Kurzinhalt:
Vier Jahre sind vergangen, seitdem das Laconia-System de facto die Kontrolle über die gesamte Menschheit übernommen hat. So lange sitzt James Holden nun auch schon in einem – wenn auch bequemen – Gefängnis auf Laconia, wo er sich regelmäßig mit Imperator Duarte, aber auch seiner Tochter Teresa, trifft. Doch trotz der militärischen und technologischen Übermacht ist der Freiheitswille des Widerstands ungebrochen. Allerdings machen sich Naomi, Alex und Bobbie, die dabei eine wichtige Rolle spielen, zunehmend Sorgen, dass sich ohne einen markanten Erfolg schon bald Hoffnungslosigkeit breitmachen, und ihnen dementsprechend die neuen Rekruten ausgehen könnten. Denn irgendwann wird das Leben unter der Kontrolle von Laconia aus zum Normalzustand werden, und der Wille zur Rebellion sinken. Als Bobbie eine Lieferung von Antimaterie in die Hände fällt, sieht sie die perfekte Gelegenheit, um ein Zeichen zu setzen, und das im Heimat-Sonnensystem der Menschheit stationierte Flaggschiff von Laconia auszuschalten. Doch nicht nur der Widerstand erteilt dem laconischen Imperium einen herben Schlag: Denn als sich Duarte auf ein gefährliches Spiel mit jener Macht einlässt, die einst die Schöpfer des Protomoleküls eliminierte, schlägt diese auf brutale Art und Weise zurück…
Review:
Nachdem ich von "Persepolis erhebt sich" doch ein klein wenig enttäuscht war, hat mich "Tiamats Zorn" schon wieder deutlich mehr überzeugt. Sehr gut gefiel mir dabei vor allem der Verlauf der Handlung im Hinblick auf das Imperium von Laconia, den ich in dieser Form nicht erwartet hatte. Ich fand dabei vor allem Klasse, wie sich Duarte hier in bester "Hochmut kommt vor dem Fall"-Manier für sich und sein Imperium das eigene Grab schaufelte. Denn er ist nicht damit zufrieden, mittlerweile praktisch die gesamte Menschheit unter Kontrolle zu haben, sondern versucht, über einen Angriff quasi in Kontakt mit jener Macht zu kommen, die einst die Schöpfer des Protomoleküls ausgelöscht hat. Dass das nicht gut ausgehen kann, war zwar von vornherein klar, ich hätte aber nicht erwartet, dass er so unmittelbar unter dem von ihm angezettelten Konflikt leiden würde – da er sich ja mit Hilfe des Protomoleküls optimieren ließ, um sein Leben zu verlängern. Jetzt bekommt er sowohl dafür, als eben auch sein gefährliches Spiel, die Rechnung präsentiert – und das Imperium von Laconia wird auf einmal angreifbar. Das war schon eine sehr interessante Entwicklung, mit der ich definitiv gerechnet habe. Trotz aller natürlich offensichtlicher Gefahr hinter dem Zugang fand ich aber auch die Argumentation dahinter, den unbekannten Gegner anzugreifen, faszinierend. Im Hinblick darauf, dass solch eine Attacke eben auch eine Art von Kommunikation darstellt – und es vor allem auch darum ging, um zu sehen, ob hinter den Phänomenen wie z.B. dem Zeitverlust eine Intelligenz steht, oder diese einfach auf physikalische Gesetze zurückgehen, welche die Menschen "nur" noch nicht (gut genug) versteht. Und auch die Referenz auf die Spieltheorie, die mir jetzt schon lang nicht mehr untergekommen war, fand ich spannend. Diese ist in der Tat ein faszinierendes Theorem, welches eines der zentralen Probleme unserer Gesellschaft sehr gut auf den Punkt bringt.
Aber auch die weitere Entwicklung rund um unsere Helden fand ich spannend. Wie sie zu Beginn größtenteils verstreut sind, wobei insbesondere Naomi von ihnen aufgrund der von ihr übernommenen Aufgabe größtenteils isoliert ist. Wie sich ihnen dann die Gelegenheit ergibt, die Tempest auszuschalten, und dem Imperium so einen schweren Schlag zu versetzen – wobei die Mission von ihnen leider einen hohen Preis erfordert. Und auch alles rund um Holden – und den sich in einer Höhle versteckenden Amos – fand ich spannend. Auf der anderen Seite erhalten wir aber eben mit den Perspektiven von Elvi und insbesondere Teresa auch einen Einblick in die Gegenseite, wobei es mir insbesondere letztere angetan hatte. Mit ihr haben Abraham und Frank wieder einmal eine höchst interessante und komplexe Figur erschaffen. Und wie schon aus so manchem früheren Band gewohnt, laufen die verschiedenen Handlungsstränge dann auch hier zu einem packenden und teilweise auch überraschenden Finale zusammen. Der Angriff der Allianz gegen Laconia war mitreißend geschildert, und auch in taktischer Hinsicht wieder mal nett ausgedacht. Zu kritisieren habe ich vergleichsweise wenig. Spätestens als Amos sich Teresa als Timothy vorstellt, war eigentlich schon sonnenklar, worum es sich handelt, weshalb ich es unnötig fand, dass das der laconische Sicherheitschef dann auch nochmal direkt ausspricht. Zudem ist sein Handlungsstrang jener, wo es dem Roman dann doch ein bisschen an der letzten Konsequenz fehlt. Vor allem aber dauerte es meinem Empfinden nach doch ein paar Kapitel, ehe "Tiamats Zorn" so richtig Fahrt aufnahm – und auch, bis ich nach dem vierjährigen Zeitsprung so richtig in die Handlung hineingefunden hatte. Trotzdem war das insgesamt eine wirklich starke Weiterführung der Reihe, nachdem ich nun auf das Finale "Leviathan fällt" umso gespannter bin.
Fazit:
"Tiamats Zorn" begeisterte mich vor allem mit so mancher Entwicklung, gerade auch im Hinblick darauf, wie Duarte hier für so manche seiner Entscheidungen die Rechnung präsentiert bekommt, und sein Imperium letztendlich bereits vor der Zerstörung der Tempest und dem Angriff der Allianz am Ende ordentlich ins Straucheln geriet – was ich in dieser Form definitiv nicht erwartet hatte. Aber auch der Freiheitskampf des Widerstands war spannend mitzuverfolgen. Der Kontrast zwischen den Aufstrebenden Rebellen und dem langsamen Fall des Imperiums – da wir die Handlung aus beiden Perspektiven verfolgten – gab dem Roman dann nochmal einen zusätzlichen Reiz. Darüber hinaus bietet "Tiamats Zorn" die eine oder andere Wendung, die mich emotional durchaus mitgenommen hat. Es gab generell einige dramatische Höhepunkte, und vor allem das Finale war dann sehr packend. Und gewohnt gut geschrieben war der achte Band der "The Expanse"-Reihe ebenfalls wieder. Kleinere Schönheitsfehler mögen zwar eine höhere Wertung verhindern, dennoch war das – im Gegensatz zum Vorgänger – eine Geschichte, wo ich sagen muss: Das hätte ich schon gerne als TV-Serie umgesetzt gesehen. Aber wer weiß, vielleicht bekommen wir dann ja, passend zum Zeitsprung aus den Romanen, in 15-20 Jahren doch noch eine Fortsetzung.