Mit: Adam Driver, Scarlett Johansson, Laura Dern, Alan Alda, Ray Liotta, Merritt Wever, Julie Hagerty, Wallace Shawn u.a.
Kurzinhalt:
Einst lernten sich die Schauspielerischen Nicole und der Theaterregisseur Charlie während ihres Besuchs in New York, wo sie eine Aufführung von ihn besuchte, kennen und lieben. Seither haben sie ein Stück nach dem anderen auf den Brodway gebracht, und mittlerweile auch einen gemeinsamen Sohn, Henry. Doch die einst so glückliche Beziehung liegt in Trümmern, und beide müssen einsehen, dass es so nicht weitergehen kann. Nachdem ihre Versuche, einen Beziehungstherapeuten aufzusuchen scheitern, sehen sie schließlich keine andere Möglichkeit, als sich voneinander zu trennen. Die beiden wollen dabei so erwachsen und freundschaftlich wie möglich vorgehen – doch Nicoles Bestreben, nach Los Angeles zurückzukehren und dort einen Pilotfilm zu drehen, der schließlich auch in Serie geht, lässt einen Streit um Henrys Sorgerecht entbrennen. Dies lässt schließlich beiden keine andere Wahl, als Anwälte damit zu beauftragen, die Scheidung abzuwickeln – und ab diesem Zeitpunkt wird der Rosenkrieg zunehmend dreckig, nur um schließlich, trotz all ihrer besten Absichten einer möglichst amikalen Trennung, in eine regelrechte Schlammschlacht auszuarten…
Review:
"Marriage Story" ist der jüngste Film von Noah Baumbach, der wie schon "The Meyerowitz Stories" wieder von Netflix produziert wurde, jedoch vorab immerhin auf einzelnen Filmfestivals (wie der Viennale) gezeigt wurde, ehe er am 6. Dezember auf dem Streamingdienst online geht. Darin verarbeitet der Autorenfilmer, der seit "Greenberg" zu meinen Favoriten zählt, seine eigene Scheidung (von Jennifer Jason Leigh). Angesichts dessen war ich im Vorfeld ein bisschen besorgt, dass das Ergebnis jetzt nicht unbedingt sonderlich ausgewogen sein könnte – wie sie jedoch zu meiner Freude herausstellte, tat ich ihm mit dieser Befürchtung Unrecht. Noah Baumbach gelingt es vielmehr ausgezeichnet, ähnlich wie in früheren großartigen Beziehungs- und Trennungsdramen wie "Blue Valentine" die Geschichte zweier Menschen zu erzählen, die früher viel füreinander empfanden, die mittlerweile aber halt einfach nicht mehr miteinander können. So wie oft auch im richtigen Leben gibt es eben auch bei "Marriage Story" keinen Schuldigen. Und ebenfalls so wie oft auch im richtigen Leben beginnt dieses Scheidungsdrama mit dem positiven Vorsatz beider Parteien, die Trennung so freundschaftlich wie möglich zu vollziehen.
Etwas, dass jedoch aufgrund der unglücklichen Umstände, in denen sie sich wiederfinden, wohl von vornherein zum Scheitern verurteilt war. Denn: Nicole hat ein Angebot aus Los Angeles, um die Hauptrolle in einem Pilotfilm zu übernehmen – während Charlie auch weiterhin in New York bleiben und seine Theaterstücke auf den Broadway bringen will. Damit wird die Familie notgedrungen auf zwei unterschiedliche Enden der USA – Ost- und Westküste – aufgeteilt, und ergibt sich praktisch zwangsläufig die Frage nach dem Sorgerecht. Und eben das ist in ihrem Fall der Knackpunkt, der ihre Vorsätze einer möglichst amikalen Trennung (was halt generell immer leichter ist, solange noch keine Kinder da sind) zum Scheitern verurteilt. Was Noah Baumbach aus dieser tragischen Ausgangssituation entspinnt, ist oftmals berührend, immer lebensnah– und überraschend amüsant. Denn genau das ist jener Punkt, der "Marriage Story" von anderen Beziehungs- und Trennungsdramen, wie dem zuvor erwähnten "Blue Valentine", unterscheidet: Trotz aller erschütternder Momente behält er sich bis zuletzt seinen Sinn für Humor, und präsentiert zwischendurch immer wieder amüsante Momente, welche die bedrückende Stimmung auflockern. Sei es eine Diskussion über gute Restaurants in L.A. während einer hitzigen Debatte zwischen den Anwälten, oder auch der katastrophal verlaufende Besuch der vom Gericht bestellten Gutachterin von der Familienfürsorge. Aber auch die bedrückenden Momente sind fantastisch umgesetzt, und bleiben in Erinnerung, wie z.B. Nicoles Erinnerungen an ihre Ehe mit Charlie (die Noah Baumbach ohne Schnitt vor unseren Augen abspielen lässt, was die Intensität dieses Moments für mich noch einmal verstärkte), wenn Charlie zum Ende hin Nicoles Brief doch noch liest, oder auch zuvor schon der heftige Streit in Charlies neuem Apartment, wo sich die über Jahre hinweg aufgestauten Emotionen dann schließlich entladen.
