Kurzinhalt:
Eine riesige Wolke bewegt sich auf die Erde zu. Auf ihrem Weg hat sie bereits drei klingonische Kriegsschiffe ausgeschaltet. Die Absichten der Wolke sind ebenso unklar, wie ihr Ursprung. Man vermutet, dass sich im inneren eine Konstruktion befindet, doch sämtliche Versuche, mit einer allfälligen Intelligenz im Inneren in Kontakt zu treten, sind bislang gescheitert. James T. Kirk, der nach dem Ende der Fünfjahresmission mit der U.S.S. Enterprise die Beförderung zum Admiral akzeptiert hat, mit seinem Schreibtischjob jedoch nicht wirklich glücklich ist und sich danach sehnt, wieder zu den Sternen zurückzukehren, sieht in dieser Krise die Gelegenheit, um sich das Kommando über die Enterprise, deren Überholung in einer Werft im Orbit der Erde kurz vor der Fertigstellung steht, wieder zurückzuholen. Der Leidtragende dieser Entscheidung ist Captain William Decker, der die Enterprise eigentlich auf ihre nächste Fünfjahresmission hätte führen sollen. Kirk kehrt auf die Enterprise zurück, wo es zuerst ein Wiedersehen mit Scotty, Uhura, Sulu und Chekov gibt, die allesamt ihren Dienst auf dem Schiff fortsetzen. Er lässt zudem Leonard "Pille" McCoy rekrutieren. Und kurz darauf kommt zur Überraschung aller auch Spock, der sich eigentlich nach Vulkan begeben hatte, um an einem Ritual teilzunehmen, mit dem er sich von jeglichen noch verbliebenen Emotionen befreien wollte, an Bord. Dergestalt wieder vereint, stellt sich die Crew der Enterprise der riesigen Wolke entgegen, um nach einen Weg zu suchen, sie aufzuhalten und so die Erde zu retten…
Review:
Es ist schon wieder viel zu lange her, dass ich die "Star Trek"-Filme gesehen habe. Da ich erst kürzlich meinen Rerun der klassischen Serie abgeschlossen und daran anknüpfend zum ersten Mal die größtenteils wirklich toll gemachte Fan-Serie "Star Trek: Continues" geschaut habe, die quasi von der Serie in den Film überleitet, schien mir nun der ideale Zeitpunkt gekommen, um dies wieder einmal nachzuholen. Und da ich darüber hinaus die Filmromane auf meiner Liste der zu besprechenden "Star Trek"-Bücher habe, machte es einfach Sinn, beides miteinander zu verknüpfen, und mir auch diese nun zum ersten Mal (mit Ausnahme von "Der erste Kontakt", den ich bereits Ende der 90er gelesen habe) vorzuknöpfen. Nun wird sich der eine oder andere Fragen, was daran interessant ist, die Romanfassung eines Films zu lesen. Wohlgemerkt: Ich spreche nicht von einer Romanvorlage, also dem Fall, wo das Buch vor dem Film da war, und dann halt adaptiert wurde, sondern genau der gegenteiligen Richtung: Büchern, die auf Filmen basieren – und dementsprechend letztendlich eigentlich nur das dortige Geschehen nacherzählen. Nur: Einerseits kann dies, sofern es gut geschrieben ist, ebenfalls überaus nett sein. Vor allem aber basieren solche Romanfassungen üblicherweise auf dem Drehbuch, und beinhalten somit oftmals Szenen, die aus dem fertigen Film herausgeschnitten wurden. Nun gebe ich zu, dass letzterer Reiz in den vergangenen Jahren dank DVD/Blu-Ray etwas abgenommen hat. Früher waren solche Filmromane die einzige Möglichkeit, um solche geschnittenen Szenen zu "sehen"; heutzutage liegen sie oftmals als Bonusmaterial vor. Dennoch finde ich den Vergleich zwischen solchen Romanen und den eigentlichen Filmen (oder auch Episoden; wurden doch bei "Star Trek" auch schon so manche Doppelfolgen in Büchern nacherzählt) durchaus interessant.
