Kurzinhalt:
Der Affe Listig lebt mit dem Esel Wirrkopf in einem abgelegenen Bereich von Narnia. Listig ist eine ausgesprochen hinterhältige und selbstsüchtige Persönlichkeit, die Wirrkopf alles Mögliche einredet, um sich das eigene Leben zu erleichtern. Eines Tages finden sie ein Löwenfell. Listig kommt die Idee, dass sich Wirrkopf als Aslan ausgeben soll, während er selbst als dessen Sprachrohr auftritt. Gesagt, getan. Schon bald gibt Listig Befehle, die so überhaupt nicht im Sinne des echten Aslan wären. Damit nimmt er den Bewohnern Narnias zunehmend ihren Glauben an Aslan, und öffnet wiederum den südländischen Kalormen Tür und Tor. König Tirian erfüllt diese Entwicklung mit zunehmender Sorge. Zusammen mit ein paar Getreuen geht er der Sache auf den Grund. Unterstützung erhält er dabei auch von Jill und Eustace, die es ein weiteres Mal nach Narnia verschlägt. Zusammen stellen sie sich dem letzten Kampf, der über das Schicksal Narnias entscheiden wird…
Review:
Den Einstieg in "Der letzte Kampf" fand ich eigentlich noch ziemlich gelungen und interessant; nicht zuletzt, als wir hier wieder einmal direkt in Narnia starten, statt in unserer Welt – was innerhalb der Reihe doch eher die Ausnahme und nicht die Regel war. Die Dynamik zwischen Listig und Wirrkopf veranschaulicht Kindern zudem auf verständliche Art und Weise, wie eine missbräuchliche Beziehung aussieht – und sollte sowohl jüngere als auch ältere Leser, zu recht, im Hinblick auf Listig fuchsteufelswild machen. Mir gefiel auch die Art und Weise, wie Listig hier den Glauben der Bewohner Narnias an Aslan für seine eigenen Zwecke missbraucht – auch hier schwingt eine warnend-kritische Message mit. Und auch wenn das Abenteuer sicher nicht das epischste und/oder spannendste war (dazu gleich), habe ich mich doch mit früheren Narnia-Geschichten auch schon mehr gelangweilt. Last but not least: Das Wiedersehen mit den Veteranen der Reihe – inklusive Digory und Polly aus der chronologisch ersten Geschichte "Das Wunder von Narnia" – war ebenfalls sehr schön, und gibt "Der letzte Kampf" noch lange vor dem dann definitiven (und umstrittenen) Ende das Gefühl eines richtigen Abschlusses.
Trotz dieser positiven Aspekte tat ich mir insgesamt mit "Der letzte Kampf" allerdings doch eher schwer. So habe ich es bereits angesprochen: Inhaltlich ist die letzte Geschichte im vergleich zu früheren Abenteuern doch eher dürftig. Rein von der Handlung her entspricht das eher einer Kurzgeschichte, die künstlich auf ähnliche Länge wie die anderen Romane aufgebläht wurde. Als sehr unschön stachen mir auch wieder die deutlichen rassistischen Untertöne im Hinblick auf die heldenhaften blonden Männern von Narnia im Vergleich zu den abscheulichen dunklen, bärtigen Kalormen aus dem Süden ins Auge. Aber auch das mittendrin von einer Figur geäußerte Motto "noble death is a treasure which no one is too poor to buy" verursachte mir – insbesondere im Kontext eines sich in erster Linie an junge LeserInnen richtenden Romans – doch ordentlich Bauchweh. Vor allem aber merkte man dem letzten Band Lewis' Glauben noch stärker an als bei den früheren Abenteuern schon. Auch dort hatte ich mich an diesen Elementen teilweise gestört; hier geht es aber nun endgültig in Richtung christlich-katholischer Indoktrination, mit sowohl den ungläubigen (atheistischen?) Zwergen als auch die Tash (quasi Satan) anbetenden Kalormen. Überhaupt kein Freund war ich auch von der Art und Weise, wie hier Susan beschrieben wird; bloß weil sie nicht mehr an Narnia glaubt, wird sie als oberflächlich und egoistisch beschrieben. Immer diese unabhängigen Weibsbilder, also echt!
Letztendlich läuft die Geschichte in "Der letzte Kampf" darauf hinaus, dass Narnia untergeht, weil deren Bewohner ihren Glauben an Aslan verlieren. Und sorry, aber da konnte ich einfach nicht mit. Es hilft natürlich nicht, dass ich mich selbst zu den Atheisten zähle, aber das allein ist es nicht. Tolkien war ebenfalls ein zutiefst gläubiger Mensch, und hat durchaus auch Elemente des katholischen Glaubens, in abgewandelter Form, in sein Werk einfließen lassen. Das hier ist aber mit dem Holzhammer serviert, und gleicht eher einer Predigt, mit der man dem potentiell ungläubigen Kindern auch noch ein schlechtes Gewissen einreden will, als einer Fantasy-Erzählung. Und dann ist da noch das Ende, welches ja durchaus auch unter Fans der Reihe umstritten ist. Hier würde ich sagen: Grundsätzlich kann ich anerkennen – und schätzen – welches Ziel Lewis hier verfolgte. Wir alle werden früher oder später, und mit großer Wahrscheinlichkeit bereits im Kindesalter, mit dem Tod konfrontiert. Ihnen die Angst davor zu nehmen, in dem man den Tod nicht als das Ende, sondern nur den Übergang in den nächsten Lebensabschnitt darstellt, ist zweifellos löblich. Und doch: In der Art und Weise, wie er das Ende hier als geradezu glücklich darstellt, schoss Lewis dann letztendlich wieder übers Ziel hinaus. Ich konnte da einfach nicht mit, und fand diesen Ausgang generell sehr eigentümlich – und letztendlich deutlich tragischer, als das von ihm gedacht war. Ich bezweifle jedenfalls stark, dass ich das meinen Kindern vorlesen würde.
Fazit:
Zwar gab es bei "Der letzte Kampf" durchaus einige nette und/oder interessante Ansätze, fand ich die Handlung zwar etwas dürftig, aber zumindest nicht langweilig, und freute ich mich nicht zuletzt über das Wiedersehen mit einigen alten Veteranen der Chroniken. Insgesamt empfand ich ihn aber als eher enttäuschenden Abschluss einer Reihe, die mich leider zu keinem Zeitpunkt ähnlich faszinieren, begeistern und für sich einnehmen konnte, wie beispielsweise die Welt von Mittelerde, oder auch "Harry Potter". Schwer tat ich mir insbesondere mit der christlichen Indoktrination, die mir spätestens hier dann doch zu extreme Ausmaße angenommen hat. Und auch das Ende sehe ich – so lobend ich Lewis' Intention dahinter auch finde – eher kritisch, da es bei mir deutlich tragischer ankam, als es vom Autor eigentlich gedacht war. Was bleibt, ist die Genugtuung, diese Kenntnislücke innerhalb der Fantasy-Literatur nun endlich geschlossen zu haben – und die Gewissheit, mit meiner vorausgehenden Vermutung, dass diese nicht so wirklich meins sein würde, recht gehabt zu haben.