FilmRückblick 2022 - Zur Lage der Filmnation: Fazit eines Kinojahres
Einleitende Worte zum großen JahresrückblickKategorie: DVD & Kino - Autor: Christian Siegel - Datum: Freitag, 13 Januar 2023
FilmRückblick 2022 – Einleitung
Einleitende Worte
Bevor wir loslegen ein Wort der Warnung: Der nachfolgende Jahresrückblick ist schonungslos subjektiv, er stellt meine persönliche Meinung dar, die weder mit den anderen Autoren von fictionBOX noch mit euch übereinstimmen muss. Ich stelle keinesfalls den Anspruch einer allgemeingültigen Bewertung und spreche hier wirklich nur für mich.
Zur Lage der Filmnation – Mein Fazit zum Filmjahr 2022
Nach zwei – auch für die Kinos – mauen Seuchenjahren war 2022 wieder ansatzweise eine Rückkehr zur Normalität. Zwar habe ich persönlich bei fast all meinen Kinobesuchen die Maske oben gelassen (sicher ist sicher; mal schauen, wie lange ich das noch beibehalte), grundsätzlich gab es aber kaum mehr Einschränkungen, und vor allem auch keine Zwangspausen im Spielbetrieb mehr. Zudem machten den Kinobetreibern wohl insbesondere die beiden großen Blockbuster "Top Gun: Maverick" und "Avatar: The Way of Water", denen es gelang, die Massen ins Kino zu locken, Hoffnung. Trotzdem, auf dem Niveau vor der Pandemie sind die Kinobesuche noch nicht – etwas, dass sich selbst bei mir, als grundsätzlich fleißigem Kinogeher, zeigt. So bin ich – für ein "volles" Kinojahr (ohne pandemiebedingte Schließungen oder ähnlichem) höchst ungewöhnlich – was meine Kinobesuche betrifft "nur" zweistellig geblieben (wenn auch mit 93 Kinobesuchen auf hohem Niveau). Noch dramatischer ist die Situation, wenn ich die beiden von mir wieder besuchten Filmfestivals (Slash und Viennale) herausrechne. Dann komme ich nämlich auf gerade mal 28 "reguläre" Kinobesuche im letzten Jahr. Was für viele immer noch sehr viel klingen mag, ist für mich ungewöhnlich niedrig. Zum Vergleich: In den 10er-Jahren verschlug es mich, die Filmfestivals herausgerechnet, im Schnitt rund 1x in der Woche ins Kino. Davon war ich – trotz abklingender Pandemie – auch 2022 wieder weit entfernt.
Die Gründe dafür sind vielfältig. Im ersten Halbjahr war ich sicherlich da und dort noch etwas vorsichtig und zögerlich, insbesondere auch in den Monaten mit erhöhten Infektionszahlen. Im zweiten Halbjahr machte sich dann eben auch bei mir die Teuerung zunehmend bemerkbar, und hinterfragte ich kritisch, ob der eine oder andere Film unbedingt im Kino sein müsse. Der Hauptgrund ist für mich aber wohl das immer kürzere Verleih- bzw. Streamingfenster, sowie die Abo-Angebote á la Disney+. Denn: Warum soll ich – an einem günstigen Tag und für eine günstige Vorstellung (sprich: Unter der Woche, kein IMAX, kein 3D, keine Überlänge) – knapp zehn Euro ausgeben (Kartenpreis; Getränke und Snacks erspare ich mir üblicherweise), wenn ich den Film spätestens drei Monate später "gratis" (sprich: im Abo inbegriffen) ansehen kann? Und selbst wenn es sich um keinen Film handelt, der rasch in einem Abo-Angebot landet, zahle ich zu Hause bei Apple, Amazon & Co. im Schnitt € 5,- für einen Film – und damit in etwa die Hälfte, wenn nicht gar (Wochenende, Überlänge, vielleicht sogar noch IMAX) ein Drittel. Von den lukrativen Ein-Euro-Angeboten, die Amazon im Schnitt einmal im Monat raushaut, ganz zu schweigen. Da muss mich ein Film nun wirklich schon sehr interessieren – oder aber sich die große Leinwand auszahlen – dass sich das noch rentiert.
