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Die nächste Begegnung Drucken E-Mail
Nicole und Richard kehren zur Erde zurück Kategorie: Literatur & Comics - Autor: Christian Siegel - Datum: Dienstag, 04 Juli 2023
 
Titel: "Die nächste Begegnung"
Originaltitel: "The Garden of Rama"
Bewertung:
Autor: Gentry Lee
Übersetzung: Roland Fleissner
Umfang: 518 Seiten (E)
Verlag: Heyne (D), Gollancz (E)
Veröffentlicht: 1991 (E)
ISBN: 978-3-641-11684-2 (D), 978-0-553-29817-8 (E)
Kaufen: Taschenbuch (D), Kindle (D), Taschenbuch (E), Kindle (E)
 

Kurzinhalt: Nachdem Rama das Sonnensystem verlassen hat, reist das Raumschiff mit nahezu Lichtgeschwindigkeit zu einer Art Knotenpunkt. Für die Passagiere vergehen in der Zwischenzeit knapp zwei Jahrzehnte, in denen Nicole, Richard und Michael gleich für mehrere Nachkommen sorgen. Dann erreichen sie schließlich die Nodus-Raumstation, auf der sie ein paar Monate verbringen, und den Erbauern der Rama-Raumschiffe so nahe kommen wie nie zuvor. Danach heißt es jedoch, von einigen Mitgliedern ihrer Familie Abschied zu nehmen, während sich Nicole und Richard mit einem Großteil ihrer Kinder darauf vorbereiten, in einem anderen Rama-Raumschiff – dessen Gestaltung sie mit ihren Inputs beeinflussen – zu unserem Sonnensystem zurückzukehren. Dort sollen mehrere Tausend Menschen an Bord kommen. Nicole zeichnet eine entsprechende Nachricht auf, und auf der Erde stellt man ein entsprechendes Kontingent zusammen – jedoch unter dem Vorwand, den Mars kolonialisieren zu wollen. In der auf Rama gegründeten Kolonie nehmen Nicole und Richard anfangs aufgrund ihrer Erfahrungen eine bedeutsame Rolle ein – bis sich unter einem Großteil der neuen Bewohner von Rama zunehmend Widerstand gegen sie regt…

Review: Ich weiß, was ihr jetzt sagen werdet: Wenn mir mit dem zweiten Roman schon so überhaupt nichts anfangen konnte – warum dann überhaupt noch den dritten lesen? Damit habt ihr natürlich nicht ganz unrecht, aber: Wenn ich mir eine solche, abgeschlossene Buchreihe vorknöpfe, kaufe ich halt immer gleich alle Teile. Und wenn ich "Die nächste Begegnung" und "Nodus" jetzt schon im Regal stehen habe, so will ich sie doch zumindest 1x lesen (danach kommen sie zu Momox, Rebuy, oder – wenn dort für sie gerade keine Nachfrage herrschen sollte – ins nachbarschaftliche Bücher-Tauschregal). Aber ja, wie ihr schon an der Wertung sehen könnt: Eine Steigerung im Vergleich zum – in meinen Augen – katastrophalen Vorgänger konnte ich leider auch bei "Die nächste Begegnung" nicht ausmachen. Auf den ersten etwas mehr als hundert Seiten geht es gleich mal so enttäuschend und mühsam weiter, wie "Rendezvous mit Übermorgen" begonnen hat. Die Auszüge aus dem persönlichen Tagebuch von Nicole des Jardins machten dabei für mich eines der Hauptprobleme mit der von Gentry Lee geschriebenen Fortsetzungs-Trilogie deutlich: Man fokussiert sich zu sehr auf Figuren und ihre überwiegend weltlichen Probleme und Konflikte, und drängt das faszinierende Rätsel rund um Rama völlig in den Hintergrund. So geht es eben auch darum, dass sich Nicole nicht nur mit Richard, sondern auch mit Michael fortpflanzt, damit die Kinder dann zumindest nur Halbgeschwister sind, und man so die Wahrscheinlichkeit von genetischen Defekten so weit als es ihnen möglich ist reduziert. Was diese sehr rationale und nachvollziehbare Entscheidung dann allerdings für ein persönliches Drama auslöste, ging für mich wieder mal auf keine Kuhhaut – vor allem auch unter dem Gesichtspunkt, dass das ja nicht irgendwelche dahergelaufene (oder entführte) Zivilisten sind, sondern drei Personen einer zwölfköpfigen Crew, die – so sollte man zumindest meinen, nach professionellen Gesichtspunkten ausgewählt wurden. Es hilft auch nicht, dass ich bei Richards Geständnis an Nicole dahingehend, dass er drauf und dran war, seine damalige Frau und ihren Liebhaber zu ermorden, jedwede/n Respekt und/oder Sympathie für ihn verloren habe – was dann sogleich auch für Nicole galt, als sie ihm verziehen hat. Vor allem aber hätte sich die gleiche Geschichte mit irgendwelchen auf einer einsamen Insel gestrandeten Personen genauso gut erzählen lassen; von Science Fiction war in diesem Teil des Romans jedenfalls nicht das Geringste zu bemerken.

