FilmRückblick 2020 - Die besten Filme des Jahres: Die Top 10
Countdown zum besten Film des JahresKategorie: DVD & Kino - Autor: Christian Siegel - Datum: Sonntag, 17 Januar 2021
Die besten Filme des Jahres 2020 – Die Top 10
Es war nicht alles schlecht an 2020. So hat es uns z.B. die nachfolgenden zehn, aus meiner Sicht allesamt herausragenden, Filme geschenkt! Wie jedes Jahr sei darauf hingewiesen, dass solche Listen immer Momentaufnahmen sind. Es kann sich einerseits der Eindruck zu einem Film im Zeitverlauf (oder bei wiederholter Sichtung) verändern, und andererseits werde ich in den kommenden Wochen, Monaten und Jahren vielleicht den einen oder anderen Film aus 2020 sehen, wo ich sage, der hätte hier eigentlich berücksichtigt gehört. Nach aktuellem Stand sind die nachfolgenden zehn Filme aber die besten, die mir im abgelaufenen Filmjahr untergekommen sind:
Platz 10: Der Unsichtbare
"Der Unsichtbare" gelingt es auf erschreckende Art und Weise, den Zuschauer in Cecilias Haut schlüpfen, und uns damit nachfühlen zu lassen, wie es ist, in einer missbräuchlichen Beziehung festzustecken – und auch, wie schwer es ist, eine solche hinter sich zu lassen. Wie Leigh Whannell eben dafür das Konzept des Unsichtbaren nutzt, war für mich die größte Stärke des Films; nicht zuletzt auch deshalb hatten es mir vor allem jene Momente angetan, die mit der Frage spielten, ob sich Adrian wirklich zusammen mit Cecilia im Raum befindet, oder nicht. Weitere wesentliche Stärken sind die guten "Unsichtbarkeits"-Effekte, die phänomenale Performance von Elisabeth Moss, sowie das starke Finale. Einzig der Teil mit Cecilia in der psychiatrischen Anstalt fiel für mich doch etwas ab. Einerseits, weil man ihr hier jegliche Handlungsmacht nimmt, und andererseits, als sie die Handlung leider für 10-15 Minuten fast vollständig zum Stillstand bringt. Das Finale kann dann dafür wieder überaus gut gefallen. Insgesamt ist Leigh Whannell mit "Der Unsichtbare" jedenfalls ein höchst zeitgemäßes Update des Horror-Klassikers geglückt! 8/10
Platz 9: Just Mercy
Die Zeit, wo ich Anwaltsserien – in erster Linie dank David E. Kelley – geschaut habe, ist zwar schon lang vorbei, ein gewisses Faible für das Genre ist jedoch meinerseits immer noch vorhanden. Dennoch muss ich sagen, dass ich mir von "Just Mercy" jetzt nicht übermäßig viel erwartet habe; nicht zuletzt, als ich den Eindruck hatte, dass der Kinostart bei uns doch ziemlich untergegangen ist (was aber natürlich auch daran liegen könnte, dass Ende Februar zunehmend andere Dinge wichtiger wurden). So oder so, von jenen Filmen, die ich 2020 bei Amazon für einen Euro geliehen hatte, war der jedenfalls mit Abstand der Beste. Ein packender, berührender Justizthriller über den verzweifelten Kampf eines jungen Anwalts, einen zu Unrecht verurteilten Mann vor der Todesstrafe zu bewahren. Mit u.a. Michael B. Jordan, Jamie Foxx und Brie Larson hochkarätig besetzt, ist das einer jener Filme, die durch den Hinweis, dass dies hier auf wahren Begebenheiten beruht, nochmal an Wirkung gewinnt. Aus meiner Sicht war der jedenfalls jede Minute der etwas mehr als zweistündigen Laufzeit wert! 9/10
Platz 8: After Midnight
"After Midnight" ist ein gar wundervoller Film, der auch im Vergleich zu "The Battery" (aka "Ben & Mickey vs. the Dead") für (Co-)Regisseur und Drehbuchautor Jeremy Gardner noch einmal eine deutliche Steigerung darstellt. Ich mochte hier eigentlich alles: Angefangen dabei, wie man ein Beziehungsdrama mit einem Monsterfilm verbindet, über die sehr sympathischen und angenehm fehlbaren Figuren, bis hin zum coolen Setup, dass dazu einlädt, das Monster als Metapher für die Beziehungskrise zu betrachten, die Hanks Leben zu zerstören droht. Getragen von zwei phantastischen zentralen Performances von Brea Grant und Jeremy Gardner, der sehr lebensnahen Darstellung der Figuren, der Freundschaften und generell ihren Beziehungen zueinander, den immer wieder eingestreuten Flashbacks zu glücklicheren Tagen, einem ungemein effektiven Schockmoment, dem tollen Ende, sowie insbesondere auch der als bester Dialog 2020 prämierten zehnminütigen Szene eines Beziehungsstreits – die ohne Schnitt auskommt – ist der Film auf jeden Fall einer der interessantesten und gelungensten Genre-Beiträge des letzten Jahres! 9/10
