Mit: Beanie Feldstein, Kaitlyn Dever, Jessica Williams, Jason Sudeikis, Lisa Kudrow, Will Forte, Victoria Ruesga, Mason Gooding, Skyler Gisondo, Diana Silvers, Molly Gordon, Billie Lourd u.a.
Kurzinhalt:
Molly und Amy sind beste Freundinnen. In ihrer Zeit auf der High School haben sie sich voll und ganz auf die Schule und ihren dortigen Erfolg konzentriert, um sicherzustellen, dass sie es auf die besten Colleges schaffen. Damit waren sie zwar grundsätzlich erfolgreich – müssen nun jedoch, am Vorabend ihres Abschlusses, erfahren, dass auch zahlreiche ihrer Mitschüler, die in all der Zeit auf Partys waren und das Leben in vollen Zügen genossen haben, dies ebenfalls geschafft haben. Nun haben die beiden das Gefühl, etwas verpasst zu haben. Doch: Einen Abend haben sie ja noch, um das Versäumte nachzuholen und bei einer Abschlussparty so richtig die Sau rauszulassen. Und so begeben sie sich auf ein wildes Abenteuer – das jedoch im Lauf des Abends ihre Freundschaft auf eine harte Probe stellen wird…
Review:
Auf "Booksmart" warte ich jetzt schon ein halbes Jahr, haben sich die Vorschusslorbeeren, die der Film in den USA ernten konnte (wobei ich mich hier dezidiert auf die Kritiker beziehe, die ich halt längst nicht so verabscheue/verdamme wie manch anderer; im Gegenteil, gerade auch bei solchen Filmen, wo du davon ausgesehen kannst, dass ihnen von rechter-antifeministischer Ecke schon allein aufgrund des Inhalts Hass entgegenschlägt, die das Bild der Zuschauerreaktionen verzerren, halte ich sie letztendlich für aussagekräftiger), sowie das grundsätzliche Konzept des Films, sehr vielversprechend angehört (und der Trailer dann noch einmal zusätzlich Lust auf den Film gemacht). Leider aber ist es halt nach wie vor so, dass man gerade auf solche Indie-Komödien, noch dazu, wenn die jetzt nicht ganz der durchschlagende Erfolg waren, hierzulande oftmals länger warten muss (während Hollywood bei Blockbustern das mit dem weltweit zeitgleichen Release mittlerweile ja ganz gut hinbekommt) – und so hat es doch etwas gedauert, bis auch wir in den Genuss des Films (den ich schon vorab auf der Viennale sehen konnte) kommen können. Und Genuss ist genau das richtige Wort.
Einige mögen einwenden, dass diese Art der frech-frivolen Teenie-Komödie alles andere als revolutionär ist – blenden dabei aber halt aus, dass diese meist sehr stark auf die männliche Perspektive fokussiert sind, und in erster Linie die Eskapaden – und sexuellen Abenteuer (oder zumindest Absichten/Gelüste) – von Jungs in den Mittelpunkt stellen. Das gilt für Klassiker wie "Porky's" genauso wie für "American Pie" oder auch "Superbad". Einen solchen Film nun mal aus Sicht zweier junger Frauen zu präsentieren, ist somit durchaus wieder etwas Neues (merke: Ich rede hier nicht von Coming of Age-Filmen, die sehr wohl oft zumindest auch oder gar nur auf weibliche Protagonisten setzten, sondern von dieser Art der High School-Komödie) – und eben diesen Wechsel der Perspektive fand ich an sich schon überaus reizvoll. Doch das allein würde den Film zwar zu einem beachtenswerten Kuriosum, aber deshalb noch lange nicht eine Empfehlung wert machen. Darüber hinaus fand ich ihn aber halt auch einfach ungemein charmant, bezaubernd und vor allem wirklich lustig. Nun ist Humor zugegebenermaßen etwas extrem Subjektives, ich kann euch daher nicht garantieren, dass ihr euch bei bzw. mit ihm ebenfalls amüsieren werdet. Ich habe mich aber stellenweise wirklich zerkugelt (bei der Szene, wo sie im Auto ihres Direktors mitfahren, hab' ich so gelacht wie im ganzen Kinojahr noch nicht; dementsprechend ist das auch ein heißer Kandidat für die lustigste Szene des Jahres). Aber auch davor und danach gab es zahlreiche lustige Momente. Und insgesamt war der Film einfach von Anfang bis Ende ungemein unterhaltsam. Und doch ist er mehr als ein reines Zotenfest, und verfügt auch über einen so starken wie gelungenen emotionalen Kern – nicht zuletzt, wenn die durchzechte Nacht die Freundschaft zwischen Molly und Amy in weiterer Folge auf eine harte Probe stellt. Wie es bei "Booksmart", im Gegensatz zur "männlichen" Konkurrenz (was man übrigens durchaus kritisieren kann), generell um mehr geht als nur um Sex und Aufriss (was nicht heißt, dass dies hier überhaupt kein Thema sei).
