Kurzinhalt:
Captain Jean-Luc Picard springt durch die Zeit. Er findet sich, neben der Gegenwart, auch immer wieder rund zwanzig Jahre in der Zukunft wieder, wo er sich auf das Weingut seiner Familie zurückgezogen hat, sowie in etwa sieben Jahre in der Vergangenheit, kurz bevor er das Kommando über die U.S.S. Enterprise übernahm. Er selbst kann die Sprünge weder steuern, noch sie sich erklären. Das einzige, was sie gemeinsam haben, scheint eine Anomalie in einem Sektor nahe der Neutralen Zone zu sein. In der Gegenwart ist es ein leichtes, die Enterprise den besagten Sektor ansteuern zu lassen, genießt er doch das volle Vertrauen seiner Crew – wenn dieses auch ob seiner Berichte über die Zeitsprünge zunehmend, und verständlicherweise, besorgt ist. Deutlich schwerer fällt es ihm schon in der Vergangenheit, wo ihn die Besatzung noch nicht kennt – von der Zukunft ganz zu schweigen, wo er so ziemlich jeden Gefallen einfordern muss, um schließlich mit Captain Beverly Crushers medizinischem Schiff in Richtung des Sektors zu fliegen. Auf dem Weg dorthin findet er sich dann plötzlich in jenem Gerichtssaal wieder, in dem Q ihm – und der gesamten Menschheit – sieben Jahre zuvor den Prozess machte. Nun sei es Zeit für das Urteil – und niemand anderer als Jean-Luc Picard selbst wird für die Auslöschung nicht einfach nur der Menschheit, sondern allen Lebens in der Galaxis, verantwortlich sein…
Review (kann Spoiler enthalten):
Neben dem Pilotfilm, den Doppelfolgen "Wiedervereinigung" und "Abstieg", sowie "Besuch von der alten Enterprise", ließ Pocket Books auch das Serienfinale von TNG in einen Roman adaptieren. Wie zuvor bei "Besuch von der alten Enterprise", wurde wieder Michael Jan Friedman mit dieser besonderen Aufgabe betreut. Nun bin ich weder sein größter Fan, noch sein größter Kritiker. Er schreibt meist solide und kurzweilige, aber halt auch recht oberflächliche Romane – und bleibt sich auch bei "Die Verurteilung" (neuerlich ging Heyne beim Titel im Vergleich zur deutschen Synchronisation, aber auch dem englischen Originaltitel, einen eigenen Weg) wieder treu. Das hat Vor- und Nachteile. Auf der einen Seite liest sich der Roman überaus flott und unterhaltsam. Andererseits nützt er halt die Möglichkeit zu einer tiefergehenden Betrachtung der Figuren, die ein solcher Roman im Vergleich zu einer Fernsehepisode bieten würde – und die sich nicht zuletzt auch hier, mit Picards Dilemma, durchaus angeboten hätte – nicht aus. Das fand ich dann doch ziemlich schade, und insgesamt stellt sich mir halt schon die Frage, ob nicht gerade auch für diese sehr charakterbezogene Story ein Autor oder eine Autorin mit einem Händchen für eine tiefergehende Betrachtung der Figuren die bessere Wahl gewesen wäre. Und doch gibt es einen ganz wesentlichen Punkt, der Friedmans Adaption aufwertet, und sie damit auch für alle Fans der Serie in meinen Augen lesens- und empfehlenswert macht. Denn bei der Produktion der Doppelfolge war man natürlich was Gastauftritte betrifft sowohl durch die Laufzeit als auch das Budget eingeschränkt. Zwar bietet man uns – passenderweise, ist es doch das Serienfinale – ein paar sehr schöne entsprechende Einlagen, wobei nicht zuletzt die Rückkehr von Tasha Yar hervorsticht. Auch Tomalak darf nochmal kurz vorbeiwinken. Alyssa Ogawa und Miles O'Brien bekommen wir ebenfalls noch einmal zu sehen. Und Q ist hier natürlich ohnehin an vorderster Front mit dabei – was angesichts der Art und Weise, wie "Gestern, heute, morgen" den Pilotfilm "Der Mächtige/Mission Farpoint" spiegelt, nur logisch und konsequent ist.
Doch wo bei der damaligen TV-Produktion einer zu ausufernden Riege von Gastauftritten durch logistische und budgetäre Einschränkungen ein Riegel vorgeschoben wurde, sind einer Romanadaption was das betrifft keine Grenzen gesetzt. Hier ist es einzig und allein der Fantasie des Autors überlassen. Und eben das ist der Punkt, wo "Die Verurteilung" brilliert, wird hier doch viel mehr Nebenfiguren aus der Serie hier ein Auftritt geschenkt – was den Eindruck des Abschlusses einer Ära im Vergleich zur TV-Episode noch einmal verstärkt. Ich nehme hier bewusst keinen davon vorweg, da ein Großteil des Reizes des Romans darin besteht, herauszufinden, was sich Michael Jan Friedman diesbezüglich überlegt hat. Weil, sind wir uns ehrlich: Wie immer bei solchen Adaptionen dürfte wohl jedem die eigentliche Geschichte schon bekannt sein. Durch diese Auftritte bekommt "Die Verurteilung" dann aber eben doch nochmal ein Überraschungsmoment, dass ich ihm hier durch eine Aufzählung nicht nehmen will. Jedenfalls lag für mich in eben diesen die größte Stärke des Romans; nicht zuletzt, als ich sie allesamt überaus gelungen und natürlich in die Geschichte eingebunden fand. Ganz am Ende leisten sich zwar sowohl Michael Jan Friedman (der sich die letzte Szene mit Q hätte schenken und – wie in der TV-Folge – mit Picard und seiner Crew "abblenden" hätte sollen) als auch der sonst so verlässliche Übersetzer Andreas Brandhorst (der den schönen Abschlusssatz "And the sky's the limit…" fast schon unverzeihlich trocken, fantasielos und ohne Flair mit "Kein Limit für den Einsatz" übersetzt; wie die Übersetzung hier generell mal wieder ohne Rücksicht auf die TV-Synchro ihren eigenen Weg geht – Stichwort "Ausführung" statt "Energie") noch zwei kleinere Schnitzer. Was jedoch auch nichts daran ändert, dass ich diese Romanversion des wunderbaren TNG-Serienfinales – auch wenn sie das Niveau der TV-Doppelfolge nicht ganz erreichen mag – allen Fans der Serie nur wärmstens empfehlen kann!
Fazit:
Ob Michael Jan Friedman für die Romanadaption des TNG-Serienfinales der Richtige war, darüber kann man geteilter Meinung sein. Ich persönlich war zwar nie sein größter Fan, da mir seine Romane meist etwas zu oberflächlich geschrieben sind, und gerade auch "Gestern, heute, morgen" von einer tieferen Betrachtung der Figuren – insbesondere Jean-Luc Picard – sicher hätte profitieren können. Ich muss ihn aber was seine Adaption betrifft insofern loben, als er die Geschichte um einige weitere Gastauftritte bereichert, die dafür sorgen, dass sich "Die Verurteilung" in der Tat als runder Abschluss der (Serien-)Geschichte der TNG-Crew anfühlt. In eben diesen Cameos sehe ich dann auch mit Abstand die größte Stärke des Romans – und auch den Hauptgrund, sich als Fan "Die Verurteilung" trotz der Kenntnis der TV-Vorlage ins Regal zu holen.
Bewertung: 3.5/5 Punkten
Christian Siegel
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