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Eine neue Gefahr kommt durch den Ring Kategorie: Literatur & Comics - Autor: Christian Siegel - Datum: Samstag, 03 September 2022
 
Titel: "The Expanse: Persepolis erhebt sich"
Originaltitel: "The Expanse: Persepolis Rising"
Bewertung:
Autoren: Daniel Abraham & Ty Franck (als James S. A. Corey)
Übersetzung: Jürgen Langowski
Umfang: 640 Seiten (D)
Verlag: Heyne (D), Orbit (E)
Veröffentlicht: 11. Februar 2019 (D), 05. Dezember 2017 (E)
ISBN: 978-3-453-32081-6 (D), 978-0-35651-032-8 (E)
Kaufen: Taschenbuch (D), Kindle (D), Taschenbuch (E), Kindle (E)
 

Kurzinhalt: Dreißig Jahre nach dem Krieg gegen Marco Inaros ist die Crew der Rocinante immer noch zusammen. Im Auftrag der Transport-Union reist man immer wieder durch den Ring, um die Koloniewelten zu besuchen. Die letzte Reise hinterließ jedoch insbesondere bei Captain Holden einen schlechten Beigeschmack, war man doch eigentlich dazu beauftragt, eine aufmüpfige Koloniewelt völlig abzuschirmen. Da diese noch nicht autark ist, hätte dies letztendlich den Tod aller Bewohner bedeutet. Sehr zum Missfallen von Präsidentin Drummer hat Holden stattdessen den verantwortlichen Governeur durch den Ring gebracht, damit ihm der Prozess gemacht werden kann. Dennoch denken Holden und Nagata nach dieser Erfahrung zum ersten Mal darüber nach, ihren wohlverdienten Ruhestand anzutreten. Man informiert die anderen darüber, und ernennt Bobbie Draper zum neuen Captain – dann jedoch zeigt sich, dass das Universum andere Pläne für sie und alle anderen Bewohner des Sonnensystems hat: Denn hinter dem Ring hat sich auf der Koloniewelt Persepolis eine neue Macht erhoben. Mit fortschrittlichen Schiffen, die sich Protomolekül-Technik bedienen, gelingt es ihnen spielerisch, die Ringstation einzunehmen. Im Auftrag des Führers von Persepolis, Duarte, soll Admiral Singh sowohl das Sonnensystem, welches die Wiege der Menschheit bildete, als auch die anderen Ringwelten in die Knie zwingen…

Review: Mit "Persepolis erhebt sich" vollzieht die "Expanse"-Reihe zeitlich einen großen Sprung (was wohl auch mit ein Grund war, warum sich Amazon entschlossen hat, die Serie mit der sechsten Staffel – zugleich die Adaption des sechsten Buchs – zu beenden), ist der siebte Roman doch dreißig Jahre nach "Babylons Asche" angesiedelt. Insofern dauerte es doch ein bisschen, ehe ich mich in dieser neuen Umgebung zurecht fand. Mit ein Problem war dabei für mich, dass eben dieses Setting letztendlich gar nicht so neu und unterschiedlich war. Ich verstehe natürlich, dass sich das Autorenduo nach sechs Romanen den Figuren verbunden fühlt, aber dass die Roci-Crew dreißig Jahre später immer noch genau die gleiche ist, wie am Ende des vorangegangenen Teils – ich weiß ehrlich gesagt echt nicht, ob mich das überzeugt. Ich meine, in der Zeit hatten wir in Österreich elf Bundeskanzler (und Nr. 12 könnte nicht mehr allzu lange auf sich warten lassen). Ok, Scherz beiseite: Dreißig Jahre sind halt echt eine lange Zeit; etwas mehr Mut, den Status Quo zwischen dem Ende von "Babylons Asche" und "Persepolis erhebt sich" zu verändern, hätte gut getan; oder aber, man hätte den Zeitsprung deutlich reduziert. Dann wäre es auch deutlich schneller gegangen, das neue Setting zu etablieren, und man hätte früher mit der eigentlichen Story starten können. Wenn diese dann mal loslegt – nach einem gefühlten Drittel – beginnt auch "Persepolis erhebt sich" langsam aufzudrehen. Das Setup rund um diese große Macht hinter dem Ring, die versucht, die Menschheit unter ihrer Führung zu vereinen, hat definitiv etwas für sich, und sorgt dann nicht nur für den Rest des Romans, sondern wohl auch den Rest der Reihe, für eine spannende Ausgangssituation. Denn: In einer solch aussichtslosen Lage hat sich unsere Roci-Crew – aber auch die gesamte Menschheit – wohl noch nie befunden.