Platz 7: The Nightingale
Nicht nur aufgrund des historischen Settings sowie des ungewöhnlichen 4:3-Formats, ist "The Nightingale" kein handelsüblicher "Rape & Revenge"-Film. Denn schwerer noch als diese Aspekte wiegt die Art und Weise, wie Jennifer Kent dem Zuschauer hier die in solchen Filmen übliche, fast schon urinstinktliche Befriedigung verwehrt, und uns nicht etwa mit einem Adrenalinschub und dem befriedigenden Gefühl, dass der Gerechtigkeit Genüge getan wurde, entlässt, sondern vielmehr zum Nachdenken anregt. Hinzu kommt, dass der Film aufgrund der Thematisierung der Unterdrückung und Ausbeutung eines ganzen Volkes auch in die Makroebene geht (und die Frage aufwirft, was schwerer wiegt: Das Unrecht, dass dir selbst widerfährt, oder jenes, dass deinem Volk angetan wird). Zusammen mit der Erkenntnis, dass auch Clare erst die ihr innewohnenden Vorurteile gegenüber Billy ablegen muss, ist "The Nightingale" somit weitaus politischer, als im "Rape & Revenge"-Genre üblich. Weitere Stärken sind Jennifer Kents zwar stilistisch im Vergleich zu "Der Babadook" sehr unterschiedliche, jedoch nicht minder souveränen Inszenierung, die schauspielerischen Leistungen, sowie nicht zuletzt ein paar zutiefst erschütternde Szenen. Einzig beim Ende bin ich mir nicht sicher, ob ich es nicht vorgezogen hätte, wenn der Film ohne die allerletzte Konfrontation ausgekommen wäre. Trotz dieses kleinen Mankos hat Jennifer Kent für mich ihren Anspruch, eine der interessantesten frischen Stimmen im Horrorgenre zu sein, mit "The Nightingale" aber voll und ganz bestätigt.9/10
Platz 6: Waves
Bereits in der ersten Stunde ist "Waves" ein durchaus eindringliches Familiendrama – so richtig drehte er für mich dann aber eigentlich erst in der zweiten Hälfte auf, wo sich der Fokus dann von Tyler zu seiner Schwester Emily verlagerte. Ich will hier bewusst nicht zu viel über das verraten, was genau sich hier ereignet, da auch mich eine bestimmte Wendung zur Mitte des Films völlig unvorbereitet traf, aber mehr noch als die erste Stunde, wo der Druck auf Tyler von allen Seiten zunimmt, bis es dann eben zur Katastrophe kommt, gefiel mir dann die Thematik der zweiten Hälfte, wo die anderen Mitglieder der Familie irgendwie mit dem, was passiert ist, klar kommen müssen. Das Gespräch zwischen Vater und Tochter hatte ich ja bei den besten Filmmomenten unter dem Verfolgerfeld bereits hervorgehoben, und das war in der Tat auch die Szene, die ihn für mich noch einmal deutlich aufgewertet hat. "Waves" ist vermutlich kein Film, bei dem man den Drang verspüren wird, sich in den nächsten Jahren immer wieder mal anzuschauen – aber er ist in meinen Augen definitiv ein Film, den es lohnt, zumindest 1x gesehen zu haben. 9/10
Platz 5: 1917
