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Rolands tragische Vorgeschichte wird enthüllt Kategorie: Literatur & Comics - Autor: Christian Siegel - Datum: Samstag, 08 Juni 2019
 
Titel: "Glas"
Originaltitel: "Wizard and Glass"
Bewertung:
Autor: Stephen King
Übersetzung: Joachim Körber
Umfang: 992 Seiten
Verlag: Heyne (D)
Veröffentlicht: 01. Dezember 2003 (D), 04. November 1997 (E)
ISBN: 978-3-453-87559-3
Kaufen: Taschenbuch (D), Kindle (D), Taschenbuch (E), Kindle (E)
 

Kurzinhalt: Roland, Eddie, Susannah, Jake und Oy haben es in den von der Lokomotive Blaine gesteuerten Zug geschafft – doch dort droht ihnen nun erst recht der Tod. Denn um ihn davon zu überzeugen, sie mitzunehmen, mussten sie sich auf einen Rätselwettbewerb mit Blaine einlassen – und wenn es ihnen nicht gelingt, ihm eines zu stellen dass er nicht lösen kann, wird er den Zug bei einer der nächsten Stationen entgleisen lassen. Man versucht alles: Roland erzählt Rätsel aus seiner Heimat, Jake bemüht das aus New York mitgebrachte Rätselbuch, doch es hilft alles nichts; egal wie leicht oder schwer, alle werden von Blaine in Windeseile beantwortet. Letztendlich ist es just Eddie, der mit seinen albernen Rätseln den Schlüssel zum Sieg in Händen hält. Nach diesem Erfolg ist es für das Ka-tet an der Zeit, auf ihrem Weg zum dunklen Turm eine kleine Rast einzulegen, und an Roland, den anderen in seine tragische Vorgeschichte einzuweihen. Und so erzählt er ihnen von der Zeit, als er gerade einmal vierzehn Jahren – kurz nach seinem Duell mit Cort – nach Mejis geschickt wurde, um dort mit seinen Freunden Cuthbert und Alain nach dem Rechten zu sehen. Dort stießen sie nicht nur auf eine große Verschwörung, sondern Roland trifft auch auf seine erste große Liebe, Susan Delgado – die jedoch schon dem Bürgermeister versprochen ist. Dennoch lassen sich die beiden im Überschwang der ersten Liebe auf eine geheime Affäre ein – mit tragischen Konsequenzen…

Review: Der Einstieg in "Glas" ist noch überaus gelungen. Dort knüpft Stephen King an den Cliffhanger aus "Tot" an, und schildert den Rätselwettbewerb zwischen Rolands ka-tet und Blaine. Eben dieser war für mich dann auch mit Abstand der beste Teil des Buchs. Ich mochte daran vor allem, dass sich just Eddie, der bislang jetzt noch nicht sooooo viel zum ka-tet beigetragen hat, eine Schüsselrolle zukommt. Ich denke, beim ersten Lesen hatte nicht nur ich eigentlich fest damit gerechnet, dass der Schlüssel zum Sieg über Blaine entweder in Rolands Vergangenheit (den Rätselmessen Gileads) oder dem Rätselbuch liegen muss, dass Jake aus New York mitgenommen hat. Ich meine, immerhin wurde ihm dieses vor seiner Reise in die andere Welt quasi aufgedrängt – das muss doch eine Bedeutung haben. Und die hat es ja auch, aber eben eine andere, als man das vielleicht gedacht hat. Das Buch ist wichtig, um die Zeit zu überbrücken, ehe Eddie auf die Lösung kommt – ist aber eben nicht die Lösung an sich. Eben diese gefiel mir dann auch besonders gut. Wie es ist eben nicht ein ganz besonders cleveres Rätsel, sondern vielmehr Eddies Albernheit, die den Tag rettet. Umso schöner wird die Entwicklung dadurch, als Roland selbst zuvor explizit davon abgeraten hat, dass Eddie mit seinen Witzchen kommt, um Blaine nicht zu verärgern. Sprich, der letzte Revolvermann ist eben auch nicht allwissend. Und generell fand ich es schön, dass Blaine letztendlich durch kindische Albernheit bezwungen wird.