Womit wir schon beim nächsten Punkt sind: 2022 gab es eine relative Flaute an wirklich interessanten Filmen. Hier spielt natürlich auch die Pandemie eine wesentliche Rolle. "Top Gun: Maverick" war ja eigentlich schon lange fertig, und wurde nur – so wie der im Herbst 2021 veröffentlichte "Keine Zeit zu Sterben" – zurückgehalten, bis sich die Lage wieder normalisiert hat, und man davon ausging, dass die Leute jetzt wieder in Massen ins Kino strömen (was sich in diesem Fall ja auch voll und ganz bewahrheiten sollte). Aber von dem, dem Dauerbrenner Marvel, sowie den schon lange angekündigten und nun endlich fertig gestellten "Avatar: The Way of Water" abgesehen, fehlte es einfach an den ganz großen Blockbustern. Was wohl insofern der Pandemie geschuldet sein dürfte, als wir 2022 die Auswirkungen der Drehunterbrechungen und -verzögerungen erlebten. Für 2023 sieht es meinem Empfinden nach schon wieder etwas besser aus. Ob dies zugleich bedeutet, dass sich die Anzahl meiner Kinobesuche wieder aufs Niveau vor der Pandemie einpendeln wird, muss sich aber natürlich erst weisen. Last but not least war aber auch einfach die eine oder andere für mich nicht nachvollziehbare Entscheidung der Filmverleiher dafür (mit-)verantwortlich. So war ich auf "Amsterdam" und "See How They Run" schon sehr gespannt. Beides sind Filme, für die ich – trotz des raschen Releases auf Disney+ - ins Kino gepilgert wäre, hätte ich die Chance dazu bekommen. Aus mir unerfindlichen Gründen entschied der Verleih jedoch in seiner begrenzten Weisheit, den Film zwar in die deutschen, nicht jedoch die österreichischen Kinos zu bringen. Ganz ehrlich: Selbst Schuld.
Wobei das im Vergleich zu dem, was sich Warner/Discovery/DC Films/wer auch immer jetzt dann letztendlich für den Schmarrn verantwortlich war geleistet haben, eh noch harmlos war. Die schockierten nämlich die gesamte Filmwelt mit ihrer Entscheidung, den bereits abgedrehten und größtenteils fertiggestellten "Batgirl"-Film zu canceln. Was zur Hölle ist das bitte für ein krankes System, wo es lukrativer ist, einen Film für immer in der Versenkung verschwinden zu lassen und die Produktionskosten von der Steuer abzuschreiben, als ihn auf irgendeine Art und Weise zu verwerten?! Und kommt mir jetzt bitte nicht mit dem Argument, dass er dann wirklich Scheiße gewesen sein muss. Weil: Das mag zwar sein – wir werden es wohl nie beurteilen können – hat aber Warner in der Vergangenheit noch nie davon abgehalten, Filme zu veröffentlichen. Ich meine… "Batman & Robin" (auch wenn der mittlerweile einen nostalgisch-trashigen Charme hat)? "Jonah Hex"? "Green Lantern"? "CATWOMAN"?! Ich bitte euch. Wenn die das Licht der Kinos erblicken durften, hätte man diese Ehre "Batgirl" auch ruhig angedeihen lassen können. SO schlecht kann der ja eigentlich schon allein dank der Rückkehr von Michael Keaton als Bruce Wayne/Batman gar nicht gewesen sein. Und wenn ja, klingt das nach einem derartigen filmischen Desaster, dass es erst recht lustig gewesen wäre, ihn sich anzuschauen. Ich finde diese Entscheidung jedenfalls zutiefst bedauerlich – und gegenüber allen beim Film Beteiligten respektlos.
Allerdings war diese Entscheidung letztendlich nur die Initialzündung zu einem völligen Umbruch des filmischen DC-Universe. "The Flash" (vorausgesetzt, zumindest der kommt noch ins Kino) ist wohl der letzte Film des von Zack Snyder begründeten aktuellen filmischen Universums, danach wird das DCEU – mit James Gunn und Peter Safran am Steuer – einen Neustart hinlegen. Was nach jetzigem Stand auch bedeutet, dass die aktuelle Darstellerriege – einschließlich Henry Cavill als Superman – in Frühpension geschickt wird. Wirklich überraschend ist der Schritt insofern nicht, als das DCEU im Vergleich zur klaren Linie des MCUs ohnehin zunehmend auszuscheren begann, nicht zuletzt mit "Joker" und "The Batman", die sich beide sowohl mit den zuvor veröffentlichten Filmen als auch untereinander nicht mehr wirklich in Einklang bringen ließen. Was mich persönlich nicht gestört hat, und mit der Multiversum-Theorie auch problemlos hätte wegerklärt werden können. Mit der wäre es theoretisch auch problemlos möglich gewesen, (weiterhin) zweigleisig zu fahren. Gunn und Safran haben sich nun scheinbar dagegen entschieden, und wollen alles, analog zum in sich schlüssigen MCU, auf eine Karte setzen. Im Interesse aller Comic- und Film-Fans kann man ihnen nur wünschen, dass sie damit erfolgreicher sein (und seitens des Studios mehr Unterstützung und Vertrauen erhalten) werden, als dies bei Zack Snyder der Fall war.
