Originaltitel: The Bounty Episodennummer: 3x06 Bewertung: Erstausstahlung USA: 23. März 2023 (Paramount+) Erstausstahlung D: 24. März 2023 (Amazon Prime/Paramount+) Drehbuch: Christopher Monfette Regie: Dan Liu Besetzung:
Patrick Stewart als Jean-Luc Picard,
Jonathan Frakes als William T. Riker,
Gates McFadden als Beverly Crusher,
Jeri Ryan als Seven of Nine,
Michelle Hurd als Raffaela Musiker,
Ed Speleers als Jack Crusher,
LeVar Burton als Geordi La Forge,
Michael Dorn als Worf,
Brent Spiner als Data,
Marina Sirtis als Deanna Troi.
Gastdarsteller:
Todd Stashwick als Liam Shaw,
Amanda Plummer als Vadic,
Ashlei Sharpe Chestnut als Sidney La Forge,
Mica Burton als Alandra La Forge,
Joseph Lee als Lt. Mura,
Amy Earhart als Titan Computer,
Vaugh Page als Shrike Bridge Changeling,
Byron Quiros als Starfleet Lieutenant u.a.
Kurzinhalt:
Worf und Raffi kommen an Bord der Titan, um die weitere Vorgehensweise im Hinblick auf die Bedrohung durch die Abtrünnigen des Dominion zu besprechen. Es wird klar, dass sie als nächstes zum Daystrom-Institut fliegen müssen, um herauszufinden, welche Waffe von den Wechselbälgern – neben der Portalwaffe – noch gestohlen wurde. Mit Hilfe des auf Matalas Prime von Worf und Raffi besorgten Chips soll es möglich sein, dass automatische Sicherheitssystem zu deaktivieren. Riker schließt sich der Mission an. Zusammen werden sie ins Daystrom-Institut gebeamt, wo ihnen nur wenig Zeit bleibt, die erforderliche Information zu erhalten. Die U.S.S. Titan muss indes, als vom Dominion kontrollierte Schiffe eintreffen, die Flucht antreten. Man rettet sich zum Sternenflottenmuseum, das von einem alten Bekannten geführt wird: Geordi LaForge. Dieser erweist sich jedoch als nicht ganz so hilfsbereit, wie sich das Admiral Picard erhofft hat…
Review (kann Spoiler enthalten):
Bei "Die Bounty" musste ich wieder einmal an Dickens denken: "Es war die beste aller Zeiten, es war die schlechteste aller Zeiten". Denn: Einzelne Aspekte haben mir außerordentlich gut gefallen; zugleich gab es aber leider auch wieder so einigen, was mich gestört hatte. Beginnen wir mit dem Positiven: Je mehr bekannte Figuren zurückkehren, desto größer wird das TNG-Feeling, welches "Picard" verströmt. Bezeichnend: Eines meiner Highlights in "Die Bounty" war die letztendlich eigentlich sehr unspektakuläre Besprechungsszene, wo Raffi und Worf die von ihnen gesammelten Informationen vorstellen. Hier fühlte ich mich wieder einmal so richtig an "The Next Generation" zurückerinnert. Ein wunderbares nostalgisches Gefühl, welches für mich letztendlich auch überwiegend besser funktioniert hat, als das teilweise recht billige Fan-Service, mit dem es "Die Bounty" noch dazu doch ein bisschen übertreibt. So sehe ich insbesondere den Auftritt von Moriarty skeptisch. Musste man Daniel Davis echt für diesen einminütigen Auftritt zurückholen?
