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Auftakt zu Stephen Kings "Dunkler Turm"-Saga Kategorie: Literatur & Comics - Autor: Christian Siegel - Datum: Samstag, 02 Februar 2019
 
Titel: "Schwarz"
Originaltitel: "The Gunslinger"
Bewertung:
Autor: Stephen King
Übersetzung: Joachim Körber
Umfang: 352 Seiten
Verlag: Heyne (D)
Veröffentlicht: 2003 (D), 1982/2003 (E)
ISBN: 978-3-453-87556-7
Kaufen: Taschenbuch (D), Kindle (D), Taschenbuch (E), Kindle (E)
 

Kurzinhalt: Roland Deschain, der letzte Revolvermann, und zugleich der letzte Überlebende einer anderen Welt, die untergegangen ist, verfolgt den sogenannten Mann in Schwarz, den er für eben diese Entwicklung verantwortlich macht. Dabei verschlägt es ihn zuerst nach Tull, wo er sich schließlich den Weg in einem brutalen Showdown freischießen muss. Danach trifft er in einer Zwischenstation auf dem Jungen Jake Chambers, der ebenfalls aus einer anderen Welt zu kommen scheint. Daraufhin setzen die beiden den Weg durch die Wüste gemeinsam fort. Doch je näher sie dem Mann in Schwarz kommen, desto deutlicher wird Roland, dass seine Jagd einen hohen Preis – nämlich das Leben des Jungen – fordern wird…

Review: Ich habe die "Dunkle Turm"-Reihe vor knapp 15 Jahren gelesen (natürlich noch ohne "Wind", der erst später erschien). Meine damalige Meinung war, dass der Auftakt zugleich auch schon der beste Teil der Reihe war (was nicht heißen soll, dass der Rest schlecht gewesen wäre) – und meine Zweitlesung (diesmal in englischer Sprache) scheint dies zu bestätigen. Dies ist insofern interessant, als Stephen King in seinem Vorwort vergleichsweise wenig Liebe für "Schwarz" erkennen lässt. Und in der Tat unterscheidet sich der Roman stark von den weiteren Teilen der Reihe, und auch seinem späteren Oeuvre generell. Ob er mir vielleicht just deshalb so gut gefallen konnte? Nicht falsch verstehen, ich würde mich durchaus als Fan von Kings Schaffen bezeichnen, aber er hat in weiterer Folge seiner Karriere die Angewohnheit entwickelt, zu sehr auszuschweifen (nicht umsonst gibt es wenig dünne King-Bücher), und es gibt nur sehr wenige Ausnahmen wo ich nicht finde, dass man nicht problemlos um mindestens ein paar Seiten hätte kürzen können. "Schwarz" hingegen ist kurz und knackig – und wohl für mich gerade auch deshalb so prägnant. Zugleich spielt aber sicherlich mein genereller Spleen eine Rolle, dass ich nicht selten den ersten Roman einer Reihe – wo wir in eine völlig neue Welt eintauchen und diese und ihre Figuren kennenlernen – als ganz besonders interessant empfinde. Auch davon profitiert "Schwarz" zweifellos. Diese Mischung aus Western und Fantasy hat mich damals wie heute enorm angesprochen, und verleiht ihm einen ganz eigenen Reiz. Generell merkt man irgendwie, dass das Werk aus der Feder eines jungen Autors stammt, der einerseits darauf brennt, sein Talent der Welt zu beweisen, und sich andererseits auch nichts scheißt. Man nehme nur den brutalen Showdown in Tull, oder auch jenen Moment zum Ende hin, wo Roland Jake opfert (und das zu einer Zeit, wo Kinder – gerade auch in der US-Unterhaltung – normalerweise im Leo standen). Es sind gerade diese harten Momente, die sich in meine Erinnerung brannten – und die in den weiteren Bänden der Reihe irgendwie fehlen. "Schwarz" offenbart ganz einfach einen gewissen Mut, gerade auch was die Darstellung seines zentralen (Anti-)Helden betrifft.