Apropos MCU: Dort ist's auch schon mal besser gelaufen. Der einstige Blockbuster-Motor, der das Kino ein knappes Jahrzehnt dominierte, geriet nämlich nach dem Ende der dritten Phase, die mit "Endgame" ihren phänomenalen Höhepunkt fand, doch ein wenig ins Stottern. Zugegeben, mit "Spider-Man: No Way Home" gab es ein großes Highlight – welches jedoch in erster Linie eine Sony-Produktion war, und auch eher von der Verbindung mit deren früheren "Spider-Man"-Filmen lebte, als der Verknüpfung zum MCU. Die anderen Filmen boten größtenteils zwar auch noch gute Unterhaltung, waren jedoch von den Höhen eines "Endgame" weit entfernt. Zudem gab es doch ein paar ansatzweise Nieten, wie "Shang-Chi", "Eternals" und "Black Panther: Wakanda Forever". Die Serien schlugen sich da im direkten Vergleich zwar etwas besser – wobei für mich "WandaVision" nach wie vor das Highlight der vierten Phase bleibt (knapp vor dem ungemein charmanten und unterhaltsamen "Hawkeye") – litten aber allzu oft darunter, dass zu wenig Handlung auf zu viele Episoden aufgeteilt wurde. Zudem mögen die Filme und Serien zwar grundsätzlich eine Einheit bilden, um niemanden zu zwingen, sich auch die Serien anzusehen, war davon bislang allerdings relativ wenig zu bemerken. Im Gegenteil, schien Wanda doch in "Doctor Strange and the Multiverse of Madness" nochmal die gleiche Wandlung zu durchlaufen, wie davor bereits in "WandaVision". Vor allem aber fehlt mir momentan noch das Gefühl dafür, wo die aktuellen Phasen des MCU hin wollen, und streckt man sich teilweise in etwas zu viele, für mich noch kein stimmiges Gesamtbild ergebende, Richtungen – wie z.B. mit den ganzen unterschiedlichen Göttern ("Eternals", "Thor: Love and Thunder"). Mal schauen, ob es Kevin Feige gelingen wird, das Ruder auch ohne Unterstützung der großen Helden der Phasen I bis III noch herumzureißen. Die geplanten Filme und Serien für 2023, die dann schon die Phase V bilden, werden es weisen. Dementsprechend werde ich heute in einem Jahr diesbezüglich weiser sein.
In jedem Fall gibt es auch 2023 wieder einiges, auf das wir uns im Filmbereich freuen können. In meinem Fall gilt das insbesondere für "Guardians of the Galaxy – Vol. 3", "65", "John Wick: Kapitel 4", "Indiana Jones und der Ruf des Schicksals", "Mission Impossible – Dead Reckoning, Teil 1" und nicht zuletzt "Dune – Teil 2". Doch ganz egal, was auf eurer Favoritenliste für 2023 steht, ich wünsche euch, dass die betreffenden Filme eure in sie gesetzten Erwartungen erfüllen, und ihr auch in diesem Jahr wieder viele schöne, berührende, mitreißende, unterhaltsame und/oder denkwürdige Filmmomente erleben werdet. Wir sehen uns im Kino!
In Memoriam
Auch 2022 sind wieder so manche Filmschaffende von uns gegangen. Die nachfolgende Liste stellt dabei keinesfalls den Anspruch der Vollständigkeit, sondern stellt lediglich einen kleinen Auszug jener Personen aus dem Film- und Fernsehbereich dar, von denen wir uns im abgelaufenen Jahr verabschieden mussten. Falls wir aus eurer Sicht jemanden vergessen haben sollten, der hier auch unbedingt angeführt gehört, so freuen wir uns über eure Ergänzungen in den Kommentaren!
