FilmRückblick 2022 - Die besten Filme des Jahres: Das Verfolgerfeld
Welche Filme konnten sich die Plätze 30-11 sichern?Kategorie: DVD & Kino - Autor: Christian Siegel - Datum: Sonntag, 15 Januar 2023
Die besten Filme des Jahres 2022 – Das Verfolgerfeld
Grundsätzlich war ich ja mit dem Filmjahr 2022 durchaus zufrieden (wenn mir auch auffällt, dass dies nun schon das zweite Jahr in Folge war, wo kein Film von mir mit der Höchstwertung bedacht wurde), im direkten Vergleich mit dem Vorjahr fällt mir jedoch auf, dass ich dort bei meiner Top 30 einige Filme mit 8er-Wertung weglassen musste, während ich heuer um die Liste zu füllen bereits auf einige 7er-Filme zurückgegriffen habe. Bevor wir uns nun über meine persönliche Top 30 stürzen, möchte ich aber noch kurz fünf "Runner-Up" erwähnen, die es fast auf die Liste geschafft hätten. Den Amazon Prime-Release "Thirteen Lives – Dreizehn Leben", in dem Ron Howard mit Starbesetzung die dramatische Rettung einer Kinder-Fußballmannschaft aus Thailand aufrollt. Den Netflix-Film "Schlummerland", der zwar nicht an den ein bisschen ähnlich gelagerten "Sieben Minuten nach Mitternacht" herankam, mich mit seiner gelungenen Mischung aus Fantasy und Trauer-Drama aber echt positiv überraschte. Das Krimi-Drama "Der Gesang der Flusskrebse" nach dem gleichnamigen Roman von Delia Owens, das nicht zuletzt mit einer starken Leistung von Daisy Edgar-Jones besticht (während mich die Auflösung nicht wirklich überraschen konnte). Den charmanten Coming of Age-Zeichentrickfilm "Rot", in dem es nicht zuletzt um Selbstverwirklichung und Selbstbeestimmung geht. Sowie der die klaustrophobische Stimmung der COVID-Lockdowns perfekt einfangende Steven Soderbergh-Thriller "Kimi" mit Zoe Kravitz in der Hauptrolle.
Bevor wir nun in medias res gehen, sei zuletzt noch – wie jedes Jahr – darauf hingewiesen, dass diese Listen immer eine Momentaufnahme sind, und die Reihung in ein paar Tagen, Wochen, Monaten oder gar Jahren anders aussehen könnte. Insofern: Hängt auch nicht auf den einzelnen, genauen Platzierungen auf, sondern seht die nachfolgende Liste vielmehr als Empfehlung von dreißig Filmen, die mir aus dem Jahr 2022 positiv in Erinnerung bleiben werden.
Nachtrag: Beyond the Infinite Two Minutes
Als ich den FilmRückblick vor einem Jahr geschrieben habe, übersah ich, dass diese wunderbare japanische Zeitreisekomödie, die ich bereits 2021 beim SLASH-Filmfestival gesehen hatte, 2022 offiziell veröffentlicht wurde. Insofern sei sie hier zumindest noch als Nachtrag erwähnt (da eine unmittelbare Einreihung in den Countdown nach so langer Zeit schwierig wäre). "Beyond the Infinite Two Minutes" ist ein absolut fantastischer, einfallsreicher und vor allem auch ungemein charmanter Film. Angefangen bei der originellen Grundidee, über den weiteren, cleveren Verlauf der Handlung, bis hin zur absolut beeindruckenden Umsetzung, die neben dem Zusammenspiel der Bildschirme auch mit vielen langen Einstellungen ohne erkennbaren Schnitt (nicht zuletzt ist der Film das Debüt einer Theatergruppe) brilliert. Die ohnehin recht kurzen 70 Minuten Laufzeit vergingen jedenfalls wie im Flug. Teilweise fühlte ich mich zwar – vom Grundkonzept des Blicks in die Zukunft – an den ebenfalls coolen "Time Lapse" erinnert, finde aber, dass "Beyond the Infinite Two Minutes" das nicht einfach nur mit mehr Humor (immerhin ist er halt auch in erster Linie eine Komödie, und kein Thriller), sondern auch mehr Charme, umgesetzt hat. Und am Ende triumphiert die Liebe über die Zeit. Was könnte man daran nicht mögen?! 8/10
Platz 30: Do Revenge
