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2001 - Odyssee im Weltraum Drucken E-Mail
Arthur C. Clarkes Romanversion des SF-Epos Kategorie: Literatur & Comics - Autor: Christian Siegel - Datum: Montag, 18 September 2023
 
Titel: "2001: Odyssee im Weltraum"
Originaltitel: "2001: A Space Odyssey"
Bewertung:
Autor: Arthur C. Clarke
Übersetzung: Egon Eis
Umfang: ca. 300 Seiten (E, inkl. Vorwort)
Verlag: Heyne (D), Penguin Random House (E)
Veröffentlicht: 1968 (E)
ISBN: 978-3-641-11680-4 (D), 978-0-451-45799-8 (E)
Kaufen: Sammelband (D), Taschenbuch (D), Kindle (D), Taschenbuch (E), Kindle (E)
 

Kurzinhalt: Kurz vor der Jahrtausendwende wird der Wissenschaftler Dr. Haywood Floyd zur Mondbasis Clavius gerufen. Das dortige Team hat nämlich vor kurzem bei einer Ausgrabung eine faszinierende Entdeckung gemacht: einen schwarzen Monolithen, bei dem es sich ganz offenkundig nicht um eine natürliche Formation, sondern ein künstliches Objekt handelt. Damit ist der Monolith zugleich der erste unumstößliche Beweis für anderes intelligentes Leben im Universum – welches noch dazu vor tausenden von Jahren unser Sonnensystem besucht hat. Gerade als Floyd das Artefakt begutachtet, fällt zum ersten Mal seitdem er aus seinem Grab am Mond befreit wurde Sonnenlicht auf den Monolithen. Daraufhin sendet dieser ein Signal zu einem Mond des Saturn aus. Eben dieses Ziel soll zwei Jahre später – im Jahr 2001 – eine fünfköpfige Crew erkunden, die mit der Discovery losfliegt. Die drei Wissenschaftler – die noch vor dem Abflug gebrieft wurden – wurden dabei noch vor dem Abflug in den künstlichen Tiefschlaf versetzt. Aktiv an Bord sind die beiden, sich in zwei Schichten abwechselnden Astronauten David Bowman und Frank Poole. Doch es gibt auch noch ein sechstes Mitglied: Die künstliche Intelligenz HAL, welche die meisten Systeme an Bord der Discovery steuert. Lange Zeit verläuft der Flug routinemäßig – bis HAL sie darüber informiert, dass in Kürze jenes Modul, welches die Antenne in Richtung Erde ausrichtet und damit die Kommunikation zwischen der Einsatzleitung und der Discovery ermöglicht, in vierundzwanzig Stunden ausfallen wird…

Review: Die Romanfassung von "2001 – Odyssee im Weltraum" dürfte in der Geschichte des Films eine ziemlich einzigartige Angelegenheit sein. Zu 99% wird das Buch nämlich vorher geschrieben, dann entdeckt es ein Filmschaffender, lässt es lizensieren, und man macht sich daran, es für das Medium Film zu etablieren. Die restlichen 1% beziehen sich größtenteils auf sogenannte "novelizations", also Filmromane, die üblicherweise auf einen (manchmal auch frühen) Drehbuchentwurf basieren, und möglichst zeitlich mit dem Kinostart in den Handel kommen, damit Fans die Geschichte zu Hause immer wieder erleben können (eine Tradition, die dementsprechend auch in einer Zeit entstanden ist, wo das Fenster zwischen Kino-VÖ und Heimkinorelease deutlich länger war; und das Heimkino zudem diesen Namen noch nicht wirklich verdiente). "2001 – Odyssee im Weltraum" passt jedoch in keine dieser beiden Kategorien. Vielmehr hat sich Stanley Kubrick Mitte der 60er an den damals wohl unbestritten führenden Science Fiction-Autor Arthur C. Clarke gewandt, da er den das Genre damals dominierendem Trash (was bitte von mir nicht so negativ gemeint ist, wie es klingen mag; ich liebe alte SF-B-Movies!) einen geistig anspruchsvollen Gegenentwurf gegenüberstellen wollte. In den darauffolgenden Monaten arbeiteten die beiden gemeinsam die Story aus, ehe sich Stanley Kubrick schließlich auf Drehbuch und Regie, und Arthur C. Clarke wiederum auf den Roman (aber eben nicht den Roman zum Film) konzentrierten. Das Ergebnis sind zwei unterschiedlichen Interpretationen in zwei unterschiedlichen Medien, die jedoch auf die gleiche Geschichte zurückgehen, und somit quasi denselben Ursprung haben. Insofern ist es bei "2001 – Odyssee im Weltraum" noch einmal um einiges spannender als bei üblichen Filmadaptionen (oder Filmromanen), beide Endergebnisse miteinander zu vergleichen.

