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Indiana Jones und das Rad des Schicksals Drucken E-Mail
Der würdige Abgang einer Leinwandikone Kategorie: Filme - Autor: Christian Siegel - Datum: Sonntag, 02 Juli 2023
 
 
Indiana Jones und das Rad des Schicksals
Originaltitel: Indiana Jones and the Dial of Destiny
Produktionsland/jahr: USA 2023
Bewertung:
Studio/Verleih: Paramount Pictures/LUcasfilm/Walt Disney Studios
Regie: James Mangold
Produzenten: U.a. Simon Emanuel, Kathleen Kennedy & Frank Marshall
Drehbuch: Jez Butterworth, John-Henry Butterworth, David Koepp & James Mangold
Filmmusik: John Williams
Kamera: Phedon Papamichael
Schnitt: Andrew Buckland, Michael McCusker & Dirk Westervelt
Genre: Abenteuer/Science Fiction
Kinostart Deutschland: 29. Juni 2003
Kinostart USA: 30. Juni 2023
Laufzeit: 154 Minuten
Altersfreigabe: FSK ab 12
Trailer: YouTube
Kaufen: Noch nicht verfügbar
Mit: Harrison Ford, Phoebe Waller-Bridge, Antonio Banderas, Karen Allen, John Rhys-Davies, Shaunette Renée Wilson, Thomas Kretschmann, Toby Jones, Boyd Holbrook, Olivier Richters, Ethann Isidore, Mads Mikkelsen u.a.


Kurzinhalt: Im Jahr 1944 haben sich Indiana Jones und sein Kollege Basil Shaw nach Deutschland geschlichen, um wertvolle historische Artefakte zu stehlen. Als sich jedoch der Speer des Schicksals, auf den sie es eigentlich abgesehen hatten, als Fälschung erweist, stoßen sie vielmehr auf eine der beiden Hälften von Archimedes Antikythera. Es gelingt ihnen, diese dem Nazi-Wissenschaftler Jürgen Voller unter der Nase wegzuschnappen. Fünfundzwanzig Jahre später sucht Helena Shaw, Basils Tochter und zugleich die Patentochter von Indiana Jones, den mittlerweile vor der Pensionierung stehenden Professor Henry Jones Jr. in New York auf, um ihn nach dem Verbleib der von ihnen damals in Deutschland geborgenen Hälfte zu fragen. Dabei wird sie von den Schergen von Jürgen Voller verfolgt – der mittlerweile eine neue Identität angenommen hat, und in dieser am Raketenprogramm der USA maßgeblich beteiligt war. Er sucht sowohl nach der von Indy damals geborgenen Hälfte, als auch jenem Dokument, aus dem sich der Standort der zweiten Hälfte ablesen lassen soll. Vereint, soll es der Legende nach möglich sein, mit dem Gerät Risse in der Zeit zu berechnen. Einen eben solchen möchte Voller dafür nutzen, um in die Vergangenheit zu reisen, und so den Lauf der Geschichte zu verändern…

Vorwort: Szenenbild. Es ist wieder mal Zeit für ein kurzes (?) Vorwort, da ich es gerade auch bei einem solchen (späten) Sequel für wichtig halte, zu wissen, wo der Rezensent im Hinblick auf das Franchise steht – und ich von euch jetzt nicht erwarte, meine alten Reviews nochmal durchzulesen, nur um meine Meinung zu "Rad des Schicksals" (besser) einordnen zu können. Als 1980 geborener bin ich mit Indiana Jones quasi aufgewachsen, und somit praktisch Zeit meines Lebens ein großer Fan. Die ersten drei haben seitdem ich sie in meiner Kindheit gesehen habe einen festen Platz in meinem (Film-)Herzen, und in der dazwischenliegenden Zeit nichts von ihrem Charme eingebüßt (auch wenn "Der Tempel des Todes" zugegebenermaßen im Vergleich zu "Jäger des verlorenen Schatzes" und "Der letzte Kreuzzug" ein klein bisschen abfällt; aber selbst den habe ich mittlerweile [mehr] zu schätzen gelernt). In der langen Pause zwischen dem dritten und dem vierten Film sorgten u.a. die Adventure-Spiele "Last Crusade" und "Fate of Atlantis", aber auch die in den 90ern im Goldmann-Verlag erschienenen Lizenzromane dafür, dass mich der Mann mit dem Fedora-Hut nie ganz losgelassen hat. Von regelmäßigen Sichtungen der ersten drei Filme ganz zu schweigen.

