Mit: Katharina Hirschberg, Harriet Herbig-Matten, Benjamin Weygand, Emilia Nöth, Richart Kreutz, Franziska Weisz, Holger Stockhaus, Herman van Ulzen, Dominikus Weileder, Pauletta Pollmann, Leander Lesotho, Kurt Krömer, Judith Richter u.a.
Kurzinhalt:
Aufregung in Falkenstein: Es gehen mehrere Meteoriten nieder! Dadurch stürzt unbemerkt auch ein außerirdisches Raumschiff ab, dessen Pilot jetzt seine Black Box sucht, um wieder nach Hause zu kommen. Derweil wird Graf Falko aus dem Gefängnis entlassen, nachdem er als Betrüger verhaftet worden ist. So soll er bei der Geburt vertauscht worden und damit gar nicht der rechtmäßige Graf von Falkenstein sein. Diesen Titel beansprucht V. Arscher für sich, der sich nun auf dem Schloss einquartiert. Auf dem Martinshof treten unterdessen 3 sonderbare Jugendliche ihren Ferienaufenthalt an: Die rebellische "Disturber", die nerdige "Spooky" und der schweigende "Silence". Es kommt zu Reibereien, die schließlich dazu führen, dass "Disturber" flieht…
Review:
Ordnen wir den Film zunächst ein: Bei "Bibi & Tina - Einfach anders" handelt es nicht um den 5. Teil der erfolgreichen Filmreihe, die zwischen 2014 und 2017 entstanden ist, sondern um die Fortsetzung der TV-Serie, die 2020 auf Prime Video veröffentlicht wurde. Dafür wurde handlungstechnisch der Reset-Knopf gedrückt, alle Rollen wurden neu besetzt. Schade, denn die Reihe war thematisch ebenso wie die Figuren (und das Publikum) von Film zu Film herangereift. Das aber nur am Rande. Wenn man so will, haben wir es also mit einem Reboot zu tun. Hinter den Kulissen blieb allerdings alles beim Alten: Detlev Buck führt Regie, Bettina Börgerdings schreibt die Bücher, Ulf Leo Sommer und Peter Plate machen die Musik. Weiterhin rüttelt man nicht am bewährten Konzept und präsentiert wie gehabt eine schrille Mixtur aus Abenteuer und Komödie, gepimpt mit modernen Pop-Musicalnummern. Und auch wenn es nicht gewollt ist: Genau deswegen müssen sich die Serie und deren Leinwandsequel dem Vergleich mit der "alten" Tetralogie stellen, zumal die Serie lediglich 3 Jahre und der neuerliche Film 5 Jahre nach dem letzten Teil "Tohuwabohu Total" veröffentlicht wurden bzw. wird.
Dabei zieht "Einfach anders" in beinahe jedem Belang ganz klar den Kürzeren. Rein optisch erweist sich Katharina Hirschberg zwar als Idealbesetzung der pfiffigen Junghexe Bibi Blocksberg, doch weder schauspielerisch noch gesanglich ist sie den Anforderungen dieser Rolle gewachsen. Ihr darstellerisches (Un-) Vermögen beschränkt sich auf 1-2 Gesichtsausdrücke, ihre Dialoge trägt sie höchst teilnahmslos vor, ihre Vocals sind so weit abgemischt, dass ihrer Stimme jedweder natürliche Klang abhanden kommt. Die Songs sind nicht einmal lippensynchron eingespielt, wodurch sich der synthetische Eindruck noch einmal verstärkt. Mit ihren 20 Jahren agiert Hirschberg weitaus gezwungener als ihrerzeit Lina Larissa Strahl, die mit 17 Jahren erstmals die Bibi Blocksberg verkörperte. Ich habe auch einige Blicke in die Amazon-Serie, in der sie überhaupt zum ersten Mal als Schauspielerin auftritt, geworfen und muss zu meinem Bedauern feststellen, dass sich ihre Darstellung seitdem nicht erkennbar weiterentwickelt hat. Unter dem Strich ist sie angesichts ihrer fehlenden Schauspielerfahrung leider eine völlige Fehlbesetzung. Anders hingegen die 18-jährige Harriet Herbig-Matten, die als Bibis beste Freundin und Pferdenärrin Tina Martin deutlich eingehender und authentischer auftritt. Dass sie bereits schauspielerische Erfahrung (u.a. in der Hauptrolle in "Das Pubertier - Der Film") vorweisen kann, ist unverkennbar. Auch der übrige Cast agiert weitgehend solide, wobei man allerdings Michael Maertens als Graf Falko schmerzlich vermisst. Holger Stockhaus erreicht in dieser Rolle zu keinem Zeitpunkt die exzentrischen Sphären, die Graf Falko einst so denkwürdig machten. Auch Kurt Krömers Part als Antagonist V. Arscher fällt vergleichsweise bodenständig aus, ist seine Rolle längst nicht so skurril angelegt wie einst Charly Hübners Hans Kakmann oder Olli Schulz' Angus Naughty.
