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Teil eins der bildgewaltigen Neuverfilmung Kategorie: Filme - Autor: Christian Siegel - Datum: Samstag, 18 September 2021
 
 
Dune
Originaltitel: Dune
Produktionsland/jahr: USA 2021
Bewertung:
Studio/Verleih: Warner Bros./Legendary Entertainment
Regie: Denis Villeneuve
Produzenten: U.a. Cale Boyter, Joseph M. Caracciolo Jr., Mary Parent & Denis Villeneuve
Drehbuch: Denis Villeneuve, Jon Spaihts & Eric Roth, nach dem Roman von Frank Herbert
Filmmusik: Hans Zimmer
Kamera: Greig Fraser
Schnitt: Joe Walker
Genre: Science Fiction
16. September 2021
Kinostart USA: 22. Oktober 2021
Laufzeit: 155 Minuten
Altersfreigabe: FSK ab 12
Trailer: YouTube
Kaufen: 4K, Blu-Ray, DVD
Mit: Timothée Chalamet, Rebecca Ferguson, Oscar Isaac, Zendaya, Jason Momoa, Josh Brolin, Stellan Skarsgard, Dave Bautista, Javier Bardem, Charlotte Rampling u.a.


Kurzinhalt: Arrakis. Dune. Der Wüstenplanet. Der einzige Ort in der Galaxis, wo Spice vorkommt, jenes bewusstseinserweiternde Gewürz, ohne dass interstellare Reisen nicht möglich wären. Nachdem Arrakis nun jahrzehntelang in der Hand der brutalen Harkonnen lag, wird die Verantwortung über die Spice-Ernte nun Haus Atreides übertragen. Eine Falle des Imperators Shaddam IV., um Herzog Leto Atreides, auszuschalten – sieht er doch in dessen Beliebtheit eine Bedrohung für seinen Thron. Leto ist sich der Gefahren bewusst, doch der Befehl des Imperators lässt ihm keine andere Wahl, als sehenden Auges in die Falle zu tappen. Er hofft, sich mit den indigenen Fremen verbünden und so Shaddam IV. stürzen zu können. Dann jedoch schlägt Baron Harkonnen, in Verbindung mit den Sardaukar – den Elitetruppen des Imperators – früher zu als erwartet. Doch der Plan des finsteren Barons geht nicht zur Gänze auf, denn Letos Sohn Paul – der seit geraumer Zeit von Träumen von Dune, und insbesondere einer jungen, hübschen Fremen-Frau geplagt wird – und dessen Mutter Jessica – eine Hexe des Bene-Gesserit-Ordens, und Letos Konkubine – gelingt die Flucht. Gestrandet in der weiten und lebensfeindlichen Wüste von Arrakis, liegt ihre einzige Hoffnung darin, die Fremen zu erreichen, ehe die feindlichen Truppen sie einholen…

Review: Szenenbild. Frank Herberts Science Fiction-Klassiker gilt (galt?) gemeinhin – nicht zuletzt, als einige prominente Projekte, u.a. initiiert von David Lean ("Lawrence von Arabien") oder auch der doch eher für exzentrische Werke bekannte argentinische Regisseur Alejandro Jodorowsky (deren scheitern man in der so unterhaltsamen wie empfehlenswerten Doku "Jodorowsky's Dune" nachverfolgen kann) – als unverfilmbar. Eine Einschätzung, die durch David Lynchs kreativem und finanziellem Fehlschlag "Dune – Der Wüstenplanet" aus 1984 (wenn sich der auch seit dem Flop zu einem kleinen Kultfilm gemausert hat, und mittlerweile eine treue Anhängerschaft um sich scharren konnte; nicht umsonst steht in Kürze die Veröffentlichung einer ultimativen Sonderedition durch Koch Films an) eher bestärkt als entkräftet wurde. Die vor rund 20 Jahren produzierte SyFy-Serie schlug sich zwar inhaltlich besser, als ich aber vor zwei Jahren (unmittelbar nach einer neuerlichen Sichtung des Lynch-Films) versuchte, sie mir nochmal anzuschauen, kam ich an den teils lächerlichen Kostümen, dem generell im Vergleich zu Lynch weitaus schwächeren Design, und generell dem billigen Eindruck, den die Produktion verströmte, nicht vorbei, und brach nach einer halben Stunde ab (ich werde heuer im Winter einen neuerlichen Versuch unternehmen, aber in meinen Augen ist die jedenfalls – abseits des tollen Soundtracks – sehr schlecht gealtert).