In den 0er-Jahren kamen dann immer wieder Gerüchte über einen vierten Film auf. Als dieser dann tatsächlich gedreht wurde, und Indiana Jones schließlich 2008 – nach neunzehnjähriger Pause – wieder auf die Kinoleinwand zurückkehrte, war ich dementsprechend gehypt. Hinzu kam dann noch, dass ich mich zum Zeitpunkt des Filmstarts gerade in den USA aufhielt, davor Disneyland besucht hatte (wo ich natürlich mehrmals mit dem "Indiana Jones"-Ride gefahren war, und mir zudem ein T-Shirt und den typischen Fedora-Hut kaufte), und den Film dann schließlich im legendären Cinerama-Dome zu sehen bekam. Vor allem aber war es das erste Mal, dass ich Indiana Jones im Kino erlebte. All dies mag dazu geführt haben, dass mein Urteil zu "Königreich des Kristallschädels" zu milde ausfiel. Zwar finde ich ihn nach wie vor nicht so schlecht, wie er von vielen gemacht wird, im Rückblick wiegen die verorteten Schwächen – und hier insbesondere das unnötig überbordende CGI (wobei ich auch nach wie vor finde, dass man sich sowohl den unmittelbaren Auftritt der Aliens, als auch das so unnötige wie sinnlos-ineffektive "das sind gar keine Aliens, sondern interdimensionale Wesen"-Argument hätte sparen sollen; und Mutt ist zweifellos auch alles andere als eine Stärke des Films) – schwerer wiegen, als damals bei meiner Erstsichtung durch die rosarote Fanbrille. Und so habe ich in der Zwischenzeit "Tempel des Todes" auf 9/10 auf-, und "Königreich des Kristallschädels" auf 7/10 abgewertet (die anderen beiden sind und bleiben ohne diskussionslose 10er). Insofern war meine Hoffnung, als die ersten Gerüchte über einen fünften und zugleich letzten Auftritt von Indiana Jones aufkamen, groß, dass man diesem Helden meiner Kindheit mit ihm einen würdigeren Abschied bescheren würde.

Szenenbild. Jedoch: Mit der Ankündigung, dass nicht Spielberg, sondern James Mangold Regie führen würde, erhielt meine Vorfreude dann sogleich den ersten ordentlichen Dämpfer. Indiana Jones, das ist für mich das Gespann Spielberg, Ford & Williams – und natürlich soll auch auf Lucas nicht vergessen werden. Andererseits ist James Mangold mit "Logan" ein phänomenaler Abgesang auf einen alten und alternden Helden geglückt – würde ihm das vielleicht bei "Indiana Jones" auch wieder gelingen? Mit Spannung wartete ich auf den ersten Trailer – der jedoch meine Erwartungshaltung eher dämpfte, als sie anzuheizen. Jedwedes weitere Bildmaterial habe ich dann bewusst gemieden, um so wenig wie möglich im Vorfeld zu wissen; auch der Soundtrack wurde diesmal (im Gegensatz zum vierten) nicht vor dem Kinobesuch angehört. Dafür habe ich mich in den Wochen davor mit sowohl Indy-Nachahmern als auch seinen Wegbereitern (darunter u.a. auch "Das Geheimnis der Inkas") auf die Rückkehr von Indiana Jones vorbereitet – und mich gestern dann mit einer Sichtung aller vier Filme, direkt vor dem Kinobesuch, optimal auf das letzte Abenteuer von "Indiana Jones" eingestimmt.

