Kurzinhalt:
Die U.S.S. Enterprise stattet dem Planeten Sindikash einen Besuch ab. Auf diesem findet in Kürze die Wahl eines neuen Staatsoberhaupts statt. Odette Khanty gilt dabei – nach einem Anschlag auf ihren Mann, dessen Kandidatur sie übernommen hat – als Favoritin. Im Gegensatz zu ihrem Mann, der nach dem Attentat auf ihn im Koma liegt, spricht sich Odette für einen Ausstieg Sindikashs aus der Föderation aus. Dies ist jedoch nicht der einzige Grund, weshalb die Föderation sie lieber verlieren sehen würde. Noch viel schwerer wiegt, dass Odette Khanty insgemein die Anführerin der größten Verbrechensorganisation des Planeten ist. Tatsächlich geht man davon aus, dass sie selbst hinter dem Anschlag auf ihren Mann steckt. Nur: Bislang ist es nicht gelungen, ihr ein Verbrechen nachzuweisen. Eben dafür soll nun Worf sorgen. Da Khanty einige Klingonen als ihre Handlanger beschäftigt, soll sich auch er von ihr anwerben lassen. Sein alter Freund Ross Grant, der ihn auf der Mission begleitet, soll ihm dabei helfen, die benötigten Beweise zu besorgen. Etwas später wird Ross dann Zeuge, wie Odette ihren Mann ein für alle Mal ermordet – da es jedoch Worf selbst nicht gesehen hat, verbietet es ihm seine klingonische Ehre, eine entsprechende Aussage zu machen. Wird Odette mit dem Mord an ihrem Mann nun davonkommen, und die Wahl gewinnen? Während Worfs Undercover-Mission übernimmt Captain Picard die Aufgabe, dessen Sohn Alexander durch den klingonischen Tag der Ehre zu begleiten. Dieser will in einem Holo-Abenteuer mehr über einen seiner Vorfahren erfahren – wählt dafür jedoch nicht die klingonische, sondern vielmehr die menschliche Seite seiner Herkunft. Und so finden sich Jean-Luc und Alexander während des amerikanischen Unabhängigkeitskriegs auf einem Schiff der englischen Marine wieder…
Review (kann Spoiler enthalten):
Anders als es meine kurze Inhaltsangabe andeutet, sind die beiden Handlungsstränge rund um Worf bzw. Alexander vom Umfang her in etwa gleichwertig. Beim Holodeck-Abenteuer frönt Diane Carey hier (nicht zum ersten bzw. letzten Mal innerhalb ihrer "Star Trek"-Geschichten; siehe z.B. ihre beiden Beiträge zur Anthologie "Enterprise Logs") ihrer – historischen und praktischen – Segel-Leidenschaft. Zu Beginn tat ich mir mit der Storyline zwar insofern ein bisschen schwer, als die Paarung Picard und Alexander doch etwas eigenwillig wirkte; nicht zuletzt angesichts Jean-Lucs Schwierigkeiten mit Kindern, vor allem aber, als man meinen sollte, dass der – auch wenn er das Geschehen genau genommen nur überwacht – bei einer so wichtigen Mission etwas Besseres zu tun hat, als sich im Holodeck zu vergnügen. Zudem gab es in der Serie halt wirklich schon genug Episoden, wo das Holodeck irgendwie verrückt spielte; zumindest diesen Aspekt hätte sich Carey (im verzweifelten Versuch, die Gefahr für Picard und Alexander real und so auch mehr Spannung hineinzubringen) sparen sollen. Spannender wurde es dann, als man an Land ging, und es dort dann zur Begegnung zwischen Alexander Leonfeld (ein österreichischer Herzog!) und seinem Verwandten kommt. Denn während Leonfeld auf Seiten der Briten kämpft, hat sich letzterer dem amerikanischen Unabhängigkeitskampf angeschlossen. Besonders interessant fand ich dabei nicht zuletzt Alexanders (also Worfs Sohn) Reaktion, und wie dieser zuerst meint, die Unabhängigkeitskämpfer hätten keine Ehre, nur um in weiterer Folge aufgrund der Ereignisse zunehmend dazu gezwungen zu werden, seine Meinung zu revidieren. Wie die Darstellung des Krieges hier generell überraschte, aufgrund des gegenseitigen Respekts, den sich beide Seiten entgegenbringen. Oder auch, wenn Gefangene ihr Ehrenwort geben, keinen Fluchtversuch zu unternehmen, und dieses dann auch tatsächlich halten. Natürlich, Krieg ist immer eine brutale Angelegenheit, so wie Diane Carey den Unabhängigkeitskrieg hier aufzeigt, scheint in den darauffolgenden Jahrhunderten leider einiges an Anstand und Menschlichkeit verloren gegangen zu sein.