Nun tritt mit Denis Villeneuve einer der profiliertesten Regisseure unserer Zeit an, um diese Einschätzung Lügen zu strafen. Zuletzt zunehmend zum Genre-Darling avanciert, ist meine eigene Vergangenheit mit seinem Werk nicht ganz unproblematisch. "Incendies" (der erste Film, den ich von ihm kenne) war in der Tat ein starker Film/Thriller. Mit dem vielgelobten "Prisoners" tat ich mir hingegen überaus schwer; und mit dem mittlerweile auch durchaus Kultstatus genießenden "Enemy" konnte ich überhaupt gleich gar nichts anfangen (wobei es sich eventuell lohnen könnte, dem nochmal eine Chance zu geben). Erst beginnend mit "Sicario" gelang es ihm dann wieder, mich für sich zu gewinnen, der war nämlich wirklich klasse. In erster Linie ist ihm aber mit "Arrival" ein moderndes Genre-Meisterwerk gelungen, das ich immer noch zu den allerbesten Filmen der vorherigen Dekade halte. Mit "Blade Runner 2049" hat er dann bereits das erste Mal im Genre scheinbar unmögliches geschafft, nämlich ein wenn auch in meinen Augen nicht gleichwertiges, so doch zumindest würdiges Sequel zu Ridley Scotts Kultfilm zu erschaffen. Danach traute ich ihm so ziemlich alles zu – und in der Tat legt er mit "Dune" die wohl ultimative Version von Frank Herberts durchaus sperrigen Stoff (böse Zungen – zu denen ich mich, wie nachzulesen ist, nicht zähle – würden behaupten, der Roman ist so trocken wie die Wüste von Arrakis) vor. Hoch anzurechnen ist ihm dabei, dass ihm dies gelingt, ohne der Geschichte an Komplexität zu rauben. Natürlich muss man im Film auf die teils ausufernden philosophischen Diskussionen aus dem Roman verzichten (und, ganz ehrlich, gerade auch bei der gefühlt 100 Seiten langen Dinner-Konversation halte ich das für keinen großen Verlust). Dennoch erwartet einen hier ein großes und teils durchaus komplexes Universum mit unterschiedlichsten Gruppierungen, Motivationen, und Mythen (wobei letztere, sehr zu meinem Gefallen, immer eine wissenschaftliche Grundlage haben, sei es der "gezüchtete" Auserwählte, oder auch die von den Bene Gesserit verbreitete Prophezeiung unter den Fremen).

Szenenbild. Dies gelingt ihm in erster Linie durch einen starken Fokus auf die Figuren. Vor allem Paul und seinem inneren Kampf, seinen Zweifeln, Ängsten und auch Hoffnungen, widmet er sich ausführlich. Aber auch Jessica kommt nicht zu kurz. Hoch anzurechnen ist ihm dabei, dass er es im Gegensatz zu David Lynch, der auf Voice Over-Kommentare setzte (die, nicht zuletzt dank ihrer teilweisen Schwülstigkeit, für mich der größte Kritikpunkt an dessen Adaption war), es versteht, uns vielmehr durch die Inszenierung – die Bilder, die Musik, und nicht zuletzt die schauspielerischen Leistungen – an ihren Gedanken und Gefühlen teilhaben zu lassen. Immerhin ist Film ja nun mal auch ein visuelles Medium, und Villeneuve versteht es wunderbar, eben dies zu seinen Gunsten einzusetzen. Dies führt dazu, dass sein "Dune" – ganz im Gegensatz zur dialoglastigen Vorlage – mit vergleichsweise wenig Worten auskommt. Und eben diese Bilder, mit denen er die Geschichte erzählt, sind einfach nur atemberaubend. Selten war der Begriff "Bilderrausch" passender als hier, und ich ging nach den zweieinhalbstunden tatsächlich ein bisschen benebelt aus dem Kinosaal. Was Villeneuve hier optisch auffährt, ist jedenfalls einfach nur sensationell, und sollte auf einer so großen Leinwand wie möglich genossen werden.