Auf dem letzten Platz gerade noch so reingerutscht ist die von und auf Netflix veröffentlichte High School-Rache-Dramödie "Do Revenge", in der sich Maya Hawke und Camila Mendes verbünden, um sich an jenen, die ihnen Unrecht taten, zu rächen. Jedoch eben – damit diese Rache nicht zu ihnen zurückverfolgt werden kann – genau umgekehrt, also quasi nach dem Motto "Du kümmerst dich um meins, und ich kümmer' mich um deins". Neben dem bissigen Blick auf das aktuelle Leben an amerikanischen High Schools (wobei ich natürlich nicht beurteilen kann, wie treffend "Do Revenge" diese einfängt) überzeugt der Film mit einigen dramatischen Wendungen, sowie nicht zuletzt dem tollen Zusammenspiel der beiden Hauptdarstellerinnen. Ich fieberte mit Drea und Eleanor so richtig mit, und hoffte demnach, dass sie trotz aller Herausforderungen und Offenbarung am Ende – auch als befreundetes Paar – heil da rauskommen würden. Zwar ist "Do Revenge" weder der tiefgründigste noch "böseste" (High School)-Film, er hat mich jedoch sehr gut unterhalten, und stach für mich aus der austauschbaren Massenware, die einem auf Netflix ja sonst leider überwiegend geboten wird, definitiv positiv heraus. 7/10
Platz 29: Spencer
"Spencer" ist kein klassisches Biopic, sondern, wie es der Film mit der Einblendung gleich zu Beginn selbst beschreibt, "eine Fabel, die auf einer wahren Tragödie basiert". Dementsprechend sind Drehbuchautor Steven Knight und Regisseur Pablo Larraín weniger an der Wirklichkeit interessiert, als daran, sich mit einer fiktiven Geschichte dem Phänomen "Lady Di" anzunähern. Ihre Interpretation von Diana als im königlichen Käfig gefangener Freigeist mag zwar nicht übermäßig originell sein, verfehlte jedoch insbesondere in Verbindung mit einer starken Performance von (der zu Unrecht in weiten Teilen des Internets verhassten) Kirsten Stewart die gewünschte Wirkung bei mir nicht. Zumal ich solche (alp-)traumhafte Filme ja generell sehr mag. Insgesamt ist "Spencer" aber definitiv ein Film, der eher von der von ihm heraufbeschworenen Stimmung, als der Story an sich, lebt. Und nicht zuletzt jene, die sich mit der ganzen Thematik rund um das britische Königshaus besser auskennen als ich, mögen sich an den hier genommenen künstlerischen Freiheiten stören. Ich hingegen erlebte "Spencer" als faszinierenden – fiktiven – Blick auf eine der schillerndsten Figuren des letzten Jahrhunderts. 7/10
Platz 28: The Menu
"The Menu" ist die erste von zwei bitterbösen Gesellschaftssatiren auf der Liste, in denen es den Reichen endlich mal ordentlich an den Kragen geht. Eher zufällig findet sich Margot – als Begleitung des eingeladenen Tyler – bei einem exklusiven Abendessen des Chefkochs Slowik ein, welches dieser auf seinem auf einer Insel gelegenen Anwesen veranstaltet. Doch die heutige entsprechende Performance ist insofern etwas ganz Besonderes, als es zugleich die letzte sein soll. Der sich aus dieser Prämisse entspinnende Film bestach mich vor allem mit seinem feinen, pechschwarzen Humor. "The Menu" hat dabei sowohl im Hinblick auf unsere Gesellschaft, als auch darüber, wie manche von uns ihre Leidenschaft zugunsten eines Strebens nach Erfolg und nicht zuletzt Geld aus den Augen verlieren, einiges zu sagen. In erster Linie fiebert man aber natürlich mit Margot – die quasi als Stellvertreterin des nicht-gestopften Publikums fungiert – mit. Getragen von zwei starken zentralen Darstellerleistungen von Anya-Taylor Joy (die sich in den letzten Jahren zu einer der eindrucksvollsten Jungschauspielerinnen Hollywoods gemausert hat) und Ralph Fiennes, bietet "The Menu" reichhaltige Filmkost mit bittersüßem Nachgeschmack. 7/10
