Mit: Robert Downey Jr, Chris Evans, Mark Ruffalo, Chris Hemsworth, Scarlett Johansson, Jeremy Renner, Don Cheadle, Paul Rudd, Benedict Cumberbatch, Chadwick Boseman, Brie Larson, Tom Holland, Karen Gillan, Zoe Saldana, Evangeline Lilly, Tessa Thompson, Rene Russo, Elizabeth Olsen, Anthony Mackie, Sebastian Stan, Tom Hiddleston, Danai Gurira, Benedict Wong, Pom Klementieff, Dave Bautista, Letitia Wright, John Slattery, Tilda Swinton, Jon Favreau, Hayley Atwell, Natalie Portman, Marisa Tomei, Taika Waititi, Angela Bassett, Michael Douglas, Michelle Pfeiffer, William Hurt, Cobie Smulders, Sean Gunn, Winston Duke, Linda Cardellini, Maximiliano Hernández, Frank Grillo, Hiroyuki Sanada, James D'Arcy, Vin Diesel, Bradley Cooper, Chris Pratt, Gwyneth Paltrow, Robert Redford, Josh Brolin, Samuel L. Jackson u.a.
Kurzinhalt:
Thanos war erfolgreich, und hat mit einem Fingerschnippen die halbe Population im gesamten Universum ausgelöscht. Auch der Versuch, mit Captain Marvels Hilfe den Handschuh zu sichern und den Massenmord rückgängig zu machen, scheitert – denn Thanos hat die Infinity-Steine mittlerweile zerstört. Geschlagen kehren die Avengers zur Erde zurück, und fünf Jahre ziehen ins Land. Gerade, als man langsam beginnt, sich mit dem neuen Leben in einer deutlich leereren Welt – und all den erlittenen Verlusten – abzufinden, kehrt Scott Lang aus dem Quantenraum zurück. Da für ihn deutlich weniger Zeit vergangen ist, wird ihm bewusst, dass die Zeit auf dieser Ebene anders abläuft – und sich möglicherweise auch umgehen lässt. Tatsächlich findet er im Quantenraum Tunnel, die Zeitreisen ermöglichen. Damit scheint es nun doch noch eine Möglichkeit zu geben, den von Thanos angerichteten Schaden zu reparieren. Und so versammeln sich die Avengers zur alles entscheidenden Schlacht…
Spoiler-Warnung!
Das nachfolgende Review beinhaltet teils große Spoiler zum Film! Falls es tatsächlich jemanden geben sollte, der "Avengers: Endgame" noch nicht gesehen hat, solltet ihr euch daher aufs spoilerfreie Fazit beschränken.
Review:
Es ist schon ein seltsamer Zufall, dass die wohl zwei bestimmenden popkulturellen Marken der Gegenwart praktisch zeitgleich ins große Finale gegangen sind. Wo jedoch Benioff & Weiss zum Ende hin teilweise doch ordentlich ins Straucheln gerieten, und viele Fans enttäuscht zurückließen, ist es Marvel – in Form des bestimmenden Produzenten Kevin Feige, den Drehbuchautoren Christopher Markus und Stephen McFeely, sowie den Regisseuren Anthony und Joe Russo – gelungen, zum Ende nochmal eine Punktlandung hinzulegen. "Endgame" ist die Kulmination von über elf Jahren Arbeit, insgesamt zweiundzwanzig Filmen, und einer Vision, die in dieser Form fürs Kino eine Revolution darstellt. Was in "Iron Man" noch relativ bescheiden begann, erreicht hier nun seinen Höhepunkt – und sorgt dafür, dass sich "Endgame" nahtlos in bisherige Comic/Superhelden-Meisterwerke wie "Watchmen – Die Wächter", "Kick-Ass", "The Dark Knight", "Logan", "Wonder Woman" sowie dem ersten "Avengers"-Film, einreiht.
