Kurzinhalt:
Ein paar Jahre vor ihrer gemeinsamen Zeit auf der Rocinante: James Holden ist ein Offizier der Erd-Navy, und leistet seinen Dienst an Bord der UNN Zheng Fei. Nach einem Streich wird nur sein Komplize erwischt und zum Strafdienst eingeteilt, woraufhin Holden beim Captain gesteht, auch Teil der Aktion gewesen zu sein. Kurz darauf verweigert er den Befehl, auf ein Schiff der OPA zu feiern, nachdem dieses verabsäumt, auf ihre Rufe zu reagieren. In etwa zur gleichen Zeit stellt Naomi Nagata als neue Chefmechanikerin der Canterbury einen neuen Mechaniker ein – und findet in Amos Burton eine verwandte, ebenfalls von den Schatten der Vergangenheit geplagte, Seele. Alex Kamal erhält indes nach der Rückkehr von seiner jüngsten Tour zu seiner Familie auf dem Mars die frohe Kunde, dass seine Frau mit ihrem zweiten Kind schwanger ist. Angesichts des Familienzuwachses beschließt Alex, seine Karriere als Pilot an den Nagel zu hängen, und einen Job auf dem Mars anzunehmen. Dann jedoch schlägt das Schicksal zu. Nachdem er bewusstlos geschlagen wurde, findet sich Amos Burton in einer verrückten Traumwelt rund um eine Game Show wieder, im Zuge derer er auch seiner tragischen Kindheit einen Besuch abstattet. Und auf der Ceres-Station versucht Josephus Miller, dem berüchtigten Gangster – und Menschen-Schmuggler – Ariaga das Handwerk zu legen…
Review:
2017 erschienen von den Boom! Studios vier Webcomics, welche Geschichten rund um James Holden, Naomi Nagata, Alex Kamal und Amos Burton erzählt, die ein paar Jahre vor dem ersten Buch "Leviathan erwacht" bzw. der ersten TV-Episode "50.000 Kilometer" angesiedelt sind. Im Jahr darauf wurden diese dann in einem Sammelband veröffentlicht, in dem als Bonus auch noch eine Story rund um Josephus Miller enthalten war. Eben diesen knöpfte ich mir nun, quasi als Übergang von der sich dem Ende zubewegenden TV-Serie zu den Büchern, vor. Nun sollte ich an dieser Stelle gleich erwähnen, dass ich die Serie nicht mehr gut genug im Kopf habe, um zu beurteilen, inwiefern wir die hier enthaltenen Hintergründe aus der Serie schon kennen. Ich habe die Staffeln bislang immer nur bei der Erstausstrahlung gesehen, und das ist teilweise mittlerweile doch eine Zeit her (ich werde sie, wenn ich mit den Büchern fertig bin, nochmal von Anfang bis Ende durch-bingen; vorausgesetzt, das Finale geht nicht ähnlich schief wie "Game of Thrones", was ich aber doch nicht hoffen will). So oder so konnten mir die hier enthaltenen Geschichten aber überwiegend sehr gut gefallen. Den Anfang macht James Holden, den wir hier in seiner Zeit als Offizier auf der UNN Zheng Fei kennenlernen. Sein ausgeprägter moralischer Kompass, der die Figur zumindest auch in der Serie bestimmen sollte (zu den Romanen kann ich ja noch keine Aussage treffen), zeigt sich hierbei nicht nur darin, dass er seinen Komplizen beim Streich die Strafe nicht alleine absitzen lässt, sondern vor allem auch beim Vorfall rund um das Schiff der OPA, welches schließlich auch dazu führt, dass seine Vorgesetzte ihn aus dem Dienst entlässt. Die zweite Geschichte gefiel mir dann aber fast noch besser. Denn hier erleben wir keine einzelne, unabhängige Story, sondern sehen vielmehr, wie sich Naomi und Amos kennenlernten. Das fand ich schon sehr interessant; zumal beide problemgebeutelte Figuren sind, die von ihrer eigenen Vergangenheit – und ihren Taten – gezeichnet sind.
Die Story rund um Alex Kamal auf dem Mars war dann ebenfalls nett. Sein innerer Konflikt zwischen seiner Sehnsucht, seiner Bestimmung als Pilot nachzukommen, sowie seiner Verantwortung als Familienvater, wird hier sehr gut herausgearbeitet, und so fühlte ich mit ihm durchaus mit. Umso mehr, als seine Frau ihr vermeintliches zweites Kind verliert (und dies offensichtlich nicht zum ersten Mal passiert). Letztendlich erleben wir hier, wie die Ehe zwischen ihm und seiner Frau in die Brüche ging, und erhielten so wieder interessante Hintergrundinformationen zur Figur. Mit der nachfolgenden, doch recht ungewöhnlichen Geschichte rund um Amos und seinem Traum während er bewusstlos ist konnte ich dann hingegen leider weniger anfangen. Mir war das dann doch etwas zu schräg, und der Informationsgewinn beschränkt sich letztendlich auf ein bis zwei Seiten, die man anders auch hätte unterbringen können. Bleibt noch die Geschichte rund um Miller, und die war für mich wiederum neben jener von Naomi das Highlight dieser Sammlung. Nicht nur zeigt man uns hier, wie er seinen Job als Polizist verlor, sondern lässt uns auch miterleben, wie Miller desillusioniert (oder zumindest noch desillusionierter) wurde. Zudem gibt uns der Comic einen Einblick in die teils schweren Lebensbedingungen auf Ceres, und erklärt damit auch, wo der Hass der Gürtler auf die Inneren – von denen sie sich im Stich gelassen fühlen – herkommt. Inhaltlich war ich von "Origins" somit überwiegend sehr angetan. Was den Sammelband dann aber leider doch noch leicht hinunterzieht, ist die künstlerische Gestaltung, die ich dann doch eher nur als ok einstufen würde. Nun weiß ich nicht, ob die Figuren von vornherein ihren Pendants aus der Serie nicht zu ähnlich sehen sollten (Lizenzprobleme? Oder wollte man es eben doch vage halten, damit das auch als Prequel zu den Romanen funktioniert, und man das beim Leser im Kopf entstandene Bild der Figuren nicht "zerstört"?), aber ohne die Titel bzw. den Inhalt wäre es teilweise schwer gewesen, zu sagen, wer das sein soll. Aber auch davon abgesehen habe ich schon weitaus schönere Illustrationen gesehen. Die Hintergründe waren vereinzelt auch eher schlicht, und die Farbgebung würde ich ebenfalls "nur" als solide einstufen. Selbst ich als sicherlich nicht größter Comic-Experte traue mir zu sagen: Das geht definitiv besser.
Fazit:
Abseits der etwas gar eigenwilligen Story rund um Amos war ich inhaltlich von "The Expanse: Origins" sehr angetan. Wobei es zugegebenermaßen zu lang her ist, dass ich die frühen Staffeln gesehen habe, als dass ich beurteilen könnte, inwiefern hier nur bereits bekannte Informationen nochmal aufgewärmt wurden, und man hier wirklich neues erfährt. Zudem kann ich noch nicht beurteilen, ob "Origins" nur als Prequel der Serie oder auch der Romane funktioniert. So oder so, die Geschichten selbst haben mir überwiegend sehr gut gefallen – im Gegensatz zur künstlerischen Gestaltung, die ich bestenfalls nur als ok einstufen würde, und die qualitativ mit dem Inhalt leider recht klar und deutlich nicht mithalten konnte. Das kostet "Origins" dann noch nochmal einen halben Punkt – sollte Fans der Serie allerdings nicht davon abschrecken, sich dieses Comic-Prequel vorzuknöpfen.