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The Sandman - Vol. 9: Die Gütigen Drucken E-Mail
Morpheus stellt sich den Folgen seines Handelns Kategorie: Literatur & Comics - Autor: Christian Siegel - Datum: Sonntag, 30 Oktober 2022
 
Titel: "Die Gütigen"
Originaltitel: "The Kindly Ones"
Bewertung:
Autor: Neil Gaiman
Übersetzung: Gerlinde Althoff
Zeichnungen: Marc Hempel, Kevin Nowlan, Glyn Dillon, Charles Vess, Dean Ormston, Teddy Kristiansen & Richard Case
Tusche: Marc Hempel, D'Israeli, Kevin Nowlan, Glyn Dillon, Charles Vess, Teddy Kristiansen & Richard Case
Farben: Daniel Vozzo
Lettering: Todd Klein (E)
Cover: Dave McKean
Umfang: 352 Seiten
Verlag: Panini (D), Vertigo (E)
Veröffentlicht: 09. Oktober 2009 (D), 1996 (E)
ISBN: 978-3-866-07784-3 (D)
Kaufen: Taschenbuch (D), Taschenbuch (E)
 

Kurzinhalt: Daniel, der Sohn von Lyta Hall, wird entführt. Kurz darauf erfährt sie, dass dessen sterblichen Überreste gefunden wurden. Davon überzeugt, dass Traum seine frühere Drohung wahrgemacht und ihren Sohn zu sich geholt hat, schwört Lyta bittere Rache. Sie möchte den Traumlord selbst vernichten, und verbündet sich dafür mit den Rachegöttinnen – die nur deshalb eingreifen können, da Traum das Blut seines eigenen Sohnes vergossen hat. Zusammen greifen sie das Traumreich an. Als dieses kurz davor steht, vernichtet zu werden, muss Morpheus eine Entscheidung treffen. Währenddessen reist Rose Walker nach London, um mehr über das Leben und den Tod ihrer Großmutter Unity Kincaid in Erfahrung zu bringen. Dies führt sie auch zu Paul McGuire, den Besitzer des Altenheims – und seines Zeichens Liebhaber von Alex Burgess, dessen Vater Roderick vor über achtzig Jahren in seinem Kellerverließ einsperrte…

Review: Ich habe mir die "Sandman"-Comics ja – im Vergleich dazu, wenn ich sie "live" mit der Erstveröffentlichung gelesen hätte – in relativ kurzem Zeitraum vorgeknöpft, glaube aber rückblickend, dass selbst das zu lang war. "Die Gütigen" führt nämlich noch zahlreiche verschiedene Figuren und Handlungsstränge aus der Saga zusammen. Gaimans Erzählung ist dabei jedoch so komplex und ineinander verwoben dass ich fast glaube, dass sich einem die Erzählung in allen Details und Verbindungen nur dann vollständig erschließen kann, wenn man sich die Zeit nehmen würde, um alle neun (oder, mit dem Epilog "Das Erwachen", zehn) Bände in einem Stück zu lesen (Randnotiz: Die TV-Verfilmung könnte hier Abhilfe schaffen; leider halte ich im Hinblick darauf, dass es eine Netflix-Produktion ist, und der Streaming-Dienst die Angewohnheit hat, seine Serien relativ früh abzusetzen, die Wahrscheinlichkeit sehr gering, dass "Sandman" die mindestens fünf Staffeln bekommen wird die es wohl bräuchte, um die Story aus den Comics in dieser Form – und vollständig – nachzuerzählen). Ich bin mir jedenfalls sicher, nicht alle Zusammenhänge 100%ig mitbekommen zu haben – was jedoch letztendlich meiner Begeisterung mit diesem Abschluss der Geschichte rund um Morpheus keinen Abbruch tat. Denn auch ohne sämtliche Verbindungen bis ins kleinste Detail überrissen zu haben, konnte ich den Aufbau anerkennen – und nicht zuletzt auch die Ironie dahinter, wie hier viele verschiedenste Ereignisse und Missverständnisse zusammenkommen mussten, um Morpheus letztendlich an den Punkt zu bringen, wo er sich zwischen dem Überleben des Traumreichs und seiner eigenen Existenz entscheiden muss. Egal ob nun aus böswilliger oder vielleicht sogar guter Absicht, Traum muss hier letztendlich die Konsequenzen seines früheren Verhaltens tragen, und das in vielerlei Hinsicht. Angefangen dabei, dass er Lyta aus dem Traum in dem sie sich zusammen mit ihrem Mann gefangen war verbannte, über die Tatsache, dass er sich die Hexe Thessaly zur Feindin machte, bis hin dazu, dass er dem Wunsch seines Sohnes nachgab und ihm das Leben nahm – was wiederum erst deshalb notwendig wurde, da er es einst vor Äonen ablehnte, eben diesem beizustehen. Wie eben diesem Band über die acht Vorgänger hinweg der Weg geebnet wurde, ist einfach nur beeindruckend.