Platz 27: Bardo – Die erfundene Chronik einer Handvoll Wahrheiten
Da ich bei "Spencer" gerade über (alp-)traumhafte Filme gesprochen habe, hätten wir gleich den nächsten Vertreter. Zugegebenermaßen dauerte es bei "Bardo" etwas, bis ich hineingefunden hatte. Zudem schwankte mein Eindruck insofern, als dies ein recht episodenhafter Film ist, deren Einzelteile mich doch eher unterschiedlich ansprachen. Einer der hervorstechendsten Momente war zweifellos, wie es Silverio, nachdem um ihn herum alle umgefallen sind, auf das Set seines jüngsten Films verschlägt, wo er sich – nachdem er über einen Leichenberg gestiegen ist – mit dem Protagonisten seines letzten Films unterhält. Aber auch das Gespräch mit seiner Tochter im Pool stach hervor. Und nicht zuletzt das Ende – welches sich ja auch unter meinen besten Momenten des Filmjahrs 2022 wiederfand – verfehlte die gewünschte emotionale Wirkung bei mir nicht. Definitiv ein sehr eigenwilliger Film, der nicht für jeden funktionieren mag, und sicherlich nicht Iñárritus bisher bester (ich fühlte mich teilweise an "Birdman" erinnert, dessen Qualität er jedoch zu keinem Zeitpunkt erreicht), aber nichtsdestotrotz mit einigen starken Momenten und interessanten Gedanken gespickt. 7/10
Platz 26: Rubikon
Zwar kann ich nicht ausschließen, dass hier zumindest ein bisschen der Patriot aus mir spricht, aber ich empfand "Rubikon" als überaus gelungenen Genre-Beitrag, der für mich eben nicht zuletzt mit seiner Herkunft hervorsticht. Denn auch wenn sich Österreich in den letzten Jahren zunehmend an Genre-Produktionen gewagt hat, und insbesondere im Horror- und Thrillerbereich einige kleine Highlights abgeliefert hat (wie z.B. "Ich seh ich seh", welches letztes Jahr mit einem – schwachen – US-Remake von Amazon bedacht wurde), in den Weltraum hatten wir uns bislang noch nicht wirklich gewagt. Noch schöner als einfach "nur" ein Science Fiction-Film aus Österreich, ist aber natürlich ein gelungener Science Fiction-Film aus Österreich. Dabei besticht nicht zuletzt die hohe Produktionsqualität, die sich vor der Konkurrenz aus Hollywood nicht verstecken muss. Aber auch inhaltlich war ich von "Rubikon" durchaus angetan. Zwar kann man argumentieren, dass "Rubikon" der zuletzt auf dem Streamingmarkt gebotenen Genreproduktionen wie "I Am Mother" oder "Oxygen" näher ist als dem großen Blockbuster-Spektakel á la "Dune", wer jedoch (auch) ein Herz für kleinere SF-Filme hat, wird bei "Rubikon" mit einem würdigen und interessanten Genrevertreter belohnt. 7/10
Platz 25: The Princess
Ich scheine hier insofern ein bisschen gegen den Strom zu schwimmen, als auf der IMDB und/oder Letterboxd die wenigsten ähnlich lobende Worte zu diesem Film fanden. Aber: Mich hat "The Princess" einfach bestens unterhalten. Ich mochte die Grundprämisse (die – verkürzt ausgedrückt – "The Raid" ins Mittelalter verlegt), eine offensichtlich gut aufgelegte und in den Actionszenen engagiert auftretende Joey King legt eine cool-launige Performance hin, und der Action-erfahrene Le-Van Kiet inszeniert den Film mit viel Schwung und Stil, wobei es mir vor allem die vielen längeren Einstellungen ohne erkennbaren Schnitt angetan hatten. Zudem geben Dominic Cooper und Olga Kurylenko zwei klasse Bösewichte ab, gegen die man die Prinzessin so richtig schön anfeuern kann. Und auch wenn der Film sicherlich alles andere als tiefgründig ist, so hat er immerhin eine nette Empowerment-Message im Gepäck. Zugegeben, da und dort – insbesondere in den doch eher billig wirkenden und dementsprechend auffälligen CGI-Szenen – merkt man dem Film das eher niedrige Budget an. Zumindest ich konnte angesichts der guten Laune, die "The Princess" bei mir verströmte, aber wohlwollend hinwegsehen. 7/10