Zugleich schafft der Roman den Spagat, auf der einen Seite eine sehr geradlinige Geschichte zu erzählen, zugleich jedoch deutlich zu machen, dass diese lediglich an der Oberfläche kratzt. So lässt sich das Grundkonzept in einem einzigen, knackigen Satz zusammenfassen – was Stephen King dann auch gleich mit seinem ersten Satz tut: "Der Mann in Schwarz floh durch die Wüste, und der Revolvermann folgte ihm." Um mehr geht es genau genommen in "Schwarz" nicht. Und doch steht letztendlich so viel mehr dahinter. Angedeutet wird dies einerseits durch einige Bemerkungen und Erzählungen Rolands, und andererseits vor allem auch die eingestreuten Rückblenden seiner Jugend in Gilead. Zugleich bleibt jedoch auch ungemein viel offen, was wiederum meine Fantasie anregte, die Lücken zu füllen. Das ist aus meiner Sicht etwas, dass der spätere King leider verlernt hat. Um es zu verbildlichen: Der "Schwarz"-King geht mit einer Petroleumlampe in den finsteren Keller, und leuchtet immer nur einzelne Bereiche aus – lässt uns aber zugleich erkennen, dass im dahinterliegenden Schatten ebenfalls noch viel liegt (und uns zugleich darüber spekulieren, was dies sein könnte). Der spätere King dreht hingegen einfach das Licht auf, und durchsucht methodisch den gesamten Keller, bis in den letzten, hintersten Winkel, erforscht ausgiebig jeden einzelnen Gegenstand, und dreht selbst das kleinste Steinchen um. Letzterer Zugang hat zwar grundsätzlich ebenfalls durchaus seine Stärken und seine Berechtigung – ich will Kings vor allem später dominierenden Hang zu einer starken Charakterisierung keineswegs schlecht reden –lässt aber halt kaum Platz für Mystery und/oder offene Fragen. Und gerade das fand ich an "Schwarz" – unter anderem – eben so faszinierend, weil er einfach meine Fantasie enorm anregte; und das wesentlich mehr als die späteren Bände der Reihe. Doch es ist nicht nur das. Mir gefällt auch generell die Welt, die King hier vorstellt, die Figuren, welche diese bevölkern, und die Geschichte, die darin erzählt wird. Auch der Schreibstil, und die eigenwilligen Ausdrücke, derer er sich hier bedient ("palavern" usw.), haben es mir angetan. Und generell ist es "Schwarz" bzw. "The Gunslinger" auch beim zweiten Lesen wieder gelungen, mich von der ersten bis zur letzten Seite in den Bann zu ziehen. Wie zuvor schon erwähnt: Der Rest der Reihe ist auch alles andere als schlecht, und vor allem dessen Ausgang (der hier beim Gespräch zwischen Roland und dem Mann in Schwarz bereits angedeutet wird) hatte es mir angetan. Aus meiner Sicht gelang es King jedoch in weiterer Folge nie mehr ganz, an diesen grandiosen Einstieg in seine "Der dunkle Turm"-Saga anzuknüpfen.

Fazit: "Schwarz" zählt zu meinen absoluten Lieblingsbüchern von Stephen King, ist zugleich mein Favorit aus der "Der dunkle Turm"-Reihe, und zählt für mich auch zu den besten Fantasy-Büchern, die ich bislang gelesen habe. So ziemlich alles an diesem Auftakt in Kings achtteiliges Magnus Opus hat mich fasziniert, angefangen vom Setting bzw. dem so schlichten wie genialen Setup, über Art und Weise, wie "Schwarz" eine viel größere Welt hinter dem kleinen Einblick den wir hier erhalten erkennen lässt, die faszinierenden und durchaus vielschichtigen Figuren, den Schreibstil und die Erzählweise, bis hin zur fesselnden Geschichte an sich. Zudem bleiben der brutale Showdown in Tull sowie Rolands harte Entscheidung im Hinblick auf Jake Chambers in Erinnerung. Und das abschließende Palaver zwischen ihm und dem Mann in Schwarz war einfach nur faszinierend. Der Film (den ich nicht wirklich als Adaption bezeichnen kann) kam einer Schändung gleich; aber zum Glück sind solche filmische Verbrechen letztendlich immer ohne Einfluss auf jener Vorlage, an der sie sich vergreifen. Wie "Schwarz" eindrucksvoll beweist.

Bewertung:5/5 Punkten
Christian Siegel





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