Es sollte mittlerweile ja bekannt sein: Ich liebe lange Einstellungen in Filmen. Mich zieht es bei sowas immer nochmal stärker in die Handlung hinein, einfach, weil es "lebensechter" ist. Weil im wirklichen Leben rettet dich halt auch kein Schnitt oder eine Schwarzblende. "1917" erzählt nun die Geschichte einer Mission während des ersten Weltkriegs überwiegend in Echtzeit. Und ja, das bedeutet eben auch, dass wir mehrere Minuten lang einfach nur zwei Soldaten beim Marschieren zuschauen. Es lohnt sich dann aber, wenn wir zu den wirklich packenden und teils spektakulären Momenten kommen, wobei neben der unter den besten Szenen des letzten Jahres prämierten Schießerei bei Nacht insbesondere noch das Finale mit den ellenlangen Gräben hervorsticht. Daneben denkt man sich als Filminteressierter aber auch einfach oft: Wie zur Hölle haben die das gemacht? Und ja, natürlich weiß man, dass da immer wieder mal Schnitte sehr gut versteckt sind, und die das nicht alles wirklich auf ein bzw. zwei Mal gedreht haben können. Dennoch gab es da einige Kamerafahrten, die mir den Mund offen stehen ließen. Dazu dann noch eine zunehmend packende Handlung, und einige wirklich spektakuläre Szenen, und ihr habt einen Film, der sich nicht wesentlich vor so modernen Kriegsfilm-Klassikern wie "Der Soldat James Ryan" verstecken muss. 9/10
Platz 4: Knives Out
Rian Johnsons großartige modernisierte Variante eines klassischen Agatha Christie-Krimis hat die Top 3 bei mir wirklich nur haarscharf verfehlt. Er vermischt hier auf gar wunderbare und höchst gelungene Art und Weise das Altbekannte und das Neue zu einer so unvergleichlichen wie unwiderstehlichen Mischung, die nicht nur Krimi-Fans bestens unterhalten sollte. Der Plot kann – erwartungsgemäß – mit einigen netten Twists aufwarten, und drehte für mich vor allem nach einer ganz bestimmten Rückblende zu dieser schicksalhaften Nacht dann ganz besonders auf. Aber auch davor bot "Knives Out", nicht zuletzt dank der hochkarätigen Besetzung sowie dem immer wieder eingestreuten, auflockernden Humor, beste Krimi-Unterhaltung. Dass der Film zudem über ein ausgeprägtes soziales Gewissen verfügt, war dann noch das Tüpfelchen auf dem "i". Als alter Krimi-Hase der die guten alten Klassiker, aber auch die Neuverfilmungen (nicht zuletzt von der BBC) immer wieder gern sieht, hoffe ich jedenfalls, dass "Knives Out" nicht Rian Johnsons letzter Beitrag zum in den letzten Jahren, wenn nicht gar Jahrzehnten, ja leider – vor allem im Kino – sehr stiefmütterlich behandelten Genre gewesen sein wird! 9/10
Platz 3: Niemals selten manchmal immer
Ein Film, der bei mir aufgrund der vielen Vorschusslorbeeren mit einigem Ballast gestartet ist – zum Glück aber alles davon halten konnte, was ich mir von ihm versprochen hatte. Vieles an ihm ist mir überaus nahegegangen. Nicht zuletzt, wie allein Autumn mit ihrem Problem dasteht. Die einzige der sie sich anvertrauen kann und die bereit ist ihr zu helfen, und die auch wirklich ihre Wünsche und ihre Bedürfnisse in den Mittelpunkt stellt, ist ihre Cousine Skylar. Aber davon abgesehen wird sie von ihrer Umgebung leider überwiegend im Stich gelassen. Besonders erschütternd war für mich dabei, dass es für sie unvorstellbar scheint, sich ihren Eltern anzuvertrauen. Dann die ganzen Hürden, die ihr auf ihrem Weg zur von ihr erwünschten Abtreibung in den Weg gelegt werden. Von den militanten Abtreibungsgegnern die eine ohnehin schon traumatisierte junge Frau dann noch einmal zusätzlich belästigen müssen, ganz zu schweigen. Am eindringlichsten war aber zweifellos die titelspendende Befragung durch die Psychologin. Die ging mir echt durch Mark und Bein. Man möchte am liebsten in die Leinwand springen und sie in den Arm nehmen, sie trösten, und ihr sagen, dass alles gut wird. Aber auch, wie Autumn und Skylar überwiegend ohne Worte auskommen, und doch eher über Blicke und Gesten kommunizieren, fand ich gelungen. Und auch der sehr nüchtern-sachliche Zugang zum Thema gefiel mir. Einzig: Ganz am Ende hat mir irgendwie noch was gefehlt, um den wirklich bis ganz nach oben zu katapultieren. Ansonsten aber ist "Niemals selten manchmal immer" ein so wunderbarer wie wichtiger Film. 9/10
Platz 2: Jojo Rabbit
