Mit: Alejandro Jodorowsky, Diane O'Bannon, H.R. Giger, Brontis Jodorowsky, Richard Stanley, Nicolas Winding Refn, Drew McWeeny, Gary Kurtz, Devin Faraci u.a.
Kurzinhalt:
Mitte der 70er erwarb ein französisches Konsortium die Filmrechte an Frank Herberts Science Fiction-Epos "Dune – Der Wüstenplanet". Der chilenische Kult-Regisseur Alejandro Jodorowsky (u.a. "El Topo" und "Holy Mountain"), der vom Roman fasziniert war, bemühte sich daraufhin darum, das Drehbuch schreiben und Regie führen zu dürfen – und bekam für beides den Zuschlag. Doch bereits die Vorproduktion sollte Jahre in Anspruch nehmen. Künstler wurden beauftragt, um Frank Herberts Welt optisch zum Leben zu erwecken, das Drehbuch in einem umfassenden Storyboard dargestellt, und die ersten Rollen mit teils prominenten Personen besetzt. Letztendlich sollte sich das Projekt jedoch als zu ambitioniert herausstellen. Als es nicht mehr gelang, das nötige Geld für das immer teurer werdende Projekt aufzutreiben, wurde "Dune" schließlich eingestellt – ehe ein paar Jahre später David Lynch seine umstrittene Version, produziert von Dino DeLaurentiis, ins Kino bringen sollte. Doch auch wenn Jodorowsky's Dune nie das Licht der Welt erblicken sollte, so hat es die Filmwelt nichtsdestotrotz nachhaltig beeinflusst…
Review:
Spätestens seit der Verbreitung von DVDs, welche Videokassetten als bevorzugtes Medium für Filme und Serien ablösten, wurden zahlreiche interessante Making Of-Dokumentationen veröffentlicht, die es Filmfans erlauben, einen Blick hinter die Kulissen zu werfen – und die teilweise mindestens so spannend und interessant sind, wie die Filme, deren Entstehung sie beleuchten. Beispielhaft seien das umfangreiche Bonusmaterial für die DVD- und/oder Blu-Ray-Boxen von "Der Herr der Ringe, "Star Wars", "Indiana Jones" und "Alien" genannt. Was "echte" Dokumentarfilme (und eben keinen Zusammenschluss vieler verschiedener Segmente) betrifft, seien unter anderem "Hearts of Darkness: A Filmmaker's Apocalypse" (tatsächlich noch vor der DVD-Welle entstanden), "The Making of 'Twelve Monkeys'" und "Dangerous Days: Making Blade Runner" erwähnt. Was "Jodorowsky's Dune" von all diesen unterscheidet ist jedoch, dass er das Quasi-Making-Of eines Films ist, der nie gedreht wurde. Eben daraus bezieht Frank Pavichs Film noch einmal einen ganz eigenen Reiz, da er uns zumindest einen Eindruck davon vermittelt, wie Jodorowsky's "Dune"-Verfilmung hätte sein können.
Zwar bin ich mir nach Sichtung der Doku selber nicht sicher, ob mir der Film letztendlich gefallen hätte oder nicht. Zumal meine bisher einzige Erfahrung mit Jodorowsky, "La Danza de la Realidad", mich nur bedingt überzeugen konnte (und auch nicht wirklich animierte, weiter in sein Schaffen vorzudringen). So viel lässt sich aber sagen: Es wäre in jedem Fall ein bemerkenswerter und außergewöhnlicher Film geworden. Insofern fand ich diesen flüchtigen Eindruck, und das sich daraus ergebende "Was wäre wenn?", sehr spannend und interessant. Und so lange sich nicht jemand findet, der Jodorowsky's "Bibel" – inklusive sämtlicher Storyboards – kommerziell auflegt (so Jodorowsky und/oder sein Nachlass dazu überhaupt seine Zustimmung geben würde), ist diese Dokumentation zugleich die beste wie auch einzige Möglichkeit, sich ein Bild davon zu verschaffen, wie dieses Science Fiction-Epos vielleicht hätte aussehen können. Von diesem Aspekt abgesehen ist "Jodorowsky's Dune" letztendlich eine typische Making Of-Dokumentation – nur halt mit dem wesentlichen Unterschied, sich rein auf die Vorproduktion zu konzentrieren, da ja nie mit den Dreharbeiten begonnen wurde. Insofern beschäftigt sich der Film auch etwas stärker mit dem Aspekt der Finanzierung, der sonst in solchen Making Of-Dokumentationen ja meist keine allzu große Rolle spielt, sowie natürlich dann auch dem tragischen Ausgang des Ganzen, als das Filmprojekt letztendlich als das Budget laufend stieg in sich zusammenfiel. Neben den Einblicken in Jodorowskys Pläne, die eine Vorstellung davon geben, wie sein "Dune" hätte aussehen können, fand ich aber vor allem auch den Blick auf das Erbe dieses gescheiterten Filmprojekts interessant. Denn auch wenn es Alejandro Jodorowsky leider nicht vergönnt gewesen sein mag, dieses Traumprojekt von ihm umzusetzen und fertigzustellen, so sollte es dennoch große Auswirkungen auf die Filmwelt haben. Denn: sein "Dune"-Film vereinte u.a. die Talente von H.R. Giger, Jean "Moebius" Giraud und Dan O'Bannon. Sprich: Ohne Jodorowsky's gescheitertes "Dune"-Projekt hätte es "Alien" in seiner jetzigen Form mit großer Wahrscheinlichkeit nie gegeben. Aber auch potentielle Einflüsse auf andere große, bekannte Filmprojekte werden beleuchtet – und machen deutlich, wie groß das Erbe dieses Filmprojekts, trotz (oder vielleicht gerade auch wegen?) seines Scheiterns, ist. Insofern kann man Jodorowsky und seinen Mitstreitern für ihre damaligen Bemühungen nur danken.
Fazit:
Ich finde es überaus bedauerlich, dass "Jodorowsky's Dune" – abseits einer Ausstrahlung auf dem Sender ARTE zu Beginn des Jahres – bislang noch nicht den Weg zu uns gefunden hat. Frank Pavichs Dokumentation über dieses beachtenswerte gescheiterte Filmprojekt kann sich aus meiner Sicht nämlich durchaus mit Making Of-Größen wie "Hearts of Darkness" und "Dangerous Days" messen. Der Film bezieht dabei einen großen Reiz daraus, im Vergleich zu den zuvor genannten ein Filmprojekt näher zu beleuchten, welches nie umgesetzt wurde – und damit einen zumindest kleinen Einblick zu bieten, wie Jodorowsky's "Dune"-Verfilmung hätte sein und aussehen können. Er wirft zudem einen ausführlichen Blick auf den schwierigen Prozess, gerade auch ein solch ambitioniertes Filmprojekt auf die Beine zu stellen – und wie es schließlich auch passieren kann, dass ein solches, obwohl schon vergleichsweise weit fortgeschritten, doch noch in sich zusammenfällt. Zuletzt beleuchtet Frank Pavich dann auch noch, welchen Einfluss dieses Projekt, trotz (oder vielleicht gerade wegen?) seines Scheiterns, auf die Filmwelt hatte – und schließt so mit der versöhnlichen Aussage, dass die Bemühungen von Jodorowsky und seinen Mitstreitern, Frank Herberts Science Fiction-Epos auf die große Leinwand zu bringen, zwar vergeblich gewesen sein mögen, aber ganz bestimmt nicht umsonst.