Nach diesem packenden Einstieg wandert das ka-tet zuerst ein bisschen umher, ehe sie dann Rast machen, damit Roland einen wichtigen Schwenk aus seiner Vergangenheit erzählen kann. Eben dieser ist dann auch, nicht zuletzt vom Umfang her, das eigentliche Herzstück von "Glas". Nun fand ich es grundsätzlich ja durchaus gut und interessant, nachdem man sich in den vorangegangenen Büchern mit der Vergangenheit der anderen Mitgliedre des ka-tets auseinandergesetzt hat, hier nun auch mehr über Roland zu erfahren. Und im Grunde genommen ist die Geschichte ja auch keineswegs schlecht. Stephen King gelingt es dabei ganz besonders gut, das Hochgefühl der ersten großen Liebe einzufangen, das sich mit keiner späteren Romanze/Beziehung mehr vergleichen lässt. Aber, leider: Er nimmt sich für eben diese Vorgeschichte entschieden zu viel Zeit. Der Stephen King von "Glas" ist eben nicht mehr der Stephen King aus "Schwarz". In den dazwischenliegenden Jahrzehnten hat der Autor immer dickere Wälzer geschrieben, und wurde zu einem höchst erfolgreichen, weltberühmten Schriftsteller. Sprich: Mitte der 90 war er bereits an jenem Punkt seiner Karriere angelangt, wo er scheinbar nichts mehr falsch machen konnte, er Narrenfreiheit hatte, und es für Verlag und/oder Lektor schwer bis unmöglich gewesen sein muss, ihn dazu zu bringen, sich was den Umfang seiner Werke betrifft zurückzuhalten und – sinnvolle – Kürzungen vorzunehmen. Der Erfolg gab ihm immerhin Recht.

Das Ergebnis ist ein Roman, der inhaltlich durchaus interessant sein könnte, wo sich die Geschichte aufgrund der viel zu großen Längen aber dermaßen zieht, dass zumindest ich beim Lesen zwischendurch immer wieder die Geduld verloren habe. Jegliche Spannung, die sich zwischendurch vielleicht immer wieder mal aufgebaut hätte, verflüchtigte sich in diesen ewig dahinkriechenden Erzähl"tempo", und auch die weiteren, durchaus tragischen Ereignisse, verloren durch diesen viel zu langen Aufbau viel an emotionaler Wirkung. Weil wenn wir dann endlich mal beim – ebenfalls unnötig ausgedehnten – Showdown angekommen waren, wollte eigentlich nur mehr, dass es endlich vorbei ist; egal wie. Das sind halt nicht unbedingt die besten Voraussetzungen, um mit Roland, Susan, Cuthbert und Alain mitzufiebern, zu -fühlen und zu-leiden. Aber auch der nochmal rund 70 Seiten umfassende "Epilog" in der "Gegenwart" fällt leider im Vergleich zu den bisherigen Abenteuern von Rolands ka-tet eher ab. Dies mag einerseits daran liegen, dass der Zauberer von Oz bei uns einfach längst nicht jenen kulturellen Status genießt, den er in den USA innehat, ist andererseits aber auch ganz einfach eine Frage des Inhalts. Ich fand die Begegnung mit dem "Mann hinter dem Vorhang" letztendlich nicht wirklich interessant, geschweige denn mitreißend. Die letzte Offenbarung rund um Rolands Vergangenheit vermag dann zwar wieder zu gefallen, dennoch war "Glas" für mich leider einer jener Stephen King-Romane, wo er mit seinem unnötig ausschweifenden Erzählstil leider mehr Schaden als Nutzen angerichtet hat.

Fazit: Es ist wirklich schade. Der Einstieg rund um den Rätselwettbewerb mit Blaine konnte mich wirklich noch packen und begeistern. Aber auch in der Aufrollung von Rolands tragischer Vorgeschichte wäre viel Potential gesteckt. Leider aber wird "Glas" aufgrund Stephen Kings zügellos-ausschweifenden Schreibstils zu einer Geduldsprobe. Ich freue mich für jeden, der angesichts der Länge des Romans vielmehr in den Bann der Geschichte gezogen wurde – bei mir war nämlich leider genau das Gegenteil der Fall. Da hilft es auch nichts, wenn die Story grundsätzlich in der Tat höchst tragisch ist, und es Stephen King zudem sehr gut gelingt, das Hochgefühl der ersten großen Liebe zu beschreiben, und beim geneigten Leser entsprechende eigene Erinnerungen zu wecken, und sich für ein paar Seiten wieder so richtig jung fühlen zu lassen. Das war zweifellos schön. Dennoch, aus meiner Sicht hätte man "Glas" um rund die Hälfte kürzen sollen, denn so zieht sich die Geschichte teils unerträglich vor sich hin. Natürlich ist selbst ein unnötig umfangreicher King-Roman ist dank seines schriftstellerischen Talents ja grundsätzlich immer noch gut geschrieben bzw. erzählt. Für mich liegt die größte Tragik von "Glas" aber nicht in der von ihm erzählten Geschichte, sondern vielmehr darin, dass ich jenen großartigen, emotional ungemein berührenden Roman erkennen kann, der in ihm verborgen wäre, wenn Stephen King das ganze unnötige Unkraut zurechtgestutzt hätte.

Bewertung: 2/5 Punkten
Christian Siegel





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