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Beren und Lúthien Drucken E-Mail
Die wichtigste Liebesgeschichte Mittelerdes Kategorie: Literatur & Comics - Autor: Christian Siegel - Datum: Sonntag, 14 Februar 2021
 
Titel: "Beren und Lúthien"
Originaltitel: "Beren and Lúthien"
Bewertung:
Autor: J.R.R. Tolkien (herausgegeben und bearbeitet von Christopher Tolkien)
Übersetzung: Hans-Ulrich Möhring & Helmut W. Pesch
Umfang: 304 Seiten (D)
Verlag: Klett-Cotta (D), Harper Collins (E)
Veröffentlicht: 28. Juni 2017 (D), 01. Juni 2017 (E)
ISBN: 978-3-608-96165-2 (D), 978-1-3287-9182-3 (E)
Kaufen: Gebunden (D), Kindle (D), Gebunden (E), Kindle (E)
 

Kurzinhalt: Der sterbliche Beren verliebt sich, als er sie beim Tanzen beobachtet, in die wunderschöne Elbenfrau Lúthien. Als Beren kurz darauf bei deren Vater, dem Elbenkönig Thingol, vorstellig wird, macht sich dieser über ihn lustig, in dem er von ihm als Gegenleistung für die Hand seiner Tochter verlangt, einen der von Melkor/Morgoth erbeuteten Silmaril-Edelsteine zu stehlen. Beren, in seinem Stolz verletzt, verlässt daraufhin das Königreich von Doriath, um die ihm aufgetragene, vermeintlich unmögliche Queste in Angriff zu nehmen – findet sich jedoch letztendlich in Gefangenschaft von Morgoths engstem Vertrauten, Tevildo/Thû, wieder. Thingol lässt indes seine Tochter in einen hohen Turm sperren, doch gelingt es ihr, aus diesem zu entfliehen, und ihrem Angebeteten auf seiner Reise zu folgen. Zusammen mit dem Hund Huan schafft sie es, Beren zu befreien. Doch selbst danach will er von der ihm aufgetragenen Aufgabe nicht ablassen – und so schleichen sie sich mit einer List in die Höhle des Löwen…

Review: Die Sage von Beren und Lúthien ist die zentrale Liebesgeschichte aus J.R.R. Tolkiens Lebenswerk. Zwar war die Liebe zwischen Aragorn und Arwen – welche deren tragische Romanze widerspiegelt – ebenfalls ein wichtiger Bestandteil der Geschichte vom "Herrn der Ringe" (der Tolkien dann ja auch ein eigenes Kapitel in den Anhängen gewidmet hat), dennoch wirkt diese dort eher wie ein Beiwerk, steht aber eben nicht unmittelbar im Mittelpunkt der Geschichte. Leider hat es Tolkien Zeit seines Lebens nicht mehr geschafft, eine ultimative Version der Geschichte von Beren und Lúthien – die sich auch stimmig in die Welt von Mittelerde einfügt – fertigzustellen. Sein Sohn Christopher nahm sich einer der wichtigsten und persönlichsten Geschichten seines Vaters hier nun an. Hierbei ist wichtig, sich nicht wie bei "Der Hobbit", "Der Herr der Ringe" oder auch der ersten der "Great Tales" von Mittelerde, "Die Kinder Húrins", ein durchgängiges Narrativ zu erwarten. Vielmehr stellt Christopher Tolkien hier verschiedene Versionen der Erzählung vor, und zeigt so, wie sich die Geschichte im Verlauf von J.R.R. Tolkiens Leben entwickelt hat. Die erste Fassung ist dabei die kompletteste und in sich stimmigste – ist jedoch von der größeren Sagenwelt MIttelerdes noch eher losgelöst (abseits der Referenz auf Melkor – später Morgoth – sowie den Silmaril abgesehen), wobei sich insbesondere Telvido und seine Katzen nicht so recht in die dort etablierte Welt einfügen wollen. Neben dieser nimmt Tolkiens "Lied von Leithian" den größten Teil des Buchs ein – arbeitete er doch in späteren Jahren daran, die Geschichte von Beren und Lúthien in Reimform zu erzählen. Bei jemandem, der Zeit seines Lebens von Sprache fasziniert war, ist es nur allzu verständlich, dass er sich dieser immensen Herausforderung stellen wollte. Ich für meinen Teil muss jedoch gestehen, der Prosa-Form den Vorzug zu geben. Zumal einem halt doch immer wieder mal einzelne Füllzeilen auffallen, die nur dafür da zu sein scheinen, um den jeweiligen Reim fertigzustellen.

