Kurzinhalt:
Da hat er nicht schlecht gestaunt, der Lift Lois, als er eines Morgens an der Talstation den Schilift eingeschalten hat, und dann kommt ihm auf einmal ein Toter entgegen. Und zeitgleich auf der Bergstation das gleiche. Ist da doch echt ein älteres Paar in der Nacht erfroren. Jetzt natürlich helle Aufruhr in Zell am See, weil nicht nur schlecht für Presse und Tourismus, sondern die Opfer auch wohlbekannt, waren das doch die reichen amerikanischen Schwiegereltern des Vergolder Antretter, dem halb Zell gehört. Insofern, eh klar, Hauptverdächtiger, allerdings hat der von seinem Neffen Lorenz ein wasserdichtes Alibi. Kannst dir vorstellen, die Polizei immer mehr unter Druck, keine Verdächtigen, da ist die Stimmung im Revier natürlich entsprechend dings. Bis es dem Brenner, der eh mit seinem neuen Chef, dem Nemec, noch nie so recht konnte, zu bunt wird, und er kündigt. Aber nicht, dass du glaubst, jetzt lasst der alles hinter sich und fängt ein neues Leben an. Lässt sich vielmehr von einer Privatdetektei anstellen, die im Auftrag einer amerikanischen Versicherung den Fall untersucht, und ermittelt weiter. Woche für Woche schickt der Brenner brav seinen Bericht nach Wien, obwohls nicht wirklich was zu berichten gibt. Bis er den Fall dann eines Tages aufgrund einiger zufälliger Begegnungen, aufschlussreicher Gespräche und auffälliger Ereignisse doch noch löst…
Review:
"Auferstehung der Toten" ist der 1996 erschienene erste Fall von Simon Brenner, dem – bis heute – noch acht weitere folgen sollten. Vier davon wurden zwischenzeitlich, mit der Wiener Kabarett-Legende Josef Hader in der Hauptrolle, auch verfilmt. Nun hat es zwar auch davor schon österreichische Krimis gegeben, und hätte es sicherlich auch danach auch ohne Wolf Haas welche gegeben, dennoch bin ich davon überzeugt, dass es der Erfolg seiner Bücher anderen AutorInnen wie Herbert Dutzler und Claudia Rossbacher – um nur zwei Beispiele zu nennen – in weiterer Folge leichter machten, einen Verlag für ihren eigenen Krimi-Erzählungen mit österreichischem Einschlag zu finden. Und doch sind die Brenner-Romane von Wolf Haas auch knapp 25 Jahre nach dem Debüt mit "Auferstehung der Toten" immer noch etwas Besonderes. Hauptverantwortlich ist der vom ihm gewählte, doch sehr eigenwillige Schreibstil. Viele Romane sind ja aus der Sicht eines allwissenden Erzählers geschrieben. Manchmal schildern diese die Ereignisse sehr sachlich-nüchtern-trocken (was bitte in keinster Weise negativ gemeint ist), es gibt aber auch jene Fälle, wo diese das Geschehen direkt, individuell und teilweise durchaus auch spöttisch erzählen, bzw. um ihre eigenen Gedanken und Kommentare anreichern. Man denke z.B. an Douglas Adams oder Terry Pratchett. Und doch sind selbst diese in einem Stil geschrieben, der eher einem (schriftlichen) Bericht entspricht. Im Gegensatz dazu liest sich "Auferstehung der Toten" so, als würde man Wolf Haas im Kaffeehaus treffen, und er einem die Geschichte eben auch wirklich (mündlich und persönlich) erzählen. Dementsprechend gibt es Pausen, Gedankensprünge, manchmal fallen dem Erzähler auch gerade bestimmte Worte, Namen oder Details nicht ein. Insofern ist der Erzähler von "Auferstehung der Toten" vieles – aber ganz bestimmt nicht "allwissend".
Eben diesen ganz eigenen, konversationellen (?) Schreibstil – der (wieder: ähnlich wie bei Adams und Pratchett) auch hauptverantwortlich für den wunderbaren Humor ist, der den Roman für mich unter anderem so auszeichnet – findet man nun entweder erfrischend, oder unerträglich (ich habe mich bemüht, ihn in meiner Inhaltsangabe zu imitieren, und so einen kleinen Eindruck davon zu geben); ich persönlich falle da definitiv in die erste Kategorie, und zähle dementsprechend auch die Erzählweise zu den größten Stärken der Brenner-Romane. Eine weitere ist die Hauptfigur. Die Welt der Krimi-Literatur ist voller Genies – da ist es eine so erfrischende wie willkommene Abwechslung, mal einem "Normalo" dabei zuzulesen, wie er sich durch einen Fall müht. Simon Brenner zeichnet sich eher durch seine Intuition als seinen Intellekt aus. Aber auch sein mürrischer Charakter sowie seine Leidgeplagtheit aufgrund von häufiger und heftiger Migräneanfälle stechen hervor. Damit erfüllen die Brenner-Romane eine der (oder zumindest meiner) wichtigsten Ansprüche an Krimis: Die Ermittler müssen sich durch ihre ganz eigene Persönlichkeit auszeichnen. Wenn es eine Schwachstelle an "Auferstehung der Toten" ist, dann ist es der Kriminalfall an sich. Nicht, dass dieser nicht grundsätzlich gut ausgeklügelt wäre, allerdings gerät er gegenüber dem Humor dann teilweise doch zu sehr in der Hintergrund. Wer Krimis sucht, die so richtig zum Mitraten einladen, sollte um die Brenner-Romane wohl doch eher einen Bogen machen. Wer sich jedoch gerne eine lustige – und noch dazu mit österreichischen Lokalkolorit angereicherte – Geschichte erzählen lässt, in der es halt unter anderem auch um Mord (und andere Verbrechen) geht, dem sei "Auferstehung der Toten" wärmstens ans Herz gelegt.
Fazit:
"Auferstehung der Toten" ist in erster Linie von Wolf Haas sicherlich eigenwilligem Schreibstil geprägt. Entweder, man liebt ihn oder aber, man wird den Roman nach wenigen Seiten entfernt in die Ecke schleudern, und nie wieder angreifen. Ich zähle mich zum Glück ganz klar zu ersteren Kategorie. Mir gefällt diese Idee, eine solche Geschichte eben nicht einfach nur (schriftlich) zu berichten, sondern tatsächlich (quasi mündlich) zu erzählen. "Auferstehung der Toten" liest sich so, als würde einem die Geschichte von jemandem persönlich vorgetragen werden, mit allen Pausen, Gedankensprüngen und so weiter, die mit einem "echten" Gespräch einhergehen. Dass die Erzählung dann noch dazu ungemein humorvoll ist, ist dann das Tüpfelchen auf dem "i". Aber auch der wunderbare Ermittler, den Wolf Haas hier erschaffen hat, zeichnet "Auferstehung der Toten" aus. In einem Feld voller Genies ist Simon Brenner vielmehr ein ganz gewöhnlicher, durchschnittlich intelligenter Mensch, der den Fall eher mit Gespür (und auch ein bisschen Glück) als mit Grips löst. All dies macht "Auferstehung der Toten" für mich ungemein charmant und unterhaltsam. Da verzeiht man es auch, dass der Kriminalfall jetzt nicht wirklich etwas Besonderes ist, und aufgrund der Art und Weise, wie dieser teilweise in den Hintergrund gerückt wird, auch nur bedingt zum Mitraten einlädt.
Bewertung: 4/5 Punkten
Christian Siegel
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