Review: Ich weiß, dass dies eigentlich das Review von "Rad des Schicksals" ist, und man somit sagen könnte, dass dies hier fehl am Platz ist, aber sind wir uns ehrlich: Es war eigentlich von vornherein ausgeschlossen, dass der fünfte Film an die Trilogie aus den 80ern würde anknüpfen können. Es stellt sich somit nur die Frage, ob er besser oder schlechter ist als "Königreich des Kristallschädels", und um mich eben darum zu widmen, muss ich erst mein Review aus dem Jahr 2008 relativieren, oder genauer gesagt, korrigieren. Dort zeigte ich mich vom Film ja doch ansatzweise begeistert, und auch wenn ich dabei bleibe, dass er besser ist als die ganzen Indy-Nachahmer (und als sein Ruf), so sehe ich ihn mittlerweile zweifellos kritischer, als damals. Denn: Ich habe mir seit dem Kinostart von "Königreich des Kristallschädels" die Indiana Jones-Filme mehrmals angesehen; den vierten Teil dabei aber in den meisten Fällen ausgelassen – was natürlich unweigerlich die Frage nach den Gründen dafür aufwarf. Und nein, für mich persönlich sind da weniger die berüchtigte Kühlschrank-Szene (so unpassend und übertrieben sie auch gewesen sein mag) oder die Aliens (auch wenn ich sowohl auf ihren direkten Auftritt am Ende, als auch insbesondere den Versuch, sich mit dem Argument "Das sind keine Außerirdischen, sondern transdimensionale Wesen" herauszureden, hätte verzichten können) verantwortlich. Vielmehr sind in meinen Augen zwei wesentliche Aspekte von "Kristallschädel" den früheren Filmen unterlegen. Der erste ist Indys Begleitung – was im Übrigen nichts mit dem (seither ja ziemlich abgestürzten) Shia LaBeouf zu tun hat, sondern vielmehr daran, dass man es verabsäumte, ihm eine Persönlichkeit mit auf den Weg zu geben (und nein, sich bei jeder bietenden [auch Un-]Gelegenheit die Haare zu frisieren, zählt nicht). Mutt ist – im Gegensatz zu Marion, Henry und selbst Willie – keine vollständig ausgearbeitete Figur, mit einem Leben davor (und danach), sondern erfüllt nur eine Funktion im Plot – nämlich, Indy jemandem zu geben, mit dem er seine Gedanken und Überlegungen teilen kann. Der zweite Punkt ist, dass dem vierten Film ein thematischer Kern fehlt, wie ihn die erste Trilogie bot (seien es die Erkenntnis, dass Reichtum und Ruhm nicht alles sind, oder auch die Versöhnung zwischen Vater und Sohn). Bei "Kristallschädel" steht letztendlich die Quest rund um eben diesen im Mittelpunkt; das war's aber auch schon.

Szenenbild. Was diese beiden Punkte betrifft, ist "Rad des Schicksals" dem unmittelbaren Vorgänger definitiv überlegen. Beginnen wir mit seiner Begleiterin Helena. Diese ist auch wirklich (wieder) eine voll ausgereifte Figur mit ihrer ganz eigenen Persönlichkeit – sowie einem direkten persönlichen Bezug zu Indy (so wie diesen auch Marion bzw. – no na – Henry Jones Sr. hatten), was die Beziehung der beiden zusätzlich aufwertete. Gerade auch, als Helena guten Grund dazu hat, ihren Patenonkel nicht im besten Licht zu betrachten. Zudem wird klar, dass ihr (fiktives) Leben nicht nur daraus besteht, eine Rolle in Indys Abenteuer zu spielen (im Gegensatz eben zu Mutt), sondern sie bis dahin schon ihr eigenes, ebenfalls recht turbulentes Leben gelebt hat – von dem wir hier in kurzen Momenten auszugsweise erfahren. Vor allem aber: Der erste Teil bot uns ja mit Belloq quasi ein dunkles Ebenbild zu Indy. Wären diese beiden zwei Punkte einer Skala, so würde ich Helena irgendwo dazwischen einordnen, ist sie doch noch einmal skrupelloser und egoistischer, als es Indy je war (wobei man nicht vergessen sollte, dass auch der in "Tempel des Todes" ein wertvolles Artefakt an einen chinesischen Gangster verhökern wollte; nichts mit "Das gehört in ein Museum") – zugleich aber auch nicht so verloren wie Belloq, der seinen Zielen alles unterordnet, und im schlimmsten Fall selbst die gesamte Menschheit dafür opfern würde.

