Mit: Johnny Depp, Martin Landau, Sarah Jessica Parker, Patricia Arquette, Jeffrey Jones, G.D. Spradlin, Vincent D'Onofrio, Bill Murray, Mike Starr, Max Casella, Brent Hinkley, Lisa Marie, Juliet Landau, George Steele u.a.
Kurzinhalt:
Edward D. Wood Jr. hat eine kleine, treue Theatergruppe um sich geschart – bislang waren seine Stücke jedoch nicht unbedingt von Erfolg gekrönt. Dann kommt ihm die Idee, es vielleicht mal im Filmgeschäft zu versuchen. Er heuert zuerst als Assistent in der Ausstattungsabteilung an, und wird so zufällig auf ein Filmprojekt der kleinen Firma Screen Classics – die sich in erster Linie auf billige Schundfilme verlegt hat – aufmerksam. Die Thematik einer Geschlechtsumwandlung spricht ihn – als jemand mit Transvestitismus – an. Als er eines Tages zufällig auf die alternde Horror-Ikone Bela Lugosi trifft und sich mit ihm anfreundet, bekommt er – mit einem solchen Starnamen im Gepäck – tatsächlich den Auftrag, "I Changed My Sex" zu drehen. Sowohl mit dem von Wood völlig umgeschriebenen Drehbuch – dass sich daraufhin mehr auf seine eigenen Beziehungsprobleme aufgrund seines Transvestitismus bezieht – geschweige denn dem fertigen Film, hat der Produzent allerdings wenig Freude, weshalb sich Ed Wood daraufhin nach einer neuen Filmfirma umschauen muss. In den folgenden Jahren setzt er noch zwei weitere Filme um, die sich ebenfalls als Flop erweisen, und steht zudem seinem Freund Bela Lugosi bei dessen Entziehungskur zur Seite. Nach Belas Tod sucht er dann schließlich verzweifelt nach einem neuen Filmprojekt, um die letzten Aufnahmen seines Freundes darin verwenden zu können – und beginnt mit seiner Arbeit an "Grave Robbers From Outer Space"…
Review:
Ed Woods Science Fiction-Klassiker "Plan 9 aus dem Weltall" galt lange Zeit in Fan-Kreisen des schlechten filmischen Geschmacks als der beste schlechteste Film aller Zeiten (ehe er, so zumindest mein Eindruck, in den 0er-Jahren dann von "The Room" abgelöst wurde). Mit "Ed Wood" machte sich Tim Burton nun – basierend auf einem Drehbuch von Scott Alexander und Larry Karaszewski (die dafür wiederum auf die von Rudolph Grey posthum verfasste Biographie "Nightmare of Ecstasy zurückgriffen) – daran, ihm ein filmisches Denkmal zu setzen. Wie bei all solchen Biopics hat man sich damit natürlich die eine oder andere künstlerische Freiheit genommen, die man da und dort auch kritisch hinterfragen kann (wie z.B. bei der doch eher antagonistischen Rolle von Dolores Fuller; und die Familienmitglieder von Bela Lugosi waren mit seiner Darstellung hier ebenfalls nicht vollends zufrieden). Auch, ob Ed Wood tatsächlich jemals Orson Welles getroffen hat, darf wohl bezweifelt werden. Allerdings kann ich mit gewissen dramaturgischen Freiheiten durchaus leben (immerhin ist das ja immer noch ein Film, und keine Doku), sofern man die Essenz des Themas einfängt. Und das schien mir bei "Ed Wood" durchaus der Fall zu sein.
