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Das preisgekrönte Romandebüt von Ann Leckie Kategorie: Literatur & Comics - Autor: Christian Siegel - Datum: Samstag, 11 Januar 2020
 
Titel: "Die Maschinen"
Originaltitel: "Ancillary Justice"
Bewertung:
Autorin Ann Leckie
Umfang: 386 Seiten (E)
Verlag: Heyne (D), Orbit (E)
Veröffentlicht: 09. Februar 2015 (D), 01. Oktober 2013 (E)
ISBN: 978-0-356-50240-3
Kaufen: Taschenbuch (D), Kindle (D), Taschenbuch (E), Kindle (E)
 

Kurzinhalt: Tausende von Jahre in der Zukunft hat die Menschheit nicht nur einen Großteil der Milchstraße erobert, sondern steht dieses unter der Kontrolle des sogenannten Radch-Imperiums, welches von Anaander Mianaai angeführt wird. Mit Hilfe ihrer Raumschiffflotte und ihren Soldaten annektieren die Radchaai einen Planeten nach dem anderen. Jedes Schiff wird dabei von einer Künstlichen Intelligenz gesteuert, die zudem über sogenannte Hilfseinheiten verfügt – geklonte Menschen, die über das gleiche, geteilte, Bewusstsein verfügen, wie das Schiff selbst. Diese Hilfseinheiten sind teilweise auch als Soldaten an der Annexion von Planeten beteiligt. Breq war früher eine dieser Hilfseinheiten, genauer gesagt One Esk Neunzehn des Schiffes "Gerechtigkeit Torens". Dann jedoch wurden das Schiff und alle anderen Einheiten, bis auf sie, zerstört. Auch neunzehn Jahre später fällt es Breq schwer, sich daran zu gewöhnen, nur mehr aus einem einzigen – menschlichen – Körper zu bestehen. Nunmehr ist ihre Existenz vom Bestreben dominiert, an jener Person bittere Rache zu üben, welche sie für die Vernichtung ihres Schiffes verantwortlich macht. Bis sie eines Tages auf den Offizier Seivarden trifft, der früher auf der Gerechtigkeit Torens stationiert war…

Review: Ann Leckies Romandebüt "Die Maschinen" ("Ancillary Justice" – im Übrigen wurde der Roman von mir auch in der Originalfassung gelesen, weshalb ich zur deutschen Übersetzung keine Aussage treffen kann) hat vor ein paar Jahren so ziemlich jeden Preis gewonnen, den man im Bereich der literarischen Science Fiction abstauben kann. Ich selbst wurde allerdings erst durch ein Geburtstagsgeschenk letztes Jahr – nämlich das im gleichen Universum wie die "Ancillary"-Trilogie angesiedelte "Provenance" – auf ihr Werk aufmerksam. Da ich nach dem ganzen "Star Trek" und "Star Wars" (auch wenn es damit natürlich ebenfalls heuer wieder weitergehen wird) mal wieder Appetit auf etwas anspruchsvollere Science Fiction-Kost hatte beschloss ich, mir ihren Erstling "Die Maschinen" endlich mal vorzuknöpfen. Nun, vielleicht lag es am Kulturschock, da ich mich zuletzt doch überwiegend im Bereich der popkulturellen Trivialliteratur bewegte, aber es dauerte doch ein bisschen, ehe ich mit "Die Maschinen" warm wurde. Immerhin gilt es hier, sich hier in einem völlig neuen, bislang unbekannten Universum zurecht zu finden – etwas, dass einem Ann Leckie aufgrund ihrer Herangehensweise nicht unbedingt erleichtert. So gibt es kein Vorwort, keinen Prolog, keinen Einleitungstext. Vielmehr wird man kalt und ohne jegliches Vorwissen (vielleicht abgesehen vom Klappentext, sowie dem Cover - welches in der deutschen Fassung jedoch ziemlich irreführend ist) in diese Welt geworfen.

Zusätzlich erschwert wurde mir der Einstieg durch Leckies eigenwillige Herangehensweise, fast ausschließlich weibliche Anreden zu verwenden, unabhängig vom Geschlecht der Person. Begründet wird dies damit, dass die Radch nicht zwischen Geschlechtern unterscheiden, und in ihrer Sprache die feminine Form der Standard ist, und Breq als künstliche Intelligenz in einem geklonten Körper generell nicht zwischen Geschlechtern unterscheiden kann. Leider fand ich dies auf der einen Seite doch ziemlich aufgesetzt, und auf der anderen Seite fand ich es teilweise leider auch etwas irritierend beim Lesen. Ich bin jemand, der sehr "visuell" liest, sprich wenn ich etwas lese, entstehen dazu Bilder in meinem Kopf. Eben dies wurde durch die Unkenntnis, welches Geschlecht eine Person hat, bzw. auch dem Widerspruch zwischen tatsächlichem Geschlecht und fast konstanter weiblicher Anrede (wie z.B. bei Seivarden) erschwert. Ich verstehe zwar, was Ann Leckie damit bezweckte. Auf der einen Seite wollte sie wohl den üblichen Sprachgebrauch auf den Kopf stellen (seltsam ist dies nur insofern, als das mit der geschlechtsspezifischen Sprache ja im Englischen normalerweise, im Gegensatz zum Deutschen, ja ohnehin nicht wirklich ein Problem/Thema ist), und andererseits generell die Aussage treffen, dass das Geschlecht nun mal keine Rolle spielt. Ich fand es allerdings doch etwas erzwungen, irritierend, und fand letztendlich, dass es den Einstieg des unbedarften Lesers nur unnötig erschwerte.