Was uns nun also zu "Star Trek: Der Film" bringt – der einzige "Star Trek"-Roman, der (basierend auf dem Drehbuch von Harold Livingston, dem wiederum eine Story von Alan Dean Foster zugrunde liegt) vom "großen Vogel der Galaxis" höchstselbst geschrieben wurde. Im Gegensatz zu vielen anderen Fans, die den ersten "Star Trek"-Film als "The Motionless Picture" verschmähen, ist er doch tatsächlich nach wie vor mein Lieblingsfilm der Reihe (wenn auch denkbar knapp vor dem natürlich ebenfalls großartigen "Der Zorn des Khan"). Er ist der einzige "Star Trek"-Film bislang (und ich habe wenig Hoffnung, dass sich das jemals ändern wird), der sich die meines Erachtens höchste Auszeichnung, die man einem "Star Trek"-Abenteuer angedeihen lassen kann, verdient hat: Nämlich das von Spock geliebte Prädikat "faszinierend". Ich liebe tatsächlich jede Sekunde und jeden Moment, und ja, das gilt sowohl für die minutenlange Zelebrierung der modernisierten Enterprise, als auch den langen Flug durch die Wolke (da es diese Zeit aus meiner Sicht nun mal eben auch braucht, um dem Zuschauer deren ehrfurchtgebietende Dimensionen zu vermitteln). Zugleich gebe ich aber zu, bei "Der Film" im Vorfeld was die Romanfassung betrifft insofern etwas skeptisch gewesen zu sein, als es durchaus fair ist, festzuhalten, dass die Story nicht seine größte Stärke ist. Nicht falsch verstehen: Ich mag die Geschichte. Insbesondere das im Mittelpunkt stehende Mysterium (sowie dessen faszinierende Auflösung), sowie die im Vergleich zur Serie veränderte Dynamik zwischen den Figuren. Dennoch liegt die wahre Stärke von "Star Trek: Der Film" zweifellos bei der Inszenierung. Die wunderbare Regiearbeit von Robert Wise, die unvergleichliche Atmosphäre, die großartigen Effekte, und nicht zuletzt auch die grandiose Musik von Jerry Goldsmith (einzig die Kostüme fallen ab; die pastellfarbenen Uniformen sind nämlich in der Tat potthässlich, und so ziemlich mein einziger nennenswerter Kritikpunkt am Film). Was Letzteres betrifft schuf ich immerhin insofern Abhilfe, als ich mir die Musik während dem Lesen angehört habe. Insgesamt sollte sich meine Befürchtung aber nicht als gänzlich unrichtig herausstellen. Die Geschichte gewinnt durch die Inszenierung auf der Leinwand enorm, und kommt rein auf die Worte heruntergebrochen doch ein bisschen dünn daher.
Dies gilt dann insbesondere für die zweite Hälfte des Romans, wo Roddenberry teilweise förmlich durch die Story zu hetzen scheint. Gerade dort, wo sich der von Robert Wise inszenierte Film Zeit nimmt, drückt der Roman aufs Gas. Es gibt in diesem Teil des Buchs auch im Vergleich zum Film so gut wie keine neuen Szenen (einzig die Offenbarung, dass die Decker-Einheit und die Ilia-Sonde miteinander geschlafen haben, war neu); im Gegenteil, so mancher aus dem Director's Cut bekannter und von mir überaus geschätzter Moment, wie z.B. Spocks Träne, fehlt hier. Dies ist insofern schade, als der Roman eigentlich noch recht vielversprechend beginnt. Gut, ok, auf das Stilmittel rund um das Vorwort von James T. Kirk, der versichert, die nachfolgende Erzählung freigegeben zu haben – da ihm frühere Berichte über die Abenteuer der Enterprise (wohl in Anspielung auf die Serie) zu überdramatisiert waren – hätte man in meinen Augen verzichten können. Doch etwas eigenwillig und den Leser aus der Illusion herausreißend. Der nachfolgende Prolog ist dann aber so ziemlich der einzige Teil der Geschichte, der im Vergleich zum Film deutlich ausgebaut wurde. So sehen wir hier, wie Kirk (über ein Implantat) auf die Bedrohung aufmerksam und ins Starfleet-Hauptquartier zitiert wird, und erleben vor allem auch sein Gespräch mit Admiral Nogura, von dem uns im Film nur erzählt wird, direkt mit. Das war zweifellos interessant. Einzelne Ideen wie rund um die neuen Menschen sind hingegen weniger erfolgreich, was nicht zuletzt auch daran liegt dass diese zwar erwähnt bzw. eingeführt werden, Roddenberry aber letztendlich nichts daraus macht. Somit wirken sie wie überflüssige Schaufensterdekoration. Nicht uninteressant – wenn auch etwas untypisch – sind aber die zwischendurch eingestreuten Fußnoten, sei es nun vom fiktiven Herausgeber, oder auch Kirk selbst. Interessanterweise konzentrieren sich auch diese fast ausschließlich auf die ersten paar Kapitel. Fast wirkt es so, als hätte Roddenberry im weiteren Verlauf das Interesse und/oder die Lust am Schreiben verloren (oder aber, der Abgabetermin rückte einfach unaufhörlich näher).