Platz 24: Triangle of Sadness
Bitterböse, gegen Reiche abzielende Gesellschaftssatire, die Zweite. Ruben Östlunds Film nimmt uns mit auf eine luxuriöse Kreuzfahrt mit katastrophalem Ausgang. Die erste Hälfte hat mich dabei zugegebenermaßen noch nicht ganz so mitgerissen – wie man "Triangle of Sadness" generell vorwerfen kann, mit zweieinhalbstunden unnötig lang zu sein. Dafür bot er insbesondere im auf dem Kreuzfahrtschiff angesiedelten Mittelteil ein paar wunderbare Highlights, ehe er dann mit dem Teil abschließenden dritten Kapitel auf der Insel die Machtverhältnisse auf spannende Art und Weise auf den Kopf dreht. Zwar nicht mehr ganz so unterhaltsam wie der Mittelteil, für mich aber der interessanteste Aspekt des Films, gerade auch im Hinblick auf die Frage, ob Abigails Rache nur ausgleichende Gerechtigkeit ist, oder sie vielmehr hier letztendlich genau jener verführerischen Eigenschaft von Macht verfällt, unter der sie zuvor selbst gelitten hat – und die nun auch sie dazu bringt, diese zu missbrauchen. Enttäuscht war ich jedoch vom offenen Ende; hier machte es sich Östlund in meinen Augen dann doch zu leicht. Davon und den Längen abgesehen habe ich mich mit "Triangle of Sadness" aber sehr gut unterhalten. 7/10
Platz 23: Prey
Mit "Prey" ist Hulu – bzw. hierzulande Disney+ - ein echter Clou geglückt, kam dieses "Predator"-Prequel doch quasi aus dem Nichts. Vor allem aber schaffte es Dan Trachtenbergs Film, dem zuletzt dahinsiechenden Franchise nach vier mäßigen bis schwachen Filmen ("Predators", den "Alien vs. Predator"-Filmen, sowie "Upgrade") neues Leben einzuhauchen. Dies in erster Linie mit einem Verständnis dafür, warum der erste so gut funktioniert hat. Man orientiert sich hier in erster Linie an dessen Showdown, wo sich Dutch dem technologisch überlegenen Feind mit List und Tücke stellen musste. Darüber hinaus verlegt man das Geschehen nicht nur wieder in einen Dschungel, sondern noch dazu in die Vergangenheit, was "Prey" noch einmal zusätzlichen, eigenen Reiz gab. Gleiches gilt für Naru als weibliche Hauptprotagonistin (gespielt von Amber Midthundern in einer "star-making performance"). Und auch die Kolonialismus-kritischen Untertöne stechen hervor. Das Endergebnis mag sich zwar dennoch nicht ganz mit dem kultigen Original messen können – für mich ist "Prey" aber immerhin das bisher beste Sequel (oder genau genommen Prequel) der Reihe. 7/10
Platz 22: Vortex
Mit "Vortex" meldet sich der französische Skandalregisseur Gaspar Noé mit einem überraschend menschlich-gefühlvollen, jedoch nicht minder eigenwilligen Film zurück. Er begleitet hier das Leben eines älteren Ehepaars, gespielt von Italo-Regiemeister Dario Argento, sowie der französischen Schauspiel-Legende Françoise Lebrun. Vor allem letztere trumpft mit einer verletzlichen Performance auf, die einem als Zuschauer teilweise förmlich das Herz zerreißt. Demgegenüber mag Argento zwar nicht der beste Schauspieler aller Zeiten sein, dennoch hat diese Kombination definitiv ihren Reiz. Vor allem aber fasziniert "Vortex" mit dem spannenden Ansatz, das Geschehen größtenteils parallel aus der Perspektive beider Figuren zu verfolgen. Damit sehen wir mal die gleiche Szene aus zwei Kamera-Perspektiven, zugleich gibt es aber eben auch viele Momente, wo sie voneinander getrennt unterschiedliches erleben. Ich fand diesen Zugang ungemein spannend. Er führt dann zudem zu einer bewegenden Szene, die ich ja auch zu einem der besten Filmmomente des abgelaufenen Jahres kürte. Für mich definitiv der stärkste Film mit "nur" einer 7er-Wertung; dass es nicht mehr sind, liegt in erster Linie daran, dass der Film da und dort – da er eben das normale Leben abbildet – schon ein wenig vor sich hinmäandert. Aber: Wenn er einfährt, dann so richtig. 7/10