Es hilft auch nicht, dass der Roman in zwei Zeitebenen angesiedelt ist, und Ann Leckie von Beginn an – ohne Jahreszahl oder sonstiges klares Kennzeichen – zwischen beiden hin- und herspringt. Auch das erleicherte den Einstieg nicht unbedingt, da man immer erst ein paar Zeilen braucht, ehe man gecheckt hat, in welcher Zeitebene man sich befindet. Jedoch: Nachdem ich die anfängliche Verwirrung dann langsam aber sicher abgelegt hatte, begann ich zunehmend, an "Die Maschinen" Gefallen zu finden. Angetan hatte es mir dabei u.a. das interessante Konzept rund um die Hauptfigur: Eine Künstliche Intelligenz, die normalerweise mehrere sowohl menschlich-geklonte als auch maschinelle Körper gleichzeitig steuert, und sich nun auf einem einzigen beschränkt wiederfindet, das war – zumindest für mich – mal etwas Neues. Generell empfand ich Breq als durchaus gelungene, vielschichtige Hauptprotagonistin – und schwingt in der Art und Weise, wie diese hier im Verlauf ihrer Geschichte, obwohl als Sklavin gedacht, letztendlich zu mehr Selbstbestimmung findet, eine positive Aussage mit. Weniger originell, aber deshalb noch lange nicht grundsätzlich schlecht, fand ich die makrokosmischen Elemente – sprich die Galaxie, die von einem Imperium unterjocht wird – aber selbst dort finden sich einzelne nette, interessante Aspekte, wie z.B., dass Herrscher Anaander Mianaai ebenfalls auf mehrere Körper verteilt ist, und sich diese teilweise in Konkurrenz zueinander befinden. Quasi ein externalisierter innerer Zwiespalt.

Vor allem aber nimmt die Geschichte, wenn man dann mal begonnen hat sich in diesem zwar fremden, aber doch auch faszinierenden Universum zurechtzufinden, dann zunehmend an Fahrt auf. Beginnend mit der Begegnung mit einer Gegnerin von Mianaai, die eine mächtige Waffe in ihrem Besitz hat, und parallel dazu der Verdichtung der Ereignisse auf der Gerechtigkeit Torens in der Vergangenheit, bekommt man einen immer besseren Eindruck von dieser Welt, den Figuren, und auch ihrer Motivation. Und dann beginnt sich eben auch langsam eine gewisse Spannung zu entfalten. Zwar fand ich den Roman zugegebenermaßen bis zuletzt eher auf intellektueller denn emotionaler Ebene ansprechend, dennoch baut sich die Handlung letztendlich auf nette Art und Weise zu einem gefälligen Showdown auf, in dem Breq dann schließlich auf das Ziel ihrer Rachegelüste trifft. Zugleich verläuft all dies nicht unbedingt so, wie man das vielleicht erwartet hätte, und ebnet letztendlich auch der Fortsetzung dieser von Anfang an als Trilogie konzipierten Geschichte den Weg. Und nicht zuletzt auch im Wissen, dass ich nun in diesem Universum drin bin, und mir daher der Einstieg bei "Die Mission" wesentlich leichter fallen sollte, sehe ich dem nächsten Roman doch schon mit einiger Vorfreude entgegen.

Fazit: Ann Leckie macht es dem unbedarften Leser bei ihrem Regiedebüt nicht unbedingt leicht. Sie stürzt einen völlig unvorbereitet und ohne Vorkenntnis in eine zwar faszinierende, aber halt auch sehr fremde und verwirrende Zukunftsvision, und erschwert einem den Einstieg und das Zurechtfinden noch einmal zusätzlich durch zwei Zeitebenen, zwischen denen ohne Hinweis/Vermertk ständig hin- und hergesprungen wird, sowie die Verwendung weiblicher Pronomen selbst bei männlichen Charakteren. Letzteres war dann auch jener Teil des Romans, der mir am fragwürdigsten, unnötigsten und erzwungendsten erschien (denn natürlich ist mir klar, was Ann Leckie damit bezweckt, ich find's halt nur trotzdem sehr aufgesetzt). Jedoch: Kämpft man sich durch diese anfängliche Verwirrung, und übersteht die ersten rund 100 Seiten, offenbart sich einem eine faszinierende Welt, die mit einigen interessanten und originellen Einfällen aufwarten kann. Mit Breq hat Leckie zudem eine vielschichtige und sympathische Hauptfigur geschaffen, der man sich schon bald verbunden fühlt. Und zum Ende hin dreht der Roman dann auch spannungstechnisch endlich auf. Und so wird man als Leser für das zu Anfangs erforderliche Durchhaltevermögen dann doch noch belohnt.

Bewertung: 3.5/5 Punkten
Christian Siegel





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