Mit: Oliver Reed, Elke Sommer, Richard Attenborough, Stéphane Audran, Gert Fröbe, Herbert Lom, Maria Rohm, Adolfo Celi, Alberto de Mendoza, Charles Aznavour, Orson Welles u.a.
Kurzinhalt:
Acht Gäste werden zu einem Wochenende in einem abgelegenen Hotel mitten in der Wüste eingeladen, wo sie von einem Butler und seiner Frau – die Köchin – empfangen werden. Von ihrem Gastgeber, einem gewissen Herrn Owen, fehlt indes jede Spur. Nachdem man sich zum Abendessen eingefunden hat, ertönt eine von Schallplatte abgespielte Nachricht. Die Stimme darauf bezichtigt jeden von ihnen eines schlimmen Verbrechens. Ihnen bleibt kaum Zeit, ihre Entrüstung über die Anschuldigungen zu äußern, da bricht einer von ihnen tot zusammen; offenbar war das Getränk vergiftet. Den anderen wird daraufhin klar, dass es der unbekannte Gastgeber auf sie abgesehen hat. Nachdem sie das komplette Anwesen durchsuchten, ohne jemanden zu finden, müssen sie sich mit der Möglichkeit auseinandersetzen, dass der Mörder unter ihnen weilt…
Review:
Nachdem es bereits eine amerikanische und eine britische Adaption von Agatha Christies "Und dann gabs keines mehr" gab, machte man sich Mitte der 70er auch in Europa daran, die Vorlage (neuerlich das Theaterstück, und nicht der Roman) als internationale Koproduktion zu verfilmen – was man nicht zuletzt an der Besetzung merkt. Diese besteht unter anderem aus (damals) so bekannten Namen wie Oliver Reed, Richard Attenborough, Elke Sommer, Maria Rohm, Herbert Lom, sowie den beiden "James Bond"-Veteranen Gert Fröbe und Adolfo Celi. Darüber hinaus hat man sich, um sich von den früheren Verfilmungen abzuheben, auch (neuerlich) einen Wechsel des Schauplatzes überlegt. Auf die originalgetreue Insel ("Das letzte Wochenende") sowie das Schloss auf dem Gipfel eines Berges ("Da waren's nur noch neun") folgt hier nun ein abgelegenes Hotel mitten in der Wüste. Ein Setting, das für mich zugegebenermaßen besser funktioniert hat, als die Tiroler Berge in "Da waren's nur noch neun"), weil ohne irgendeine Art von Fortbewegungsmittel scheint eine Flucht von vornherein aussichtslos.
Mit dem überzeugenden Setting, der (abseits der Änderungen für das Theaterstück) über jeden Zweifel erhabenen Vorlage, sowie der hochkarätigen Besetzung wären eigentlich die Grundvoraussetzungen für eine weitere gelungene und sehenswerte "Und dann gabs keines mehr"-Variante gegeben; aber leider, in der Umsetzung hapert es. "Ein Unbekannter rechnet ab" schafft leider das Kunststück, zugleich zu kurz und zu lang zu wirken. Zu kurz, weil wir viel zu wenig Einblick in die Figuren (und ihre Verbrechen) erhalten; zu lang, weil sich das Geschehen doch ziemlich dahinzieht. Letzteres liegt nicht zuletzt an der mangelnden Spannung, die ich gleichermaßen Regisseur Peter Collinson wie auch Komponist Bruno Nicolai zur Last legen würde. Letzterer hat in den 60ern und 70ern einige wirklich coole und gelungene Scores insbesondere für Italowestern und Gialli geschrieben. Hier aber versagt er leider, wenn es darum geht, die angestrebte Stimmung des Films einzufangen bzw. zu verstärken. Hinzu gesellen sich dann kleinere Ungereimtheiten, die sich insbesondere im Wissen ob der Auflösung ergeben, auf die ich aber aus Spoilergründen nicht näher eingehen kann. Immerhin, die Performance des Mörders/der Mörderin in der Geständnis-Szene ist auch hier großartig, und definitiv auf einer Stufe mit "Da waren's nur noch neun" (wo mich dieser Moment deutlich mehr beeindruckt hat als im "Original" "Das letzte Wochenende"). Zudem wartet diese Offenbarung mit einem netten inszenatorischen Kniff auf; insofern stach zumindest dieses eine Bild definitiv hervor. Auch an der Ausstattung, den Sets usw. gibt es nichts zu mäkeln. Und einen gewissen 70s-Charme verströmt der Film ebenfalls definitiv. Jedoch, so viel sei an dieser Stelle schon vorweggenommen: Insgesamt würde ich "Ein Unbekannter rechnet ab" als die (bisher?) schwächste Kino(!)-Adaption der Story einstufen.
Fazit:
Trotz der coolen Besetzung (es liegt in der Natur der Sache, dass je weiter wir in der Zeit vorwärts gehen, desto größer die Wahrscheinlichkeit ist, dass man darunter SchauspielerInnen entdeckt, zu denen man einen persönlichen Bezug hat) sowie der selbst in der abgeschwächten Theater-Form tollen Vorlage wollte es "Ein Unbekannter rechnet ab" leider nicht gelingen, mich zu überzeugen. Dafür mangelte es dem Film einfach zu sehr an Spannung, widmete man sich zu wenig den Figuren und ihren Taten, und war die Musik des von mir sonst durchaus geschätzten Bruno Nicolai hier einfach zu unpassend und damit stimmungskillend. Demgegenüber stehen die mindestens soliden schauspielerischen Leistungen, einzelne starke Momente und/oder nette Kamera-Einstellungen (insbesondere dann bei der Offenbarung am Ende), sowie die auch in dieser suboptimalen Form in Erscheinung tretende Stärke der Vorlage. Als Fan von Agatha Christie im Allgemeinen bzw. des Romans/Theaterstücks im Besonderen kann man ihn sich somit durchaus anschauen – meine erste Wahl aus den diversen Adaptionen von "Und dann gabs keines mehr" wäre "Ein Unbekannter rechnet ab" aber definitiv nicht.