Kurzinhalt:
Shasta wächst im südlichen Calormen auf. Eines Abends hört er zufällig, dass Arsheesh nicht sein wirklicher Vater ist, und ihn dieser als Sklave weiterverkaufen will. Er beschließt daraufhin, Reißaus zu nehmen. Kurz nachdem er aufgebrochen ist, trifft er auf ein Pferd – und ist überrascht, als dieses plötzlich zu sprechen beginnt. Bree, so der Name des Hengstes, stammt so wie alle sprechenden Tiere aus dem Königreich Narnia, und möchte eben dahin zurückkehren. Allerdings würde ein alleine vor sich hin trabendes Pferd für Aufsehen sorgen, bzw. eingefangen werden. Die beiden beschließen daraufhin, sich zusammenzutun. Auf ihrem Weg treffen sie schon bald auf die Prinzessin Aravis, die ebenfalls auf einem sprechenden Pferd, der Stute Hwin, unterwegs ist. Auch Aravis ist auf der Flucht, soll sie doch dazu gezwungen werden, einen Großwesir zu heiraten. Doch der Ritt nach Narnia ist mit zahlreichen Gefahren – und auch so manchem Abenteuer – gepflastert…
Review:
Die Grundidee hinter "Der Ritt nach Narnia" konnte mir eigentlich in zweierlei Hinsicht sehr gut gefallen. Auf der einen Seite, weil wir das Geschehen hier zum ersten Mal nicht aus Sicht eines "Außenseiters" erleben, der Narnia von unserer Welt aus besucht, sondern aus der Perspektive von Personen, die dort leben bzw. geboren wurden. Und andererseits, weil es sich hier in gewisser Weise um ein "Sidequel" zu "Der König von Narnia" handelt, welches irgendwann im letzten Kapitel – wo die lange Regentschaft der vier Pevensie-Kinder nur kurz angesprochen wurde – angesiedelt ist, und ein kleines Seitenabenteuer aus eben dieser Zeit erzählt. Und doch ist es eben nicht eine klassische Fortsetzung, nicht nur wegen der zeitlichen Einordnung, sondern auch der inhaltlichen Ausrichtung – spielen Lucy, Edmund, Susan und Peter doch hier nur eine untergeordnete Rolle. Vier hauptsächliche Protagonisten bekommen wir allerdings auch diesmal wieder: Den (vermeintlichen) Sklavenjungen Shasta, die junge Adelige Aravis, sowie – und das ist einer der Clous an der Geschichte – zwei sprechende Pferde aus Narnia, den Hengst Bree (im Übrigen eine spannende Namenskorrelation zum "Herrn der Ringe"), und die Stute Hwin. Das war schon eine interessante Kombination. Wobei der Schwerpunkt letztendlich schon sehr deutlich auf Shasta liegt. Zwischenzeitlich hatte ich noch den Eindruck, dass Lewis Aravis mindestens gleichwertig behandeln würde – nachdem wir ihre Erlebnisse nachdem sich die beiden Gruppen kurzfristig (und unfreiwillig) getrennt hatten – spätestens das Finale, dass Aravis quasi am Abstellgleis verbringt, macht den Fokus dann aber nochmal sehr deutlich. Was mir auch wieder gefiel, waren der gute Schreibstil, sowie so manch witzige Formulierung, die zwischenzeitlich bei mir für Erheiterung sorgte – wie z.B. die dort herrschenden (inoffziellen) Verkehrsregeln ("everyone who is less important has to get out of the way for everyone who is more important"), oder auch über die spätere Ehe von Shasta und Aravis ("They were so used to quarreling and making up again that they got married so as to go on doing it more conveniently.").
Klingt alles ja soweit mal nicht schlecht. Die Wertung macht allerdings schon deutlich: Insgesamt war ich auch von "Der Ritt nach Narnia" nicht sonderlich angetan. Denn so nett es auch formuliert gewesen sein mag, inhaltlich war ich mit dem dritten Band der Reihe wieder nicht wirklich glücklich. Denn ja, das Grundkonzept war sicherlich nett, aber letztendlich wird hier eine doch ziemlich belanglose Geschichte erzählt, die kaum zu verzaubern und noch weniger zu packen vermag. Erschwerend kommt der Elitarismus hinzu, der sich u.a. daran zeigt, dass nicht nur Aravis eine junge Prinzessin ist, sondern sich am Ende schließlich auch Shasta als "Adel" offenbart – ist er doch der Zwillingsbruder des Prinzen von Archenland; fast so, als wäre er als "echter" Sklavenjunge weniger wert gewesen. Den Roman durchzieht zudem im Hinblick auf die Darstellung der Verhältnisse im Süden ein überaus unguter, latenter Rassismus. Sehr kritisch sah ich auch, wie schon zuvor bei "Der König von Narnia", die Kriegsverharmlosung, um nicht zu sagen -verherrlichung. Neuerlich ziehen am Ende – unter anderem – Kinder in den Krieg, die eben diesen für ein Abenteuer halten; eine Einschätzung, der leider dann vom Inhalt in keinster Weise widersprochen wird. Eher im Gegenteil, mit der Art und Weise, wie das Schlachtgeschehen schließlich in der Art einer Sportveranstaltung kommentiert wird. Mein größter Kritikpunkt ist aber Aslans Bestrafung von Aravis. Das war mir dann doch zu viel "Auge um Auge, Zahn um Zahn", ohne auf die (mildernden) Umstände Rücksicht zu nehmen. Wenn sie in böser Absicht agiert hätte, wäre es etwas anderes. Aber es ging ihr ja darum, der Zwangsehe zu entkommen. Damit die Flucht gelang, musste sie ihre "Aufpasserin" betäuben. Sie dafür hier nun zu bestrafen, wirkte einfach nur grausam. Schäm dich, Aslan! Oder vielmehr natürlich: Lewis.
Fazit:
Die Grundidee hinter "Der Ritt von Narnia" gefiel mir ja eigentlich ganz gut. Nämlich einerseits, eine Geschichte aus der – am Ende von "Der König von Narnia" nur allgemein erwähnten – langen Regentschaft der Pevensie-Kinder zu erzählen (bei der sie selbst jedoch nur eine untergeordnete Rolle spielen), vor allem aber, sich auf Figuren konzentrieren, die in Narnia (bzw. der dortigen Welt) heimisch sind, und nicht etwa von unserer durch irgendwelche phantastischen Wege dorthin gelangen. Leider war die Geschichte an sich nicht wirklich etwas Besonderes, gab es ein paar bedauerliche rassistische Untertöne, schmeckte mir die hier neuerlich zur Schau gestellte Darstellung von Krieg als aufregendes Abenteuer (oder sportliche Auseinandersetzung) nicht, und tat ich mir in Anbetracht dessen, dass sie ja aus einer Notlage heraus agierte, mit Aslans Bestrafung von Aravis überaus schwer (man will sich gar nicht ausmalen, was passiert wäre, wenn die das arme Sklavenmädchen umgebracht hätten). Die charmant-humorvolle Erzählweise konnte für mich halt leider nur teilweise über diese Misstöne hinwegtrösten.