Platz 21: Moloch
Im Gegensatz zum gerade erwähnten Film ist "Moloch" jetzt nicht wirklich etwas Besonderes. Aber: Er bietet eben nicht einfach "nur" Standardkost, sondern vielmehr höchst gelungene Standardkost. So mag zwar insgesamt bei "Moloch" wenig hervorstechen, dafür macht Regisseur und Drehbuch-Ko-Autor Nico van den Brink bei ihm aber praktisch alles richtig, was man bei einem Horrorfilm richtig machen kann. Dies bezieht sich nicht zuletzt darauf, wie es ihm gelang, mich in kürzester Zeit eine tief empfundene Beziehung zu den Figuren aufbauen zu lassen. Sowohl Betriek als auch Radu waren mir rasch sympathisch – dementsprechend fieberte ich in weiterer Folge auch so richtig mit ihnen mit. Die Inszenierung ist zudem schön atmosphärisch, die schauspielerischen Leistungen gelungen, und die in der niederländischen Folklore angesiedelte Handlung mal eine nette und willkommene Abwechslung. Zwar lädt er zugegebenermaßen eher zum Gruseln als zum Fürchten ein, und erfindet wie gesagt das Genre-Rad definitiv nicht neu. Als Genrekenner bekommt man hier somit doch eher bekannte als originelle Kost geliefert. Solange diese jedoch derart gut zubereitet ist wie es meines Erachtens hier der Fall war, kann ich daran aber nicht wirklich etwas Schlechtes erkennen. 8/10
Platz 20: The Adam Project
Von einer Genre-Standardkost zur nächsten – nur das Genre ist ein anderes. "The Adam Project" ist ebenfalls zweifellos nichts Besonderes – ich fand ihn jedoch höchst unterhaltsam und charmant. Angesichts der neuerlichen Kombination von Regisseur Shawn Levy (der auch bei "Stranger Things" immer wieder mal Episoden inszeniert) mit Ryan Reynolds fühlte ich mich dabei wohl nicht von ungefähr an "Free Guy" erinnert. Der mag zwar zugegebenermaßen die originellere Prämisse gehabt haben, dafür sprach mich "The Adam Project" aber auf emotionaler Ebene mehr an. Dabei gefiel mir nicht zuletzt die (wenn auch nicht ganz neue) Grundidee, dass ein zwölfjähriger Junge hier auf sein erwachsenes Ich trifft; oder umgekehrt, je nachdem, wie man es sehen will. Zwar wird das – natürlich – in einem ziemlich klischeehaften Verschwörungsplot eingebettet, dennoch hatten es mir insbesondere jene Szenen angetan, in denen der Kontrast zwischen die beiden deutlich wird. Zumindest ich fragte mich hier unweigerlich, was wohl mein eigenes zwölfjähriges Ich von mir halten würde. Vor allem aber bietet "The Adam Project" bestes Family-Entertainment, und das eben noch dazu mit Science Fiction-Einschlag. Und daran ist ja wohl nichts auszusetzen?! 8/10
Platz 19: Doctor Strange in the Multiverse of Madness
Sam Raimis Rückkehr auf den Regiestuhl im Allgemeinen und Comic-Verfilmungen im Besonderen (nach seiner "Spider-Man"-Trilogie für Sony) bescherte uns den besten MCU-Film seit dem (zufälligerweise?) ähnlich gelagerten "Spider-Man: No Way Home". Der war zwar aufgrund des Team-Ups von Tom Holland, Andrew Garfield und Tobey Maguire noch die Spur begeisternder, dennoch war auch diese Reise durch die verschiedenen Multiversen mit vielen faszinierenden Ideen – und ein paar netten Cameo-Auftritten – gespickt, die ihn um einiges unterhaltsamer und abwechslungsreicher machte als das Gros des aktuellen MCU-Outputs. Mein einziger Kritikpunkt ist, dass Wanda hier (wenn man es auch mit dem Darkhold ausreichend erklärt) wieder auf den Status Quo vor "WandaVision" zurückzufallen scheint, und hier nun quasi die gleiche Entwicklung wie dort nochmal durchmacht. Davon abgesehen aber ein höchst unterhaltsamer Film, der sich vor allem auch dank Raimis Handschrift auf so angenehme wie wohltuende Weise vom MCU-Einheitsbrei der Phase IV abhob. 8/10
