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Der goldene Kompass Drucken E-Mail
Erster Teil der "His Dark Materials"-Reihe Kategorie: Literatur & Comics - Autor: Christian Siegel - Datum: Samstag, 12 September 2020
 
Titel: "Der goldene Kompass"
Originaltitel: "Northern Lights"
Bewertung:
Autor: Philip Pullman
Übersetzung: Wolfram Ströle & Andrea Kann
Umfang: 448 Seiten (D)
Verlag: Carlsen (D), Scholastic (E)
Veröffentlicht: 1995 (E)
ISBN: 978-3-551-35123-4 (D)
Kaufen: Taschenbuch (D), Kindle (D), Taschenbuch (E), Kindle (E)
 

Kurzinhalt: Nach dem Tod ihrer Eltern wächst Lyra Belaqua im Jordan College auf – bis ihr eines Tages von Mrs. Coulter das Angebot gemacht wird, sie als ihre Assistentin bei sich in London aufzunehmen. Lyra freut sich darauf, das College verlassen und ihre erste Reise in die große weite Welt unternehmen zu können, ist jedoch zugleich verständlicherweise traurig darüber, ihre Freunde im College – insbesondere den Küchenjungen Roger – zurücklassen zu müssen. Doch am Morgen ihrer Abreise fehlt von Roger dann jede Spur – wurde er etwas von den sogenannten Gobblern entführt? Am Vorabend ihres Abschieds wurde ihr zudem vom Dekan des College ein Alethiometer, auch goldener Kompass genannt, anvertraut. Dieser soll dem Träger, wenn man ihn zu benutzen weiß, die Wahrheit verraten. In London angekommen ist Lyra zuerst von dem Kurs, den ihr Leben eingeschlagen hat, begeistert – bis sie herausfindet, dass just Mrs. Coulter für das Verschwinden der Kinder verantwortlich ist. Sie nimmt Reisaus, und schließt sich den Gyptians bei deren Reise in den Norden an, um die Kinder zu befreien. Schließlich erfahren sie die Wahrheit über die schrecklichen Experimente, die dort durchgeführt werden, und dass man dort Kindern von ihren sogenannten Daemonen trennt – jenen tierischen Begleitern, denen in Lyras Welt die Seele eines Menschen innewohnt…

Review: Nachdem ich mir nun die erste Staffel der HBO-Neuverfilmung des Stoffes angesehen hatte, hielt ich es für an der Zeit, mir endlich auch den ersten Roman vorzuknöpfen – steht die Trilogie doch nun schon seit einiger Zeit in meinem Regal. Dabei bemerkte ich schon bald, dass sich Jack Thorne (der zuvor u.a. das Theaterstück "Harry Potter und das verwunschene Kind" schrieb) sehr nah an die Vorlage gehalten hat. Im Gegensatz zu z.B. einem "Herrn der Ringe", wo einen wenn man das Buch in die Hand nimmt, nicht nur unzählige neue Abschnitte erwarten (weil dort einfach vieles aus den Büchern ausgelassen wurde), sondern auch so manches geändert wurde, bedeutete dies im vorliegenden Fall, dass mich wenig Neues/Unbekanntes erwartete, und ich letztendlich "nur" mehr die erste Staffel nachgelesen habe. Nun bin ich auf die größten Unterschiede zwischen Vorlage und Serie ja schon in meinem Review zum Finale der ersten Staffel eingegangen, einzelne Punkte seien aber (auch) hier nochmal hervorgehoben: So fehlt in "Der goldene Kompass" von Will, dem Jungen in unserer Welt, (noch?) jede Spur. Eher enttäuscht war ich, dass sich hier – im Gegensatz zur Serie – Ma Costa der Reise in den Norden nicht anschließen durfte. Vor allem aber sticht hervor, dass man dort den Mut hatte, Billy Costa zu jenem von seinem Daemon getrennten Jungen zu machen, den Lyra im Fischerdorf findet. Im Roman ist es vielmehr ein unbekannter Junge, der uns demnach auch nichts sagt. Last but not least: Auch wenn ich in der HBO-Neuverfilmung mit dem Finale auch nicht 100%ig glücklich war, war dort zumindest jener Moment, wo Lyra darin scheitert, Roger zu retten, hochdramatisch umgesetzt. In der Vorlage habe ich diesen entscheidenden Moment aufgrund der verwirrenden Umschreibung der Szene hingegen leider völlig verpasst, weshalb ich einige Seiten lang glaubte, auch diese Wendung wäre eine Erfindung von Jack Thorne gewesen. Nicht zuletzt angesichts der Tatsache, dass das ja eigentlich der große, dramatische Höhepunkt des Buchs sein sollte, fand ich das von Philip Pullman doch eher ungeschickt und suboptimal umgesetzt.

