Mit: Naomi Watts, Cameron Crovetti, Nicholas Crovetti, Peter Hermann, Jeremy Bobb, Crystal Lucas-Perry u.a.
Kurzinhalt:
Nach längerer Abwesenheit kehrt die Mutter von Elias und Lukas nun wieder zurück. Allerdings ist ihr Kopf nach einer Operation einbandagiert. Die beiden Zwillingsbrüder, die sehr jeher eng miteinander verbunden sind, haben jedoch zunehmend den Verdacht, dass es sich bei der Frau nicht um ihre wirkliche Mutter handelt, sondern diese von jemand – oder etwas – anderem ersetzt wurde. So verhält sie sich teilweise höchst sonderbar, vermeidet das Sonnenlicht, und so weiter. Die beiden gehen ihrem Verdacht auf den Grund. Als es ihnen schließlich zu unheimlich wird, laufen sie davon, werden jedoch von einer Polizeistreife gefunden. Am Revier will ihnen allerdings niemand glauben, weshalb man sie wieder ins Haus zurückbringt. Wer oder was auch immer sich für sie ausgibt: Elias und Lukas scheinen ihrer "Mutter" hilf- und schutzlos ausgeliefert zu sein…
Review (kann Spoiler enthalten):
Seit den 0er-Jahren ist der österreichische Film zunehmend aus dem engen Korsett aus Kunst- und Kabarett-Filmen ausgebrochen, und ins Genrekino vorgedrungen. "Ich seh ich seh" zählt dabei für mich nach wie vor ganz klar zu den Highlights dieser (nach wie vor ungebrochenen) Welle. Ein großartiger, unheimlicher und sehr atmosphärischer Psychothriller, der für mich sowohl bei der Erstsichtung (damals noch in unfertiger Fassung bei einem Testscreening) als auch meinen "Wiederholungen" prima funktioniert hat; und das, obwohl ich bereits beim ersten Mal relativ bald ahnte, worauf das Ganze hinausläuft. Doch "Ich seh ich seh" war nicht nur in Österreich, sondern auch international ein großer Erfolg. Es war somit nur eine Frage der Zeit, bis sich Hollywood über ein Remake macht. Für dieses wurde Matt Sobel verpflichtet, der zuvor an der so schrägen wie empfehlenswerten Netflix-Serie "Brand New Cherry Flavor" mitgewirkt hatte. Er inszeniert "Goodnight Mommy" sehr vorlagengetreu – was die höfliche Ausdrucksweise dafür ist, dass er dieses im Wesentlichen nur kopiert, dabei jedoch (im Gegensatz zu z.B. Matt Reeves US-Remake von "So finster die Nacht") keine eigenen Akzente setzt.
Dementsprechend wird die eigene Meinung zu "Goodnight Mommy" in erster Linie davon abhängen, wie man a) zum Original und b) solchen inspirationslosen US-Remakes internationaler (Horror-)Stoffe steht. Ein gutes Beispiel hierfür ist "Funny Games" (wo kurioserweise ebenfalls Naomi Watts die weibliche Hauptrolle übernahm). Von Michael Haneke selbst gedreht, war es praktisch ein 1:1-Remake seines österreichischen Thrillers. Ist so eine Kopie nun letztendlich, weil praktisch identisch, genauso gut wie das Original, oder eben deshalb minderwertig? Eine spannende Frage, auf die wohl jeder Filmfan seine oder ihre eigene Antwort finden muss. Und eben diese wird letztendlich auch für eine Meinung zu "Goodnight Mommy" maßgeblich sein. Grundsätzlich macht Matt Sobel hier jedenfalls nicht viel falsch – wobei einem halt schon auffällt, dass die besten und/oder schaurigsten Momente 1:1 dem Original entnommen wurden, und er teilweise sogar bestimmte Bilder und Kameraeinstellungen genau übernimmt. Der Remake-Expertin Naomi Watts ist jedoch nichts vorzuwerfen, die ist mit vollem Elan bei der Sache, und Susanne Wuest (bei der man rückwirkend glauben könnte, Franz und Fiala hätten sie bewusst gecastet, damit Watts im Remake ihre Rolle übernehmen kann) mindestens ebenbürtig. Auch Cameron und Nicholas Crovetti machen ihre Sache gut. Letztendlich gelingt es dem Remake aber halt bestenfalls nur, das Original zu erreichen, jedoch nie, es zu übertreffen – was die Frage aufwirft, warum man ihn sich eigentlich anschauen sollte, statt einfach nochmal "Ich seh ich seh" einzuwerfen. Zumal – und das ist dann eben der entscheidende Punkt – das US-Remake dem Original in einigen Belangen deutlich unterlegen ist. So fehlt das eine oder andere schräge Element, wie der Besuch vom Roten Kreuz, der diesem eine ganz eigene Note gab. Aber auch die Alpträume fand ich im Original deutlich erschreckender und damit besser umgesetzt. Vor allem aber wurde "Goodnight Mommy" teilweise leider deutlich weichgespült. So fehlt nicht zuletzt die eindringlichste und erschreckendste Szene – ich sag nur Klebeband. Eben diese Verharmlosung ist dann auch der größte Kritikpunkt – und zugleich das beste Argument dafür, dieses Remake links liegen zu lassen, und beim Original zu bleiben.
Fazit:
Ich gebe zu, mich sowohl vor als auch nach meiner Sichtung von "Goodnight Mommy" im Zwiespalt befunden zu haben. Bedeutet meine Vorliebe zum Original, dass ich ein Remake grundsätzlich lieben oder vielmehr hassen müsste? Letztendlich stellte sich die Frage insofern nur bedingt, als dieser Aufguss "Ich seh ich seh" leider in einigen Belangen unterlegen ist. Die leicht geänderte Auflösung – zugleich der einzige Aspekt, wo "Goodnight Mommy" eigene Akzente setzt – konnte mir zwar grundsätzlich gefallen, wird aber leider übererklärt, weshalb man den Eindruck hat, dass das Original fürs dumme US-Publikum leichter verständlich gemacht werden musste. Schwerer wiegt jedoch, dass es Matt Sobel nicht gelingt, dem Remake eine eigene Note zu verleihen. Es ist geradezu auffällig, dass "Goodnight Mommy" immer dann am besten funktioniert, wenn das Original 1:1 kopiert wird – was die Abweichungen, und insbesondere Verharmlosungen, nur umso bedauerlicher macht. Trotz dieser Kritikpunkte muss ich "Goodnight Mommy" aber immerhin zugestehen, ein zwar völlig unnötiges, aber zumindest nicht gänzlich unwürdiges Remake zu sein. Gerade auch als deutschsprachiger Horrorfan gibt es letztendlich aber nicht den geringsten Grund, diese unterlegene und weichgespülte US-Version gegenüber dem Original vorzuziehen.