Und mehr noch: Es ist bewegend. Wir haben im Verlauf der Reihe viele Figuren kennengelernt, manche besser, manche schlechter, und hier nun müssen wir uns von einigen von ihnen verabschieden. Das sorgte bei mir nicht selten für feuchte Augen (was dann dem Lesen nicht unbedingt zuträglich war ;-)). Dies gilt nicht zuletzt auch für Traum. Das Ende von "World's End" hat uns ja quasi schon darauf vorbereitet. Zudem machte man uns hier zu Beginn deutlich, dass ihn die Ermordung seines eigenen Sohnes endgültig gebrochen hat. Zwar erfüllt er nach wie vor die ihm zugetragenen Aufgaben, aber es hat etwas Mechanisches an sich; sämtliche Freude die er vielleicht einmal verspürt haben mag ist ihm abhanden gekommen. All dies kulminiert dann schließlich in einer famosen letzten Szene mit seiner Schwester Tod, wo diese ihn auch daran erinnert, dass er es ihrem Bruder Zerstörung gleich tun, und in die Ewigkeit wandern könnte. Doch für ihn ist weder das eine Option, noch sein Reich untergehen zu lassen. Es ist zweifellos einer der stärksten Momente der gesamten Reihe. Neben der weitläufigen, sich auf mehrere Handlungsstränge verteilenden Story rund um Morpheus, wird aber auch die Geschichte von Rose Walker und ihren Freundinnen weitergeführt. Diese steht vergleichsweise für sich, konnte mich aber trotzdem gut unterhalten. Vor allem aber gefiel mir, wie wir hier an den Anfang der Erzählung aus "Präludien und Notturni" zurückkehren, mit dem Besuch vom Burgess-Anwesen, wo Morpheus einst jahrzehntelang eingesperrt war. Künstlerisch zeigt sich indes dass von den Vorgängern bekannte Bild: Mir konnte auch "Die Gütigen" optisch wieder ziemlich gut gefallen, insbesondere im Hinblick auf die Illustrationen. Was die Farbgebung betrifft, kommt sie jedoch selbst in der überarbeiteten Fassung nicht ganz an das Niveau heran, welches man heutzutage in der Comicwelt gewohnt ist. Wobei ich nach wie vor finde, dass der Stil sehr gut zu "Sandman" passt, bzw. generell sehr eigen und damit auch eigenständig wirkt. Dennoch würde ich sagen, dass die Stärke der Reihe in erster Linie im von Neil Gaiman geschriebenen Inhalt liegt – was gleichermaßen die Handlung sowie den Schreibstil bzw. die Dialoge betrifft.

Fazit: "Die Gütigen" ist ein im wahrsten Sinne des Wortes fantastischer Abschluss der "Sandman"-Saga (vom nun noch anstehenden Epilog natürlich abgesehen). Neil Gaiman greift hier zahlreiche zuvor etablierte Handlungsstränge auf, und führt sie in einem so epischen wie berührenden Finale zueinander. Eine besondere Tragik erhalten die Ereignisse hier einerseits dadurch, wie Morpheus hier die Rechnung für einige frühere (oftmals nichtmal in böser Absicht erfolgte) Taten präsentiert bekommt, und andererseits, dass der Verlauf der Handlung hier nicht selten auf Irrtümer und/oder Missverständnisse zurückzuführen ist. All dies steigert sich schließlich zu einer der besten Momente der gesamten Erzählung, nämlich der Begegnung zwischen Traum und seiner Schwester Tod. Angereichert um ein paar weitere, mit der im Mittelpunkt stehenden Geschichte teilweise nur sehr lose verbundene Nebenhandlungen, und wie immer mit dem zwar nicht zwingend schönsten, in jedem Fall aber sehr eigenständigen Stil bebildert, zählt "Die Gütigen" zu den besten Comics, die ich in meinem Leben gelesen habe.

Bewertung: 5/5 Punkten
Christian Siegel
Coverbild © 2019 Vertigo






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