Inhalt & Review:
Bisher fand ich die "History of Middle-Earth"-Reihe ja sehr interessant, und zumindest für große Fans des von J.R.R. Tolkiens geschaffenen Mittelerde-Universums empfehlenswert. Der fünfte Band der Reihe ist aber nun leider der erste, wo ich die Anschaffung – zumindest abseits von den absoluten Hardcore-Fans die wirklich jedes einzelne Wort dass jemals rund um Mittelerde geschrieben wurde besitzen wollen/müssen – doch eher überdenken würde. Ich könnte mir vorstellen, dass es ab dem nächsten Band insofern schon wieder besser wird, als sich Christopher Tolkien dort dann der Entstehungsgeschichte von "Der Herr der Ringe" widmet. Dies hier wirkt aber ein bisschen wie ein Lückenfüller bzw. wie Resteverwertung. Das einzige wirklich neue Material, das hier enthalten ist, ist "The Lost Road" – und die ist tatsächlich nicht grundsätzlich uninteressant. Schon allein die Entstehungsgeschichte – ist sie doch ein direktes Resultat einer Challenge, der sich C.S. Lewis und J.R.R. Tolkien zusammen stellten, nämlich innerhalb der von ihnen geschaffenen Mythologien eine Zeitreisegeschichte zu schreiben – weiß zu gefallen. Leider aber hat Tolkien von "The Lost Road" gerade einmal die ersten zwei Kapitel geschrieben, die noch nicht wirklich einen Eindruck von der Geschichte erlauben. Wenn man ganz kritisch ist, könnte man sagen, dass die Story just dort aufhört, wo sie gerade beginnt, interessant zu werden. Und im Gegensatz zu anderen Werken gibt es hier auch keine Notizen, die Rückschlüsse erlauben würden, wie es hätte weitergehen sollen. Damit ist "The Lost Road" (die Einzelgeschichte jetzt) maximal ein Kuriosum, welches man sich zwar schon 1x durchlesen kann – im Gegensatz zu den früheren Büchern der Reihe bezweifle ich aber stark, dass ich sie mir in meinem Leben nochmals zur Brust nehmen werde.
Nun ist "The Lost Road" rein vom Umfang betrachtet ja eigentlich eh nur ein vergleichsweise kleiner Teil des fünften Bandes – aber genau das ist insofern eben genau das Problem an der Sache, als der Rest im Grunde schon bekannt ist. Beim Rest – "The Fall of Numenor", "Annals of Beleriand", "Annals of Valinor", "The Music of the Ainur" und "Quenta Silmarillion" – handelt es sich aber letztendlich nur um Zwischenfassungen, die kurz vor "Der Herr der Ringe" entstanden sind. Und während ich den Blick auf die allerersten Fassungen dieser Geschichten zum ersten und zweiten Zeitalter, und dem Vergleich mit dem fertigen Silmarillion, sehr spannend fand, sehe ich in dieser Zwischenversion keine nennenswerte Bereicherung. Als letzter Bereich ist dann mit "The Etymologies" noch ein Bereich zur Entwicklung der elbischen Sprachen von Mittelerde enthalten, den ich hier wieder, wie schon bei den Anhängen von "Der Herr der Ringe", ausgelassen habe, da es für mich einfach nicht relevant/interessant ist. Natürlich, vereinzelt mag es schon ganz nett sein, diese Zwischenstufe zu erleben, und zu sehen, dass sich Tolkien für manche Änderungen noch vor der großen Überarbeitung nach der Fertigstellung von "Der Herr der Ringe" entschieden hat. Zudem sind die Geschichten an sich ja deshalb noch lange nicht schlecht. Aber bis auf "The Lost Road" ist halt alles, was hier enthalten ist, schon in anderen Versionen bekannt. Das sollte einem in jedem Fall bewusst sein, ehe man sich auch das fünfte Buch der Reihe ins Regal holt.
Fazit:
"The Lost Road and Other Writings" war nun der erste Band der "The History of Middle-Earth"-Reihe, wo ich leider so Ehrlich sein und sagen muss: Ich weiß nicht, ob sich das wirklich ausgezahlt hat. Das einzig gänzlich neue, bislang unbekannte Werk, das hier enthalten ist, ist eben die titelspendende Geschichte "The Lost Road" – die allerdings, da von J.R.R. Tolkien gerade mal zwei Kapitel geschrieben wurden, mit "unvollständig" noch äußerst wohlwollend umschrieben ist. Und im Gegensatz zu früheren abgebrochenen Stücken wie dem Fall Gondolins oder Beren und Luthien gibt es hier auch keine Informationen darüber, wie die Geschichte wohl weitergegangen wäre – einfach, weil Christopher Tolkien nichts abdrucken kann, was nicht existiert. Und beim Großteil des restlichen hier enthaltenen Materials handelt es sich letztendlich nur um eine Zwischenstufe zwischen den zuvor veröffentlichten frühen Rohfassungen und dem fertigen "Silmarillion". Das mag vereinzelt auch nicht uninteressant sein, aber der Vergleich zwischen Erst- und Letztversion war zweifellos ungleich spannender. War die Reihe schon bisher nichts für Leute, die nur sehr oberflächlich mit den Werken von J.R.R. Tolkien vertraut sind, ist "The Lost Road and Other Writings" somit nun der erste Band, den ich nur den absoluten Hardcore-Fans und Mittelerde-Enthusiasten empfehlen kann.
Bewertung: 2.5/5 Punkten
Christian Siegel
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