Mit: Tippi Hedren, Rod Taylor, Jessica Tandy, Suzanne Pleshette, Veronica Cartwright, Ethel Griffies, Charles McGraw, Ruth McDevitt, Lonny Chapman, Joe Mantell u.a.
Kurzinhalt:
Melanie Daniels besucht eine Tierhandlung, um einen Papagei abzuholen. Während sie wartet, wird sie von Mitch Brenner angesprochen, der sie scheinbar für eine Verkäuferin hält. Melanie spielt mit, nur um herauszufinden, dass sie getäuscht wurde. Er ist Anwalt, und kennt sie von einer Verhandlung, wo sie wegen eines Streichs vor Gericht stand. Auf diese Weise wollte er den Spieß mal umdrehen. Melanie beschließt, sich zu rächen, indem sie zwei Turteltauben für seine kleine Schwester kauft; eben danach hatte er sich nämlich erkundigt. Doch Mitch ist übers Wochenende zu seiner Mutter nach Bodega Bay gefahren. Melanie beschließt, ihm die Vögel nachzubringen. Dafür fährt sie mit einem Ruderboot über den See. Auf dem Weg zurück wird sie dann jedoch von einer Möwe angegriffen. Man kommt daraufhin ins Gespräch, und Melanie wird zuerst zum Abendessen und dann zu Cathys Geburtstagsfeier eingeladen. Dann jedoch beginnen, die Vögel im Ort zunehmend verrückt zu spielen, und Menschen anzugreifen…
Review:
Anno 1963 unternahm der Meister des Suspense einen Ausflug ins Subgenre des Tierhorrors, welches zuvor insbesondere in den 50ern – dort nicht zuletzt aufgrund von Riesenmonster-Filmen wie "Them!" und "Tarantula" – an Popularität gelang. Als Vorlage diente ihm dabei eine Kurzgeschichte von Daphne Du Maurier, welches von Evan Hunter – der zuvor an der Serie "Alfred Hitchcock Presents" mitgewirkt hatte – in ein Drehbuch adaptiert wurde. Auffällig ist dabei insbesondere der Aufbau, der mich ein kleines bisschen an "Psycho" erinnert hat; dahingehend, dass der Film in etwa zur Mitte bricht. Denn eigentlich beginnt "Die Vögel" wie eine klassische romantische Komödie: Das "meet-cute" in der Tierhandlung, das Techtelmechtel nachdem Mitch sie am Hafen abfängt, und schließlich auch das nähere Kennenlernen und sich offensichtlich zunehmend mögen, in Verbindung mit einer eifersüchtigen Mutter als Hindernis, das überwunden werden muss, damit die junge Liebe eine Zukunft hat. Wüsste man absolut nichts über den Film, würde das alles wie das typische Vorspiel bis zum unvermeidlichen Happy End wirken (und man selbst die kurze Szene mit den Angriff der Möwe als Teil davon abtun; ein Zwischenfall, der Mitch dazu zwingt, seine Verwunderung ob ihrer unerwarteten Ankunft hintanzustellen).
