auch jener Teil des Films, in dem sich Reiko und Ryuji daran machen, den Ursprung des Fluchs zu ergründen, immer spannend bleiben. Zumal diese dann auch mit der einen oder anderen interessanten Offenbarung aufwarteten.

Und vor allem am letzten Tag von Reikos Frist wird es dann nochmal so richtig spannend. Zuerst mit der coolen (und logischen) Schlussfolgerung, warum das Telefon nur in der Hütte geklingelt hat, dem Fund des Brunnens, vor allem aber mit der Aufgabe, in kürzester Zeit so viel Wasser wie möglich abzuschöpfen, um darin Sadakos Leiche zu finden. Vor allem dieser Teil ist wirklich spannend. Der Clou von "Ring" ist aber natürlich, was danach kommt: Nachdem Sadakos Leiche gefunden wurde, gelingt es dem Film nämlich, den Zuschauer davon zu überzeugen, dass alles vorbei wäre – bis bei Ryuji plötzlich der Fernseher angeht. Was dann folgt, zählt zu den denkwürdigsten Momenten der Horror-Filmgeschichte: Wir sehen den Brunnen, aus dem Sadako hervorklettert, langsam auf den Fernsehschirm zugeht – und schließlich aus diesem hervorkriecht. Unvergesslich! "Ring" profitiert darüber hinaus von Hideo Nakatas höchst atmosphärischer Inszenierung, die er zudem um gut platzierte Schockmomente anreichert. Aber auch die Besetzung sticht positiv hervor. Insbesondere Nanako Matsushima macht ihre Sache ausgesprochen gut. Und Hiroyuki Sanada hat seiner prominenten Rolle hier wohl seinen Auftritt in "Last Samurai" – und damit seinen internationalen Durchbruch – zu verdanken. Wenn es etwas gibt, was ich kritisieren würde, dann, dass neben Sadako auch Yoichi übernatürliche Fähigkeiten zu besitzen scheint. Davon ausgehend, dass diese nicht alltäglich sind, ist das schon ein bisschen großer Zufall. Und zumindest im ersten Teil tragen besagte Fähigkeiten letztendlich nichts zum Gelingen des Films bei. Aber auch auf die Vorgeschichte rund um Shizuko (und hier insbesondere das mit dem Vulkan) muss man sich einlassen können. Vor allem aber gibt es zwischendurch doch ein paar Stellen, die nicht ganz so packend geraten sind. Hier offenbart der Countdown auch insofern eine Schattenseite, als man im Prinzip weiß, dass der Person bis dahin nichts passieren kann. Die ökonomische Laufzeit von knapp über neunzig Minuten trägt jedoch maßgeblich dazu bei, dieses potentielle Manko zu minimieren.

Fazit: Szenenbild. Fünfundzwanzig Jahre später zählt "Ring" (zusammen mit "Ju-On") nach wie vor zu den bestimmenden – und besten – asiatischen Horrorfilmen. Hideo Nakatas Genre-Beitrag war 1998 eine Sensation, und das nicht nur im japanischen Heimatland, sondern in weiterer Folge auch international. Er startete den "J-Horror"-Hype, der insbesondere die frühen 0er-Jahre sowohl mit Filmen aus Fernost als auch amerikanischen Remakes das Genre dominieren sollte. Und auch heute noch sind die Gründe dafür offensichtlich: Angefangen beim saucoolen Konzept, über Hideo Nakatas zwar etwas schlichte, aber dennoch sehr atmosphärische Inszenierung, bis hin zum unvergesslichen Finale. Aber auch die Szene am Brunnen zuvor war aufgrund der (im wahrsten Sinne des Wortes) beständig näherrückenden Deadline überaus packend umgesetzt. Und schauspieltechnisch sowie musikalisch gibt sich "Ringu" ebenfalls keine Blöße. Trotz kleinerer Schwächen ist das "Ring"-Original nach wie vor ein origineller, beängstigender, atmosphärisch dichter und ungemein spannender Horrorfilm, der zum besten gehört, dass das Genre in den 90ern hergegeben hat.

Wertung: 8 von 10 Punkten
Christian Siegel
(Bilder © 1998 Toho Company)


Weiterführende Links:
Halloween-SPECiAL 2023





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