Kurzinhalt:
Shawn verdient sich sein Geld als Influencer. Zuletzt ist er jedoch aufgrund einer fragwürdigen Aktion in Ungnade gefallen, und hat nicht nur zahlreiche Follower, sondern vor allem auch Sponsoren verloren. Für sein Comeback hat er sich etwas ganz Besonderes ausgedacht: Da ein wesentlicher Bestandteil seiner Videoreihe war, dass er sich seinen Ängsten stellt, will er eine Nacht in einem verfluchten Haus verbringen, in dem es spuken soll. Ausgerüstet mit mehreren Kameras, die er an bestimmten Stellen im Haus anbringt, sowie natürlich einer Helmkamera, damit alle seinem Livestream folgen können, hofft er, seinen Kanal wieder auf die Erfolgsspur zurückführen zu können. Dann jedoch mehren sich die unheimlichen Vorkommnisse im Haus. Und während sich seine Follower noch nicht sicher sind, ob sich Shawn mit ihnen einen Scherz erlaubt, und alles nur gestellt ist, wird dem Vlogger zunehmend bewusst, dass es überhaupt keine gute Idee war, die unruhen Geister in diesem Haus aufzuwecken und zu erzürnen. Und so erlebt Shawn in diesem verwunschenen Haus schließlich nicht nur die schrecklichste, sondern möglicherweise auch letzte Nacht seines Lebens…
Review (kann Spoiler enthalten):
Ich bin ja tendenziell jetzt eher nicht so der große Found Footage-Fan; "Deadstream" hat aber echt Spaß gemacht. Dem Film gelingt es dabei sehr gut, einige der gängigen Stolpersteine zu umschiffen. So bin ich halt bekanntermaßen beim Genre ein ziemlicher Paragraphenreiter, sprich, mir ist wichtig, dass wenn man so einen Film dreht und von den zahlreichen Vorteilen – insbesondere natürlich, dass ein vergleichsweise geringes Budget notwendig ist – profitiert, man sich auch an die Regeln halten muss. Mich stört es demnach, wenn angeblich gefundenes Filmmaterial geschnitten ist, oder man, obwohl man ständig nur eine Kamera sieht, zwischen mehreren Blickwinkeln hin- und herschwenkt (hallo "The Sacrament"; fällt mir nur grad ein, weil ich ja kürzlich erst den jüngsten (deutlich besseren) Ti West-Film besprochen habe). Was das betrifft, ist "Deadstream" vorbildlich, wobei es dem Autoren- und Regie-Duo Vanessa und Joseph Winter (letzterer schlüpfte ja auch gleich in die Hauptrolle) dank der verschiedenen von ihm angebrachten Kameras gelingt, einerseits für Abwechslung zu sorgen, und andererseits sich den Aufwand zu ersparen, einen "one cut"-Film à la "Silent House" zu machen, da man so die Schnitte natürlich in den Film – bzw. die Übertragung – einbauen kann.
Da ich "Silent House" gerade erwähnt habe: Im Gegensatz zu dem – der ja 100%ig ernst gemeint war, und dem geneigten Zuschauer in erster Linie das Fürchten lehren wollte – ist "Deadstream" ganz klar als Horrorfilm der Achterbahn- bzw. in diesem Fall wohl noch treffender Geisterbahn-Variante angelegt: Gruselige Szenen sowie der eine oder andere – gut gemachte – Schockeffekt wechseln sich mit lustigen Momenten ab, wobei es "Deadstream" bis zuletzt bestechend gut gelingt, dass der Humor nie auf Kosten der Spannung geht. Neben ein paar einfach wirklich komischen Momenten tragen dabei nicht zuletzt auch die ständig eingeblendeten Live-Kommentare aus dem Internet viel zum Unterhaltungswert des Films bei (einer meiner Favoriten war dabei "I'm so glad I'm not you!"). Joseph Winter trägt den Film dabei sowohl mit seiner charmanten Performance, als auch (gemeinsam mit seiner als Co-Autorin und -Regisseurin fungierenden Frau Vanessa) einigen coolen inszenatorischen Einfällen. Die Liebe zum Genre ist dem Film dabei jederzeit anzumerken. Ja, Shawn taugt – insbesondere wenn man dann zum Ende hin endlich erfährt, was genau er denn eigentlich getan hat, weshalb er in Ungnade fiel – nur bedingt als Sympathieträger. Dafür gelingt es dem Film aber zumindest, ihm eine nachvollziehbare Motivation mit auf dem Weg, mit der man die sonst unweigerlich aufkommende Frage, warum die Protagonisten nicht einfach aufstehen und gehen, gekonnt umschifft. Natürlich lädt dabei so manche Aktion von ihm zu Beginn – mit der er sich vor sich selbst schützen will – zum Kopfschütteln ein. Der eindeutig augenzwinkernden Tons, den der Film trotz allen Grusels bis zuletzt beibehält, und der deutlich macht, dass man ihn nicht zu ernst nehmen soll, erlaubt es einen, diese Dinge leicht(er) zu verzeihen. Nach einer knappen Stunde Laufzeit droht ihm zwar kurzfristig ein bisschen die Luft auszugehen. Und das Ende ist dann doch etwas klischeehaft, und nur beding schlüssig. Insgesamt aber ein wirklich gelungener Film, der sich zwar aufgrund des Konzepts zum alleinigen Konsum am Laptop anbietet, bei einem klassischen Midnight-Screening aber wohl doch nochmal um einiges mehr Laune machen dürfte. Bei mir war es jedenfalls so; weshalb ich froh bin, die Gelegenheit gehabt zu haben, ihn – mit dem richtigen, gut aufgelegten Publikum, am SLASH Filmfestival zu erleben.
Fazit:
Nicht jeder Horrorfilm muss einem Alpträume bescheren, oder unbedingt mit einer wichtigen gesellschaftskritischen Message aufwarten (nicht, dass an dem einen oder dem anderen etwas auszusetzen wäre): Manchmal dürfen auch Horrorfilme einfach nur gut unterhalten. Und eben dies gelang "Deadstream" zumindest in meinem Fall ausgezeichnet. Trotz einiger Skepsis ob meiner doch eher Abneigung gegen das Found Footage-Genre gelang es ihm jedenfalls in knapp 90 Minuten, mich für sich einzunehmen. Dies lag am gelungen umgesetzten Live-Stream-Konzept (inklusive eingeblendeter Videokommentare) ebenso, wie einigen cleveren inszenatorischen Einfällen, sowie nicht zuletzt den immer wieder eingestreuten, gelungenen Gags, mit denen er mich wiederholt zum Lachen brachte. Dabei spricht für den Film, dass der Humor nie auf Kosten der Spannung ging; wenn er packen wollte, gelang ihm das auch. Und trotz seiner in der Tat verachtenswerten Aktion ist es Joseph Winter im Verlauf des Films gelungen, mich Sympathie für seinen Shawn entwickeln zu lassen, so dass ich mit der Zeit doch ordentlich mit ihm mitfieberte. Klar, die eine oder andere Aktion – so gut man seine Motivation dahinter auch erklären mag – war natürlich selten dämlich. Zudem verliert er nach rund einer Stunde ein bisschen an Schwung. Und das Ende fand ich dann auch nicht 100%ig schlüssig. Insgesamt hat der aber – wohl nicht zuletzt aufgrund des gut aufgelegten Publikums, mit dem ich ihn sehen durfte – echt Spaß gemacht.