Mit: Diane O'Bannon, Tom Skeritt, Veronica Cartwright, Roger Corman, Ben Mankiewicz, Gary Sherman u.a.
Kurzinhalt:
In seiner jüngsten Filmdokumentation wendet sich Alexandre O. Philippe Ridley Scotts Meisterwerk "Alien" zu, und ergründet mit Hilfe zahlreicher Experten dessen Entstehungsgeschichte. Besonderes Augenmerk liegt dabei auf den Beitrag von Dan O' Bannon. Darüber hinaus wirft er u.a. einen Blick auf mythologische Einflüsse und filmischen Vorreiter, analysiert einzelne Szenen und/oder Elemente des Films, beschäftigt sich natürlich auch mit seinem Erbe…
Review:
Alexander O. Philippe hat sich in den letzten Jahren mit tiefgehenden Dokumentationen zu Filmen und/oder kulturellen Phänomenen – wie z.B. "The People vs. George Lucas", "Doc of the Dead" oder auch "78/52 - Die letzten Geheimnisse von Psycho" –einen Namen gemacht. Pünktlich zum vierzigsten Geburtstag des Films hat er sich nun dem Phänomen "Alien" zugewendet. Als großer Fan des Films – der für mich zu den zehn besten aller Zeiten zählt – war das für mich natürlich ein Pflichttermin, weshalb ich mich sehr darüber freute, ihn im Programm des heurigen /slash Filmfestivals wiederzufinden. Zugleich stand Philippe bei mir insofern ein bisschen vor einer Herausforderung, als ich als großer Fan des Films und zudem jemand, der sich auch schon immer für den Blick hinter die Kulissen interessierte, gerade auch bei "Alien" dank der ausführlichen Dokumentationen auf der Blu-Ray-Box, sowie bereits erhältlichem Hintergrundmaterial wie z.B. dem "Alien Vault" von Ian Nathan bereits recht gut informiert bin. Insofern war ich gespannt, inwiefern es ihm gelingen würde, auch mir Neues zu bieten.
Philippe umgeht diesen potentiellen Stolperstein aber schon allein aufgrund der unterschiedlichen Zugänge, von denen er sich dem Phänomen "Alien" nähert. So setzt er sich z.B. ausführlich mit der Entstehung des Films auseinander – und hier meine ich jetzt nicht die Dreharbeiten, die eben in den diversen Making Of-Materialien schon gut dokumentiert sind, sondern vielmehr alles, was davor kam. Hier steht vor allem Dan O'Bannon im Mittelpunkt, der für "Alien" ja das Drehbuch lieferte. Philippe beschäftigt sich hier nun mit seinem Werdegang, mit jenen Interessen, die dann eben auch seine Arbeit bei "Alien" beeinflussten, und wirft auch einen kurzen Blick auf Jodorowsky's gescheitertes "Dune"-Projekt, dass schon einige Talente, die später für "Alien" zusammenkommen sollten, vereinte. Besonders interessant fand ich dabei die Auseinandersetzung mit jenen Einflüssen, die Dan O'Bannon zu "Alien" inspirierten, angefangen von früheren, thematisch ähnlich gelagerten Filmen, über Romane und Comics, Kunstwerke (wie die Arbeiten von Francis Bacon), bis hin zur griechischen Mythologie. Der zweite wesentliche Teil geht dann in Richtung Filmanalyse, und sieht sich sowohl einzelne Szenen als auch Ridley Scotts Inszenierung genauer an, um z.B. zu erklären, wie der Film vor allem in der ersten Hälfte Spannung aufbaut (und sieht sich in weiterer Folge eben u.a. auch an, was Scott damals so gut gemacht hat, was er scheinbar in den darauffolgenden Szenen leider wieder verlernt hat). Auch diese Elemente konnten mir – möglicherweise da ich nun mal selber Filme bespreche – sehr gut gefallen.
Allerdings: Im weiteren Verlauf der Doku schießt man da und dort was die hineininterpretierte Bedeutung betrifft dann doch übers Ziel hinaus. Es ist zwar nicht uninteressant zu sehen, wie unterschiedliche Menschen unterschiedliche Dinge unterschiedlich wahrnehmen (können), aber so manche angeblich gefundene Bedeutung wirkte auf mich doch etwas weit hergeholt. Schade ist zweifellos auch, dass einige Schlüsselfiguren an dieser Dokumentation leider nicht beteiligt sind. Das berühmt-berüchtigte "Talking Heads"-Syndrom kann "Memory" leider auch nicht ganz vermeiden. Vor allem aber fand ich, dass sich Philippe dann doch etwas zu intensiv mit der "Chestbuster"-Szene beschäftigt hat. Klar, ist die wohl hervorstechendste und denkwürdigste Szene des Films, aber wenn man fast eine Viertelstunde auf sie verwendet, und allem, was danach passiert, so rein gar keine Beachtung mehr schenkt, entsteht schon ein bisschen eine schiefe Optik. Wie ich es generell schade fand, dass man sich der gesamten Nachproduktion, und dabei insbesondere Jerry Goldsmiths Filmmusik, überhaupt nicht widmete. Last but not least wurde mir die Doku mit der Zeit auch etwas zu mystisch, und schien mir die Message vermitteln zu wollen, dass es eine Art kosmische Fügung des Schicksals war, dass der Film zustande kam. Was mir – bei aller unbestrittener (filmhistorischer) Bedeutung – dann doch etwas übertrieben erschien.
Fazit:
Ich bin ja großer "Alien"-Fan, dementsprechend war ich auch auf diese Doku im Vorfeld schon sehr gespannt. Zugleich kenne ich auch schon einiges an Hintergrundmaterial zur Entstehung des Films; sprich, rasend viel Neues war für mich da jetzt nicht drunter. Dennoch fand ich es interessant, es in dieser Form nochmal präsentiert und zusammengefasst zu bekommen. Besonders gut gefiel mir dabei, wie man sich einerseits mit jenen Mythologien befasst, die den Film den Weg ebneten, und andererseits jene Teile der Doku, die in den Bereich der Filmanalyse gingen. Vor allem die Betrachtung von Ridley Scotts Inszenierungsstil fand ich dabei interessant – während man in einigen Teilbereichen aus meiner Sicht wiederum übers Ziel hinausschoss, und mehr an Bedeutung und Absicht hineininterpretierte, als aus meiner Sicht drin war. Schade fand ich allerdings, dass man sich gar so auf die Chestbuster-Szene konzentrierte, und alles was danach kam überwiegend ausblendete. Als großer Filmmusik-Liebhaber hätte ich es zudem schön gefunden, wenn man neben dem künstlerischen Beitrag der Autoren, der Designer und Ridley Scotts auch Jerry Goldsmiths Musik mehr (oder besser gesagt: überhaupt irgendeine) Beachtung geschenkt hätte. Und ein bisschen zu mystisch wurde mir das ganze teilweise auch. Dennoch halte ich "Memory" letztendlich für Filmfans im Allgemeinen und "Alien"-Fans im Besonderen für absolut empfehlenswert.