Sowohl mit dieser Ausrichtung als Mischung von Belloq und Indy, als auch ihrem jugendlichen Elan, sowie natürlich, dass sie die Leidenschaft ihres Patenonkels für Archäologie und seltene, sagenumwobene und/oder wertvolle Artefakte teilt, ist sie die perfekte Begleiterin eines merklich in die Jahre gekommenen Indiana Jones. Womit wir auch schon beim zweiten Punkt angekommen sind: Dem thematischen Kern. Der vierte nutzte Indys fortschreitendes Alter für ein paar – nie wirklich zündende – "Opa"-Gags von Mutts, tat aber ansonsten, abseits des kurzen melancholischen Moments rund um die Erinnerung an seinen Vater und Marcus Brody, damit nicht wirklich etwas. Ganz im Gegensatz zu "Rad des Schicksals". So geht James Mangold nach dem Sprung ins Jahr 1969 was die Darstellung von Indys Alter betrifft insofern gleich All-In, als er uns Harrison Ford seinen unverhohlenen – für sein Alter zweifellos immer noch ordentlich, aber halt längst nicht mehr so fitten – Körper präsentierten lässt. Was gerade auch unmittelbar nach der langen Sequenz im Jahr 1944, die Indy in der Blüte seines Lebens zeigte (dazu später noch), einen starken Kontrast bietet. Mehr noch als sein Körper ist es jedoch der Einblick in seinen Geist, der uns Indy hier als doch ziemlich gebrochenen Helden präsentiert. Seine Ehe mit Marion ist gescheitert, seine Student:innen schenken ihm und seinen Vorlesungen kaum noch Aufmerksamkeit, vor allem aber scheint dieser Mann, der Zeit seines Lebens mit der Vergangenheit beschäftigt war, sich schwer zu tun, in einer Welt, in der sämtliche Augen (nicht zuletzt aufgrund der Mondlandung) in die Zukunft gerichtet sind, einen Platz für sich zu finden. Indiana Jones wirkt wie aus der Zeit gefallen; ein Relikt der Vergangenheit, ähnlich jeher Objekte, nach denen er sein Leben lang gesucht hat. Und nun, da er noch dazu unmittelbar vor der Pensionierung steht, und damit auch diese Beschäftigung verloren hat, was hat er denn nun noch, auf dass er sich in der Abenddämmerung seines Lebens freuen, bzw. generell eben diese Stunden/Tage/Wochen/Monate/Jahre füllen kann?! Eben damit bietet "Rad des Schicksals" einen wunderbaren emotionalen Kern, den ich in dieser Form definitiv nicht erwartet habe. Eben dies findet seinen Höhepunkt im Gespräch mit Helena auf dem Boot, in dem mich Harrison Ford fast zu Tränen gerührt hätte – und mündet schließlich in einem Finale, dass konsequent auf eben diesen Punkt zugesteuert hat, und Indys Wunsch in diesem Moment verständlich und nachvollziehbar macht.

Szenenbild. Was uns – neben Harrison Fords generell sehr starken Leistung in diesem Film (er war hier echt nochmal mit vollem Elan dabei, und hat wirklich alles gegeben; wobei ich an dieser Stelle auch dezidiert die Performance eines zum Glück immer noch lebenden und aktiven Stamm-Synchronsprechers Wolfgang Pampel lobend erwähnen will) – zur für mich größten Stärke des Films bringt: Dem Drehbuch. Was das betrifft, haben Jez Butterworth, John-Henry Butterworth, David Koepp und James Mangold nämlich ganze Arbeit geleistet. Das beginnt schon bei der eigentlichen Geschichte, über das coole Artefakt, um das es diesmal geht, die überwiegend gut ausgearbeiteten Figuren (nur Teddy und Renaldo bleiben leider ziemlich blass), dem Aufbau sowie dem Erzählfluss der Story, dem bereits lobend erwähnten thematisch-emotionalen Kern, bis hin zum Humor sowie den Dialogen. Rein von der Geschichte her ist "Rad des Schicksals" wohl mein drittliebster Indy, noch vor "Tempel des Todes". Schauspielerisch gibt es ebenfalls nichts zu bemängeln, wobei ich neben Ford insbesondere noch Toby Jones, Phoebe Waller-Bridge und Mads Mikkelsen lobend hervorheben will.

