Kurzinhalt:
Die Aenar werden in ihren Höhlen auf Andoria von kaltblütigen Angreifern ermordet. Nur ganz wenige von ihnen, die sich nicht gerade auf ihrem Heimatplaneten aufhielten, überleben den Völkermord. Als kurz darauf auch eine Gruppe sogenannte Neuer Menschen – nämlich solche mit starkem ESPER-Rating und dementsprechend telepathischen oder telekinetischen Kräften – angegriffen werden, wird deutlich, dass es jemand auf Völker mit starken mentalen Fähigkeiten abgesehen hat. Die Enterprise unter dem Kommando von Captain James T. Kirk, der mit seiner Crew kurz davor ist, seine zweite Fünfjahresmission abzuschließen, soll nun die letzten Überlebenden der Aenar an einen Ort bringen, wo sie vor den unbekannten Angreifern in Sicherheit sein sollen. Doch auf dem Weg dorthin wird die Enterprise von ihnen überfallen, und erweisen sich sämtliche getroffenen Sicherheitsvorkehrungen als unzureichend – weshalb die Mission in einem Massaker endet. Ein paar Monate später hat sich die Crew überwiegend neuen Aufgaben zugewandt. Der Schatten der gescheiterten Mission wiegt immer noch schwer auf ihnen – bis sich eines Tages die Gelegenheit ergibt, diesen zu lüften, und nicht nur den Ursprung der Angreifer zu klären, sondern sie auch davon abzuhalten, ihren Massenmord fortzusetzen…
Review:
"The Higher Frontier" wirkt für mich ein bisschen wie ein spätes Sequel zu Christopher L. Bennets "Ex Machina". Während der zu Beginn von Kirks zweiter Fünfjahresmission angesiedelt war, wendet er sich hier nun deren Ende, und daraufhin dann dem Übergang zu "Der Zorn des Khan", zu. In eben diesem Setting lag für mich (wie eben schon zuvor bei Ex Machina) einer der größten Reize des Romans; nicht zuletzt, als diese Ära im Vergleich zu anderen doch noch eher wenig erschlossen ist. "The Higher Frontier" besticht darüber hinaus mit Bennetts großartigem Gespür für die Figuren, und ihre Dynamik zueinander. Da passt einfach jedes Wort, jeder Satz, jede Gestik, weshalb man sich als Fan der klassischen Serie von der ersten Seite an wie zu Hause fühlt. Ganz besonders angetan hatte es mir der Blick auf Spock, der ja durch seine Erfahrung von V'Ger "geläutert" wurde, und seine menschlich-gefühlsbetonte Seite mit seiner vulkanischen endlich versöhnte. Und generell war der Einstieg in den Roman noch absolut phantastisch. Wir schauen hier quasi bei jedem aus TOS bekannten Crewmitglied kurz vorbei, und erfahren so, wo diese an diesem Teil ihres Lebens – und der "Star Trek"-Geschichte – gerade standen, und erleben so z.B. in weiterer Folge auch mit, wie Chekov die Enterprise verlässt und auf der U.S.S. Reliant als erster Offizier anheuert. Generell teilt sich die Crew am Ende der Fünfjahresmission ein bisschen auf, und gibt es einige Änderungen, was dem ersten Drittel einen gewissen melancholischen Charakter gibt. Umso mehr, als die letzte große Mission der Enterprise unter Kirks Kommando in einem Desaster endet. Und generell hat sich Bennett einen sehr gefälligen und stimmigen Übergang überlegt, der erklärt, warum Kirk dann eben doch wieder die Beförderung zum Admiral angenommen hat, und die Enterprise zu einem Ausbildungsschiff für Sternenflottenkadetten wurde. Kurz gesagt: Ihm wurde die Verantwortung über einen gesamten Sektor übertragen, mit der Enterprise als sein Flaggschiff, dass für die eine oder andere Mission zu seiner Verfügung stand. So war er nicht mehr, wie vor "Der Film", ständig hinter einem Schreibtisch gefesselt. All das war stimmig, schlüssig, und schloss auch die eine oder andere kleinere Lücke in der "Star Trek"-Kontinuität.