Mit "Jojo Rabbit" gab es Anfang 2020 einen frühen Kandidaten für den besten Film des Jahres. Und auch wenn er sich letztendlich denkbar knapp einem anderen Kandidaten geschlagen geben musste, hat sich an meiner überschwänglichen Meinung zum Film seither nichts geändert. Wie es Taika Waititi gelingt, hier Humor und Drama zu vereinen, ist absolut meisterlich – und gerade auch aus diesem Kontrast zwischen den amüsanten und den tragischen Elementen, bezieht "Jojo Rabbit" ungemein viel an Reiz, und auch an (emotionaler) Wirkung. Und so habe ich bei bzw. mit ihm abwechselnd gelacht, geweint, war amüsiert, erschüttert – aber auf jeden Fall immer bestens unterhalten. Zudem vermittelt er eine wichtige Message, und schafft es vor allem auch, Kindern bzw. Jugendlichen schwierige Thematiken auf anschauliche Art und Weise zu vermitteln, ohne je belehrend zu wirken. Hätte ich etwas zu sagen, wäre der jedenfalls ab sofort absolutes Pflichtprogramm in unseren Schulen. Neben dem Drehbuch bestechen aber auch die Inszenierung, die schauspielerischen Leistungen, sowie die musikalische Untermalung (egal ob ausgewählt oder – von Michael Giacchino – frisch komponiert). Für mich ist "Jojo Rabbit" jedenfalls ein absolutes Meisterwerk, und jetzt schon ein moderner Klassiker, dem es gelang, einem mittlerweile filmisch nun wahrlich schon sehr gut erschlossenen Thema neue Facetten abzugewinnen. 10/10
Platz 1: Soul
Wenn wir nicht gerade von einer kleinen Independent-Produktion sprechen (und selbst da können vom Konzept bis zu den Dreharbeiten – von der Veröffentlichung ganz zu schweigen – Jahre vergehen), sind Filme heutzutage ja doch eine ziemlich komplexe und sich über viele Produktionsjahre ziehende Angelegenheit. Angefangen bei der ersten Idee, über das Drehbuch, die Dreharbeiten – bzw. im Falle eines Animationsfilms eben der betreffenden Umsetzung – der Nachbearbeitung, bis hin zur Veröffentlichung. Insofern hätte das natürlich niemand auf diese Art und Weise timen können. Aber, es gibt sie halt, diese Zufälle – auch im filmischen Bereich. Hin und wieder hast du einfach diese Filme, die ganz genau zum richtigen Zeitpunkt erscheinen. Die den aktuellen Nerv der Zeit treffen, oder – eigentlich gar nicht mal beabsichtigt – für die Gegenwart von ganz besonderer Bedeutung sind. "Soul" ist genau ein eben solcher Film. Nun sei festgehalten, dass ich bereits von Pete Docters vorangegangenen beiden Filmen, "Oben" und "Alles steht Kopf", ungemein begeistert war. "Soul" hat mich aber in einer Art und Weise berührt, wie es selbst diesen beiden grandiosen Filmen nicht vergönnt war. Und das liegt eben, so fantastisch der Film auch sein mag, eben nicht allein nur an ihm, sondern auch der Zeit, die wir gerade durchleben. Nicht, dass er mir in einem anderen Jahr irgendwie schlechter gefallen hätte. Das wieder einmal sehr abgefahrene Konzept, das wunderbare Zusammenspiel zwischen Joe und 22, die großartigen Animationen, die mit einigen so eindrucksvollen wie unvergesslichen Bildern aufwarten, die wundervolle (und abwechslungsreiche) Musik, sowie nicht zuletzt auch die zahlreichen emotionalen Szenen hätten um nichts weniger gewirkt, wenn er schon 2019 erschienen wäre. Ob er dort dann aber auch wirklich die alleroberste Sprosse erklommen hätte? Ich weiß nicht. 2020 allerdings, sprach mich der Film, der mehr als alles andere das Leben – oder auch, das "sich an den kleinsten Dingen des Lebens erfreuen" – feiert, in einer Art und Weise an, die natürlich von Corona und den damit einhergehenden Einschränkungen unseres Lebens beeinflusst war. Insofern ist "Soul" für mich irgendwie wirklich der Film zum Jahr 2020, und somit auch ein mehr als würdiger Sieger! 10/10
Wie sieht eure Top 10 des Filmjahres 2020 aus? Ich freue mich über eure Meinung in den Kommentaren!