Kurzinhalt:
Während der Sommerferien wird Harry Potter von den Weasleys dazu eingeladen, sie – zusammen mit Hermine Granger – zur Quidditch-Weltmeisterschaft zu begleiten. Doch ein Angriff der Todesser sowie das Zeichen Voldemorts im Himmel sorgen für Aufregung. Schon bald haben Harry, Hermine und Ron aber auch noch etwas anderes, und wesentlich erfreulicheres, dass ihre Aufmerksamkeit erregt: Denn am ersten Abend zurück in Hogwarts wird verkündet, dass in diesem Schuljahr zum ersten Mal seit mehr als hundert Jahren das trimagische Turnier stattfinden wird. Jeweils ein Wettkämpfer aus Hogwarts, sowie den konkurrierenden Schulen Durmstrang und Beauxbatons, werden darin antreten – wobei die Teilnahme erst ab einem Alter von 17 Jahren erlaubt ist. Insofern verschwendet Harry erstmal auch keine großen Gedanken daran – ehe der Feuerkelch, der die Teilnehmer des Turniers erwählt, nach den Namen Cedric Diggory (für Hogwarts), Fleur Delacour (für Beauxbatons) und Viktor Krum (für Durmstrang) auch noch einen vierten Namen ausspuckt: Harry Potter. Da durch den Feuerkelch ein bindender magischer Vertrag abgeschlossen wurde, bleibt Harry nichts anderes übrig, als am überaus gefährlichen Turnier teilzunehmen – im Wissen, dass jene Person, die seinen Namen in den Kelch geworfen hat, ihm damit bestimmt nichts Gutes wollte. Um die Aufgaben zu überstehen, wird er – wie immer – auf die Hilfe von Ron und Hermine angewiesen sein. Doch nichts und niemand kann ihn darauf vorbereiten, was ihn dann während der letzten Prüfung erwartet…
Review:
Die ersten vier "Harry Potter"-Romane sind ja in einem Abstand von einem Jahr erschienen. In dieser Zeit sind die Leser quasi mit Harry Potter und seinen Freunden mitgewachsen. Es ist daher nur logisch, dass auch die Romane langsam aber sicher beginnen, erwachsener zu werden, und sich hier erstmal von Kinder- in Richtung Jugendbüchern bewegen. So nimmt sich J.K. Rowling hier auch klassischen Teenager-Themen wie den ersten Gehversuchen in Sachen Liebe an. Von dieser konsequenten Weiterentwicklung abgesehen wirkt "Harry Potter und der Feuerkelch", der zudem deutlich umfangreicher daherkommt als seine drei Vorgänger (auch damit trägt sie dem Älterwerden ihrer Leser Rechnung), aber lange Zeit wie ein recht klassisches "Harry Potter"-Abenteuer im Stil der ersten drei Bücher. Wieder gibt es eine im Hintergrund schwelende und sich durch die Geschichte ziehende Bedrohung (wobei diese hier ganz bewusst gegenüber dem trimagischen Turnier in den Hintergrund rückt), falsche Fährten, die üblichen Reibereien an der Schule, den einen oder anderen Streit innerhalb Harrys Freundeskreises, freundliche und unfreundliche Lehrer, neue Kurse und schulische Herausforderungen – sowie natürlich das über allem stehende trimagische Turnier, in dem sich Harry drei ganz großen Prüfungen stellen muss. Letzteres sorgt dann auch dafür, dass im Gegensatz zu den ersten drei Bänden, wo alles meist auf ein großes Finale zusteuerte, sich auf dem Weg dorthin jedoch auch schon mal ein bisschen Langeweile einschleichen konnte, diesmal auch zwischendurch immer wieder für Spannung gesorgt ist. Die drei Prüfungen sind zudem sehr abwechslungsreich, und mir gefiel vor allem auch, wie Harry mit jeder von ihnen umging. Gut, ok, dass er tatsächlich geglaubt hat, Dumbledore würde es zulassen, dass Hermine und Ron bei einem allfälligen Scheitern des Teilnehmers sterben, wirkt doch etwas naiv; da Rowling Harry dies jedoch rückblickend ebenfalls einsehen lässt, und es mit dem Eifer des Gefechts erklärt, konnte ich es akzeptieren. Einzig alles rund um SPEW fiel für mich, so löblich die Thematik grundsätzlich auch sein mag, ein bisschen ab. Ansonsten blieb "Harry Potter und der Feuerkelch", im Gegensatz zu seinen Vorgängern, aber durchgängig unterhaltsam.