Obwohl ich es aus beruflichen, privaten und vor allem kinotechnischen Gründen (Spielzeiten, Laufzeit, sowie die mangelnde Reservierungsmöglichkeit in den ersten beiden Spielwochen) erst am dritten Wochenende geschafft habe, mir "Endgame" endlich anzuschauen, schaffte ich das Kunststück, weitestgehend ungespoilert zu bleiben, und den Film somit überwiegend unvorbereitet genießen zu können. Lediglich die Tatsache, dass mehr als eine Hauptfigur bei "Endgame" den Tod findet, kam mir zwischenzeitlich zu Ohren – und die Identität eines von ihnen war für mich eigentlich von vornherein sonnenklar. Immerhin war nicht nur ich schon lange vor dem Kinostart fix davon ausgegangen, dass die Geschichte, die mit Tony Stark begann, hier nun auch mit ihm – genauer gesagt seinem ultimativen Opfer – enden würde. Dass es der besagten Szene dennoch gelang, mich ungemein zu berühren, legt eindrucksvoll Zeugnis sowohl über die schauspielerischen Leistungen, die Inszenierung der Szene, aber halt auch die Effektivität des zu diesem Zeitpunkt schon fast zweiundzwanzig komplette Filme umfassenden Aufbaus ab. Besonders gut gefiel mir dabei, wie der Moment quasi das Ende von "Infinity War" wiederspiegelte, nur eben unter umgekehrten Vorzeichen. Wobei der letzte Abschied dann, richtigerweise, Tony und Pepper gehörte; ihr tröstendes "We're going to be ok." Fand ich dabei besonders schön. Die nachfolgende Gedenkzeremonie war dann auch ganz klar der emotionale Höhepunkt des Films; und zeigte auch, dass man die Leistung die Marvel hier vollbracht hat, nicht hoch genug einschätzen kann. Denn, ich würde behaupten: So viel Rotz und Wasser geheult wie bei "Endgame" (beim Tod von Natascha zuvor, Tonys Ableben, sowie eben auch dieser Beerdigung) wurde bei einem Superheldenfilm (!!!) bislang wohl noch nie. Darin sehe ich dann letztendlich auch die größte Leistung des MCUs. Wobei diese Szene am Ende neben der emotionalen Wirkung zugleich auch nochmal auf wunderschöne Art und Weise an den Weg erinnert, den diese Filme hinter sich haben – mit der Kamera, die an allen Helden und Weggefährten von Tony (inkl. dem Jungen aus "Iron Man 3") in einer einzigen langen Einstellung ohne Schnitt vorbeifährt, um zuletzt beim "wiederbelebten" Nick Fury (mit dessen erster Post-Credits-Szene in "Iron Man" all dies ja eigentlich erst begann) stehen zu bleiben.
Doch natürlich war Tonys Tod nicht der erste Verlust, den die Fans bei "Endgame" verkraften mussten. Als just Hawkeye und Black Widow – die ja eine enge Freundschaft und eine lange gemeinsame Vergangenheit verbindet – gemeinsam aufbrechen, um den Seelenstein zu holen, beschlich mich bereits ein ungutes Gefühl. Kurzzeitig dachte ich, dass man hier vielleicht einen Rückzieher machen würde, so quasi: Ihr wollt beide euer Leben für den anderen geben, seid somit offensichtlich reinen Herzens, hier ist der Seelenstein. Falsch gedacht! Was die Szene wirklich klasse machte war, dass ich an der Stelle echt keine Ahnung hatte, wer von den beiden sich noch opfern würde – was das hin- und her sehr spannend machte. Dass es letztendlich Natasha war, sehe ich zugegebenermaßen mit gemischten Gefühlen. Einerseits im Hinblick auf ihren oft kritisierten "Ich bin ein Monster"-Sager aus "Age of Ultron" (da sie dies mit ihrer mangelnden Befähigung, Kinder zu kriegen, in Verbindung zu bringen schien), und andererseits, weil sich damit just die einzige Frau aus der ursprünglichen Avengers-Riege opfern muss. Und gerade auch nach seinem tiefen Fall könnte man argumentieren, dass es für Clint der schönere Charakter-Arc gewesen wäre (Stichwort Wiedergutmachung/Erlösung), sich hier nun in der Hoffnung, damit einen wesentlichen Beitrag zur Rettung seiner Familie zu geben, zu opfern. Andererseits kann ich aber auch verstehen, dass die Macher uns bei allen teils tragischen Verlusten am Ende nochmal ein richtiges Happy End geben und mit der Familienszene rund um die Bartons den Kreis zum Einstieg des Films schließen wollten.
