Kurzinhalt:
So hat sich der Brenner die Rückkehr in seine alte Heimatstadt Graz nicht vorgestellt – denn nur wenige Tage nach seiner Ankunft landet er mit einer Schusswunde im Kopf im Krankenhaus. Nach einigen Tagen im Koma wacht er schließlich wieder auf. Die Genesung nimmt einiges an Zeit in Anspruch; zudem steht er dabei unter ständiger psychologischer Beobachtung, denkt man doch, der Brenner hätte sich selbst in den Kopf geschossen. Er hingegen ist davon überzeugt, dass ihm das vielmehr jemand angetan hat. Dass der Schuss in die linke Kopfseite ging – obwohl er Rechtshänder ist – scheint ihn in seiner Überzeugung ebenso zu bestätigen, wie die Waffe, die verwendet wurde; denn statt der Glock, die er ständig mit sich herumführt, wurde eine alte Walther abgefeuert. Mit der Zeit kommen die Erinnerungen langsam zurück – und er erkennt, dass er unmittelbar vor dem Schuss vom Aschenbrenner besucht wurde. Ein alter Jugendfreund, mit dem er dann auch die Polizeischule besucht hat. Der Aschenbrenner ist mittlerweile Polizeikommandant von Graz – und scheint wohl befürchtet zu haben, dass die Rückkehr vom Brenner gewisse Jugendsünden an den Tag bringen könnte, die seine Position gefährden. Unmittelbar nachdem er aus dem Krankenhaus entlassen wurde, sucht der Brenner deshalb den Köck – der dritte im damaligen Bunde; ein vierter ist damals bei einem Motorradunfall gestorben – auf, findet dabei allerdings nur mehr dessen Leiche vor…
Review:
"Das ewige Leben" ist der bislang letzte Brenner-Roman, der verfilmt wurde, und auch wenn ich nach wie vor auf ein bis zwei weitere hoffe, aber die langjährige Pause macht mich nicht unbedingt hoffnungsvoll. Sei's wie's sei: Die Verfilmung damals (von der ich ein paar Monate vor dem Kinostart ein Testscreening erwischt hatte) war die Initialzündung dafür, mir endlich mal die (damals erhältlichen) Brenner-Romane vorzuknöpfen – und sowohl Film als auch Roman zählen (trotz der Änderungen – die ich jedoch überaus spannend fand) zu meinen Lieblingen. Daran hat auch die Zweitlesung nichts geändert. Zuerst einmal fällt das originelle und sich auch deutlich von den früheren Romanen unterscheidende Setup auf, mit dem Brenner, der nach einem Kopfschuss im Krankenhaus erwacht. Daraus ergeben sich letztendlich gleich zwei Flashback-Ebenen, denn einerseits geht es um seine langsam zurückkehrenden Erinnerungen an die Tage vor dem Schuss, und andererseits – noch wichtiger – um die Ereignisse damals in seiner Jugend, und jene Dummheit, die seinem besten Freund das Leben kostete. Eben das zeichnet "Das ewige Leben" unter anderem so aus: Diesmal geht es weniger darum, im Zuge der Ermittlungen die Vergangenheit anderer Personen zu ergründen, sondern vielmehr um die Vorgeschichte von Brenner selbst – wodurch wir mehr über ihn erfahren, und ihn so auch wieder eine Spur besser kennenlernen. Darüber hinaus gefiel mir das Konzept, wie hier die Schatten der Vergangenheit – letztendlich eigentlich ohne Not – tragische Konsequenzen in der Gegenwart mit sich ziehen (ein Aspekt, der zwar zugegebenermaßen im Film sogar noch ausgeprägter war, nichtsdestotrotz aber auch hier zur Geltung kommt).
Die Ermittlungen selbst fand ich ebenfalls wieder sehr packend. Die Hinweise bzw. neuen Informationshäppchen sind perfekt gestreut, um den geneigten Leser bei der Stange zu halten. Und auch wenn der Mörder hier sehr früh festzustehen scheint, so gibt es dann ja in weiterer Folge noch ein paar andere Verbrechen, die dazu einladen, mitzuraten. Wie "Das ewige Leben" generell höchst wendungsreich geraten ist, und mit so mancher überraschenden Entwicklung aufwartet. Und generell war der Fall wieder deutlich ausgeklügelter, als beim verhältnismäßig mäßigen "Wie die Tiere". Auch die eigenwillige Erzählweise im Plauderton durch einen allwissenden (?) Erzähler zeichnete den Roman, wie auch die gesamte Reihe, für mich aus. Dieser trumpft wieder mit zahlreichen wunderbaren abschweifenden Gedanken und Nebensätzen auf. Der wieder einmal herrliche – und stellenweise auch durchaus schwarze – Humor ist dann das Tüpfelchen auf dem "i". Und dann ist da noch der Clou auf den letzten paar Seiten, auf denen der Erzähler plötzlich direkt in Erscheinung tritt – und der eigentlich das Ende der Reihe hätte bedeuten sollen. Das war definitiv eines der originellsten und denkwürdigsten Enden, die mir in einem Roman untergekommen sind. Letztendlich konnte sich Wolf Haas jedoch dem Reiz der von ihm geschaffenen Figur nicht mehr entziehen, und lieferte acht Jahre später doch noch die erste von mittlerweile auch schon wieder mehreren Fortsetzungen. Somit sollte sich der Titel des Romans soweit es die Simon Brenner-Krimis betrifft, zumindest bislang als prophetisch erweisen.
Fazit:
Das ursprünglich geplante, letztendlich aber doch nur vermeintliche Finale der Brenner-Romane zählt für mich zu den besten Einträgen in die Reihe. Dies liegt an der originellen Ausgangssituation ebenso, wie dem wendungsreichen Fall, sowie nicht zuletzt der Tatsache, dass wir im Zuge der Ermittlungen mehr über den Brenner selbst – und seine Vergangenheit – erfahren. Darüber hinaus zählte für mich auch wieder die ungewöhnliche Erzählweise zu den größten Stärken des Romans. Das letzte wesentliche Plus ist dann der Clou auf den letzten Seiten – der zweifellos ein geniales Ende der Reihe gewesen wäre. Als Fan von Simon Brenner und Wolf Haas bin ich jedoch froh, dass es danach doch noch – mit bislang drei Fällen – weiterging.
Bewertung: 4.5/5 Punkten
Christian Siegel
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