Apropos Kontinuität: Dass er auf viele verschiedene zuvor etablierte Figuren zurückgriff – überwiegend solche, die mit Geschichten über telepathische Kräfte in Verbindung standen; aber auch Commander Thelin aus der TAS-Folge "Das Zeitportal" kommt hier zu einem längeren Auftritt – war zweifellos ein weiteres ganz großes Plus von "The Higher Frontier". Insgesamt muss ich jedenfalls sagen, auf den ersten knapp hundert Seiten das Gefühl gehabt zu haben, schon lange keinen so guten "Star Trek"-Roman mehr gelesen zu haben. Umso bedauerlicher, dass dann doch zunehmend dunkle Wolken aufzuziehen beginnen. Tatsächlich beginnt es genau genommen schon auf den noch sehr gelungenen ersten hundert Seiten – denn die Angreifer, die es auf telepathische Wesen abgesehen haben, wurden mir dann doch etwas zu übermächtig dargestellt, mit fortschrittlicher Technologie, die – ähnlich wie bei "Discovery" – nicht so recht in diese "Star Trek"-Ära passen wollte. Etwas problematisch war zudem der Mittelteil, wo die eigentliche Geschichte rund um die Angriffe auf die Telepathen aus dem Fokus rücken. Kurioserweise war es dann aber irgendwie just das Finale, welches mich enttäuschte. Ich fand es leider weder spannend noch sonderlich originell, und hab mich da insgesamt doch eher gelangweilt. Zumal mir auch die Auflösung, was es mit den Angreifern auf sich hatte, nicht so recht zusagen wollte. Mein mit Abstand größter Kritikpunkt ist jedoch die "Geschichtsumschreibung" im Hinblick auf Gary Mitchell. Mir gefiel die Idee, dass selbst ein netter Mensch und ein guter, treuer Freund von Kirk, von solch einer göttlichen Macht verführt werden könnte, einfach ungemein. Stattdessen klärt Bennett hier nun darüber auf, dass er quasi von einem fremden Wesen besessen, und somit für seine Taten nicht verantwortlich war. Das fand ich, ich kann es nicht anders sagen, einfach nur kacke. Ohne dieses Manko wäre es "The Higher Frontier" gelungen, mit dem Quasi-Vorgänger "Ex Machina" gleichzuziehen. Das hat ihm dann aber nochmal einen halben Wertungspunkt gekostet – und führt zudem dazu, dass ich den Roman aus meinem persönlichen Kopf-Kanon wieder streichen muss. Was vor allem angesichts des großartigen Einstiegs und der gelungenen Antworten rund um den Übergang von "Der Film" zu "Der Zorn des Khan" höchst bedauerlich ist.
Fazit:
Es hat alles so großartig und vielversprechend begonnen. Ich fand es extrem faszinierend, in diese bisher noch nicht so sehr erforschte Ära der klassischen "Star Trek"-Serie – oder genauer gesagt, Filme – einzutauchen, und mehr über die Zeit zwischen "Der Film" und "Der Zorn des Khan" zu erfahren. Die Figuren und ihre Dynamik untereinander ist zudem phantastisch getroffen. Und auch die Erklärung dazu, warum Kirk dann schließlich doch den Admiralsposten annahm, und die Enterprise zu einem Ausbildungsschiff wurde, fand ich schlüssig. Leider aber: Die Technologie der Angreifer war mir dann doch etwas zu fortschrittlich. Trotz des übermächtigen Feinds kam irgendwie nie echte Spannung auf, wobei mich vor allem der Showdown dann nicht wirklich packen wollte. Die Auflösung was es mit ihnen, aber auch den neuerdings gesteigerten mentalen Fähigkeiten einiger Menschen auf sich hat, fand ich ebenfalls nicht so prickelnd. Vor allem aber störte ich mich an einer bestimmten Offenbarung im Hinblick auf Gary Mitchell. Die hat mir nämlich leider so überhaupt nicht geschmeckt, und einen ansonsten gelungenen – und vor allem phänomenal startenden – Roman so leider doch noch ansatzweise verdorben.
Bewertung: 3/5 Punkten
Christian Siegel
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