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Da waren's nur noch neun Drucken E-Mail
"Und dann gab's keines mehr" – die Zweite Kategorie: Filme - Autor: Christian Siegel - Datum: Mittwoch, 07 Dezember 2022
 
Advent-SPECiAL

 
Da warens nur noch neun
Originaltitel: Ten Little Indians
Produktionsland/jahr: UK 1965
Bewertung:
Studio/Verleih: Tenlit Films Ltd./Warner-Pathé Distributors
Regie: George Pollock
Produzenten: Harry Alan Towers & Harry M. Popkin
Drehbuch: Peter Yeldham & Harry Alan Towers, nach dem Bühnenstück von Agatha Christie
Filmmusik: Malcolm Lockyer
Kamera: Ernest Steward
Schnitt: Peter Boita
Genre: Krimi/Thriller
Kinostart BRD: 10. September 1965
Kinostart UK: 06. Februar 1966
Laufzeit: 91 Minuten
Altersfreigabe: FSK ab 16
Trailer: YouTube (englisch)
Kaufen: DVD
Mit: Hugh O'Brian, Shirley Eaton, Fabian, Leo Genn, Stanley Holloway, Wilfrid Hyde-White, Daliah Lavi, Dennis Price, Marianne Hoppe, Mario Adorf u.a.


Kurzinhalt: Zehn sich weitgehend unbekannte Menschen folgen der Einladung eines gewissen Mr. Owen, das Wochenende auf seinem Bergschloss in den Tiroler Alpen zu verbringen. Dieses ist von der Außenwelt relativ abgeschnitten, und nur über eine Seilbahn zu erreichen. Nachdem die acht Gäste eingelangt sind und von den beiden angeheuerten Bediensteten empfangen wurden, macht es sich jeder erstmal in seinem oder ihrem Zimmer gemütlich. Danach findet man sich zum Abendessen ein – nur zum zu erfahren, dass Mr. Owen verhindert ist. Kurz darauf wird eine Schallplatte abgespielt, auf der alle Versammelten jeweils einem oder mehrerer Morde angeklagt wird. Man reagiert erschüttert, und weist die Schuld natürlich von sich. Kurz darauf ist jedoch der erste von ihnen tot – passend zum bekannten Kinderreim, den jeder von ihnen im Zimmer vorfand, hat er sich beim Dinner verschluckt; genauer gesagt, er wurde vergiftet. Als am nächsten Morgen eine weitere Person ums Leben kommt, wird den Überlebenden klar, dass der unbekannte Mr. Owen darauf aus ist, das Gesetz selbst in die Hand zu nehmen – und sie für ihre jeweiligen Verbrechen mit dem Tod zu bestrafen…

Review: Szenenbild. Ziemlich genau zwanzig Jahre nach der ersten – amerikanischen – Verfilmung machte man sich schließlich auch in England daran, Agatha Christies berühmtes Bühnenstück "Und dann gabs keines mehr" – welches auf ihrem eigenen, "gleichnamigen" Roman basierte – als Film umzusetzen. Das Ergebnis ist in Teilbereichen sogar nochmal besser als die erste Adaption – zieht insgesamt aufgrund von zwei nicht unwesentlichen Schwächen dann aber doch denkbar knapp den Kürzeren. Einerseits ist hier das Setting zu nennen. Auch wenn es mich grundsätzlich natürlich freut, dass hier in Österreich gedreht wurde, und so sehr man sich in einzelnen Einstellungen auch bemüht, das Schloss in einzelnen Einstellungen als von einer unüberwindbaren Schlucht umgeben zu zeigen – aber die Aufnahmen aus der Ferne vermitteln einem den Eindruck, dass ein Abstieg, wenn auch sicher schwierig, so doch nicht unmöglich wäre. Also für mich vermutlich schon; ich scheiß mich schon an, wenn ich nur auf einem Wanderweg neben einem tiefen Abgrund gehe. Aber dass alle am nächsten Morgen noch verbliebenen Überlebenden lieber im Schloss bleiben, um sich nacheinander von einem unbekannten Mörder abmurksen zu lassen, statt den Abstieg zu wagen, und sich dabei halt von einem Baum zum nächsten zu Hangeln, erschien mir unglaubwürdig. Das drückte im Vergleich zu "Das letzte Wochenende" ein bisschen auf die Immersion.

