Mit: Andrea Riseborough, Christopher Abbott, Jennifer Jason Leigh, Rossif Sutherland, Gabrielle Graham, Hanneke Talbot, Matthew Garlick, Daniel Park, Hrant Alianak, Rachael Crawford, Gage Graham-Arbuthnot, Tuppence Middleton, Sean Bean u.a.
Kurzinhalt:
In der nahen Zukunft gibt es eine Technologie, die es ermöglicht, das Bewusstsein eines anderen Menschen quasi zu kapern. Eine zwielichtige Geheimorganisation benutzt diese Macht, um Attentate – gegen Bezahlung – durchzuführen. Da das Ende der Mission üblicherweise darin besteht, dass jener Agent, der die "besessene" Person steuert, diese dazu zwingt, sich selbst in den Kopf zu schießen, verhindert man, dass die Attentate jemals zu ihnen zurückverfolgt werden können. Tasya Vos ist eine der erfolgreichsten Attentäterinnen der Firma. Dann jedoch schafft sie es am Ende einer Mission nicht, den Abzug zu drücken. Zwar kann sie damit, dass sie die übernommene Person in einen klassischen "Selbstmord durch Cops" drängt, schlimmeres verhindern, dennoch weckt dies Zweifel an ihrer Eignung. Doch Tasya besteht darauf, weiterhin voll einsatzfähig zu sein. Die nächste Zielperson ist ein erfolgreicher Unternehmer. Um ihn auszuschalten, schlüpft sie in das Bewusstsein seines Schwiegersohns in spe. Dann jedoch gerät die Mission völlig aus den Fugen…
Review:
"Possessor" ist nach "Antiviral" der zweite Langfilm von Brandon Cronenberg. Auch diesmal sind die Einflüsse der Arbeit seines Vaters David – Technologie, Body-Horror-Elemente – unverkennbar. Doch wo ich "Antiviral" eher vom Konzept als im Ergebnis überzeugend fand, ist ihm mit "Possessor" in meinen Augen einer der interessantesten und verstörendsten Filme des ablaufenden Kinojahrs geglückt. Auf der einen Seite holt er sich dabei auch diesmal wieder einige Pluspunkte fürs sehr spannende – und erschreckende – Grundkonzept ab. Die Idee, dass sich jemand mit Hilfe einer futuristischen Technologie mit deinem Gehirn bzw. deinem Bewusstsein verbindet, und dieses kapert, um deinen Körper gegen deinen Willen zu steuern, ist höchst erschreckend. Umso mehr, als diese übernommenen schließlich als unfreiwillige Attentäter verwendet werden, und der letzte Schritt jeder Mission ist, mittels "Selbstmord" alle Spuren zu verwischen. Doch diesmal war es eben nicht nur das Konzept, sondern auch die Umsetzung, die mich enorm ansprechen konnte, angefangen vom Design, der Inszenierung (insbesondere der "Transfer"-Sequenzen), den schauspielerischen Leistungen, und vor allem auch dem Drehbuch.
Dabei wirft einen "Possessor" erstmal sehr unvorbereitet in diese alptraumhafte Welt. Ich selbst habe ihn gänzlich ohne Vorwissen – nicht mal einen Trailer – gesehen (er war teil des heurigen SLASH-1/2-Kurzfestivals im Juni), und ähnlich wie z.B. einem "Matrix" sind das für mich letztendlich auch die besten und idealen Voraussetzungen, da vor dem Schock und Entsetzen ob des Konzepts zuerst einmal Verwirrung dominiert, und damit auch Neugier bzw. das Interesse, herauszufinden, was genau hier eigentlich vor sich geht. Doch auch danach hat "Possessor" für mich noch wunderbar funktioniert. Ich will und werde über den weiteren Verlauf der Handlung nicht zu viel verraten, aber in weiterer Folge kommt es dann quasi zu einem Wettstreit darüber, wer die Kontrolle über Colins Körper hat, und vor allem auch diese Momente fand ich spannend. Zumal man sich auch nicht in jedem Augenblick sicher ist, wer denn nun quasi am Steuer sitzt, was jede neue Szene sehr spannend macht. Zudem verwendet man gerade auch diese Vermischung, damit wir in weiterer Folge nicht nur mehr von Colin erfahren, sondern auch von Tasya. Gerade auch diese Einblicke fand ich spannend, wobei ich es zugleich begrüße, dass sie bis zu einem gewissen Grad bis zuletzt ein Rätsel bleibt. Schauspielerisch gibt es ebenfalls absolut nichts zu bemängeln. Andrea Riseborough und Christopher Abbott sind so verlässlich wie immer, mit Jennifer Jason Leich, Tuppence Middleton und Sean Bean sind zudem noch drei weitere bekannte Gesichter in prominenten Rollen mit dabei. Und vor allem optisch bestach "Possessor", sowohl was die Inszenierung bzw. die Bildgestaltung betrifft, als auch das Design des Films, und hier insbesondere der Sets. Zugegebenermaßen ist "Possessor" ein sehr atmosphärischer Film, in den man hineinkippen muss, sonst wird man sich wohl rasch langweilen. Der noch sehr mysteriöse Beginn mag hier tatsächlich, zumindest bei manchen, eher hinderlich als hilfreich sein. Ich war aber von Anfang an drin, und habe die weitere Entwicklung der Story mit Spannung verfolgt.
Fazit:
Von seinem Erstling "Antiviral" war ich persönlich, trotz auch schon interessanter Ansätze, ja nicht ganz so begeistert; mit "Possessor" macht Brandon Cronenberg aber seinem prominenten Vater alle Ehre. Neben dem so interessanten wie erschreckenden Grundkonzept sticht dabei vor allem die visuelle Gestaltung des Films hervor. Aber auch die darstellerischen Leistungen, insbesondere von Andrea Riseborough und Christopher Abbott, hatten es mir angetan. Und auch was die Atmosphäre betrifft fand ich "Possessor" ausgezeichnet. Nun ist das zugegebenermaßen ein Film, wo man vielleicht etwas braucht hineinzufinden; und es gibt sicherlich auch jene, denen dies bis zuletzt nicht so recht gelingt. Dann wird man ihn wohl, aufgrund des nicht übermäßig hohen Erzähltempos, langweilig finden. Ich hingegen war von "Possessor" durchgehend fasziniert, und halte ihn für einen der interessantesten und verstörendsten Filme des sich nun langsam dem Ende nähernden Kinojahres.