Platz 18: Der Klang von 007
Zugegebenermaßen ist das eher eine Nischen-Angelegenheit, aber wenn man so wie ich James Bond und noch dazu Filmmusik-Fan ist, führt aus meiner Sicht an dieser auf Amazon Prime veröffentlichten Doku kein Weg vorbei. Hier wird nämlich die Geschichte der Musik von 007 aufgerollt, angefangen beim weltberühmten Hauptthema von Monty Norman, über die prägende Filmmusik von John Barry, bis hin zu den legendären Titelsongs. Anteilsmäßig mag man dabei ein bisschen zu viel Wert auf die Beiträge zum jüngsten Bond-Film "Keine Zeit zu sterben" legen, was dem Ganzen teilweise ein bisschen den Eindruck eines Werbe-Features für eben diesen verleiht. Zudem mag einem, sofern man so wie ich die Jubiläumsbox zum 50er besitzt und sich dort alle Dokumentationen angesehen hat, das eine oder andere bekannt vorkommen. Davon abgesehen war das aber ein wundervoller Einblick in sechzig Jahre Film(musik)-Geschichte! 8/10
Platz 17: Werewolves Within
Ein klassisches Whodunit nach Agatha Christie-Manier, jedoch mit einem Werwolf als Täter. Wenn euch diese Idee nicht verlockend scheint, braucht ihr erst gar nicht weiterzulesen. Allen anderen sei hingegen diese Horrorkomödie wärmstens ans Herz gelegt! Basierend auf einem mir unbekannten Videospiel, haben Drehbuchautor Mishna Wolff und Regisseur Josh Ruben hier einen höchst unterhaltsamen Film geschaffen, der nicht zuletzt von den charmanten Figuren, sowie der sehr gut aufgelegten Besetzung lebt, wobei es mir insbesondere das zentrale Duo Sam Richardson und Milana Vayntrub angetan hatte. Die beiden sind ein überaus sympathisches Pärchen in spe, mit dem man mitfiebert. Wie jedes gute Whodunit lädt "Werewolves Within" zudem auf wunderbare Art und Weise im Hinblick auf den Täter/Werwolf zum Mitraten ein. Und nicht zuletzt die Auflösung am Ende hatte es mir dann angetan. Allzu viel Spannung sollte man sich von ihm zwar nicht erwarten. Für gute Unterhaltung ist bei dieser gelungenen Mischung aus Krimi- und Horror-Komödie aber definitiv gesorgt. 8/10
Platz 16: Rosalinde
Wie in meinem Einleitungstext erwähnt: Sonderlich spaßig war auch das abgelaufene Jahr wieder nicht. Möglicherweise zog es mich deshalb auch vermehrt zu solchen Filmen, die nichts weiter wollten, als für gute Unterhaltung zu sorgen, und es mir dementsprechend erlaubten, dem tristen Alltag für eineinhalb bis zwei Stunden zu entfliehen. Was auch den Überhang solcher verhältnismäßig "leichter" Filme in meiner diesjährigen Top 30-Liste erklären würde. Sei's wie's sei: "Rosalinde" ist für mich ein Paradebeispiel für eben diese Art von Film. Basierend auf Rebecca Serles Roman "When You Were Mine" wird hier die Geschichte von Romeos Exgeliebten Rosalinde erzählt – und dabei die Geschichte von Romeo und Julia, wie man sie von William Shakespeare kennt, teilweise auch ordentlich umgeschrieben. Das Ergebnis ist ein höchst unterhaltsamer Feel Good-Film mit romantischem Einschlag, der mich nicht zuletzt dank der charmanten schauspielerischen Leistungen (insbesondere von Kaitlyn Dever in der Titelrolle) von Anfang bis Ende bestens zu unterhalten vermochte – Seitenhiebe auf die bekannteste Liebesgeschichte aller Zeiten inklusive. Köstlich! 8/10
Platz 15: Der schlimmste Mensch der Welt