Der zweite Kritikpunkt ist vergleichsweise marginal, hat mich aber doch ausreichend gestört, um ihn hier bewusst hervorzuheben: In etwa im Mittelteil kommt es zu einer Prügelei zwischen zwei Männern. Der Streit selbst mag der Vorlage entstammen, und dass man diese Szene dazu verwendet, um zu verdeutlichen, dass die Nerven langsam blank liegen, ist ja auch völlig legitim. Mir ging die entsprechende Einlage aber leider entschieden zu lang. Ähnlich wie beim Wrestling-Match in "Sie leben!" wirkte die Szene sehr willkürlich, zumindest in dieser Länge unnötig – und brachte vor allem einen bis dahin spannenden Film für (gefühlt) mehrere Minuten praktisch völlig zum Stillstand. Schade ist dies insofern, als a) die Vorlage (vom Mangel, den alle Kinoverfilmungen teilen – nämlich statt auf dem Roman auf dem Theaterstück zu basieren – mal abgesehen) über jeden Zweifel erhaben ist, b) die Regie von George Pollock (der zuvor die vier erfolgreichen "Miss Marple"-Filme inszeniert hatte) jener der Erstverfilmung von René Clair mindestens ebenbürtig ist, und c) diese zweite Adaption "Das letzte Wochenende" in einzelnen Bereichen sogar überlegen ist. Was dies betrifft, ist nicht zuletzt die Besetzung zu nennen. Also nicht, dass die bei "Das letzte Wochenende" nicht auch hochkarätig gewesen wäre, aber bei "Da waren's nur noch neun" erkennt man im Gegensatz zu dort – zumindest wenn man in etwa meiner Generation (1980 geboren) entstammt – das eine oder andere bekannte Gesicht. Wie die zauberhafte Shirley Eaton (das "Golden Girl" aus "Goldfinger"), Wilfrid Hyde-White (der einem als TV-Fan in den 70ern und 80ern immer wieder untergekommen ist – u.a. in "Kampfstern Galactica", "Buck Rogers" und "Columbo"), sowie nicht zuletzt Mario Adorf (wer gute Ohren hat, wird zudem erkennen, dass die Stimme von Mr. Owen von niemand geringerem als Christopher Lee stammt). Als eine ganz lustige Idee fand ich zudem den "Mystery-Break" vor der Auflösung, der dazu einlädt, sich mit anderen auszutauschen und den Täter zu erraten; schade eigentlich, dass sich dieses Gimmick nicht durchgesetzt hat. Vor allem aber fand ich die Performance des Mörders/der Mörderin bei der Auflösung hier besser als bei "Das letzte Wochenende". Genauer kann und will ich aus Spoilergründen aber nicht darauf eingehen.

Fazit: Szenenbild. Die zweite Verfilmung von "Und dann gabs keines mehr" wäre der ersten fast ebenbürtig, und ist ihr in Teilbereichen sogar überlegen. So kann man bei dieser – zumindest wenn man in etwa aus meiner Generation stammt – tatsächlich noch das eine oder andere bekannte Gesicht entdecken. Zudem fand ich die Auflösung – wenn auch inhaltlich ident – hier von Schauspiel und Inszenierung noch eine Spur stärker als bei "Das letzte Wochenende". Demgegenüber hat mich dort das Setting insofern überzeugt, als die diversen Aufnahmen des Schlosses auf dem Berggipfel mir leider nicht den Eindruck vermitteln konnten, dass es gänzlich unmöglich/undenkbar wäre, zu Fuß den Berg hinabzusteigen – entsprechende Motivation vorausgesetzt. Zudem hätte ich es vorgezogen, wenn man im Schneideraum die eine Prügeleinlage, die den Film völlig zum Stillstand bringt, aufs Notwendigste heruntergekürzt hätte. Ansonsten teilen sich die beiden in etwa die vielen Stärken und wenigen Schwächen (hier ist insbesondere das im Vergleich zum Roman abgemilderte Ende des Theaterstücks zu nennen) der Vorlage.

Wertung:7 von 10 Punkten
Christian Siegel
(Bilder © 1965 Tenlit Films Ltd.)


Weiterführende Links:
Advent-SPECiAL 2022





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