Kurzinhalt:
Als sie ein Kind war, hat Barbie ein Traumland erschaffen, welches sie immer wieder aufsuchte. Mittlerweile hat sie dieses jedoch schon lang nicht mehr besucht. In ihrer Abwesenheit hat sich nun ein sogenannter Kuckuck eingenistet, und das Land droht unterzugehen. Den von Barbie geschaffenen Traumkreaturen, die ihren damaligen Stofftieren nachempfunden sind, gelingt es, einen von ihnen als Bote ins reale New York zu schicken. Langsam beginnt sich Barbie wieder an die Träume aus ihrer Kindheit zu erinnern, und willigt ein, in das von ihr geschaffene Reich zurückzukehren, um es zu retten. Dann jedoch vergehen Stunden, und sie scheint immer noch zu schlafen. Ihre Freundinnen, die im gleichen Apartmenthaus wohnen, beschließen daraufhin, ihren Körper zu bewachen – denn wie sich zeigt, greift sie der Kuckuck nicht nur im Traumreich, sondern auch in der realen Welt an. Als man befürchtet, dass sie in ihrer eigenen Welt gefangen sein könnte, reisen einige ihrer Freundinnen auf Anleitung der Hexe Thessaly ins Traumland, um sie zu befreien…
Review:
Ähnlich wie zuvor in "Traumland" spielt Morpheus in "Über die See zum Himmel" lange Zeit eine sehr untergeordnete Rolle. Erst im letzten hier versammelten Band kommt ihm dann eine entscheidende Rolle zu. Im Gegensatz zu dort hat es mich hier aber nicht so sehr gestört; wohl auch, da ich die hier eingefangene Story sehr interessant fand. Auf der einen Seite haben wir hier Barbie, die einst als Kind in einer Traumwelt Zuflucht gesucht hat. Mir gefiel die Idee, wie sie dort ihre Stofftiere zum Leben erweckte, ausgesprochen gut. Aber auch die Idee rund um den Kuckuck, der sich in ihrem Traum einnistet, und dieses Nest nun zerstören muss, um frei zu sein, war faszinierend. Umso mehr, als sich eben dieser Kuckuck letztendlich als die jüngere, kindliche Version von Barbie selbst herausstellt. Die Handlung in der Gegenwart hatte es mir aber ebenso angetan. Pluspunkte sammelt "Über die See zum Himmel" dabei nicht zuletzt dafür, wie Neil Gaiman hier lange vor entsprechenden LGBTQ-Debatten ein lesbisches Paar und eine Frau, die als Mann geboren wurde, präsentiert. Wie mir generell sehr gut gefiel, dass die Frauen bei "Über sie See zum Himmel" klar den Ton angeben. Aus heutiger Sicht mag man aufgrund des in den letzten Jahren bzw. Jahrzehnten zunehmend auftretenden "Kill your gays"-Klischees eine bestimmte Wendung kritisieren, ich fand es aber vielmehr sehr berührend; insbesondere dann natürlich den Epilog beim Begräbnis, bzw. dann mit dem Grabstein. Hier war Neil Gaiman mit "Über die See zum Himmel" seiner Zeit definitiv voraus. Zugegeben, frühere Bände von "Sandman" waren auch schon epischer. So einfallsreich und fantasievoll die Geschichte hier auch sein mag, sonderlich komplex ist sie nicht. Auch die Verknüpfung zum größeren Sandman-Mythos bzw. der fortlaufenden Handlung rund um ihn sind wie eingangs erwähnt hier wieder eher verhalten. Und die künstlerische Gestaltung fand ich zwar auch hier wieder durchaus gut und nicht uninteressant, ich würde die Optik jetzt aber nicht zu den größten Stärken des Comics zählen. Mich hat "Über die See zum Himmel" aber gut unterhalten.
Fazit:
"Über die See zum Himmel" erzählt eine einfallsreiche Geschichte, die sich auf wunderbare Weise mit Märchen, kindlicher Fantasie usw. auseinandersetzt. Neben der Handlung im von Barbie geschaffenen Traumland – inklusive der letztendlichen Auflösung rund um den Kuckuck – hatten es mir aber auch die Ereignisse im realen New York angetan. Insbesondere ihre Freundinnen, und die gesamte Dynamik zwischen ihnen, fand ich sehr interessant, und gelungen beschrieben. Und auch der Epilog rund um das Begräbnis (mehr will ich an dieser Stelle nicht verraten) stach für mich hervor. Zwar plätschert die Story da und dort ein bisschen vor sich hin, und erreicht erst im letzten hier versammelten Band – nicht zuletzt mit dem Auftritt von Morpheus – einen echten Höhepunkt. Zudem bin ich mit der künstlerischen Gestaltung der Comics trotz des markanten Stils nach wie vor nicht 100%ig glücklich. Und im Vergleich zu früheren Sammelbänden schien die Story hier für die Handlung des Sandman selbst nur bedingt von Belang zu sein – weshalb man argumentieren könnte, dass sie als eigene Fantasy-Erzählung ohne die Figur vielleicht besser aufgehoben gewesen wäre. Bei "Über die See zum Himmel" ist das aber letztendlich Jammern auf hohem (wenn auch nicht höchstem) Niveau.