Damit aber genug des Vergleichs, kommen wie wieder zurück zur Vorlage an sich. Diese punktete bei mir in erster Linie mit der hier von Philip Pullman geschaffenen Welt, in der er sehr deutlich gegen totalitäre Strukturen jeglicher Art, aber auch die institutionelle Kirche, Stellung bezieht (so gesehen ist es kein Wunder, dass einzelne katholische Gruppen in den USA bei der Veröffentlichung auf die Barrikaden ging – was für mich aber eher eine Werbung denn eine Abschreckung darstellt) – und damit genau auf meiner Wellenlänge lag. Aber auch davon abgesehen fand ich die hier von ihm geschaffene Welt sehr interessant. Was das "world building" betrifft, fand ich "Der goldene Kompass" jedenfalls ausgezeichnet. Auch die Hauptprotagonistin hat es mir angetan. Lyra ist ein cleveres, aufgewecktes und mutiges junges Mädchen, das Kindern und Jugendlichen (hoffentlich) als erstrebenswertes Vorbild dient. Und auch ihre Reise fand ich überwiegend interessant ausgedacht. Dennoch muss ich sagen, dass ich Pullman letztendlich für jemanden halte, der besser darin ist, sich Geschichten auszudenken, als darin, sie dann auch auf spannende Art und Weise zu erzählen. Weder ist er sonderlich gut darin, Spannung zu erzeugen, noch fand ich den Schreibstil sonderlich herausragend. Teilweise verliert er sich zudem in zu ausschweifenden Dialogen, welche die Geschichte völlig zum Stillstand bringen. Ich war auch nicht übermäßig überrascht, eine der wenigen Dialogzeilen die mir in der Serie negativ ins Auge (Ohr?) gestochen sind, im Roman wiederzufinden, nämlich "She is destined to bring about the end of destiny". Einzelne Fantasy-Elemente (wie die Prophezeiung der Hexen) haben mich in diesem Roman, der mehr als die meisten Erzählungen im Genre ja die Wissenschaft propagiert, zudem irgendwie wohl genau deshalb mehr gestört, als das sonst der Fall ist. Und auch die Anwendung des Alethiometers hat mich in weiterer Folge nur mehr bedingt überzeugt, da mir dessen Antworten dann teilweise schon zu spezifisch waren (da fragt man sich einfach echt, wie Lyra das aus ein paar Symbolen abgelesen haben will). Letztendlich bewegte sich "Der goldene Kompass" – fast schon zwangsläufig, angesichts der werksgetreuen Adaption – auf dem soliden bis guten Niveau der ersten Staffel der HBO-Verfilmung.

Fazit: "Der goldene Kompass" punktete bei mir in erster Linie mit der phantastischen Welt, die sich Philip Pullman hier ausgedacht hat, sowie der Hauptprotagonistin Lyra, die dieses Abenteuer bestreitet. Leider fand ich jedoch, dass Pullman besser darin ist, sich Geschichten auszudenken, als diese dann auch zu erzählen, weil was das betrifft kann er mit den ganz großen Meisterwerken des Genres in meinen Augen nicht ganz mithalten. Insgesamt ist "Der goldene Kompass" aber eine solide Fantasy-Erzählung, die insbesondere der vermeintlichen Hauptzielgruppe – die in etwa dem Alter der Protagonistin entspricht – uneingeschränkt empfohlen werden kann; nicht zuletzt, da sie Werte vermittelt, die ich für ausgesprochen wichtig erachte.

Bewertung: 3/5 Punkten
Christian Siegel





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