"Der schlimmste Mensch der Welt" erzählt die Geschichte der vor ihren Dreißigern stehenden Julie, die noch nicht so wirklich zu sich selbst gefunden hat. Nach mehreren Studienwechseln versucht sie sich nun zugleich als Fotografin und Blog-Autorin, zudem beginnt sie zunehmend, ihre Beziehung zum Comiczeichner Aksel – früher gefeiert, in der #MeToo-Ära aufgrund seiner sexistischen Zeichnungen jedoch zunehmend in der Kritik stehend – zu hinterfragen. Insbesondere, nachdem sie bei einer Party zufällig Eivind kennenlernt. Was folgt, ist ein zwar keineswegs herausragendes, jedoch immer interessantes Charakterportrait einer jungen Frau, die versucht, in der jetzigen Welt mit all ihren Unsicherheiten und Herausforderungen zu sich selbst zu finden, und ihren Weg zu gehen. Neben der im Mittelpunkt stehenden schauspielerischen Leistung von Renate Reinsve besticht "Der schlimmste Mensch der Welt" dabei nicht zuletzt mit seiner Bodenständigkeit und Lebensnähe, wie z.B. bei der Trennung. Aber auch der "Tanz" von Julie und Einvind rund um die Frage, wo die Grenze zwischen einem harmlosen Flirt und Fremdgehen liegt, sticht hervor. Und dann ist da natürlich noch die "Feel Good"-Szene rund um Julies Fantasie, in der sie ihrem Drang, auszubrechen, freien Lauf lässt – die dann auch der Hauptgrund für die Wertung und die Platzierung ist, weil das war echt herausragend. 8/10
Platz 14: Eismayer
"Eismayer" basiert auf einer wahren Geschichte rund um die Liebe zwischen dem Ausbilder Charles Eismayer und dem Rekruten Mario Falak. Dabei schwächt Regisseur und Drehbuchautor David Wagner die ... ganz bewusst ab (wenn er sie auch nicht ganz ausspart), um zu verhindern, dass die Figur jegliche Sympathie des Zuschauers verliert – sollen wir doch in klassischer romantischer Komödien-Tradition mit ihnen mitfiebern. Rund um die Premiere (bzw. eigentlich bereits nach dem der Trailer veröffentlicht wurde) meldeten sich einige kritische Stimmen zu Wort, die das zweifelhafte Vergnügen hatten, vom Eismayer ausgebildet worden zu sein, und erhoben teils schwere Vorwürfe. Ich kann verstehen, wenn einem dies die Lust an dieser fiktiven Erzählung zur Beziehung zwischen Charles und Mario zumindest ansatzweise verdirbt. Zudem mag der mit der Unterstützung des österreichischen Bundesheeres entstandene Film mag ein zu positiv-optimistisches Bild der aktuellen Situation in eben diesem zeigen, sowohl was die Akzeptanz von Homosexualität als auch Menschen mit Migrationshintergrund betrifft. Für mich persönlich spielte letztendlich aber beides nicht wirklich eine Rolle. "Eismayer" ist nun mal keine Dokumentation, sondern ein Spielfilm – und wenn man hier einiges nicht so darstellt, wie es war und ist, sondern wie es sein sollte (oder hätte sein sollen), dann nur zu. Ich habe jedenfalls mit Charles und Mario mitgefiebert, und dann vor allem auch beim großen Happy End laut mitgejubelt. 8/10
Platz 13: Das Seeungeheuer
Zumindest im abgelaufenen Jahr wurden Disney und/oder Pixar für mich soweit es Animationsfilme betrifft von Netflix enttrohnt – wobei "Das Seeungeheuer" sogar "nur" der zweitbeste entsprechende Netflix-Film ist! Was mir an diesem Film unter anderem so gut gefiel ist, wie ich die ganze Zeit über den Eindruck hatte, dass dies entweder auf einem mir unbekannten Märchen oder doch zumindest einem modernen Kinderbuch basieren würde. Stattdessen erzählt "Das Seeungeheuer" eine von Chris Williams und Neil Benjamin (mit ein bisschen Hilfe von Mattson Tomlin) ersonnene Geschichte, die für mich aber eben das typische Flair klassischer Märchen perfekt einfing. Dies bezieht sich natürlich nicht zuletzt auf die typische Moral von der Geschichte, die mir in diesem Fall wirklich ausgesprochen gut gefallen