Beeindruckt war ich dabei nicht von der Kameraarbeit und/oder der Bildkomposition, sondern auch vom Design. Man kann Lynchs Film ja viel vorwerfen, aber was allgemein – auch von mir – uneingeschränkt gelobt wurde, war die Design-Arbeit. Ausstattung, Kostüme, Sets, Modelle – alles ikonisch, und mit Abstand der beste Bestandteil des Films. Insofern hätte ich es (eventuell auch beeinflusst von der heillos unterlegenen Leistung diesbezüglich bei der SyFy-Miniserie) nicht für möglich gehalten, dass es Villeneuve und seinem Design-Team gelingen würde, hier bei der Neuadaption noch einmal eins draufzusetzen; doch genau das haben sie getan. Ok, vielleicht nicht unbedingt bei den Kostümen. Und die Sets sind teilweise auch etwas schlicht (wenn auch riesig). Aber die Sandwürmer, die Ornithopter, die Requisiten und insbesondere die Raumschiffe hatten es mir enorm angetan. Unterstützt wird die bestechende Optik dann von einem stimmungsvollen und wie die Faust aufs Auge passenden Score von Hans Zimmer. Dass die Musik in einzelnen Stellen etwas zu laut ist, und die Dialoge fast zu übertönen droht (was an einige der letzten – auch von ihm vertonten – Filme von Christopher Nolan erinnert) ist nicht ihm anzulasten, sondern der Tonmischung, die tatsächlich da und dort etwas ausgewogener hätte sein können, insgesamt aber ebenfalls sehr präzise und überzeugend gestaltet ist (und u.a. bei der Anwendung der Stimme positiv hervorsticht). Die letzte wesentliche Stärke liegt dann in der Besetzung. Ich konnte zugegebenermaßen bislang den Griss um Timothée Chalamet nicht ganz nachvollziehen, hier allerdings begeistert er mit einer nuancierten Performance, und gelingt es ihm letztendlich überraschend leicht, den Film als Hauptprotagonist zu tragen. Neben ihm ist es vor allem noch Rebecca Ferguson, die mit einer ungemein engagierten und gefühlvollen Performance beeindruckt. Aber auch der ohnehin immer verlässliche Oscar Isaac, der wieder einmal sehr charmante und charismatische Jason Momoa, die bezaubernde Zendaya, ein beeindruckend korpulent hergerichteter Stellan Skarsgard, sowie die von Javier Bardem über Josh Brolin, Dave Bautista, Chen Chang, Sharon Duncan-Brewster und David Dastmalchian bis hin zu Charlotte Rampling reichende Riege an NebendarstellerInnen, gibt sich in Villeneuves SF-Epos keine Blöße.