Und dann kommt der völlig unerwartete Schlag in die Magengrube, und von einem Moment auf den nächsten wird die "Harry Potter"-Reihe erwachsen. Eigentlich ist man noch voll und ganz in der letzten Prüfung drin, und angesichts des geteilten Sieges von Harry und Cedric in euphorischer Stimmung – und auf einmal landen die beiden bei Lord Voldemort, der Cedric vor Harrys Augen ermordet. Wie schon erwähnt habe ich im Falle von Harry Potter ja die Filme gesehen, bevor ich den Roman gelesen hatte, aber ich erinnere mich immer noch daran, wie mich das völlig kalt erwischt hat, und wenn man den Roman zum ersten Mal und unvorbereitet liest (und eben den Film noch nicht kennt), muss es einem ebenso gehen. Für mich ist das der eigentliche Geniestreich von "Harry Potter und der Feuerkelch". Die ganzen Kapitel zuvor ist der Roman eine zwar vielleicht schon etwas stärker in Richtung Jugendliteratur gehendes, aber dennoch sehr typisches "Harry Potter"-Abenteuer, so wie man das aus den ersten drei Romanen gewohnt war. Nie im Leben würde man damit rechnen, dass Cedric kaltblütig ermordet wird, und Lord Voldemort auf einmal zurückkehrt. Eben dieses Kapitel ist dann für mich auch der entscheidende Wendungspunkt für die gesamte Reihe. Bis dahin war es spaßige, und trotz aller Bedrohungen doch eher harmlose Fantasy- bzw. Kinder-Unterhaltung. Nun jedoch wurde aus Spiel plötzlich Ernst, und Voldemorts Rückkehr stellt die Welt von Harry Potter völlig auf den Kopf. Was für eine Wendung! Nach diesem hochdramatischen Finale mag sich J.K. Rowling zwar vielleicht eine Spur zu viel Zeit für den Epilog nehmen. Vor allem die Erklärung von Mad Eye Moody ist wieder einmal etwas ausführlicher, als sie sein müsste. Hier wird wirklich alles bis ins kleinste Detail erklärt, um sicherzustellen, dass auch die jüngeren LeserInnen alles verstehen. Dafür war der Roman aber auch abseits des hochdramatischen Finales wieder gewohnt gut und hochwertig geschrieben war, gab Kindern und Jugendlichen wieder die eine oder andere Lebensweisheit mit auf den Weg gibt, ohne dabei belehrend zu wirken (wie z.B. Sirius Spruch, dass man die wahre Natur eines Menschen daran erkennt, wie er seine Untergebenen behandelt, und nicht jene, die ihm gleichgestellt sind). Und auch wenn's nur eine Kleinigkeit ist, aber… den altbekannten Zauberspruch Abrakadabra (ja eigentlich eine Beschwörungsformel zum Abwenden von Krankheiten) hier nun in abgewandelter Form zu jenem des Todes zu machen, war auch ein kleiner Geniestreich. Zusammen mit dem hochdramatischen Finale macht dies "Harry Potter und der Feuerkelch" insgesamt zum bis dahin beste Roman der Reihe.
Fazit:
Es gibt diese Momente im Leben, nach denen ist plötzlich nichts mehr so, wie es einmal war. Einen ebensolchen erlebt Harry Potter im vierten Band der Reihe. Lord Voldemorts Rückkehr sowie die grauenhaft kaltblütige und beiläufige Ermordung von Cedric Diggory zwingen Harry Potter, quasi von einer Sekunde auf die nächste erwachsen zu werden – wie das wohl leider auch so manche von uns in ihrer Kindheit oder Jugend erleben mussten. Die betreffende Wendung trifft den Leser vor allem auch deshalb so hart, als es J.K. Rowling phantastisch gelungen ist, uns in den Kapiteln zuvor in Sicherheit zu wiegen und uns das Gefühl zu geben, hier einfach nur einen weiteren, trotz aller Gefahren letztendlich harmlosen "Harry Potter"-Roman zu lesen, weshalb man wenn man das Buch zum ersten Mal liest (oder den Film das erste Mal ansieht) einfach auf diese tragische Wendung nicht vorbereitet ist. Aber auch abseits dieser großartigen Wendung ist "Harry Potter und der Feuerkelch" wieder ein überaus gelungener Fantasy-Roman – dem man zugleich anmerkt, dass er zusammen mit seinen Figuren (und eben auch seinen Lesern) quasi mitwächst, und daher zunehmend erwachsenere Themen Einzug erhalten. Ja, damit die schockierende Wendung den gewünschten Effekt erzielt, muss Rowling die Bedrohung rund um Lord Voldemort zuvor etwas herunterspielen. Zudem nimmt sie sich für den Epilog doch auch wieder eine Spur zu viel Zeit, wobei vor allem Moodys ausschweifende Erklärung in diesem Umfang nicht unbedingt notwendig gewesen wäre. Dafür gelang es ihr auch abseits des hochdramatischen Finales, aufgrund des packenden Einstiegs rund um die Quidditch-Weltmeisterschaft, sowie die interessanten drei Prüfungen des trimagischen Turniers besser als bei den Vorgängern, "Harry Potter und der Feuerkelch" durchgängig unterhaltsam zu machen.
Bewertung: 4.5/5 Punkten
Christian Siegel
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