Komplettiert wird das Buch dann schließlich von einzelnen kürzeren Kapiteln, die sich auf die späteren Überarbeitungen der Sage, oder auch einzelne Detailaspekte der Geschichte beziehen, die später hinzugefügt wurden, um sie stärker in die epische Sage von Mittelerde einzubinden. Was nun die Geschichte an sich betrifft, so muss ich sagen, diese in ihrem Kern wirklich wunderschön gefunden zu haben. Tolkien erzählt hier eine tragische Liebesgeschichte, die sich jedoch in einzelnen Aspekten durchaus von früheren solchen Fantasy-Erzählungen abhebt. Nicht zuletzt darin, dass Lúthien alles andere als eine typische Jungfrau in Nöten ist, die in ihrem von einem Drachen bewachten Turm darauf harrt, von ihrem hübschen Prinzen befreit zu werden. Vielmehr ist es hier Lúthien, die zu Berens Rettung eilt, nachdem dieser bei seiner Queste, den Silmaril zu stehlen, gefangengenommen wird. Und auch später, als sie gemeinsam Melkor/Morgoth einen der in seiner Krone steckenden Silmaril stehlen, nimmt sie mit ihrem magischen Tanz, der alle um sie herum in einen ... Schlaf versetzt, eine entscheidende Rolle ein. Aber auch der weitere Verlauf der Geschichte gefiel mir ausgesprochen gut, angefangen beim Kampf mit Karkaras/Carcharoth, wo Beren jene Hand verliert, die den Silmaril umschließt, über die Rückkehr nach Artanor/Doriath, die Jagd nach dem aufgrund des Silmarils in seinem Körper verrückt gewordenen Werwolfs, bis hin zum zuerst tragischen und schließlich versöhnlichen Ausgang der Erzählung, als Lúthien nach ihrem Tod, als sie vor Mandos steht, dessen Herz mit ihrer traurigen Geschichte erweicht, und er sie und Beren als Sterbliche wieder in die Welt zurückkehren lässt. Insgesamt ist das jedenfalls eine gar wundervolle Liebesgeschichte, die es definitiv verdient hat, als eine der besten und schönsten Romanzen in der Geschichte der Literatur in Erinnerung zu bleiben.

Ein bisschen schade fand ich eben nur, dass es die ultimative Version der Geschichte leider nicht gibt. Ich verstehe Christopher Tolkiens Ansatz ja, dass er hier auch wirklich nur die Worte seines Vaters verwenden, und zugleich die Evolution der Geschichte aufzeigen wollte. Und ich bin mir sicher, es gibt Puristen, die den Gedanken, einen anderen Autor gerade auch an diese wohl persönlichste Story aus Tolkiens Werk heranzulassen, als Blasphemie empfänden. Und zugegebenermaßen hat der sich hier bietende Interpretationsspielraum – dahingehend, als die verschiedenen Versionen den Leser dazu einladen, sich seine eigene, endgültige Fassung im Kopf zusammenzureimen – schon auch einen gewissen Reiz. Dennoch hätte ich es irgendwie als schöne Hommage empfunden, wenn man am Ende eine von einem anerkannten Fantasy-Autor (oder auch Christopher selbst, so er sich dies schriftstellerisch zugetraut hätte) verfasste komplettierte Version präsentiert hätte, die versucht, aus all den unterschiedlichen Elementen die ultimative Fassung der Geschichte herauszuschälen. Tatsächlich hätte das irgendwie auch sehr schön zum zweiten Leben gepasst, dass Beren und Lúthien geschenkt wurde, wenn auch der Geschichte selbst in dieser Form ein ebensolches vergönnt gewesen wäre. Und wer weiß, vielleicht hätte J.R.R. Tolkien der Gedanke, dass dieses unvollendete Werk nach seinem Tod doch noch fertiggestellt wurde, ja getröstet. Letztendlich ist dies aber eh nur eine akademische Diskussion. Was bleibt, ist ein faszinierender Einblick in die Entwicklung dieser Geschichte, sowie der wunderschöne Kern der Story an sich – zumindest in meinem Fall aber leider auch etwas Wehmut dahingehend, als just diese für Tolkien so wichtige, persönliche Erzählung leider auch hier unvollendet (oder besser: unfertig) geblieben ist. Andererseits: Was wäre die Liebe ohne ein bisschen Wehmut?

Fazit: "Beren und Lúthien" ist mit dem ersten Band der "Great Tales of Middle-Earth" nur mehr bedingt zu vergleichen. Denn wo dort abseits des Vorworts sowie des Anhangs eine einzige, vollständige Erzählung dominierte, präsentiert Christopher Tolkien hier gleich mehrere Versionen der von seinem Vater geschaffenen, zentralen Liebesgeschichte aus der Mythologie Mittelerdes. Dies erlaubt zwar einen faszinierenden Einblick in die Evolution der Geschichte, bedeutet allerdings zugleich, dass es die ultimative Fassung leider (eben im Gegensatz zu "Die Kinder Húrins" nicht gibt. So ist die erste Version von der größeren Mythologie Mittelerdes noch eher losgelöst, die Versform unvollständig (und zugleich doch auch ein bisschen Geschmacksache), und davon abgesehen gibt es leider nur mehr kurze Inhaltsangaben und Handlungsabrisse. Damit bietet sich dem/der geneigten LeserIn zwar die Möglichkeit, sich seine/ihre eigene Version der Geschichte zusammenzureimen, was zweifellos auch einen gewissen Reiz hat. Ich für meinen Teil hätte ich mich aber über einen Versuch gefreut, all diese Elemente zu einer endgültigen Fassung zu vereinen. Die Erzählung selbst ist in ihrem Kern aber in der Tat wunderschön, und eine so romantische wie tragische Liebesgeschichte, die es definitiv verdient hat, zu den schönsten Romanzen der Weltliteratur gezählt zu werden!

Bewertung: 4/5 Punkten
Christian Siegel





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