Dabei fällt grundsätzlich einmal auf, wie sehr "2001: Odyssee im Weltraum" von Stanley Kubricks unvergleichlicher Inszenierung profitiert. Was zwar keineswegs bedeuten soll, dass die Geschichte in dieser auf reinen Text heruntergebrochenen Form nicht auch gefallen und faszinieren könnte – kann sie. Aber die Bilder, die Musik, die Atmosphäre – es ist das, was "2001: Odyssee im Weltraum" eben neben der Story an sich so auszeichnet, und ihn für mich auch zum besten Film aller Zeiten macht. Eine Wirkung, die der Roman natürlich von vornherein nie in dieser Form entfalten kann. Darüber hinaus muss man sich als jemand, der bislang nur den Film kennt, damit abfinden, dass die Romanfassung natürlich längst nicht so mysteriös ist, und dementsprechend auch nicht gar so sehr zum Nachdenken anregt, wie der Film – dessen Ende auch über fünfzig Jahre später immer noch heiß diskutiert wird. Zumindest für mich war dies insofern kein Problem, als ich beides – Roman und Film – als voneinander unabhängige Einheiten betrachte. Sprich, Antworten, die der Roman gibt, müssen für mich nicht zwangsläufig auch den Film betreffen. Andererseits, wenn man vom Film – und insbesondere dem Ende – völlig überfordert war, und gerne eine Ahnung davon hätte, was genau das zumindest in den Augen von Arthur C. Clarke bedeutet, der wird hier fündig. Aber auch die Frage, warum HAL 9000 "durchdreht", wird hier – im Gegensatz zum Film (und letztendlich genauso wie in der Fortsetzung "2010: Das Jahr, in dem wir Kontakt aufnehmen) beantwortet. Inhaltlich gibt es ebenfalls ein paar markante Unterschiede. Mit am Auffälligsten ist sicherlich, dass die Discovery hier nicht zum Jupiter, sondern vielmehr dem Saturn fliegt. Zudem gibt es hier einige zusätzliche bzw. erweiterte Szenen – so wird nicht zuletzt der Prolog in der Vergangenheit der Erde deutlich ausgebaut (und ebenfalls genauer erklärt, was hier vor sich geht) – andererseits vermisst man aber auch einzelne Momente aus dem Film (wie z.B. das Interview, aber auch, dass sich Poole und Bowman um HALs vermeintliches Versagen zu besprechen in eine der Kapseln zurückziehen).

