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Einzelroman im "Ancillary"-Universum Kategorie: Literatur & Comics - Autor: Christian Siegel - Datum: Samstag, 07 März 2020
 
Titel: "Provenance"
Bewertung:
Autorin Ann Leckie
Umfang: 480 Seiten (E)
Verlag: Orbit (E)
Veröffentlicht: 28. September 2017 (E)
ISBN: 978-0-356-50698-2 (E)
Kaufen: Taschenbuch (E), Kindle (E)
 

Kurzinhalt: Ingray Aughskold besticht einen Beamten dazu, den Verbrecher Pahlad Budrakim aus der Haft zu befreien. Dieser wurde verurteilt, die Antiquitäten seiner Familie gestohlen und versteckt zu haben – und eben diese haben in ihrer Kultur einen hohen Stellenwert. Durch den Fund der gestohlenen Artefakte hofft Ingray, die Stellung in ihrer Familie verbessern zu können. Doch von Beginn an verläuft nichts wie geplant. Um Pahlad freizukaufen und für sie beide die Tickets zurück zur Heimatwelt zu kaufen, hat sie ihr gesamtes Geld aufgebraucht – doch der Pilot des Raumschiffs will sie ohne Deklaration ihrer Ware nicht an Bord lassen. Wohl oder übel muss sie Pahlad vor dessen Augen auftauen – nur um zu hören, wie dieser steif und fest behauptet, gar nicht Pahlad zu sein. Entweder kam es zu einer Verwechslung, oder sie wurde (bzw. wird) getäuscht. Wieder zurück auf Hwae steht Ingray vor den Scherben ihres Plans und ihrer Hoffnungen. Doch schon bald öffnen sich für sie neue Möglichkeiten. So macht sie nicht nur eine erschreckende Entdeckung im Hinblick auf die von den Bewohnern des Planeten fast schon als Reliquien verehrten Artefakte, sondern wird auch in ein interstellares Machtspiel rund um die Zukunft des Systems hineingezogen…

Review: "Provenance" – von dem es noch keine Übersetzung im deutschsprachigen Raum gibt – ist im gleichen Universum wie die "Ancillary"-Trilogie angesiedelt, und knüpft zeitlich praktisch unmittelbar an diese an, ist jedoch nichtsdestotrotz ein eigenständiger Roman. Vorkenntnisse aus der Trilogie sind eigentlich nicht erforderlich, und tatsächlich fällt einem der Einstieg in diese von Ann Leckie geschaffene Zukunftsvision mit "Provenance" wohl leichter, als mit "Ancillary Justice", wo nicht zuletzt auch die beiden Zeitebenen eben diesen zusätzlich erschweren. Allerdings spilert man sich wenn man ihn zuerst liest ein bisschen den dortigen Ausgang des Geschehens, weshalb ich doch eher empfehlen würde, die Bücher wenn dann nach Erscheinungsdatum zu lesen. Jedenfalls bewegt sich die Autorin mit "Provenance" aus dem Raadch-Imperium heraus, und präsentiert eine andere Zukunftsvision, nur halt im gleichen Universum. Manches ähnelt dabei im Ansatz dem Zugang aus den "Ancillary"-Romanen, nur dass Leckie hier nun eine andere Richtung einschlägt. Man nehme z.B. die Besonderheiten in der Sprache. Statt dass alle mit einer weiblichen Anrede angesprochen werden, gibt es hier nun eine geschlechtsneutrale Sprache. Dies fand ich gleich wesentlich plausibler und auch deutlich weniger störend, und ich wünschte, Leckie hätte das von Anfang an so geregelt. Zudem gibt es auch hier wieder ein paar Angewohnheiten, die sonderbar anmuten. War es bei den Radch die Bedeutung von Tee und entsprechendem Geschirr, sind es hier nun Artefakte von historischer Bedeutung, die von den Bewohnern des Planeten Hwae wie Reliquien verehrt werden, und die auch einen wesentlichen Teil des Status einer Familie ausmachen.

Apropos Familie: Vor allem das fand ich enorm interessant. Wenn ich das richtig verstanden habe, ist Familie hier nämlich weniger ein sich aus der Geburt ergebender Begriff, sondern werden die Personen vielmehr adoptiert – und streiten sich dann, im Falle von Geschwistern, oftmals darum, den Patriarch oder die Matriarchin der Familie zu beerben. Insgesamt hat sich Ann Leckie jedenfalls auch hier wieder eine faszinierende Gesellschaftsstruktur mit zahlreichen interessanten Kuriositäten ausgedacht – das "world building" ist somit definitiv wieder einmal die größte Stärke des Romans. Eher nur ok fand ich hingegen die Figuren. Ingray ist zwar im direkten Vergleich zu Breq eine angenehm andere Protagonistin, ähnlich ans Herz gewachsen ist sie mir aber leider nie. Und die restlichen Figuren – das deckt sich ein bisschen mit den "Ancillary"-Büchern – werden leider vergleichsweise wenig beleuchtet, und bleiben doch eher eindimensional. Und auch die Handlung an sich ist ein bisschen eine durchwachsene Angelegenheit. Den Einstieg fand ich noch sehr interessant und unterhaltsam, was halt nicht zuletzt auch daran liegt, dass wir hier diese faszinierende Gesellschaft kennenlernen. In weiterer Folge schlug mir die Story aber dann doch ein paar Haken zu viel – was vor allem auch insofern ein Problem ist, als ich nichts davon übermäßig spannend fand. Tiefpunkt von "Provenance" waren dann die Kapitel mit Ingray in Gefangenschaft, wo sich noch dazu praktisch 2x die gleiche Szene wiederholt (dahingehend, dass jemand eine Waffe auf sie richtet). Der Ausklang war dann zwar grundsätzlich wieder gelungen, Ingrays Schock über die Entscheidung ihres Familienoberhaupts konnte ich allerdings nur schwer nachvollziehen, war das doch eigentlich von Beginn an sonnenklar – wie auch ihre darauffolgende Entscheidung. Aber ja.

Fazit: "Provenance" ist ein netter Nachschlag zur "Ancillary"-Justice-Trilogie, der im Zweifelsfall auch den Einstieg in das von Ann Leckie geschaffene Universum im Vergleich zum doch etwas sperrig-konfusen "Ancillary Justice" (bzw. auf deutsch "Die Maschinen") erleichtert, dabei allerdings zugleich leichte Andeutungen auf den dortigen Ausgang der Ereignisse enthält. Neuerlich hatte es mir vor allem Ann Leckies "world building" angetan; die hier von ihr ersannte Zivilisation fand ich wirklich faszinierend. Auch die geschlechterneutrale Sprache gefiel mir entschieden besser, als einfach immer die weibliche Anrede zu verwenden. Zugleich fand ich leider nicht, dass Ingray Breq das Wasser reichen konnte, und abseits von ihr die Figuren nur bedingt interessant. Und die Handlung beginnt zwar durchaus interessant und vielversprechend, irgendwie geht der Story dann aber zur Mitte die Luft aus, und vor allem auch die Kapitel rund um die Geiselnahme fand ich eher schwach, was nicht zuletzt auch daran lag, dass "Provenance" weder dort noch an anderer Stelle so richtig Spannung aufbauen konnte.

Bewertung: 3/5 Punkten
Christian Siegel





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