Und dann profitiert der Film zweifellos auch vom technologischen Fortschritt. So bin ich mir sicher, dass in "Rad des Schicksals" sogar noch mehr CGI steckt als in "Königreich des Kristallschädels" – nur sehen solche digitalen Hintergründe mittlerweile, wenn gut gemacht, halt längst nicht mehr so künstlich aus. Und auch die digitale Verjüngung ist, wenn auch nicht 100%ig perfekt, so doch überwiegend gelungen (wobei ich es spannend fand, wie der Eindruck manchmal innerhalb der gleichen Einstellung von einem Bild zum nächsten wechselt; in einem Moment könnte man glauben, das wäre vor dreißig Jahren gedreht worden, und dann ist wieder irgendwas "off", der digitale Eingriff ist offensichtlich, und die Illusion wird gebrochen). Ich konnte es aber insofern verschmerzen, als dieser lange Prolog mit Abstand mein Lieblingsteil des Films war. Womit wir nun schließlich auch bei den Schwächen angelangt wären, und hier ist in meinen Augen leider in erster Linie die Inszenierung von James Mangold zu nennen. Nicht falsch verstehen, er macht seinen Job definitiv nicht schlecht. Zusammen mit dem Drehbuch sowie dem Schnitt ist es natürlich in erster Linie ihm zu verdanken, dass trotz der überdurchschnittlichen Laufzeit (für ein "Indiana Jones"-Abenteuer) keine Langeweile aufkommt (wenn man auch sicherlich da und dort ein bisschen hätte kürzen können, um insgesamt 10-15 Minuten zu sparen, und so näher an die für Indy-Filme üblich Länge zu kommen). Leider aber inszeniert er den Film ohne jeglichen Flair. Insofern hat sich zumindest meine Befürchtung im Hinblick auf das Fehlen von Steven Spielberg definitiv bestätigt. Der litt bei "Königreich des Kristallschädels" einfach unter einem nicht überragenden Drehbuch, zog inszenatorisch aber nochmal alle Register. Und auch wenn es zugegebenermaßen wenig Regisseure gibt, die Spielberg was die verspielten Action-Setpieces betrifft das Wasser reichen kann, aber etwas mehr hätte ich Mangold hier schon zugetraut.

Szenenbild. Letztendlich führt der Mangel an irgendwelchen besonderen Einfällen und/oder den für Spielberg so typischen optischen Spielereien dazu, dass einen die Actionszenen kaum packen, und daher auch zu lang wirken; wobei ich mir sicher bin, dass z.B. die Dschungelsequenz in "Kristallschädel" länger war. Die war aber halt derart einfallsreich inszeniert, dass ich dort (abseits des Lianeschwingens) bestens unterhalten war, und keine Sekunde Langeweile aufkam. Hier hingegen sticht an der Action echt nichts hervor, weshalb ich mich insbesondere bei der Tuktuk-Verfolgungsjagd zunehmend dabei ertappte, auf die Uhr zu schauen. Und auch was die Bildgestaltung betrifft ist "Rad des Schicksals" den Vorgängern klar und deutlich unterlegen. Es gibt in dem Film keine einzige Einstellung, die auch nur ansatzweise positiv hervorstechen oder sich gar ins Gedächtnis brennen würde – was gerade auch angesichts der unverkennbaren Silhouette von Indiana Jones fast schon eine Schande ist. Ihr erinnert euch vielleicht noch an eines der ersten Promo-Bilder, mit Indy in der Höhle vor gelbem Hintergrund? Auf etwas ähnlich Eindrucksvolles wartet man im fünften Film vergeblich.

Und das, obwohl man meinen sollte, dass sich unter anderem mit jener Szene, wo Indiana Jones das alte Outfit wieder anlegt, einige sehr gute Gelegenheiten eben dafür geboten hätten. Auch auf Schattenspiele á la Spielberg, wie sie die Reihe bislang prägten, verzichtet Mangold. Somit ist das ein weiterer Aspekt, wo "Rad des Schicksals" dem "Königreich des Kristallschädels" deutlich unterlegen ist, denn so viel man dort auch (zu Recht) kritisieren kann, gab es doch ein paar schöne (der Schatten in der Autotür, oder auch die Schattenspiele beim Verhör im Zelt) bis hin zu richtiggehend imposante (die Silhouette von Indiana Jones vor der Atomexplosion) Bilder. Insbesondere nach "Logan", wo es ja z.B. diesen Moment am Ende mit dem zum "X" umgedrehten Kreuz gab, hätte ich mir insbesondere auch was das betrifft mehr erwartet. Gleiches gilt dann schließlich auch für John Williams. Ich glaube ihr wisst, dass ich ein Riesenfan von ihm bin. Ich halte ihn für den größten Filmkomponisten aller Zeiten, sogar noch vor Ennio Morricone und Jerry Goldsmith. Seine Musik hat mich Zeit meines Lebens geprägt, und ich schätze mich überaus glücklich, den Maestro zwei Mal live in Wien erlebt zu haben. Und zweifellos ist seine Handschrift auch bei "Rad des Schicksals" unverkennbar. Die Musik hat seinen klassischen Stil und Ton, weshalb ich froh bin, dass er auch für das letzte "Indiana Jones"-Abenteuer – und ohne Spielberg – zurückgekehrt ist. Leider aber fehlt es seinem Score zu "Rad des Schicksals" an einprägsamen Leitmotiven. Letztendlich fällt die Musik immer nur dann positiv auf, wenn er altes Material (den Raider's March, Marion's Theme usw.) zitiert. Auch hier ist zum wiederholten Mal festzuhalten: Was das betrifft, war "Königreich des Kristallschädels" besser, wo mir insbesondere noch das Thema für das titelspendende Artefakt noch sehr gut in Erinnerung ist (und das nicht nur, weil ich den Film gestern erst wieder gesehen habe).