Herzstück der "Bibi & Tina"-Filme waren stets die musikalischen Einlagen, die gemeinhin über ein gewisses Ohrwurmpotenzial verfügten und in Kinderzimmern sowie im Auto rauf und runter liefen. Heuer soll es nicht anders sein: Ein gutes Dutzend Songs ist mal mehr, mal weniger sinnvoll in die Handlung integriert, doch kaum einer reißt mit, geschweige dass er im Gedächtnis bleibt. Meine 6-jährige Tochter hat folgendes Fazit gezogen: "Mir haben die Songs gefallen, ich habe sogar mitgeklatscht." Ich erinnere mich jedoch bestens an die Vorführungen der "alten" Filme, in denen das junge Publikum am Ende jubelnd aufgesprungen ist und mitgesungen und mitgetanzt hat. Hier fehlt nun der Spirit, der Funke, es fehlt der Pep. Diese Defizite werden am Ende noch deutlicher, wenn sich der Song zum Abspann schlicht als Neuauflage des Michelle-Schlagers "Anders ist gut" entpuppt.
Was ist sonst noch in Falkenstein los? Wie gewohnt versammeln sich auf dem Martinshof einige sonderbare Gäste: Die rebellische "Disturber", die nerdige "Spooky" sowie der schweigende "Silence". Doch jedes vorstellbare Klischee wird an diesen Figuren bedient. "Disturber" kommt bei alledem noch am besten weg, verkörpert sie doch das Anliegen des Films, zu sich selbst zu stehen, auch wenn man mit Vorurteilen und Ablehnung konfrontiert ist. Doch weder ist es spannend, dass sie im weiteren Verlauf in die Fänge von V. Arscher gerät, noch berührt die schlussendliche Vesöhnung mit ihrer Mutter. Weiterhin wird der Cliffhanger der letzten Serien-Episode aufgelöst: Graf Falko kehrt aus dem Gefängnis zurück, nachdem er wegen Betruges verhaftet wurde. So soll er bei der Geburt vertauscht worden und damit nicht der rechtmäßige Graf von Falkenstein sein. Derweil quartiert sich der vermeintlich wahre Graf von Falkenstein, V. Arscher, auf dem Schloss ein und verramscht und demoliert das Inventar. Dieser Plot, so hanebüchen er auch ist, funktioniert tatsächlich besser als der Plot rund um "Disturber" & Co. Es entspinnt sich ein Detektivabenteuer, das zwar nicht sonderlich überraschend ausgeht, aber dennoch über weite Strecken gut unterhält. Darüber hinaus ist in Folge eines Meteoritenhagels ein Außerirdischer in Falkenstein gestrandet, der nun nach der Black Box seines Raumschiffes sucht, während die Einwohner außer Rand und Band geraten, bis es schließlich zu einer Massenhysterie kommt. Dieser Handlungsstrang gefällt mir - nicht nur wegen des SciFi-Einsschlages - am besten: Zum einen bekommt man das niedlichste Alien seit langem zu sehen, zum anderen verteilt Detlev Buck hier einige spitze Seitenhiebe in Richtung der Sensationspresse und entlarvt die Einwohner Falkensteins als leichtgläubigen Mob, der sich von selbsternannten Propheten manipulieren lässt, die Geschäfte plündert und WC-Papier hamstert.
Dieser satirische Biss, der typische Buck'sche Humor, die schon die "alten" Filme mit auszeichneten und sie schließlich auch für ein erwachsenes Publikum ansprechend machten, kommen hier jedoch viel zu kurz und vermögen den elterlichen Zuschauer, der sich den Film mit seinen Kindern ansieht, nicht konstant bei Laune zu halten. Umso langatmiger erscheinen Szenen wie die Kartoffelernte, in der zudem ein völlig depperter Song über die Erdknolle gesungen wird, oder Funky Frölichs Radiogespräche; umso entbehrlicher wirken Geschehnisse wie Frau Krauses Einbruch in den Hühnerstall oder Graf Falkos Wandlung zum "Vampir", da entweder rein gar nichts passiert oder der Film völlig abdriftet. Es fällt dem Film außerordentlich schwer, seine Geschichte in den 100 Minuten flüssig zu erzählen sowie seinen Unterhaltungswert aufrecht zu erhalten - Attribute, die insbesondere Teil 3 und 4 der Tetralogie kennzeichneten. Aber, auch das sei bedacht, tat sich Teil 1 narrativ ebenso schwer, ehe die Filmreihe sich schrittweise kultivierte. Hoffnungslos ist der Neustart also nicht.
Fazit:
Sowohl handlungstechnisch als auch narrativ ist "Bibi & Tina - Einfach anders" ein Rückschritt. Was die Besetzung, die Story, den Humor und - leider - auch den Soundtrack anbelangt, zieht der Film im Vergleich zur "alten" Tetralogie deutlich den Kürzeren. Lasse ich jedoch den Vergleich zu den "alten" Filme beiseite, bleibt ein Abenteuer, das Kinder im Grundschulalter durchaus mit Spannung und Vergnügen zu unterhalten weiß und zudem eine ermutigende Botschaft vermittelt. Zwar wird dem elterlichen Zuschauer nicht viel geboten, doch dem Kind zuliebe hält man selbstverständlich tapfer bis zum Schluss durch. Das Alien ist unfassbar drollig, und der neu aufgelegte Michelle-Schlager ist ja gar nicht so übel.