Was den Aufbau betrifft, scheint "Persepolis erhebt sich" anfänglich wieder zu den Ursprüngen der Reihe zurückzugehen. Ok, nicht ganz; in "Leviathan erwacht" gab es ja nur zwei Perspektiven. Danach dominierten jedoch für eine lange Zeit jeweils vier – und dies gilt in etwa auch für die erste Hälfte dieses Romans. Erst danach weichen Abraham und Franck das Konzept wieder auf, und präsentieren u.a. auch einzelne Kapitel aus der Sicht von z.b. Naomi, Clarissa, Amos oder Alex – während wir ab einem bestimmten Punkt in der Handlung auf Holden's Perspektive dann gänzlich verzichten müssen. Ich muss gestehen, gerade auch diesen narrativen Sprung spannend gefunden zu haben, immerhin war Holden nun lange Zeit die Hauptfigur. Dies ließ "Persepolis erhebt sich" im letzten Drittel dann zunehmend frisch erscheinen. Der Roman profitiert dann insbesondere auch zum Ende hin davon, dass man den Autoren definitiv zutraut, dass wir uns hier von einer liebgewonnenen Figur doch mal verabschieden müssen, was die Spannung des Showdowns deutlich erhöht. Insgesamt lag die Stärke von "Persepolis erhebt sich", trotz einiger durchaus spannender Entwicklungen und Beobachtungen, insbesondere rund um das Konzept einer "freundlichen Diktatur/Machtübernahme", für mich auch in erster Linie genau dort, nämlich eben bei den Figuren. Sei es jenen, die wie nun schon seit Anbeginn begleiten, jene, die im Verlauf der Reihe dazugekommen sind (wobei Avasarala wohl nicht nur bei mir zu den absoluten Favoriten zählt), bis hin zu Admiral Singh, den ich als Charakter – auch wenn ich natürlich zu keinem Zeitpunkt auf seiner Seite stand – ungemein spannend fand. Und dann ist der Roman auch wieder gewohnt gut geschrieben, und wartete auch mit einzelnen schönen Passagen und/oder Gedanken auf (wie z.B. "That seemed to be the human pattern – reach out to the unknown, and then make it into the sort of thing you left in the first place.").

Fazit: Zwar will ich "Persepolis erhebt sich" keineswegs schlecht reden, insgesamt würde ich ihn aber doch als den bisher schwächsten Roman der Reihe einschätzen. Es mag sein, dass dieser Eindruck zumindest teilweise auf den Zeitsprung zurückzuführen ist, nachdem mir einerseits der Einstieg ein bisschen schwer gefallen ist, wo ich aber andererseits auch fand, dass sich seit "Babylons Asche" – insbesondere im Hinblick auf die Rocinante-Crew – unglaubwürdig wenig getan hat. Und generell brauchte ich einfach ein bisschen, ehe ich mich in dieser Welt dreißig Jahre später zurechtgefunden hatte. Mit der Ankunft des Schiffes von Persepolis, welches dann auch rasch die Macht über die Medina-Station übernimmt, dreht "Persepolis erhebt sich" dann aber langsam auf, und insbesondere das letzte Drittel fand ich dann durchaus spannend. Interessant auch, wie sich das mit den POV-Charakteren im weiteren Verlauf entwickelt. Vor allem aber schafft die Übermacht von Persepolis zweifellos eine spannende Ausgangssituation für den Rest der Reihe!

Bewertung: 3/5 Punkten
Christian Siegel
(Cover © 2020 Heyne)





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