Fazit: Szenenbild. "Indiana Jones und das Rad des Schicksals" hat mich gestern zwar sehr gut unterhalten, wie er sich im Vergleich zu den anderen vier Filmen schlägt – und vor allem auch, ob meine momentane Meinung vielleicht von meinem tollen Indy-Tag gestern, sowie einem Gefühl sowohl der Erleichterung als auch der Nostalgie (zu) stark beeinflusst war – das kann, und wird, nur die Zeit zeigen. Zwar bin ich der Meinung, dass ich – wie schon beim vierten – nicht blind gegenüber seinen Schwächen bin, kann aber halt nicht ausschließen, dass diese im Rückblick bzw. auch bei den weiteren Sichtungen gegenüber der positiven Aspekte stärker zu Tage treten werden, wie dies eben auch schon bei "Königreich des Kristallschädels" der Fall war. Die wahre Prüfung wird erst in den kommenden Jahren folgen, und darin bestehen, wie oft ich ihn mir – insbesondere im direkten Vergleich zur ursprünglichen Trilogie – ansehen werde.

Vorerst bin ich mit "Rad des Schicksals" aber jedenfalls sehr – wenn auch nicht vollends – zufrieden. Als größte Stärke erwies sich dabei für mich das Drehbuch, angefangen beim im Mittelpunkt stehenden historischen Artefakt, über die Story und deren Aufbau, bis hin zum Humor und den Dialogen. Helena Shaw ist zudem ein deutlich besserer Partner für Indy, als der unscheinbare Mutt Williams; die Dynamik zwischen ihr und Henry Jones Jr. trägt viel zum Gelingen des Films bei. Auch der starke emotionale Kern der Geschichte hat mich positiv überrascht. Mangold zeigt uns den Helden unserer Kindheit als aus der Zeit gefallenen Mann, der verzweifelt versucht, in einer nur mehr auf die Zukunft schielenden Welt seinen Platz zu finden, und nicht zu einem jener veralteten Relikte zu verkommen, deren Suche und Erforschung er sein Leben gewidmet hat. Diesbezüglich stach nicht zuletzt das Gespräch mit Helena auf dem Schiff, wo uns Harrison Ford Indiana Jones so verletzlich – und verletzt – wie nie zuvor zeigt, sowie eine ganz bestimmte Szene aus dem Finale (welches ähnlich umstritten werden könnte wie der Alien-Ausklang von "Königreich des Kristallschädels") hervor. Mein persönliches Highlight war aber der lange Prolog zu Beginn, der uns Indy in der Blüte seines Lebens zeigt. Der größte Schwachpunkt ist – leider – die Inszenierung durch James Mangold, der weder was die Actionszenen noch die Bildgestaltung betrifft an die Vorgänger (inklusive des vierten Teils) herankommt. Hier habe ich das Spielberg-typische Flair leider doch ordentlich vermisst. Und auch die Musik von John Williams ist seinen Kompositionen für die Vorgänger der Reihe unterlegen. Insgesamt ist James Mangold mit "Indiana Jones und das Rad des Schicksals" aber, wenn schon kein Abenteuer auf Augenhöhe mit der alten Trilogie, so doch zumindest ein würdige(re)r Abschied einer der größten Ikone der Kinogeschichte geglückt.

Wertung: 8 von 10 Punkten
Christian Siegel
(Bilder © 2023 Walt Disney Studios)





Kommentare (2)
RSS Kommentare
1. 27.10.2024 17:17
 
Beim Infokasten über dem Review scheint was durcheinander geraten zu sein. Ich glaube kaum, dass James Cameron am Drehbuch und dem Schnitt beteiligt war und auch die Besetzungsliste klingt eher nach den (grässlichen) Avatar-Filmen, zu dessen Trailer auch der YouTube-Link verweist.
 
seph77
2. 29.10.2024 10:48
 
Vielen Dank für den Hinweis - ist ausgebessert :)
 

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