Mit ihrer Ankunft an der Nodus-Station folgte für mich dann der mit Abstand beste (und zugleich einzig halbwegs gute) Teil des Romans. Hier bietet uns Gentry Lee endlich mal zumindest einen gewissen "sense of wonder", zudem erfuhren wir ein paar interessante Details rund um die Erbauer und die Mission der Rama-Schiffe (wobei ich persönlich auch nichts dagegen gehabt hätte, wenn dies ein Mysterium geblieben wäre). Und auch die Interaktionen mit ihrem Roboter-Betreuer fand ich interessant. Mit der Hochzeit wischen dem 80(?)-jährigen Michael und Nicoles sechzehnjährigen Tochter ist jedoch selbst dieser Teil des Romans nicht frei von Schwächen. Ich meine: WTF? Aber auch aus den Überlegungen, wer auf der Station bleiben, und wer mit Rama wieder zur Erde zurückfliegen soll, hätte man mehr machen können. Trotzdem war dieses in etwa Viertel wie gesagt noch der beste Teil von "Die nächste Begegnung" – was zugleich deutlich macht, was ich vom Rest hielt. Dabei war der kurze Rückflug auch noch halbwegs ok. Danach wurde es dann aber zunehmend problematisch. So hat mich der Teil nach der – erzählerischen – Rückkehr zur Erde, wo uns die neuen Figuren vorgestellt wurden, an das erste Drittel von "Rendezvous mit Übermorgen" erinnert, welches mich ja ebenfalls schon überwiegend gelangweilt hat. Zumal sich Lee einigen dieser Figuren in weiterer Folge dann ohnehin kaum mehr widmet. Wozu die lange Vorstellung dann überhaupt notwendig war, wird wohl für immer sein Geheimnis bleiben. Darüber hinaus überzeugte mich weder die Idee, dass die Regierungen den Menschen im Hinblick auf die Rama-Mission nicht die Wahrheit sagen, noch kaufe ich ihnen ab, dass sich bei solch einem Aufruf nicht genug Freiwillige melden würden, und man deshalb um das volle Kontigent zusammenzubekommen auf verurteilte Verbrecher zurückgreifen müsste. Aber auch der weitere Verlauf der Story nach ihrer Ankunft auf Rama hat mich nicht überzeugt. Ich verstehe schon, was uns Lee hier sagen will. Wie auch schon der Vorgänger gezeigt hat, teilt er Arthur C. Clarkes optimistische Einstellung zur Menschheit nicht, und auch wenn man ihm im Hinblick auf die Entwicklungen der letzten Zeit durchaus recht geben muss, so blendet er aus meiner Sicht einen entscheidenden Aspekt ein: Denn ich bin davon überzeugt, dass jene Menschen, die sich für so ein Projekt freiwillig melden, nur bedingt dem allgemeinen Querschnitt der Erdbevölkerung entsprechen. Mein letzter Kritikpunkt sind dann wieder die übernatürlichen Elemente, insbesondere im Hinblick auf Nicoles Traumvisionen. Aber auch alles rund um ihre Besucherin auf den letzten Seiten fand ich schwer zu schlucken. Mit Verlaub: Das hat mit Science Fiction nichts mehr zu tun, das ist reine Fantasy. Was nicht heißt, dass ich gegen dieses Genre grundsätzlich etwas hätte. Aber wenn ich einen (vermeintlichen) SF-Roman in die Hand nehme, will ich halt eben auch Science Fiction lesen.

Fazit: Nach einem extrem zähen und mühsamen Einstieg rund um das Journal von Nicole des Jardins schöpfte ich mit der Ankunft an der Nodus-Raumstation für rund fünfzig Seiten kurz Hoffnung, dass es "Die nächste Begegnung" vielleicht doch gelingen könnte, den katastrophalen Vorgänger hinter sich zu lassen. Leider aber war diese Atempause, wo Gentry Lee tatsächlich wieder Science Fiction-Elemente und das Mysterium rund um Rama und dessen Erbauer in den Mittelpunkt stellte, nur von kurzer Dauer. Mit dem Schwenk auf die Erde wiederholte er dann leider den (meinem Empfinden nach) gleichen Fehler wie schon bei "Rendezvous mit Übermorgen", der Vorstellung der neuen Figuren – die zu allem Überfluss im letzten Drittel dann ohnehin überwiegend in der Versenkung verschwinden, was einen dann schon die Sinnfrage stellen lässt – zu viel Zeit widmet. Wie einfach generell die Science Fiction-Elemente und/oder die Mysterien rund um Rama hier ein absolutes Schattendasein fristen. Das letzte Drittel ist dann – wie schon der Einstieg – eine Gesellschaftsstudie, die genauso gut in jedem (von der Außenwelt ansatzweise abgeschnittenen) Teil der Welt spielen könnte, und somit die SF-Umgebung zur reinen Zierde verkommt. Die wieder einmal vorhandenen übersinnlichen Elemente, welche "Die nächste Begegnung" zusammen mit den kaum zu Tage tretenden Science Fiction-Aspekten fast schon mehr den Eindruck eines Fantasy-Romans verleihen, gaben dem dritten "Rama"-Band in meinen Augen dann endgültig den Rest.

Bewertung: 1/5 Punkten
Christian Siegel
(Cover © Gollancz)





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