Szenenbild. Leider hat "Dune" auch ein ganz entscheidendes Problem, dass (vorerst) verhindert, dass ich ihn höher bewerten kann: Wie im Vorhinein kolportiert und im Film selbst gleich zu Beginn mit der Titeleinblendung "Part 1" deutlich gemacht, erzählt "Dune" nicht die ganze Geschichte aus dem (ersten) Roman (wobei die Hälfte wiederum zu wenig gesagt ist; inhaltlich nähern wir uns am Ende von Teil 1 vielmehr schon dem letzten Drittel). Dies führt dazu, dass die Story hier vorerst nirgends hinführt. Man bemüht sich zwar, durch Pauls Visionen (die zugleich einen Ausblick auf das geben, was uns – hoffentlich – im zweiten Teil erwartet) den abschließenden Kampf als Schlusspunkt zu präsentieren, kann dabei aber nicht kaschieren, dass dies letztendlich ein sehr hohles Duell ist, da Paul in dieses emotional nicht wirklich involviert ist (wobei man dies durch die Interpretation, dass er hier eher mit sich als seinem Gegner kämpft, zumindest leicht abschwächt). Einen ähnlich logisch-schlüssigen Abschluss wie bei den "Herr der Ringe"-Filmen (wo Jackson ja z.B. bewusst Boromirs Tod quasi vorverlegte) fand man hier aber leider nicht. Insofern hätte ich es besser gefunden, wenn Villeneuve doch etwas effizienter erzählt und die Geschichte hier in zwei Stunden untergebracht hätte; dann hätte sich der Rest locker in einer dritten Stunde erzählen und auch wirklich der gesamte Roman in einem Film umsetzen lassen. So hingegen ist "Dune" (erstmal) ein zweieinhalbstündiges Vorspiel ohne Höhepunkt – und dementsprechend doch etwas unbefriedigend.

Fazit: "Dune" ist zweifellos das Kinoereignis des Jahres (das traue ich mich heute schon zu sagen, selbst wenn wir erst Mitte September haben) und gewinnt zugegebenermaßen durch die lange, corona-bedingt leider erforderliche Kino-Pause an zusätzlichen Event-Charakter. Ein besseres Argument, warum Kino nach wie vor essentieller Bestandteil unserer Kultur und des Lebens ist, als Denis Villeneuves bildgewaltige Adaption von Frank Herberts "Dune", hätte sich wohl nicht finden lassen. Ihm gelingt hier, dem vermeintlich unverfilmbaren (und bei aller Liebe zugegebenermaßen doch eher sperrig-trockenen Stoff) Roman gerecht zu werden, und schafft (vermeintlich/hoffentlich) den Spagat zwischen Vorlagentreue und Zugänglichkeit. Getragen von perfekt gecasteten und durchwegs motivierten DarstellerInnen, einem stimmungsvollen und perfekt mit den Bildern verschmelzenden Score von Hans Zimmer, grandiosen Designs und Landschaftsaufnahmen, insbesondere aber der bereits erwähnten Bilderpracht, die mich teilweise fast in einen rauschartigen Zustand versetzte, hat Denis Villeneuve mit "Dune" ein moderndes Science Fiction-Epos erschaffen – oder zumindest, vorerst, ein halbes. Denn genau das ist der eine große Knackpunkt an "Dune": Er setzt erstmal nur rund 60% der Vorlage um, was nicht nur dafür sorgt, dass der Film inhaltlich hier doch noch eher ins nichts führt, sondern uns vor allem auch dem (gar nicht so geringen, halte ich den Stoff doch selbst in Villeneuves Adaption für nur bedingt massentauglich) Risiko aussetzt, dass uns "Dune" mit diesem offenen und doch eher unbefriedigenden ende/Abbruch zurücklassen wird. Dafür gibt es vorerst – bis zur Bestätigung von Teil zwei – noch einen Punkt Strafabzug. Trotz dieses nicht unerheblichen Mankos ist Denis Villeneuves Neuverfilmung von "Dune" ein fantastisches SF-Epos, welches man unbedingt auf einer so großen Leinwand wie möglich erleben sollte.

Wertung: 8 von 10 Punkten
Christian Siegel
(Bilder © 2021 Warner Bros.)


Weiterführende Links:
Review zu "Dune" (Roman)
Review zu "Dune" (David Lynch)
Review zu "Jodorowsky's Dune"





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