Damit diese Heldentode die gewünschte Wirkung zu entfalten, war es notwendig, dem Zuschauer klar zu machen, dass was diesmal passiert auch wirklich nicht rückgängig gemacht werden kann. Keine kleine Leistung, angesichts der Tatsache, dass praktisch allen am Ende von "Infinity War" klar war, dass es irgendeine Art von Resetknopf geben würde (was dann eben auch mein einziger, allerdings durchaus großer, Kritikpunkt am Vorgänger war). Insofern war ich positiv überrascht, wie gut ihnen dies gelungen ist – auch wenn man zugegebenermaßen als Zuschauer auch ein bisschen ein Auge zudrücken muss. Weil, man muss sich doch fragen: Wenn sie nur ein paar Pym-Partikel haben, um durch die Zeit zu springen, warum hüpfen sie nicht einfach in die Vergangenheit, um Nachschub zu holen (wie sie es dann letztendlich ja auch wirklich tun; was hinderte sie, mehr Vorräte mitzunehmen)? Und auch bei der grundsätzlich guten Überlegung rund um den Plan mit den Infinity-Steinen – sprich, diese zuerst aus der Vergangenheit zu holen, sie einzusetzen, um die durch ein Schnippen umgekommenen Menschen wieder zurückzuholen, und dann wieder in ihre Zeit zu bringen – bricht "Endgame" insofern mit der eigenen Logik, als es in weiterer Folge Thanos, Gamorra und Nebula in die Gegenwart verschlägt, sie dann jedoch eben nicht mehr in die Vergangenheit zurückspringen. Da man sich jedoch bei "Endgame" in dieser Richtung mehr Gedanken gemacht hat, als man das heutzutage vom Blockbuster-Kino gewohnt ist, will und kann ich wohlwollend über diese kleinen Schönheitsfehler hinwegsehen. Jedenfalls ist es ihnen durch diesen narrativen Kniff gelungen, plausibel zu vermitteln, dass es keine zweite Chance gibt, alles vom Gelingen dieses einen Versuchs abhängt, und es auch nicht möglich sein wird, jene die bei diesem Einsatz nun sterben wieder zurückzubringen.
Darüber hinaus ist es "Endgame" – eben dank der Tatsache, dass ich ihn so gut wie unvorbereitet gesehen habe – mehrmals gelungen, mich zu überraschen. Wohl nicht nur ich hatte nach dem letzten Film schon eine ziemlich gute Idee, wie man Thanos Schnippen wieder rückgängig machen könnte: Ihn aufspüren, Handschuh an sich nehmen, und fertig. Der diesbezüglichen Erwartungshaltung des Zuschauers macht man hier jedoch einen Strich durch die Rechnung, denn als die Avengers bei ihm eintreffen, hat Thanos die Infinity-Steine bereits zerstört. Sprich, so leicht wird es eben doch nicht möglich sein, den von ihm angerichteten Schaden wieder zu reparieren. Unmittelbar darauf folgt mit der "Fünf Jahre später"-Meldung die nächste Überraschung. Die dort präsentierte Welt mag zwar schon fast wieder zu leer und dystopisch sein (man könnte meinen, Thanos hätte nicht die Hälfte, sondern 90% der Weltbevölkerung ausgelöscht), macht aber einerseits deutlich, was auf dem Spiel steht, und bietet vor allem auch eine schön düstere Ausgangssituation. Und auch die Tatsache, dass man hier dann in weiterer Folge in einige frühere Filme hineinspringt ("Zurück in die Zukunft II" lässt grüßen), fand ich cool. Das war ein netter Einfall, mit der man einerseits den früheren Filmen, die "Endgame" den Weg ebneten, Tribut zollte, und andererseits erfolgreich auf der Nostalgie-Klaviatur spielte (und dabei sind die Filme ja genau genommen sooo alt noch gar nicht).