Der Kern der Geschichte ist aber – no na – in beiden Fällen gleich: Zuerst erleben wird, wie in der grauen Vorzeit der Menschheit plötzlich ein Monolith (im Film schwarz, hier durchsichtig) erscheint, und unsere Vorfahren aufgrund von dessen Einfluss einen entscheidenden evolutionären Sprung nach vorne machen. Tausende von Jahren später sind wir langsam dabei, unsere Wiege – die Erde – zu verlassen, und unsere Fühler in Richtung Sonnensystem auszustrecken. Mittlerweile wissen wir, dass Clarke und Kubrick an der Schwelle zur ersten Mondlandung mit ihrer Prognose im Hinblick darauf, wie weit wir diesbezüglich im Jahr 2001 sein würden, zu optimistisch waren – für mich nimmt dies ihrer Zukunftsvision jedoch nichts an Reiz. Denn egal ob nun 2001 oder nach aktuellem Stand wohl eher 2101, es handelt sich um eine wundervolle Extrapolation der damaligen Gegenwart, und einer größtenteils bodenständigen Erzählung darüber, wie wir langsam beginnen, zu den Sternen aufzubrechen. Viele Technologien, die sich Clarke und Kubrick hierfür einfallen ließen, verstehen es durchaus, zu faszinieren; was das betrifft muss man zudem auch immer das Entstehungsjahr im Auge behalten. Aktuell mag Künstliche Intelligenz gerade wieder in aller Munde zu sein, Arthur C. Clarke und Isaac Asimov zählten jedoch zu den ersten Science Fiction-Autoren, die sich mit diesem Thema noch lange bevor es tatsächlich spruchreif wurde auseinandersetzten. Sein HAL hat zwar zugegebenermaßen im Film bei mir (wohl nicht zuletzt dank Douglas Rains unvergleichlicher Stimme; zugleich fehlte mir aber auch die eine oder andere denkwürdige Dialogzeile) noch stärker gewirkt, die Vorgänge an Bord der Discovery verlieren jedoch auch in diesem im Vergleich zum Film veränderten Ablauf nichts an erschreckender Wirkung. Und auch der einsamen Reise von Bowman zum Saturn widmet sich Clarke ausführlicher, als Kubrick im Film (wenn auch zugegebenermaßen auch nicht so ausführlich, wie es für meinen Geschmack hätte sein dürfen). Und die Beschreibung von Bowmans letzter Reise mag im Roman kein ganz so wilder Trip sein wie im Film, ist aber um nichts weniger faszinierend.

Fazit: Ich habe die vier "Odyssee"-Romane vor rund zwanzig Jahren zum ersten und bislang auch letzten Mal gelesen. Da ich seither den Film wohl öfter als zehn Mal gesehen habe, merkt man schon: Ganz die gleiche Faszination wie dieser verströmt die Romanfassung auf mich nicht. Das heißt jedoch nicht, dass nicht auch der Roman, so wie der Film, in seinem Medium zu den besten Vertretern des Genres zu zählen wäre. "2001: Odyssee im Weltraum" schaffte es – auch wenn ich die Story natürlich längst kenne – mich auch in Textform in seinen Bann zu ziehen. Als jemand, der bestens mit dem Film vertraut sind, fand ich dabei vor allem auch die Unterschiede zwischen beiden Versionen sehr spannend. Arthur C. Clarke erklärt – aufgrund des Mediums fast schon notgedrungen – deutlich mehr, und vertieft zugleich einige Dinge, die im Film nur angerissen werden. Thematisch sind beide aber natürlich – no na – sehr ähnlich, und faszinieren mit der Beschreibung der ersten großen Schritte der Menschheit ins All, und wie wir dabei auf Artefakte einer außerirdischen Zivilisation stoßen. Die daraus resultierende Geschichte regt in vielerlei Hinsicht zum Nachdenken an, insbesondere auch was unseren Platz im Universum betrifft. Zugegeben: Wer das mysteriöse, unklare Ende des Films lieber für sich selbst stehen lassen will, sollte um den Roman einen weiten Bogen machen. Und generell sage ich: Wenn ihr euch nur eine Version der Geschichte vorknöpfen wollt, dann bleibt beim Film. Wenn ihr aber noch tiefer als dort in die Story eintauchen wollt, sei euch Arthur C. Clarkes parallel zum Film entstandener Roman aber wärmstens ans Herz (und Hirn) gelegt.

Bewertung: 4.5/5 Punkten
Christian Siegel
(Cover © 2014 Heyne)





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