Aber ich wollte ja eigentlich mit den positiven Aspekten anfangen. Insofern: Kommen wir zum Flottenmuseum. Auch dies war zwar grundsätzlich ein sehr billiger Trick, ich muss aber gestehen, einerseits das Wiedersehen mit diesen legendären Schiffen sehr schön gefunden zu haben; vor allem aber gelang es, mit dem Flottenmuseum eine schlüssige Erklärung für diese Ansammlung an berühmten Schiffen zu finden. Trotzdem: Am besten hat für mich die Szene mit der Voyager funktioniert. Nicht etwa, weil ich zu diesem Schiff einen ganz besonders großen Bezug hätte, oder Barton hier kurz das Voyager-Thema anspielt. Sondern, weil es das einzige Schiff ist, wo man das Wiedersehen mit einem emotionalen Moment für die Crew verknüpft. Sevens Worte darüber, wie sie das Schiff, ihre Zeit dort, sowie insbesondere die Familie die sie dort gefunden hat vermisst, und wie verloren sie sich momentan fühlt, traf mich mitten ins Herz. Generell zählte dieses Gespräch mit Jack für mich zu den Höhepunkten der Episode. Was die Story selbst betrifft, hätte leistet sich das Drehbuch von Christopher Monfette einige Schwächen (zu denen wir jetzt dann gleich kommen werden), aber die Dialoge waren teilweise echt wunderbar. Zugegeben, "Stars in the same galaxy, but lightyears between us" war vielleicht etwas poetischer, als man das Jack zutrauen würde, aber die Worte selbst waren wundervoll. Aber auch in den Gesprächen zwischen Jean-Luc und Geordi gab es ein paar überaus nette Zeilen, wobei es mir vor allem ihre Worte darüber, was wir unseren Kindern vermachen, angetan hatten. Generell habe ich mich über die Rückkehr von Geordi grundsätzlich sehr gefreut (bei Data sehe ich das leider etwas kritischer; auch hierzu gleich). Mir gefiel auch die Dynamik mit – und zwischen – seinen beiden Töchtern. Schauspielerisch gab es ebenfalls wieder einmal nicht das Geringste zu bemängeln. Und von der Musik von Stephen Barton bin ich nach wie vor extrem begeistert.
Leider aber überzeugt mich "Star Trek: Picard" auch in der dritten Staffel nach wie vor eher – bzw. nur – in einzelnen Elementen bzw. Momenten, statt im Gesamtpaket. Das beginnt schon bei einigen Ungereimtheiten, was Logik und/oder Kontinuität betrifft. Warum baut man die Tarnvorrichtung umständlich aus der Bounty aus, statt einfach gleich das klingonische Schiff zu stehlen (noch dazu, wenn man zuvor auf einen Transponder verweist, den alle Sternenflottenschiffe besitzen, und der sich scheinbar weder deaktivieren noch ausbauen lässt)? Wieso tarnt sich die Titan erst, nachdem sie aus dem Warp gesprungen ist, und nicht schon, bevor sie das System erreicht? Seit wann muss sich ein Schiff zum Beamen enttarnen? Wieso wird das irumodische Syndrom bei Jack so viel früher akut, als bei seinem alten Herrn? Und warum hat ihn Beverly, im Wissen ob Jean-Lucs Krankheit, bislang scheinbar nie darauf untersucht? Wie kommt es, dass Vadic noch am Leben ist? Hieß es in "Die Pattsituation" nicht, das wäre die allerletzte Chance der Titan, zu entkommen, da danach die Geburt ansteht, die alles im Umkreis von ein paar Lichtjahren vernichten wird? Wie gelang es also der von einem Asteroiden getroffenen und als wir sie zuletzt gesehen haben auf die Anomalie zustürzenden Würger, zu entkommen? Warum bringt Vadic, nachdem es ihnen gelungen ist, Riker gefangen zu nehmen, ihre Untergebenen um?
Viel schwerer als diese Ungereimtheiten wiegt für mich aber Geordis nicht nachvollziehbare Widerwilligkeit, Jean-Luc zu helfen. Hier rächt es sich auch, dass man auch bei der dritten Staffel wieder mal auf das mittlerweile echt ausgelutschte, einfallslose und ziemlich verzweifelt wirkende Plotkonstrukt der großen Bedrohung für die ganze Föderation und/oder Galaxis zurückgreifen musste, welche "Discovery" und "Picard" – und damit jene Serien, wo die Geschichte über eine Staffel hinweg erzählt wird – dominieren. Etwas, dass diese mit sämtlichen letzten Filmen teilen (wobei man so fair sein und anmerken muss, dass dies letztendlich schon auf "Star Trek: Der Film" zurückgeht; nur dass man dort danach zumindest gelegentlich auch auf kleinere Dinge setzte, die auf dem Spielstanden, insbesondere beim zweiten, dritten und fünften Film). Warum konnte es nicht einfach "nur" darum gehen, dass Jean-Luc Beverly zu Hilfe eilt, und in weiterer Folge versucht, seinen Sohn vor Angreifern zu beschützen? Dann würde auch Geordis Widerstreben Sinn ergeben, weil das Leben der eigenen Tochter/Töchter zu riskieren, "nur" um Jean-Lucs Sohn zu riskieren, ist natürlich ganz was anderes. Aber das neue Dominion bedroht ja die ganze Sternenflotte. Worauf will Geordi also warten? Das ergibt einfach absolut keinen Sinn. Überhaupt wird mir die Bedrohung mittlerweile deutlich zu übertrieben dargestellt. Riker vermittelt ja den Eindruck, dass mittlerweile die gesamte Flotte Jagd auf sie machen würde. Damit waren diese abtrünnigen Wechselbälger erfolgreicher, als die gesamte große Verbindung während des Dominion-Kriegs. Echt jetzt? Es stellt sich zudem die Frage: Wenn die quasi eh schon die gesamte Sternenflotte übernommen haben, was haben sie nun noch groß am Tag der Grenze vor? Und wofür brauchen sie noch eine weitere Waffe? Ach ja, und dass diese gestohlene Waffe die sterblichen Überreste von Jean-Luc Picard sind, erfüllt mich auch mit Sorge. Ich fürchte mich wirklich schon davor, auf welchen Holler das wohl wieder hinauslaufen wird.