Vor allem aber überraschte mich an "Endgame" damit, wie vergleichsweise ruhig, persönlich und charakterbezogen er für lange Zeit – gerade auch für einen solchen, bombastischen Superhelden-Blockbuster – war. So bekommt Tony hier die Gelegenheit, sich mit seinem Vater zu versöhnen. Steve kann einen vermeintlich letzten Blick auf Peggy Carter werfen, und der nach seinem Versagen, seinen Bruder und sein Volk zu retten, gebrochene Thor kann sich bei seiner Mutter kurz vor ihrem Tod aussprechen. All diese Momente funktionieren eben auch deshalb so gut, weil Marvel von Beginn an viel Wert auf ihre Figuren gelegt haben – was sie hier nun auf die Spitze treiben. Schön auch, dass man sich hier nun (wobei nach dem Ende von "Infinity War" ja eigentlich nichts anderes zu erwarten war) noch einmal in erster Linie auf die gute, alte, erste "Avengers"-Riege konzentriert. Und nachdem sich der Film in den ersten zwei Stunden was das Spektakel betrifft noch eher zurückgehalten hat, dreht man diesbezüglich zum Finale dann noch einmal so richtig auf, und präsentiert hier eine Armada an Superhelden, wie wir sie im Kino bislang noch nie gesehen haben – und wohl auch für eine lange Zeit nicht mehr sehen werden. Das war wirklich beeindruckend. Zugegeben, den Frauenpower-Moment kann man aufgesetzt finden (es war in der Tat etwas konstruiert), aber ich hab mich darüber eigentlich sehr gefreut. Und generell gelang es den Russo-Brüdern an dieser Stelle ausgezeichnet, mit all diesen SuperheldInnen zu jonglieren, und jedem und jeder von ihnen zumindest einen kurzen Moment im Rampenlicht zu gönnen, und damit auch einen wesentlichen Beitrag zum Gelingen der Mission leisten zu lassen. Und nach Tony Starks Heldentod schließt man "Endgame" mit dem gealterten Steve Rogers, der nun doch sein Leben mit Peggy Carter verbracht hat, auf runde und emotional befriedigende Art und Weise ab (und schafft es zugleich, auch diesen Helden der ersten Stunde für die weiteren Abenteuer vom Spielbrett zu nehmen). Dass dabei die Produktionsqualität den ganzen Film über auf höchstem Niveau ist, wird dabei wohl niemanden überraschen – wobei ich Alan Silvestris Filmmusik schon noch einmal ganz besonders hervorheben will. Mit seinem Avengers-Marsch hat er nach wie vor das einzige wirklich markante und sofort erkennbare Leitmotiv des MCUs komponiert, und war somit die logische und einzig richtige Wahl, um die Reise hier nun auch musikalisch abzuschließen. Sein Score macht "Avengers: Endgame" dann endgültig perfekt.
Fazit:
Wer bisher mit dem MCU nicht viel anfangen konnte, den wird auch "Avengers: Endgame" nicht bekehren. Für eben diese Leute ist der Film aber halt auch ganz einfach nicht gedacht. Vielmehr ist er ein wunderbares Geschenk – und Dankeschön – an die Fans, die das MCU seit "Iron Man" zum aktuell bestimmenden globalen Kinophänomen machten. Die Mühe, die man sich quer über die gesamte Filmproduktion hinweg gegeben hat, zeichnet ihn dabei für mich ganz besonders aus. Weil, ganz ehrlich: Mastermind Kevin Feige und seine "Komplizen" hätten es sich auch leicht machen und einfach einen lieblosen, generischen Blockbuster hinklatschen können – die Fans wären dennoch in Scharen ins Kino gelaufen. Stattdessen gehen sie hier mit einer Liebe und einem Elan zu Werke, der mich wirklich positiv überrascht hat, und im heutigen Blockbusterkino leider die absolute Ausnahme darstellt. Angefangen von zahlreichen überraschenden Entwicklungen, über die erstaunlich charakterbetonte Geschichte, bis hin zu emotionalen Ausklang des Geschehens geben alle Beteiligten hier in jeder einzelnen der insgesamt 180 Minuten – die wie im Flug vergehen – alles, um dieser wegweisenden Filmreihe einen würdigen Abschluss zu verleihen. Als Fan der ersten Stunde kann man vor der Leistung von Marvel Studios und aller Beteiligten nur den Hut ziehen. "Avengers: Endgame" ist nun jener Maßstab, an dem sich das Superheldenkino im Besonderen, aber auch das Blockbusterkino im Allgemeinen, messen wird müssen. Er zeigt, dass solche Filme nicht seelenlos sein und/oder die Intelligenz der Zuschauer beleidigen müssen. Bleibt zu hoffen, dass sich die anderen Filmemacher und -studios – statt verzweifelt zu versuchen, die MCU-Erfolgsformel zu kopieren – daran ein Beispiel nehmen.