Im Vergleich mit der deutschen Ausgabe von Heyne zeigt sich zudem eine kuriose Abweichung: Denn in der für mich hervorstechendsten Fußnote geht James T. Kirk auf Gerüchte ein, er und Spock hätten eine romantische Beziehung gehabt (ich vermute mal, das war eine direkte Reaktion Roddenberrys auf die damals aufkommende, entsprechende Slash-Fanfiction rund um die beiden Figuren). Das Thema wird überaus sachlich und zugleich sensibel angegangen: Kirk macht deutlich, dass ihn dieses Gerücht keinesfalls beleidigen würde, da er keinerlei moralischen oder sonstigen Einwand gegen jedwede Form der Liebe hat – er selbst aber halt nun mal schon immer dem weiblichen Geschlecht zugetan war. Interessanterweise wurde diese Fußnote, als einzige, aus der deutschen Übersetzung entfernt (und im Zuge dessen auch gleich der Begriff "t'hy'lla" – was sowohl Freund, Bruder, als eben auch Liebhaber bedeuten kann– entfernt. Aus "Jim! Goodbye, my… my t'hy'lla" wird einfach nur "Jim… Leben Sie wohl."). Es ist wohl davon auszugehen, dass allein nur der Hinweis auf nicht-heteronormative Beziehungsformen dem Verlag damals zu heikel war; schade allerdings, dass dies im Zuge der eBook-Neuauflage nicht korrigiert wurde, weil in der heutigen Zeit kann man den Lesern einen solchen Hinweis wie ich finde durchaus zumuten. Doch das ist letztendlich eh nur eine Randnotiz. Jedenfalls fand ich es schon etwas schade, dass im weiteren Verlauf solche Fußnoten oder eben generell zusätzliche Szenen im Vergleich zum Film zunehmend Mangelware wurden, sondern man im Gegenteil kleinere Momente vielmehr vermisste. Auch aus der Möglichkeit einer tieferen Betrachtung der Figuren holte Roddenberry in der zweiten Hälfte nicht mehr ganz so viel heraus, wie noch zu Beginn, wo er sich insbesondere Kirk sehr ausführlich widmet, und mit einigen interessanten Offenbarungen und/oder Beobachtungen aufwartet. Am besten war wohl noch das aus Spocks Sicht geschilderte Kapitel, als sich dieser ins Herz von Vejur begibt. Nicht zuletzt, als auch der Roman deutlich macht, wie wichtig diese Erfahrung für Spock war. Denn Vejur ist letztendlich genau das, nachdem er auf Vulcan mit dem abgebrochenen Kolinahr gestrebt hat: Reine Logik. Durch die Gedankenverschmelzung erkennt er aber, dass dies sowohl für Vejur, als eben auch für ihn, letztendlich zu wenig ist. Oder, wie er es fünf Filme später Valeris gegenüber ausdrücken sollte: "Logik ist der Anfang aller Weisheit, nicht das Ende." Generell muss ich festhalten: Auch wenn meine Rezension teilweise etwas kritisch ist, so hat mir "Star Trek: Der Film" auch in der Romanfassung durchaus gefallen. So gut wie der Film ist er aber halt nicht.
Fazit:
Gene Roddenberrys Romanfassung zu "Der Film" kann eben diesen aus meiner Sicht nicht ganz das Wasser reichen. Einerseits, weil dieser nun mal in erster Linie durch die großartige Inszenierung (Regie, Effekte, Atmosphäre, Musik usw.) besticht, und andererseits, da er zwar zu Beginn noch nett auf diesen aufbaut und einige zusätzliche Szenen erzählt, dies jedoch in weiterer Folge aus dem Auge verliert. Nun könnte man denken, dass halt in erster Linie aus dem ersten Drittel des Films herausgeschnitten wurde, aber wenn man dann selbst Momente aus der "Director's Edition" – die also somit im Drehbuch gestanden sein müssen, und auch gedreht wurden – vermisst, macht das doch etwas stutzig. In Verbindung mit den zu Beginn noch zahlreichen und dann kaum mehr auftretenden Fußnoten und einer zunehmend gehetzten Erzählweise drängt sich der Verdacht auf, dass Gene Roddenberry mittendrin irgendwie die Lust an diesem Projekt verloren hat. Immerhin, die Buchform erlaubt eine tiefergehende Betrachtung der Figuren, die er insbesondere bei Kirk und Spock nutzt. Und die gefällige Story funktioniert natürlich letztendlich in Buchform ebenso, wie als Film. Und doch lässt sich nicht verleugnen, dass dieser halt in erster Linie von der Inszenierung lebt – ein Joker, den der Roman naturgemäß nicht ausspielen kann. Die – ohnehin nicht so zahlreichen – Fans des ersten "Star Trek"-Films können aber bedenkenlos zugreifen.
Bewertung: 3.5/5 Punkten
Christian Siegel
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