Wie für ihn gewohnt inszeniert Noah Baumbach sehr zurückhaltend, und lässt die Story, die Figuren, und insbesondere die Schauspieler im Mittelpunkt stehen. Und eben dies wird insbesondere von Scarlett Johansson und Adam Driver auch voll und ganz ausgenutzt. Beiden ist gemein, dass sie schon lang nicht mehr die Gelegenheit hatten, ihre darstellerischen Muskeln derart zur Schau zu stellen, wie hier. Johansson besticht in erster Linie in der gerade erwähnten Szene, wo sie ihrer Anwältin die Geschichte ihrer Beziehung zu Charlie erzählt, und Adam Driver dann insbesondere beim großen Streit, wo er der Frustration seiner Figur freien Lauf lässt. Das ist ja überhaupt eine seiner Stärken: Einerseits diese ruhigen Figuren, wo es beständig unter der Oberfläche brodelt, und dann wiederum diese intensiven, hochemotionalen Momente. Beides stellt er auch hier wieder zur Schau. In Nebenrollen sind dann u.a. noch Alan Alda, Laura Dern, Merrit Weaver, Ray Liotta und Julie Hagerty zu sehen. Ganz so berührt wie ähnliche Beziehungs- und/oder Trennungsdramen – bzw. auch, wie ich das im Vorfeld erwartet hatte – hat mich "Marriage Story" zwar nicht. Und ein bisschen kürzer hätte er auch ruhig sein dürfen. Insgesamt ist Noah Baumbach hier aber ein weiterer toller und starker Film gelungen.
Fazit:
"Marriage Story" erfindet das Rad der Trennungs-Geschichten zwar zweifellos nicht neu, aber nicht zuletzt aufgrund der starken schauspielerischen Leistungen von Scarlett Johansson und Adam Driver fand ich ihn dennoch sehr gut. Mir gefiel vor allem, wie der Film aufzeigt, dass es manchmal trotz der besten Absichten beider Parteien, welche die Trennung möglichst amikal vollziehen wollen, gar nicht mal so einfach ist – insbesondere natürlich, wenn es Kinder gibt, und eine Debatte ums Sorgerecht entbrennt. Und sobald du dann mal Anwälte einschalten musst, droht es halt endgültig zu eskalieren, und sämtliche schmutzige Wäsche in den Gerichtssaal gezogen zu werden. Obwohl "Marriage Story" von Noah Baumbach geschrieben wurde und dieser hier seine eigene Scheidung quasi verarbeitete, hatte ich dabei aber – zum Glück – nie den Eindruck, dass der Film für eine Seite klar Stellung beziehen würde. Sowohl Nicole als auch Charlie haben, sowohl während ihrer Beziehung als auch dann in der Trennungsphase, Fehler gemacht. Letztendlich ist das halt einfach eine für alle Beteiligten beschissene Situation, aus der sie irgendwie herausfinden und so zu einem halbwegs normalen Leben und – zum Wohle ihres Kindes – vernünftigem Verhältnis zueinander zurückkehren müssen. Was sowohl angesichts des angestauten Frustes und Zorns, sowie des schwierigen Scheidungsprozesses, alles andere als einfach ist. Was den Film für mich dabei aber neben den schauspielerischen Leistungen u.a. auszeichnete war, dass er trotz der bedrückenden Thematik bis zuletzt nicht ganz den Humor verloren hat. Zwar ist "Marriage Story" schon die Spur zu lang, und hat mich letztendlich auch nicht ganz so berührt wie andere, ähnlich gelagerte FIlme. Aber er hatte schon seine Momente, und auch wenn er natürlich eine sehr spezifische Geschichte erzählt, so denke ich doch, dass sich jeder von uns, der schon mal eine ähnliche Trennung durchgemacht hat, da und dort wiederfinden wird.