Mein letzter Kritikpunkt ist dann – leider – die Rückkehr von Data. Als man Brent Spiner (auch wieder) für die dritte Staffel ankündigte, hoffte ich ja wirklich, dass er (nur) als Lore zurückkehren würde, und man somit auch für diese Figur einen Abschluss finden würde. Dass aber nun tatsächlich Data (und ja, ich weiß, es ist genau genommen nicht DER Data, sondern ein Konvolut aus Data, Lore, B-4 und Soong; aber ihr versteht, was ich meine) wieder zurück ist, sehe ich leider eher mit einem weinenden als einem lachenden Auge. Denn: Der ganze Sinn und Zweck – und für mich auch der einzige positive Aspekt, und damit zugleich die einzige Daseinsberechtigung – der ersten "Picard"-Staffel war ja, seinen unwürdig-plötzlichen Tod in "Nemesis" auszubessern. Und auch wenn ich (auch) von Season 1 alles andere als begeistert war, aber zumindest das war ihnen gelungen. Diese bislang einzig nennenswerte Errungenschaft der Serie hier nun mit seiner Rückkehr zunichte zu machen, wog für mich letztendlich deutlich schwerer, als eine allfällige Freude über seine Rückkehr (oder auch der nette Callback zum Pilotfilm). Und ja, ich weiß, dass Tote zurückkehren ist bei "Star Trek" nicht neu – aber für mich ist es halt auch eine Frage der Quantität. Zumal wir das Spielchen ja auch am Ende der ersten "Picard"-Staffel hatten. Man kann's halt auch echt übertreiben.
Fazit:
Ähnlich wie in Datas neuem Körper wohnen im Hinblick auf "Die Bounty" (mindestens) zwei Seelen in meiner Brust. Auf der einen Seite fand ich es schön, wie einzelne Momente nette, nostalgische Gefühle bei mir auslösten (wenn man es auch bei dieser Episode in meinen Augen was das Fan-Service betrifft insgesamt betrachtet dann doch deutlich übertrieben hat). Mit jeder zusätzlichen TNG-Figur steigt auch das entsprechende TNG- bzw. Retro-Feeling. Die Musik ist auch nach wie vor wunderschön (ich freue mich schon auf den Soundtrack-Release!). Vor allem aber mochte ich einzelne gut geschriebene Dialogzeilen und/oder Momente. Bedauerlicherweise waren eben diese in einem Gesamtkonstrukt eingebettet, das mich alles andere als überzeugen konnte. Angefangen bei logischen Ungereimtheiten, über Geordis in diesem Kontext nicht nachvollziehbares Widerstreben, die für meinen Geschmack wieder einmal viel zu große (und einfallslose) Bedrohung, die Offenbarung rund um Picards sterbliche Überreste als von den Gründern gestohlene ultimative Waffe, bis hin zur Rückkehr von Data, mit der man die erste Staffel ihrer Sinnhaftigkeit beraubt. Insgesamt war somit leider auch "Die Bounty" für mich wieder eine ziemlich durchwachsene Angelegenheit, die lediglich vom nostalgischen Charme und dem zugegebenermaßen soliden Unterhaltungswert auf zumindest noch durchschnittliches Niveau gehoben wird.