konnte. Darüber hinaus trumpft "Das Seeungeheuer" mit sympathischen Figuren, einem guten Voice-Cast sowie der hochwertigen Animationsqualität auf. Die nette Charakterentwicklung, die insbesondere Jacob Holland durchmacht, die mahnenden Worte über Propaganda, die offensichtlichen Parallelen zu den Herausforderungen, vor denen wir in der echten Welt der Gegenwart stehen, sowie der versöhnlich-optimistische Ausgang des Geschehens, rundeten den überaus positiven Eindruck dann schließlich ab. Aus meiner Sicht ist Chris Williams mit "Das Seeungeheuer" jedenfalls ein moderner Klassiker des "Kinder"-Zeichentrickfilms gelungen, der sich in meinen Augen nicht wesentlich vor den ganz großen Disney-Klassikern vergangener Tage verstecken muss. 8/10
Platz 12: Red Rocket
Zum wiederholten Mal rückt Regisseur Sean Baker mit "Red Rocket" Personen vom gesellschaftlichen Rand ins Rampenlicht. Der Film ist dabei insofern ein Phänomen, als man Mikey eigentlich nicht mögen (können) sollte. Nicht nur, dass er eine dieser Personen ist, die immer in erster Linie auf ihren eigenen Vorteil bedacht sind, und der nicht selten einen Scherbenhaufen hinterlässt, er macht sich hier noch dazu als "mittelalterlicher", abgehalfterter Pornostar an ein junges Mädchen an der Schwelle zum sechzehnten Geburtstag ran, und verführt sie zu einer Pornokarriere. Dass man ihn trotzdem nicht verachtet, liegt einerseits an Simon Rex' bestechendem Charme, aber wohl auch daran, dass sich Mikey durch eine gewisse Unschuld auszeichnet. Ja, er mag ziemlich egoistisch sein, zugleich hat man bei ihm aber auch nie den Eindruck, dass er irgendetwas mit böser Absicht tun würde. Er agiert vielleicht etwas unbedacht, aber nie böswillig. Selbst im Hinblick auf Strawberry wird deutlich, dass er sie wirklich mag, und auch wenn er in ihr natürlich die Chance sieht, auch seiner Karriere wieder auf die Sprünge zu helfen, scheint er auch tatsächlich zu glauben, damit das Richtige (auch) für sie zu tun. Eben dies machte es zumindest mir schwer, ihm je allzu böse zu sein. In jedem Fall ist "Red Rocket" aber eine spannende Mischung aus Charakter- und Milieustudie, die nicht zuletzt auch von den charmanten Leistungen – sowie dem famosen Zusammenspiel – von Simon Rex und Suzanna Son lebt. 8/10
Platz 11: Violent Night
"Violent Night" ist für mich so ein bisschen der Seelenverwandte von "Krampus". Inhaltlich haben die beiden zwar kaum etwas miteinander gemein, in der Art und Weise, wie sie zynische Elemente mit einer aufrichtigen Herzlichkeit verbinden, sind sie sich dann aber eben doch ähnlich. Vom die beiden verbindenden weihnachtlichen Setting natürlich ganz abgesehen. Ich fand "Violent Night" jedenfalls absolut wunderbar, angefangen beim bösen, desillusionierten Santa, über das coole Setup rund um den echten Weihnachtsmann, der mitten in eine Geiselnahme gerät, bis hin zur wunderbar brutalen Action, die einen überaus netten Kontrast zur weihnachtlichen Stimmung bietet. Fügt man nun noch die teils herrlichen Anleihen auf "Kevin allein zu Haus", die wunderbare, herzliche Dynamik zwischen Santa und Trudy, den Gastauftritt von Beverly D'Angelo (die in einem der ganz großen Weihnachtsklassiker überhaupt, nämlich "Schöne Bescherung", mitgespielt hatte), sowie die köstliche, mit Bryan Adams' "Christmas Time" unterlegte Rampage-Szene hinzu (die mir ja auch die Auszeichnung als lustigster Moment des abgelaufenen Filmjahres wert war), und fertig ist ein weiterer Eintrag in den etwas anderen Weihnachtsfilm-Kanon, der mich auf Jahre, ja Jahrzehnte hinweg begleiten und dabei bestimmt immer wieder bestens unterhalten wird. 8/10