Die Figuren sind generell eine ganz große Stärke des Films, und das gilt nicht nur für Molly und Amy, sondern auch den umfangreichen Cast an Nebenfiguren. Ihnen allen ist gemein, dass sie weit mehr sind, als jene eindimensionale Klischees, als die sie zu Beginn vielleicht erscheinen mögen. Zumal sie auch von ihren DarstellerInnen sehr gut verkörpert werden. Dies gilt natürlich insbesondere für Beanie Feldstein (die im Vorjahr in "Lady Bird" die beste Freundin von Saoirse Ronan gab) und Kaitlyn Dever (die aktuell in der empfehlenswerten Netflix-Produktion "Unbelievable" zu sehen ist), die einfach nur phantastisch sind. Vor allem ihr späterer Streit, der von Olivia Wilde ohne Schnitt präsentiert wird, sticht hier hervor – und tut umso mehr weh, als man Molly und Amy zu diesem Zeitpunkt eben schon kennen- und lieben gelernt hat. Generell sticht Olivia Wildes Inszenierung positiv heraus – wie auch der Soundtrack, der mit einigen lässigen Tracks auftrumpft. Und auch die Diversität des Films, und wie Amys Homosexualität einfach als Fakt dargelegt wird, ohne je eine große Sache draus zu machen (wie es nun mal auch sein soll), sticht positiv heraus. Zugegeben, ganz perfekt ist er Film nicht. Gerade auch was das Thema Sex anbelangt, ist er dann doch die Spur zu brav, züchtig und unschuldig, wobei ich es vor allem schade fand, dass eine bestimmte Figur eine bestimmte Erfahrung dann doch (noch) nicht machen darf. Davon abgesehen ist das Experiment, den ganzen männlichen Varianten des Themas eine so weibliche wie feministische Interpretation zur Seite zu stellen, aber vollauf geglückt.
Fazit:
"Booksmart" hat sich als genau so charmant und unterhaltsam erwiesen wie im Vorfeld von mir gehofft. Diese Art der anzüglichen High School Comedies sind ja sonst meist doch eher auf die männliche Sicht der Dinge konzentriert, insofern fand ich schon allein den Perspektivwechsel sehr reizvoll. Umso schöner ist dies aber insofern, als mit der etwas fülligeren Molly sowie der lesbischen Amy hier zwei Charaktere im Mittelpunkt stehen, die in solchen Filmen sonst meistens gerade einmal gut genug sind, um als beste Freundin der romantischen Hauptfigur herzuhalten (wobei der Trend der letzten Jahre grundsätzlich in die richtige Richtung geht, und "Booksmart" dafür eben auch wieder seinen Beitrag leistet). Die beiden sind überaus charmante Hauptfiguren, die zudem von Beanie Feldstein und Kaitlyn Dever hervorragend verkörpert werden. Die beiden dürfen sich in weiterer Folge in ein wildes Abenteuer stürzen, das sonst im Genre halt doch eher nur Jungs vorbehalten ist – und welches ich überwiegend einfach nur köstlich fand. Und doch wird das Geschehen dabei nie übertrieben albern und/oder oberflächlich, und hat das ganze einen netten emotionalen Kern, der uns in weiterer Folge so manch berührenden Moment beschert. Olivia Wildes Inszenierung ist zudem makellos, und der Soundtrack mit einigen coolen Nummern gespickt. Mit am besten gefiel mir an "Booksmart" aber wohl, dass er statt Sex und Aufriss vielmehr die Freundschaft dieser beiden jungen Frauen in den Mittelpunkt stellte. Nicht zuletzt auch deshalb, würde ich mich - auch auf die Gefahr hin, dass sich dieser Blitz nicht ein zweites Mal in der Flasche fangen lässt – über ein Sequel, dass einen Blick auf Amys und Mollys College-Eskapaden wirft, sehr freuen.