Kirstie Alley, Angelo Badalamenti, Peter Bogdanovich, James Caan, Robbie Coltrane, Bernard Cribbins, Ruggero Deodato, Tony Dow, Louise Fletcher, Jean-Luc Godard, Laurel Goodwin, Gilbert Gottfried, Anne Heche, Mike Hodges, Bo Hopkins, Christiane Hörbiger, Gregory Itzin, Leslie Jordan, Angela Lansbury, Jerry Lee Lewis, Meat Loaf, Karl Merkatz, Yvette Mimieux, Roger E. Mosley, Olivia Newton-John, Nichelle Nichols, Wolfgang Petersen, Sidney Poitier, Andrew Prine, Ivan Reitman, Bob Saget, Henry Silva, Paul Sorvino, Jean-Louis Trintignant, Joe Turkel, Vangelis, Fred Ward, David Warner, Wolfgang Ziffer.
Die Filme
Wie in der Einleitung schon erwähnt: Völlig zufällig hat es sich ergeben, dass in diesen Rückblick genauso viele Filme eingeflossen sind, wie im Jahr davor, nämlich 154. Wie immer gilt: Zugelassen waren nur jene Filme, die im abgelaufenen Jahr in Deutschland und/oder Österreich auf irgendeine Art und Weise (Kino, TV, Streaming) regulär (erst-)veröffentlicht wurden. Hier nun also die komplette Liste, alphabetisch sortiert: 7 Donne e un Mistero, A Little Love Package, Abteil Nr. 6, Aftersun, Against the Ice, Ambulance, Amsterdam, Antlers, Apollo 10 ½, Archenemy, Athena, Avatar: The Way of Water, Barbarian, Bardo - Die erfundene Chronik einer Handvoll Wahrheiten, Belfast, Black Panther: Wakanda Forever, Blond, Bodies Bodies Bodies, Bones and All, Boys from County Hell, Bull, Bullet Train, Catherine, Lady wider Willen, Causeway, Choose or Die, Christmas Bloody Christmas, Coming Home in the Dark, Corsage, Crimes of the Future, Dark Glasses - Blinde Angst, Das Licht aus dem die Träume sind, Das Seeungeheuer, Das Wunder, Deep Water, Der Anruf, Der Fall 9/11 - Was ist ein Leben wert?, Der Gesang der Flusskrebse, Der schlimmste Mensch der Welt, Der Spinnenkopf, Die Täuschung, Do Revenge, Doctor Strange in the Multiverse of Madness, Don't Worry Darling, Dual, Eiskalter Engel, Eismayer, Elvis, Emancipation, Ennio Morricone - Der Maestro, Enola Holmes 2, Everything Everywhere All At Once, Fantastische Tierwesen 3: Dumbledore's Geheimnisse, Firestarter, France, Fresh, Girl Lost, Glass Onion, Goodnight Mommy, Guillermo del Toro's Pinocchio, Halloween Ends, Hatching, Hocus Pocus 2, Hustle, I Came By, Ich bin so glücklich, Im Westen nichts Neues, Incantation, Interceptor, Jakob's Wife - Meine Frau der Vampir, Jurassic World: Ein neues Zeitalter, Kimi, Kingsman: The Beginning, Lamb, Lass ihn gehen, Licorice Pizza, Life in Space, Luzifer, Massive Talent, Memory - Sein letzter Auftrag, Men - Was dich sucht wird dich finden, Moloch, Mona Lisa and the Blood Moon, Monstrous, Moonfall, Morbius, Mord in Yellowstone City, Mr. Harrigan's Phone, Nightmare Alley, No Exit, Nope, Parallele Mütter, Petite Maman - Als wir Kinder waren, Piggy, Pinocchio, Prey, Queenpins, Raymond & Ray, Red Rocket, Rosaline, Rot, RRR, Rubikon, Samaritan, Schlummerland, Schrille Nacht, Scream, See How They Run, Silent Land, Smile - Siehst du es auch?, Special Delivery, Spencer, Strange World, Superhost - Kein Gastgeber ist wie der andere, The 355, The Adam Project, The Batman, The Black Phone - Sprich nie mit Fremden, The Bubble, The Card Counter, The Deep House, The Good Nurse, The Gray Man, The Innocents, The Lost City - Das Geheimnis der verlorenen Stadt, The Man from Toronto, The Menu, The North Sea, The Northman, The Princess, The Sadness, The School for Good and Evil, The Sound of 007, The Stranger, The Takeover, The Vanished, The Weekend Away, Thirteen Lives - Dreizehn Leben, Thor: Love and Thunder, Tod auf dem Nil, Top Gun: Maverick, Triangle of Sadness, Troll, Uncharted, Veganer schmecken besser, Verwünscht nochmal, Vesper Chronicles, Violent Night, Vortex, Weißes Rauschen, Werewolves Within, Windfall, Wo in Paris die Sonne aufgeht, X, Zeiten des Umbruchs.