Zumal der Film letztendlich so viel mehr ist als "nur" ein Denkmal für den angeblich schlechtesten Regisseur aller Zeiten (was ich zumindest für bestreitbar halte). So zelebriert Tim Burton mit ihm das künstlerische Schaffen an sich, und zwar unabhängig von dessen Qualität. Nicht zuletzt mit der bereits erwähnten Szene mit Orson Welles, die vermittelt, dass letztendlich jeder Filmemacher, egal auf welchem Level und in welcher Qualität, vor den gleichen Problemen steht (Finanzierung, kreative Kontrolle usw.) huldigt er das Autorenkino, bzw. generell die Künstler – im Vergleich zu den Studios und Financiers, die in erster Linie am finanziellen Erfolg eines Films interessiert sind. Zudem erzählt er von einer tief empfundenen, innigen Freundschaft zwischen zwei eigentlich sehr unterschiedlichen Menschen, die zudem an völlig unterschiedlichen Punkten ihres Lebens und ihrer Karriere stehen. Auf der einen Seite der motivierte, engagierte, aufstrebende Jungregisseur, auf der anderen der alte Star, der jedoch langsam in Vergessenheit zu geraten droht. Was beide eint ist ihre Leidenschaft für das Filmemachen – in Woods Fall als Autor und Regisseur, in Legosis Fall als Darsteller, der bis zuletzt seinen zunehmend müden Körper vor die Kamera schleppt, und nur dort so richtig aufblüht. Vor allem aber ist "Ed Wood", wie so viele Werke von Tim Burton, ein Plädoyer dafür, sich einerseits selbst treu zu bleiben, und andererseits andere so zu akzeptieren, wie sie sind (besonders deutlich wird dies bei der Transvestiten-Thematik, und wie unterschiedlich Dolores Fuller und Kathy O'Hara damit umgehen). "Ed Wood" zelebriert das andersartige, das außergewöhnliche, und stellt just jene Menschen, die sonst in der Gesellschaft oftmals an den Rand gedrängt werden, in den Mittelpunkt. Und dies noch dazu, ohne dabei predigend zu sein, und immer auf überaus charmante Art und Weise.
Tim Burton wollte "Ed Wood" epochengetreu umsetzen, und ihm generell so ein bisschen das Gefühl eines Ed Wood-Films geben. Dementsprechend wurde der Film in – wunderschöner – schwarz/weiß-Fotographie dreht. Davon abgesehen nimmt sich Burton jedoch stilistisch eher zurück, und stellt vielmehr die Figuren in den Mittelpunkt. Für diese wurde wiederum eine hochkarätige und auch immer passende Besetzung gefunden, wobei neben dem hier überaus charmanten Johnny Depp in der Titelrolle vor allem noch Martin Landau als Bela Lugosi hervorsticht (wobei neben seiner Leistung hier auch die Makeup-Abteilung zu loben ist). Darüber hinaus sind u.a. noch Sarah Jessica Parker, Patricia Arquette, Bill Murray, Jeffrey Jones, Lisa Marie, Juliet Landau und Vincent D'Onofrio mit von der Partie. Für die Musik war indes hier ausnahmsweise nicht Danny Elfman (nach ihren Unstimmigkeiten bei "Batmans Rückkehr", die zu einer kurzen Pause ihrer Zusammenarbeit führte), sondern vielmehr Howard Shore zuständig, der jedoch einen sehr elfmanesken Score abliefert. Handwerklich gibt es an "Ed Wood" – im Gegensatz zu den Filmen seines Subjekts – jedenfalls nicht das Geringste auszusetzen. Zusammen mit dem gefälligen Inhalt macht das insgesamt einen von Tim Burtons besten Filmen.
Fazit:
Mit "Ed Wood" feiert Tim Burton das kreative Schaffen in jeglicher Form – und das ganz unabhängig vom Endergebnis. Seine Aussage ist ganz klar, dass wir alle unserem Herzen folgen sollen; Hauptsache, wir sind glücklich dabei. Wie "Ed Wood" generell dazu aufruft, zu unserem wahren Ich zu stehen – aber auch dazu anhält, dass wir eben auch andere so akzeptieren, wie sie sind. In erster Linie ist der Film aber natürlich eine dramatisierte Aufarbeitung von Ed Woods Leben. Dabei mag man sich die eine oder andere – für solche BioPics letztendlich aber nur normale – künstlerische Freiheit nehmen, schien mir aber Ed Woods Persönlichkeit – der mit seiner "Perfekt, weiter!"-Mentalität quasi der Gegenentwurf zu Perfektionisten wie Stanley Kubrick darstellt – gut einzufangen (zumindest, soweit sich das von der "Ferne" aus beurteilen lässt). Doch so sehr "Ed Wood" auch den Geist seiner Titel- und Hauptfigur atmet, handwerklich orientiert sich Tim Burton dann doch nicht an ihm, und präsentiert vielmehr einen makellosen Film, der zudem mit zahlreichen wunderschönen Schwarz/Weiß-Bildern aufwarten kann. Und auch die Besetzung, sowie Howard Shores Musik, sind über jeden Zweifel erhaben. Insgesamt ist "Ed Wood" jedenfalls eine wundervolle Liebeserklärung an das – beherzte – Trash-Kino im Allgemeinen, und seinen ungekrönten König im Besonderen.