Jedenfalls: Nach anfänglicher Skepsis sollte sich dieser Handlungsstrang dann noch zu meinem Favoriten der beiden mausern. Was allerdings nicht nur daran liegt, dass mich die Holodeck-Story mit zunehmender Seitenzahl immer mehr ansprach, sondern auch, dass die Kurve des Worf-Handlungsstrang dazu genau konträr verlief. Denn dort gefiel mir wiederum der Einstieg ausgesprochen gut, insbesondere Worfs schockierte Reaktion auf die unehrenhafte Vorgehensweise jener Klingonen, die in Odettes Dienst stehen. Etwas schwer tat ich mir dann zugegebenermaßen mit Ross Grant; ich glaub, im echten Leben würde mich ein solcher Kerl eher (und rasch) nerven. Zudem entwickelte sich der Plot, sobald die Undercover-Mission begann, dann auch sehr klischeehaft. Und vor allem, nachdem Ross die Verbrecherlady dabei erwischt, wie sie ihren Mann (endgültig) umbricht, fiel die Story dann doch ziemlich zusammen. Das beginnt eben schon dabei, dass sie diese Tat selbst begeht, statt sie einem ihrer Handlanger zu übertragen (wo sie falls man sie erwischt auch gleich einen Sündenbock zur Hand hätte; dass dieser dazu beauftragt wurde, kann sie ja abstreiten). Deutlich schwerer als das wog für mich allerdings das Unverständnis von so ziemlich allen Leuten rund um Worf – Ross Grant, sein eigener Sohn Alexander; ja selbst Captain Picard kommen Zweifel, ob der Kurs richtig ist (was mir zur sonst so rechtschaffenen Figur überhaupt nicht passen wollte) – dass er, um Odette Khanty hinter Gitter zu bekommen, keinen Meineid leisten will. Vor allem aber war der Ausgang des Geschehens, mit der Falle an Odette, die dann auch just in diese tappt und sich in angeberischer Art und Weise vor ihren Feinden verplappert. Das war nun wirklich schwach. Nicht ganz glücklich war ich teilweise auch mit der einen oder anderen etwas eigenwilligen Formulierung (wobei ich mir nicht sicher bin, ob die wirklich Carey oder nicht doch eher der Übersetzung von Ronald M. Hahn anzulasten sind) und/oder Referenzen (weil dass man im vierundzwanzigsten Jahrhundert von einem "mitreißenden Orient-Express-Gefühl" sprechen soll, kommt mir doch etwas seltsam vor). Und ein gewisses Interesse an Geschichte mitzunehmen, schadet angesichts der ausschweifenden Holodeck-Handlung sicher auch nicht. Insgesamt ist "Altes Blut" aber ein solider Roman, der dank der beiden sehr unterschiedlichen Storylines schön abwechslungsreich daherkommt.
Fazit:
"Altes Blut" erzählt zwei sehr unterschiedliche parallele Handlungsstränge, die wohl auch bei den Lesern unterschiedlich ankommen dürften. In meinem Fall fand ich dabei interessant, dass ich ursprünglich mit der Worf-Handlung mehr anfangen konnte, dies dann jedoch spätestens zur Mitte des Romans zunehmend zu kippen begann. Dies lag jedoch nicht nur daran, dass mich die Holodeck-Handlung immer mehr ansprechen konnte (wenn dies auch der Fall war), sondern auch daran, dass die Worf-Story meinem empfinden nach zunehmend abbaute. Vor allem mit der Art und Weise, wie fast jeder Worfs Verhalten ablehnte, tat ich mir doch eher schwer. Demgegenüber fand ich die ambivalente Darstellung beider Seiten im amerikanischen Unabhängigkeitskrieg durchaus interessant. Das Herumspinnende Holodeck hätte sich die Autorin zwar ebenso sparen können, wie den extrem klischeehaften Ausgang der Worf-Handlung. Und ob Alexanders Darstellung durchgehend passt, da war ich mir auch nicht ganz sicher. Insgesamt ist "Altes Blut" aber ein guter und aufgrund der beiden Handlungsstränge vor allem auch abwechslungsreicher Roman.
Bewertung: 3/5 Punkten
Christian Siegel
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