Wesentlich ist dabei, dass der Film auch in dieser ersten Hälfte immer unterhaltsam bleibt; man vermisst die Bedrohung durch die Vögel nicht, weil eben auch dieser romantische Teil bestens funktioniert. Mit dem Angriff bei der Geburtstagsfeier dreht der Film dann aber eben, und rückt die Bedrohung durch die Vögel zunehmend in den Mittelpunkt. Jedoch: Auch danach verliert Hitchcock die Figuren nie aus dem Auge. Eben diese Charakterorientierung ist es auch, welche "Die Vögel" so wohltuend von anderen (und insbesondere modernen) Vertretern des Genres abhebt. In Verbindung mit dem Drehbuch, dass es uns erlaubt, sie zunehmend besser kennenzulernen (was selbst für die Mutter gilt, die anfangs wenig sympathisch und eben wie ein klassischer Stolperstein wirkt, ehe man auch ihre Motivation dann zunehmend zu verstehen beginnt), sowie den charmanten schauspielerischen Leistungen von Tippi Hedren, Roger Taylor (Genre-Fans in erster Linie aus der ersten – und einzig wahren – Verfilmung von H.G. Wells "Die Zeitmaschine" ein Begriff), Jessica Tandy, der jungen Veronica Cartwright (die rund fünfzehn Jahre später statt von Vögeln vielmehr von einem Alien gejagt werden sollte), sowie insbesondere auch Suzanne Pleshette in einer zwar kleinen, aber essentiellen, denkwürdigen und vor allem auch tragischen Nebenrolle, schafft Hitchcock hier eben genau das, woran es so vielen anderen Horrorfilmen mangelt: Uns eine Verbindung zu den Figuren aufbauen zu lassen, so dass wir in weiterer Folge auch wirklich mit ihnen mitfiebern. Darüber hinaus gibt man dem Film aber auch eine starke sozialkritische Komponente, die insbesondere in der (großartigen) Szene in der Kneipe zum Vorschein kommt. Die Ornithologin, die Melanies Bericht gerade noch als Fantasie abgetan hat, meint ob des sich vor ihren eigenen Augen abspielenden Beweises, der ihr Weltbild auf den Kopf stellt und ihre Überzeugung bis in die Grundfesten erschütterte, all dies hätte erst angefangen, nachdem sie nach Bodega Bay gekommen ist. Dies erinnert einerseits an die Hexenverfolgungen von einst, thematisiert aber zudem unsere Tendenz, dem Überbringer einer schlechten Nachricht die Schuld an eben dieser zu geben.
Vor allem aber brilliert "Die Vögel" in inszenatorischer Hinsicht. Was bei Alfred Hitchcock nicht weiter überraschend sein mag, aber trotzdem nicht für selbstverständlich gehalten werden sollte. Unvergesslich ist dabei natürlich die Szene, als Melanie zur Schule fährt, um Cathy abzuholen, und sich auf die Bank setzt. Im Hintergrund hören wir den Kinderchor, während jedes Mal wenn die Kamera zum Gestell hinter Melanie zurückblendet immer mehr Vögel darauf sitzen. Grandios! Und auch das Finale ist dann gleichermaßen spannend wie beeindruckend, mit der Fülle an Vögel, die es sich um die Brenner-Residenz herum bequem gemacht haben. Zudem Tippi Hedren ihre Panik, als man sie nach dem Angriff zuvor nach draußen bringt, phänomenal spielt. Die Szenen, in denen die Vögel Menschen angreifen, sind – unter Berücksichtigung der damaligen Möglichkeiten – beeindruckend und erschreckend überzeugend umgesetzt. Dazu gesellt sich dann noch das großartige Sounddesign, sowie die Tatsache, dass der Grund für den Angriff unerklärt bleibt, was ihn nochmal um einiges gruseliger macht – da es andeutet, dass dies auch in der Realität jederzeit geschehen könnte. Natürlich, mit modernen Augen hat "Die Vögel" viel von seiner beängstigender Wirkung eingebüßt. An seiner filmischen Qualität kann für mich jedoch auch knapp sechzig Jahre später kein Zweifel bestehen.
Fazit:
"Die Vögel" zählt – zumindest für mich – zu den absoluten Klassikern des Tierhorrors. Der Meister des Suspense, Alfred Hitchcock, versteht es wieder einmal, mit brillant inszenierten Szenen aufzufahren – wie jene vor der Schule – und dann insbesondere zum Ende hin die Spannungsschraube ordentlich anzuziehen. Die Aufnahmen der Vögel sind dabei – in Anbetracht der damaligen Möglichkeiten – super getrickst; darüber hinaus trägt auch das Sounddesign enorm viel zum Gelingen des Films bei. Aber auch der Aufbau sticht hervor. Im Gegensatz zu vielen anderen (modernen) Horrorfilmen nimmt sich Hitchcock hier ausreichend Zeit, um die Figuren vorzustellen, und verliert sie selbst wenn sich der Vogel-Terror intensiviert nie gänzlich aus den Augen. Weshalb man hier eben weitaus mehr mit den Charakteren mitfiebert, als das – gerade auch beim Tier- bzw. Monsterhorror – sonst oft der Fall ist. Gespickt mit zahlreichen denkwürdigen Momenten, darunter auch das optisch beeindruckende – und inhaltlich bedrückende – Ende, ist "Die Vögel" auch knapp sechzig Jahre später von einer Qualität, wie sie – insbesondere im Bereich des Tierhorrors – leider viel zu wenige Filme erreichen.